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Was ist nur in dieser Justiz los?

Immer öfter muss man sich über die Vorgänge in der Justiz wundern. Richter und Staatsanwälte sind zwar sehr effektiv, wenn sie gewerkschaftsartige Forderungen im eigenen Interesse erheben. Sie vergessen aber immer mehr, dass sie letztlich – so wie die anderen beiden Staatsgewalten – einzig den Bürgern und deren Verlangen nach Sicherheit, Gerechtigkeit und Anwendung der Gesetze verpflichtet sind. Sie sollten sich jedoch weniger um die Zahl ihrer Dienstposten Sorgen machen als um die wachsende und letztlich demokratiegefährdende Distanz zwischen Bürgern und Justiz.

Zwölf ganz unsystematisch gesammelte Beispiele allein aus der allerletzten Zeit, wo man sich über die Justiz und ihre schwere Schlagseite wundern musste:

Erstens: Da hat ein Staatsanwalt allen Ernstes zu sagen gewagt, dass ein moslemischer Gewalttäter "keinen IS-Hintergrund" habe, nur weil er keinen direkten Kontakt mit Stellen des "Islamischen Staates" gehabt hat. Dabei hat auch der Staatsanwalt zugeben müssen, dass der Täter sehr wohl eindeutige "Sympathien" für diesen IS gezeigt hat: Er hat in zahlreichen Postings die Ideologie des "Islamischen Staats" verherrlicht; er hat dessen Terroranschläge gutgeheißen; er hat Durchhalteparolen an IS-Kämpfer ausgegeben; er hat dem IS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi die Treue geschworen.

Aber für jenen Linzer Staatsanwalt haben der Tunesier und seine Tat (Ermordung eines – zu Unrecht für FPÖ-nahe gehaltenen – Paares) trotz alldem keinen "IS-Hintergrund".

Für wie dumm hält uns dieser Staatsanwalt eigentlich? Wollte er dem früheren Innenminister Sobotka eines auswischen, der bei Festnahme jenes Täters von einem eindeutigen "IS-Hintergrund" gesprochen hat? Oder wollte er damit indirekt die absurde linke These aus 2015/16 stützen, dass es in Österreich eh keinen Dschihadismus gäbe?

Selbst in der Linzer Staatsanwaltschaft sollte man wissen, dass der IS in den letzten beiden Jahren über seine Medien ununterbrochen seine Sympathisanten in Europa aufgerufen hat, eigenständig Terrorakte zu setzen. Diese sollten keineswegs auf konkrete Anleitungen oder gar Befehle zu einer Tat warten. Unbestreitbar ist auch, dass der aus Tunesien stammende Linzer Täter viel auf einschlägigen Internet-Seiten des IS herumgesurft sein musste. Sonst hätte er ja gar nicht die Informationen über den IS haben und die Motivation zu seinen Sympathieaufrufen entwickeln können.

Zweitens: Gleichzeitig hat ein niederösterreichisches Schöffengericht (zwei Berufs- und zwei Laien-Richter) zwei Asylwerber in erster Instanz vom Vorwurf freigesprochen, eine 15-Jährige in Tulln mehrfach vergewaltigt zu haben. Der Freispruch erfolgte auf Grund eines Zwei-zu-Zwei-Patts zwischen den vier Richtern (wie da wohl die Stimmen zwischen Berufs- und Laienrichter verteilt gewesen sein mögen?).

Der Freispruch basiert lediglich darauf, dass es in den Aussagen des Mädchens einige Widersprüche gegeben hat. So war es sich nicht sicher, ob zwei oder drei Täter an dem Verbrechen beteiligt waren. Deshalb könnte das alles auch freiwillig passiert sein. Ein unbegreiflicher Schluss: Als ob eine totale Verwirrung des Opfers nicht geradezu zwingend Folge so schrecklicher Erlebnisse ist. Als ob es irgendwelche Hinweise geben würde, dass sich das Mädchen die erlittenen Verletzungen selbst zugefügt hätte.

Wer es fassen kann, der fasse es - oder könnte auch daran denken, dass in einigen anderen (zugegeben nicht islamischen) Ländern der Geschlechtsverkehr mit 15-jährigen jedenfalls als Vergewaltigung oder zumindest Missbrauch geahndet wird.

Drittens: Ein anderes Beispiel für extrem seltsames Agieren eines Arms der Justiz hat die Korruptionsstaatsanwaltschaft geliefert. Von Tag zu Tag wird klarer, dass sie im Verfassungsschutz BVT eine der größten und aufwendigsten Hausdurchsuchungen der jüngeren Geschichte nur wegen absolut lächerlicher Vorwürfe unternommen hat. Weil das BVT (angeblich) Unterlagen über den von vielen Fragezeichen umgebenen Anwalt Lansky nicht gelöscht hat. Und weil es mit dem demokratischen Südkorea zur Abwehr von Passfälschungen gegen Nordkorea kooperiert hat.

