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Was vor und nach 1938 wirklich geschehen ist

An keine Epoche der österreichischen Geschichte wird so oft erinnert wie an den März 1938. Das geschieht alle fünf Jahre mit noch erhöhter Intensität, so auch jetzt 80 Jahre "danach". An sich rechtfertigen die katastrophalen Folgen von 1938 durchaus Intensität und Frequenz des Gedenkens; Österreich war ja damals nicht nur seiner Unabhängigkeit und Eigenständigkeit beraubt worden, sondern ist auch in ein mörderisch-totalitäres Regime sowie einen verheerenden Weltkrieg geraten. Jedoch erfolgt dieses Gedenken seit Jahren so seltsam einseitig, jedoch wird dabei Wesentliches so weitgehend weggeschwiegen, dass man von einer Fake-Geschichtsschreibung sprechen muss. Diese übertrifft die gegenwärtig europaweit für so viel Aufregung sorgende Geschichts-Umschreibung durch Polen bei weitem.

Die Fakten, die man seit Jahrzehnten zu hören bekommt, sind zwar an sich durchaus nicht falsch. Sie brauchen daher hier nicht wiederholt zu werden. Es werden aber jene Aspekte so gut wie nie erwähnt, die ein kritisches Licht auf die Rolle vieler Sozialdemokraten werfen. Vielen von ihnen waren großdeutsches Denken und der National-SOZIALISMUS deutlich sympathischer als der autoritäre Ständestaat. Obwohl dieser an verbrecherischer Intensität überhaupt nicht mit dem totalitären Hitler-Regime vergleichbar war. Obwohl dieser viele Jahre verzweifelt um die Eigenständigkeit Österreichs gekämpft hat.

Die wichtigsten Fakten, die das beweisen:

