Der Verhetzungsparagraph 283 StGB

Als treuer Leser des Tagebuchs habe ich mir die Ausführungen vom 3. Oktober im Zusammenhang mit dem geplanten Terrorismuspräventionsgesetz zu Herzen genommen (http://www.andreas-unterberger.at/2011/10/das-parlament-beschliest-das-ende-der-meinungsfreiheit/). Auch ich bin nämlich der Meinung, dass die geplanten Verschärfungen des § 283 Strafgesetzbuch kaum etwas mit vorbeugenden Maßnahmen gegen den Terrorismus zu tun haben, sondern sich gegen alle Bürger mit einem etwas loseren Mundwerk richten können.

Also habe ich Mitte Oktober 2011 in einem von der Innenministerin höchstpersönlich geleiteten Arbeitskreis mitgearbeitet, um auf die Gefahren der geplanten Gesetzesänderung aufmerksam zu machen. Gleich zu Beginn meldete ich mich zu Wort und warnte vor der Einschränkung des freien Wortes, wenn sogar die öffentliche Verächtlichmachung eines Menschen wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe zu zwei Jahren Gefängnis führen kann. Es könne ja nicht im Sinn des Gesetzgebers liegen, der Polizei neue Tätigkeitsfelder vom Kabarett bis hin zum Fußballfeld zu eröffnen.

Die etwa 40 weiteren Teilnehmer – womit übrigens Öffentlichkeit im Sinne des § 69 (und daher auch § 283) StGB gegeben war – hatten allerdings großteils andere Sorgen. Sie kannten zwar weder die einzelnen Straftatbestände noch die entsprechenden Strafdrohungen, wohl aber jene Nationen, aus denen die diversen kriminellen Organisationen stammten. Und sie dürften sich weitgehend einig gewesen sein, dass die Strafmöglichkeiten in Österreich generell viel zu wenig weitgehend seien. Also riefen sie ganz allgemein nach höheren Strafen.

Die Innenministerin fühlte sich in dieser Atmosphäre der politischen Unterstützung sichtlich wohl und da rutschte ihr – auch sie hat ein loses Mundwerk – ein Wort aus der Tierwelt heraus, mit dem sie die angesprochenen Gruppen von Kriminellen charakterisierte. Angesichts dieser mutmaßlichen Verletzung der Menschenwürde konnte ich es mir nicht nehmen, die Frau Innenministerin um Prüfung der Frage zu ersuchen, ob sie sich mit ihrer Aussage nicht gerade gemäß jener Bestimmung strafbar gemacht habe, deren Verschärfung sie erst vor ein paar Tagen durch den Ministerrat gebracht habe.

Zunächst erntete ich nur lächelndes Unverständnis. In der abschließenden Berichterstattung im Plenum wurde meine Wortmeldung aber in einem Nebensatz dahingehend erwähnt, dass ein Teilnehmer die geplanten Maßnahmen gegen Hassprediger in Frage gestellt habe. Da fiel mir ein, wie klug es von mir doch war, dass ich das Ermächtigungsgesetz 1933 nicht erwähnt hatte – ganz so, wie es Andreas Unterberger in seinem Beitrag vom 3. Oktober geraten hatte.

Dr. Georg Vetter ist selbständiger Rechtsanwalt mit Schwergewicht auf Gesellschaftsrecht und Wahrnehmung von Aktionärsinteressen in Publikumsgesellschaften.

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