Es darf doch nicht wahr sein, dass wegen solcher "Untaten" der größte Nachrichtendienst des Landes geradezu mutwillig lahmgelegt wird. Wenn es nicht noch den Verdacht weit größerer Delikte des BVT gegeben haben sollte, von denen wir trotz der normal überaus großen Redefreudigkeit der Staatsanwälte noch nichts wissen, dann müsste ein seinem Amt gewachsener Justizminister sehr bald mit einigen Staatsanwälten eingehende Gespräche führen, ob sie nicht für einen anderen Job besser geeignet wären.

Viertens haben wir damit auch schon eine der überhaupt größten Sauereien in diesem Land angesprochen: Das ist die rechtswidrige Redefreudigkeit der Staatsanwaltschaft. Ständig landen bei sehr links stehenden Wochen-Illustrierten beziehungsweise bei Peter Pilz geheime Akten, die diesem mit hoher Wahrscheinlichkeit von Staatsanwälten zugespielt worden sind (freilich immer nur dann, wenn sie scheinbar rechte Politiker belasten). Zwar gibt es keinen handfesten Beweis für die Herkunft der Akten, aber es wäre längst dringend notwendig, dass sich endlich ein Justizminister traut, die eigene Staatsanwaltschaft einmal eingehend untersuchen zu lassen.

Gerade erst vor wenigen Tagen hat Peter Pilz wieder die Information verbreitet, dass gegen den ehemaligen Kabinettschef des Innenministeriums Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufen. Er tat dies zu einem Zeitpunkt, wo dieser selbst noch gar nichts davon gewusst hat.

Fünftens: Fast täglich wundert man sich, dass in Österreich Gewalttäter (die sehr oft Migrationshintergrund haben) zwar erwischt werden, dann aber fast regelmäßig auf freien Fuß gesetzt und nicht in U-Haft gesteckt werden. Was natürlich Null Abschreckungseffekt hat und Gelegenheit zu neuen Taten gibt, bevor dann vielleicht einmal ein Prozess stattfindet.

Sechstens: Erschreckend ist auch, was sich in einem weiteren in St. Pölten stattfindenden Prozess abspielt: Da hat die Polizei eine Gruppe von sechs jungen Männern gerade noch rechtzeitig erwischt, wie diese als Kämpfer zum "Islamischen Staat" aufbrechen und davor einen Raubüberfall auf ein Waffengeschäft durchführen wollten. Alle sind jedoch auf freiem Fuß, nur einer war ein Jahr lang in Haft, jetzt ist auch er frei.

Siebentens: Ebenfalls erst in den allerletzten Tagen ist in Feldkirch ein Afghane von dem Vorwurf freigesprochen worden, in Afghanistan für die radikalislamischen Taliban tätig gewesen zu sein. Die Richterin war der Meinung, es stimme zwar, dass er für die Taliban in Kampfhandlungen verwickelt gewesen sei, aber der arme Mann hätte ja nicht anders gekonnt.

Diese Begründung ist absolut unglaublich. Sie erinnert lebhaft an den "Befehlsnotstand", auf den sich alle großen und kleinen Nazi nach 1945 ausgeredet haben; schuld war immer nur der Adolf Hitler.

In Hinblick auf Afghanistan ziehen offenbar bei einer Vorarlberger Richterin des Jahres 2018 solche Ausreden. Dabei gab und gibt es in Afghanistan immerhin eine stattliche Armee, deren Freiheitskampf man sich im Kampf gegen die radikalen Islamisten ja auch anschließen hätte können. Wenn man nicht selbst ein solcher ist.

Aber in Österreich wird der Taliban-Kämpfer nicht dafür bestraft, sondern bekommt jetzt vermutlich Asyl.

Achtens: Ebenso rasch wieder auf freien Fuß wurde ein anderer Afghane gesetzt, der einen Polizisten in einem Polizeiauto auf dem Heldenplatz attackiert hat.

Neuntens: Die Justiz kann aber auch anders: Wegen "Amtsmissbrauchs" vor Gericht gezerrt wurden Justizwachebeamte, weil sie sich im Computer des "Vollzugsinformationssystems" die Daten eines flüchtigen und als gefährlich geltenden Mannes für den Fall einer zufälligen Begegnung angesehen haben. Das hätten sie nicht tun dürfen (Datenschutz und so).

Diese Beamten waren also vielleicht übereifrig, aber keinesfalls zu bestrafen. Jetzt werden sie für den Rest ihres Beamtenlebens zweifellos Minimaldienst nach Vorschrift machen.

Zehntens: Rasch mit der Verurteilung bei der Hand war ein oberösterreichisches Gericht bei einer FPÖ-Zeitung, weil diese geschrieben hat, dass ein seltsamerweise in eine Schule zu Anti-FPÖ-Vorträgen – pardon zu einem "Extremismus-Vortrag" eingeschleuster linker Aktivist dafür "abkassiert" habe. Dabei hat der "Vortragende" sogar zugegeben, 170 Euro bekommen zu haben, die der Lehrer vorher eingesammelt hat. Aber weil der Lehrer behauptete, der Aktivist wäre auch gratis gekommen, wurde die Zeitung verurteilt.