  1. Das ist einmal die düstere Rolle von Richard Bernaschek, der als oberösterreichischer Chef des "Schutzbundes" (das ist die bewaffnete Miliz der Sozialdemokraten) und Landesparteisekretär hauptverantwortlich für den Ausbruch des Bürgerkriegs im Februar 1934 gewesen ist. Von ihm gibt es aus den Tagen vorher eindeutig antisemitische Äußerungen des Zorns über die "jüdische Führung" der Sozialdemokraten, weil diese den Bürgerkrieg nicht wollte. Bernaschek hatte mehrere konspirative Kontakte mit illegalen Nazis, die er selbst so kommentierte: "Das Programm der Nationalsozialisten steht uns näher". Wenig überraschend, dass es dann wenige Wochen später ein Illegaler (Nazi) als Gefängnischef war, der ihm die Flucht aus der Haft nach Deutschland ermöglichte, und dass Bernaschek erst nach dem "Anschluss" hochgeehrt wieder nach Österreich zurückgekommen ist. Bei den Massenverhaftungen nach dem Attentatsversuch (konservativer Offiziere) des Juli 1944 gegen Hitler wurde allerdings dann auch er festgenommen und knapp vor Kriegsende ermordet. Es ist also eindeutig eine Geschichtsklitterung, wenn der Aufstand des Schutzbundes ständig als hehrer Kampf für Demokratie und Freiheit dargestellt wird. Es gab viele in der Sozialdemokratie, die so dachten wie Bernaschek. Und noch heute erinnern viele Straßen-Bezeichnungen in sozialistisch regierten Gemeinden an ihn.
  2. Im auch nach(!) der Machtergreifung Hitlers in Deutschland noch monatelang so geltenden "Linzer Programm" der Sozialdemokraten aus 1926 heißt es wörtlich: "Die Sozialdemokratie betrachtet den Anschluss Deutschösterreichs an das Deutsche Reich als notwendigen Abschluss der nationalen Revolutionen von 1918. Sie erstrebt mit friedlichen Mitteln den Anschluss an die Deutsche Republik."
    Die Bezeichnung "Deutschösterreich" war freilich schon im Jahr 1919 wieder abgeschafft und durch "Republik Österreich" ersetzt worden. Sie wurde 1926 von den Sozialdemokraten ganz offensichtlich zur Unterstreichung ihrer Anschlusslust verwendet!
    In diesem Programm ist auch sonst vom klaren Bekenntnis zum Marxismus über allgemeine Verstaatlichung bis zur "Diktatur der Arbeiterklasse" alles enthalten, was jeden Bürgerlichen davon überzeugt musste, dass diese Partei sowohl deutschnational wie kommunistisch ist. Das hat insbesondere vor dem Hintergrund der Millionen Opfer der zehn Jahre zuvor erfolgten Machtergreifung der Bolschewiken in der Sowjetunion alle Nichtsozialisten schockiert.
  3. Die Abschaffung der österreichischen Demokratie im Jahr 1933 war von Bundeskanzler Dollfuß nicht ganz zu Unrecht mit der Überzeugung begründet worden, dass nur so die Eigenständigkeit Österreichs gegen die Nazis gerettet werden könne. Diese hatten auch hierzulande davor etliche Wahlerfolge erzielt. Das hat im Juli 1934 zu Nazi-Putschversuch und Dollfuß-Ermordung durch die Nazis geführt. Das hat Österreich aber zweifellos ein paar Jahre eigenständig überleben lassen.
  4. Der deutsche Einmarsch im März 1938 wurde nicht durch eine Einladung Österreichs ausgelöst, sondern im Gegenteil durch dessen überraschende Ankündigung, eine Abstimmung über Österreichs Eigenständigkeit abzuhalten. Diese wäre nach überwiegender Ansicht auch der meisten linken Historiker selbst bei einem korrekten Ablauf pro Österreich ausgegangen. Umso absurder ist es, dass in der offiziellen Geschichtsdarstellung ständig nur von der total manipulierten Nazi-Abstimmung mit 99-Prozent-Ergebnissen berichtet wird.
  5. Rund um die vom Ständestaat angekündigte Abstimmung gab es intensive Versuche vor allem sozialdemokratischer Arbeiterführer wie Franz Olah, gemeinsam mit der Regierung gegen Hitler zu kämpfen, aber die (ob der Abschaffung der Demokratie verbitterte) Parteiführung war nicht bereit dazu.
  6. Nach dem deutschen Einmarsch verfasste Karl Renner ohne jeden Zwang (wie er nach dem Krieg selbst zugab) einen Text, in dem er "die beispiellose Beharrlichkeit und Tatkraft der deutschen Reichsregierung" bejubelte. Und er rief freiwillig zum Ja bei der von Hitler inszenierten Volksabstimmung über den Anschluss auf.
  7. Am 1. April 1938, also knapp nach dem deutschen Einmarsch, veröffentlichte das Auslandsbüro der österreichischen Sozialdemokraten (geführt vom langjährigen Parteichef Otto Bauer) in Brüssel eine Deklaration, dass der "Anschluss" nicht rückgängig zu machen sei, weil die Revolution nur im gesamtdeutschen Rahmen eine Chance habe.
  8. Die einzige Organisation, die während der NS-Zeit in Österreich eine eindrucksvolle Anti-NS-Kundgebung zustandegebracht hat, war im Herbst 1938 die Katholische Jugend. Sie skandierten damals provokant in St. Stephan "Wir wollen unseren Bischof sehen", womit sie sich über das "Wir wollen unseren Führer sehen" der Nazis lustig machten. Das hatte für die Kirche damals zwar schlimme Folgen. Das tilgte aber die Schande, dass Erzbischof Innitzer zuvor ebenfalls zu einem Ja bei der Volksabstimmung aufgerufen hat.
  9. In Deutschland hatte eine Analyse des Wahlverhaltens zu demokratischen Zeiten gezeigt, dass die Nationalsozialisten dort am stärksten geworden sind, wo früher die Sozialisten erfolgreich waren.
  10. Die größte der von linken Propagandisten verbreitete Lüge ist aber zweifellos, dass "Österreich" zwischen 1938 und 1945 Schuld auf sich geladen hätte. Das Gegenteil ist wahr: Der Staat Österreich hat bis zuletzt gegen den Anschluss gekämpft, nach diesem aber nicht mehr existiert. Wer nicht existiert, kann keine Schuld auf sich laden. Das ändert aber natürlich nichts daran, dass sehr viele Österreicher Schuld auf sich geladen haben. Als SS-Angehörige. Als "Illegale". Als Parteimitglieder. Oder gar als Schergen des Systems bei Gestapo oder in Konzentrationslagern.
  11. Während der ganzen NS-Zeit weigerten sich die Sozialdemokraten im Ausland, an einer österreichischen Exilregierung mitzuwirken (eine Idee, die etwa von dem den Nazis verhassten Otto Habsburg intensiv forciert und durch Lobbying in Washington vorangetrieben worden ist).
  12. Eine weitere weitverbreitete Lüge ist, dass Österreich nach 1945 die Verbrechen der NS-Zeit ignoriert hätte. Es gab im Gegenteil – in Relation zur Bevölkerungsgröße – sogar eindeutig mehr Urteile, auch Todesurteile für Nazis als in den beiden deutschen Staaten. Richtig ist freilich, dass man dann 1949 bald Schluss mit der Aufarbeitung jener Zeit gemacht hat. Alle Lager haben beschlossen, dass man die "Ehemaligen" als Wähler haben will, sie auch als Ärzte, Techniker, Beamte usw. braucht. Das ist übrigens ganz vergleichbar mit dem, was nach 1989 in Osteuropa passiert ist: Da hat man auch überall auf eine ernsthafte Aufarbeitung der kommunistischen Verbrechen verzichtet. Und sogar oft zugelassen, dass die früheren kommunistischen Fabriksdirektoren in die Rolle von Eigentümern schlüpfen konnten. Wahrscheinlich wird man auch dort erst dann wieder energisch gegen die Ex-Genossen und ihre Verbrechen vorgehen, wenn diese 90-jährige Greise geworden sind.

Ein "Tagebuch"-Text kann nicht die ganze Geschichte abarbeiten. Dieser Text hat konzentriert die Fehler der Sozialdemokratie aufgelistet. Das heißt natürlich nicht, dass nicht auch die anderen Seiten genug Fehler begangen hätten. Auf diese anderen Fehler wird von ORF&Co aber ohnedies rund um die Uhr hingewiesen. Es ging daher nur darum, auf jene Geschichts-Fakten hinzuweisen, die man seit der linken Geschichtsumschreibung eher nie zu hören bekommt.

Und man wird sie wohl auch weiterhin nicht zu hören bekommen, weil die neue Regierung absurderweise die Herrn Rathkolb und Fischer als Geschichtsgeneralbevollmächtigte in Amt und Würden belassen hat. Obwohl gerade diese beiden Herrn zu den Hauptschuldigen der einseitigen Geschichtsumschreibung zählen.

Freilich: Woher sollen Sebastian Kurz und die anderen neuen Minister überhaupt wissen, dass die Geschichte ein wenig anders gelaufen ist, als sie seit Jahren getrommelt wird? Durch ORF und Geschichtsbücher konnten sie das sicher nicht gelernt haben.

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