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Viktor Orbán, der Teufel in Menschengestalt

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán ist der Inbegriff des Bösen. Dieser Meinung sind vor allem im deutschsprachigen Raum fast alle Medien. Sie berichten daher nicht über die ungarischen Wahlen, sondern hetzen vor diesen nur noch. Sie tun das in einer nahezu gleichgeschalteten Art (wobei wohl einer vom anderen abschreibt, da die meisten ja nicht ungarisch verstehen). Was noch viel verkommener ist, ist das Verhalten großer Teile der europäischen Linksszene zu den kommenden Wahlen. Ihnen geht es nur um die kleine Chance einer Rückkehr der Linken zur Macht und keine Sekunde um Werte, Haltung oder Grundsätze. Ganz im Gegenteil.

Denn fast alle linken Parteien und Medien haben in ihrem Hass auf Orbán wie auf Befehl jede Kritik an der Jobbik-Partei eingestellt, seit diese als Koalitionspartner der Linken denkbar geworden ist. Viele ungarische Linkspolitiker waren sogar schon vor der Wahl bereit, sich mit dieser rechts von Orbán stehenden Gruppierung zu verbünden, um Orbán einzelne Wahlkreise zu entreißen. Was mit Hilfe des in Ungarn geltenden Mehrheitswahlrechts gelingen kann.

Um nicht missverstanden zu werden: Taktische Parteibündnisse sind an sich nichts Übles. Nur sollten sie halt irgendwie zusammenpassen, um über Machttaktik hinaus einen Sinn zu machen. Es ist schon mehr als eigenartig, wenn sich Teile der Linken mit einer Partei verbünden, die ganz eindeutig bis vor kurzem antisemitisch aufgetreten ist, die mit mehreren Gewaltaktionen in Zusammenhang steht, die sogar eine militante (inzwischen verbotene) Miliz aufgestellt hatte, die gegen Zigeuner gehetzt hat, und die lange für einen EU-Austritt aufgetreten ist.

Gewiss, auch eine Partei wie Jobbik kann sich entwickeln. Und sie scheint sich in der Tat positiv zu ändern.

Es ist aber mehr als widerlich, wie schnell viele Linke aus reiner Parteitaktik jetzt Jobbik reinwaschen, als ersehnten Partner ansehen, und Jobbiks Vergangenheit nicht einmal mehr erwähnen. Über Jobbik-Erfolge jubeln vielfach dieselben Linksmedien und Linksparteien, die in Österreich wegen eines mehr als 20 Jahre alten Liederbuchs mit einem unakzeptablem Lied (das in Wahrheit wohl ein über die Stränge schlagendes Sauflied war) in einem Umfang hetzen, der weit größeren Skandalen   angemessen wäre.

Auch bei Jobbik wäre die Aufregung viel passender.

  • Die Aktionen der Partei haben das Wenige um das Hundertfache übertroffen, was hierzulande trotz heftigen Suchens eine (von der Gemeinde Wien bezahlte) Armada aus Medien und Dokumentationsarchiven an üblen Dingen bei schlagenden Studentenverbindungen gefunden hat.
  • Dazu kommt, dass die unakzeptablen Jobbik-Aktionen viel kürzer zurückliegen als 20 Jahre.
  • Dazu kommt, dass diese Armada dann sofort immer ganz still ist, wenn die (den Schlagenden sehr nahe stehende) FPÖ einmal der SPÖ zur Mehrheit verhilft.
    • Man denke an die infamen Fake News, die der mutmaßliche Kriminelle Silberstein im letzten österreichischen Wahlkampf im Auftrag von Christian Kern ausgekübelt hat, um FPÖ und ÖVP in den Dreck zu stoßen.
    • Man denke an die vielen hunderten Millionen von Steuergeldern, mit denen die SPÖ – bis heute unbestraft – Medien bestochen hat. Letzteres hat zwar die ÖVP auch getan, aber zumindest bisher zu einem kleinen Prozentsatz dessen, was die SPÖ insbesondere übers Wiener Rathaus an die Medien fließen hat lassen.