Unglaublich. Aber wo FPÖ (und oft auch ÖVP) drinnen ist, kommt offensichtlich automatisch außen der Stempel "Verurteilt" drauf.

Elftens: Der Verwaltungsgerichtshof hat jetzt ein Urteil gefällt, das den fast durchwegs grün-nahen NGOs enorm hilft. Er hat diesen NGO jetzt eine viel weitergehende Parteistellung als bisher in allen Umweltverfahren eingeräumt. Das wir künftig wohl dazu führen, dass in Österreich bald gar nichts mehr gehen wird, auch wenn es jetzt in Sachen Dritte Piste für Schwechat durch den Verfassungsgerichtshof nun doch Hoffnung gibt.

Zwölftens. Freilich hat dieser VfGH selbst nur knapp davor dem rotgrünen Kampf zur Verteidigung der hohen Sozialleistungen für Asylanten durch Aufhebung der niederösterreichischen Mindestsicherung zu einem wichtigen Erfolg verholfen. Damit haben die Bemühungen der Regierung, die Attraktivität des österreichischen Sozialstaats für Migranten zu reduzieren, einen massiven Dämpfer erlitten.

Was kümmern aber die Interessen Österreichs die Verfassungsrichter …

Aber protestieren können sie gut

So problematisch all diese Fälle sind, so effizient sind Richter, Staatsanwälte & Co hingegen mit ihren Protesten gegen die von der Regierung beschlossenen Sparmaßnahmen. Sie drohen jetzt sogar mit Kampfmaßnahmen. Und behaupten allen Ernstes, ihre "objektive", "faire" und "zügige Verfahrensführung" wäre durch das Sparen bedroht.

Das ist interessant. Offenbar sind sie wirklich der Meinung,

  • all die zuvor skizzierten Urteile und Vorgangsweisen wären objektiv und fair;
  • die sieben oder acht Jahre, welche die Staatsanwaltschaft des Öfteren einen Beschuldigten verfolgt (und beruflich ruiniert!), bevor es auch nur zur ersten Verhandlung vor einem Richter kommt, wären zügig;
  • Zivilverfahren, in denen es vom Schließen der Verhandlung bis zur Urteilsausfertigung ein volles Jahr dauert, wären zügig;
  • oder der enorm schwierige Swap-Prozess zwischen der Stadt Linz und der Bawag würde zügig betrieben, wo sich jetzt der vorsitzende Richter einfach in die Väterkarenz verabschiedet, was den Prozess wahrscheinlich um ein weiteres Jahr verzögert (man stelle sich nur vor, wie die weitere Karriere eines solchen Mannes in der Privatwirtschaft weitergehen würde: Dort sucht man nämlich Leute, die ihren Job gut verrichten wollen, und nicht ständig auf ihre Sozialstaats-Rechte pochen).

Was sich Richter&Co unter "zügig" vorstellen, habe ich auch selbst viele Jahre beobachten können, als ich in der Josefstadt ganz in der Nähe zahlreicher Gerichte gewohnt habe: Da sah man die Herren oft bis tief in den Nachmittag hinein in den Beisln rund um die Florianigasse. Die Damen dürften hingegen eher bei ihren Familien gewesen sein.

Vielleicht glauben die Richter und Staatsanwälte ja wirklich, dass irgendein Österreicher auch nur einen Funken Verständnis etwa für das geschilderte Verfahren gegen die Justizwachebeamten hätte; oder für das armeeartige Vorgehen gegen den BVT wegen Delikten, die für niemanden (abgesehen von Staatsanwaltschaft, Nordkorea und jenem SPÖ-nahen Anwaltsbüro) eine Verfehlung darstellen.

Aber unbestritten ist auch: Es gibt viele Richter und Staatsanwälte, die wirklich "objektiv, fair, unabhängig und zügig" arbeiten, wie es in der Selbstdarstellung heißt. Sie sollten sich aber gerade deshalb nicht allzu solidarisch vor jene Kollegen stellen, die das nicht so praktizieren, die den Richterberuf beispielsweise als Halbtagsjob ansehen. Und gerade sie sollten nachdenken, warum die Achtung vor der österreichischen Justiz schrumpft, statt jede Kritik an dieser Justiz sofort zu verfemen.

Und jedenfalls könnten zweifellos gerade Richter und Staatsanwälte eine Fülle von Vorschlägen machen, wie der Gesetzgeber trotz Sparnotwendigkeiten die Justiz und ihre Abläufe schneller und effizienter machen könnte. Gerade sie könnten die Ursachen von Zeitverschwendungen und überflüssigen Verfahrensschritten präzise benennen und Abhilfe definieren.

Wenn sie nur wollten.

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