Wie ist Orbán selbst zu beurteilen? Er ist gewiss nicht fehlerfrei, er ist ein mit allen Wassern gewaschener Politiker, aber auch ein begnadeter Redner. Es ist jedoch einfach nur eine Lüge, wenn etwa der ORF behauptet, er sei ein Diktator. Viele Fakten widerlegen diese Hetze:

  • Ungarn wird bei den europäischen Gerichtshöfen keineswegs häufiger verurteilt als der europäische Schnitt.
  • Selbstverständlich gibt es in Ungarn völlig freie Oppositionsmedien, die auch wilde Vorwürfe gegen Orbán publizieren.
  • Selbstverständlich hat die Opposition völlig freie Versammlungs-Möglichkeiten.
  • Selbstverständlich gibt es keine politischen Gefangenen oder Verfahren (wie etwa in riesiger Zahl in der Türkei, die aber trotzdem vielen Linksmedien noch immer recht sympathisch ist).
  • Selbstverständlich sind die Wahlen in Ungarn wirklich geheim und frei.

Es ist nicht Orbáns Schuld, dass er dabei zuletzt eine absolute Mehrheit errungen hat, und dass das alle anderen Parteien ziemlich armselig aussehen lässt. Das ist auch in Niederösterreich oder Kärnten so, wo Schwarz beziehungsweise Rot jeweils mindestens die Hälfte der Mandate haben. Und in Wien ist es noch viel schlimmer (auch wenn dort Rot jetzt die Grünen zur Mehrheitsbeschaffung braucht).

Orbáns Pluspunkte

Der ungarische Ministerpräsident kann viele eindeutige Erfolge an seine Fahnen heften:

  • Orbáns Ungarn erzielt – gewiss auch mit Hilfe der ja allen ärmeren Mitgliedern zugutekommenden EU-Fonds – ein stolzes Wirtschaftswachstum von jetzt regelmäßig 4 Prozent, während das Land am Ende der davorliegenden linken Herrschaft kaputt dagestanden war wie Griechenland.
  • Zuletzt stiegen die Mindestlöhne um 15 bis 25 Prozent. Zwar sind die Löhne trotz raschen Anstiegs noch immer deutlich niedriger als etwa in Österreich. Aber dafür sind auch die Preise um 43 Prozent niedriger.
  • Ungarn hat mit 9 Prozent Europas niedrigste Körperschaftssteuer, was Investoren in Massen angelockt und die Arbeitslosigkeit mit 3,9 Prozent fast ausgerottet hat.
  • Und Ungarn hat mit einer Flat-Tax von 15 Prozent auf Einkommen auch eine sensationell niedrige Belastung von Löhnen und Einkommen (dafür eine höhere Mehrwertsteuer von bis zu 27 Prozent, was aber alle Ökonomen als vernünftig ansehen).

Angesichts dieser Daten beginnt jedes wirtschaftsliberale Herz vor Begeisterung zu hüpfen. Es ist völlig klar, dass Ungarn (ähnlich wie die anderen Visgrad-Staaten) bald den riesigen, vom Kommunismus angerichteten Rückstand auf Österreich & Co in rapiden Schritten aufgeholt haben wird.

Rätselhaft scheint nur, warum Orbán selbst angesichts solcher Steuersätze seine Politik als "illiberal" bezeichnet. Wirtschaftspolitisch ist sie ja sogar überaus liberal. Orbáns Wortwahl hängt wohl mit drei nicht ökonomischen Aspekten zusammen:

  1. Erstens hat das (auf der ersten Silbe betonte) Wort "liberal" im Amerikanischen die Bedeutung als Synonym von "sozialdemokratisch" bekommen. Und davon will sich Orbán absolut abgrenzen.
  2. Zweitens ist Orbán jedenfalls auch wertkonservativ. Viele Konservative glauben, dass könne man nicht sein, wenn man gleichzeitig auch klassisch (wirtschafts-)liberal ist. Das ist natürlich ein Unsinn, waren doch die größten Politiker Europas der Nachkriegszeit liberalkonservativ.
  3. Drittens haben sich in den letzten Jahren international alle migrationsfreundlichen und linken Bewegungen, Parteien sowie NGOs selbst als "liberal" bezeichnet, seit "sozialistisch" und ähnliches nicht mehr zieht. Deren linke Ideen haben aber in Wahrheit mit dem eigentlichen Liberalismus der Geschichte absolut nichts zu tun. Dieser ist eindeutig immer für "Recht und Ordnung" eingestanden, und ist einst auch oft sehr national ausgerichtet gewesen.

Damit sind wir beim allergrößten Verdienst Orbáns. Er hat schon 2015, als große Teile Europas im Fieberwahn des "Welcome"-Taumels gelegen sind, die Grenzen seines Landes für die illegale Massenmigration konsequent geschlossen (wofür ihn der damalige SPÖ-Vorsitzende unverschämterweise zum Nazi gestempelt hat). Als Folge dieser Grenzsperre ist Ungarn heute eines der sichersten Länder, fast immigrationsfrei und wird deshalb von sehr vielen Europäern als absolut vorbildlich angesehen.

Ein konservativer Premier

Ein ebenso großes Verdienst Orbáns ist aber auch, dass er sich mit Mut und Überzeugungskraft zu Werten bekennt, die in Westeuropa vom linken Zeitgeist am Ende des 20. Jahrhunderts lange zurückgedrängt worden sind

: zu Heimat, zur Nation, zur Familie, zum Christentum als unabdingbare Fundamente für Ungarn und Europa.

Freilich ist es da kein Wunder, dass Rote und Grüne aus Westeuropa über Orbán schäumen, über seine (sehr bald auch von Sebastian Kurz übernommene) Haltung zur Migration, über seine wirtschaftlichen Erfolge, über seine konservative Orientierung, über den weitgehenden Untergang und die interne Zersplitterung der ungarischen Linksparteien.

Freilich: Auch wenn man die Lächerlichkeit der linken Medienkampagne (der sich auch das EU-Parlament angeschlossen hat) durchschaut, sind alle konkreten Vorwürfe gegen Orbán offen zu prüfen. So scheint es in der Tat, dass er die Kampagne gegen den Spekulanten und Mäzen George Soros übertrieben und für seinen Wahlkampf instrumentalisiert hat. Man wird die Vermutung nicht ganz los, dass es Orbán dabei unausgesprochen recht gut passt, dass Soros auch Jude ist (wenngleich im Gegensatz zu Jobbik keinerlei direkt antisemitischen Aussprüche Orbáns bekannt sind und wenngleich sich dieser auch mit dem israelischen Regierungschef sehr gut versteht).

Orbán hat seinen Anti-Soros-Kampf offenbar aus der alten Weisheit heraus inszeniert, dass politische Agitation meist dann erfolgreich ist, wenn sie sich an konkreten Gegnern reiben kann, wenn man aber dadurch nicht gleichzeitig eine gegnerische Partei ständig ins Gespräch bringt und so automatisch aufwertet.

Man denke etwa, wie Erwin Pröll einst Frank Stronach oder davor den Semmeringtunnel überdimensioniert zu mächtigen Gegnern aufgeblasen hat – aber nie SPÖ oder FPÖ. Sozialisten spüren regelmäßig überall Faschisten und Nazis auf (was freilich heute überhaupt nicht mehr zieht). Donald Trump attackiert (ständig) Mexiko und (zumindest zeitweise) China sowie Iran. Das tun viele arabische Staaten mit Israel. Das tut Russland mit dem Westen. Das tun viele amerikanische Politiker mit den Russen.

Die Liste ließe sich schier endlos fortsetzen. Fast immer wird im Zuge dieser Taktik ein Gegner zuerst übertrieben aufgeblasen, um ihn dann übertrieben bekämpfen zu können.

Die Linken haben jedoch diesen Zusammenhang in Sachen Ungarns nicht begriffen: Wenn man ständig den direkten politischen Gegner, also Orbán, angreift – noch dazu erkennbar mit oft maßlosen Übertreibungen –, dann hilft man diesem Gegner mehr, als ihm zu schaden.

Umgekehrt ist Soros sicher nicht die große Bedrohung Ungarns, als die er jetzt von Orbán dargestellt wird. Er ist freilich sehr wohl ein reicher Linksliberaler, der nachweislich viele Immigrationsfördervereine finanziert, und dessen ungarische Privatuniversität CEU massiv regierungskritisch agiert, wie deren Rektor jetzt in einem Interview erstaunlich direkt geoffenbart hat.

Zu den Schattenseiten einer über mehrere Jahre erfolgreichen Politik gehört freilich wie ein Naturgesetz leider fast immer, dass in ihrem Schatten Korruption aufblüht. Wie weit allerdings die im allerletzten Wahlkampfaugenblick plötzlich aufgetauchten Vorwürfe gegen Orbán stimmen, kann vorerst nicht beurteilt werden. Aber irgendwann ist es für jedes Land allein schon aus dem Grund der Korruptionsprävention gut, dass eine funktionierende Demokratie bisweilen einen Machtwechsel sorgt.

Insofern kann man eigentlich sehr beruhigt sein, dass die für einen Wechsel derzeit als einzige in Frage kommende Partei, die Jobbik, ebenfalls konservativ und migrationskritisch ist. Ob sie freilich jetzt schon für eine Machtübernahme reif ist, darf lebhaft bezweifelt werden. Ein paar gemäßigt-vernünftige Reden des Parteiobmanns bedeuten noch keinen genetischen Wandel weg von den Exzessen der letzten Jahre.

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