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Die FPÖ fordert laut die Abschaffung der ORF-Zwangsgebühren. Dies wäre in der Tat ein richtiger und aus vielen Gründen längst notwendiger Schritt. Rätselhaft ist nur, warum die Partei das Thema zuletzt monatelang unter den Tisch fallen hat lassen. Und geradezu kontraproduktiv ist, dass die FPÖ das jetzt anscheinend aus einem einzigen konkreten Anlass heraus tut. Denn durch dieses Anknüpfen an einen Einzelfall wird die Forderung nach einer Abschaffung der ORF-Gebühren zum bloßen Verlangen nach einer Anlassgesetzgebung – was ihr viel an Glaubwürdigkeit nimmt. Dabei haben die ORF-Redaktionen schon viele hunderte Male ähnliche Skandale gesetzt.
Das deprimiert. Denn es zeigt, dass die Regierungsparteien die Dimension der Handlungsnotwendigkeiten sowohl beim Thema Gebührenfunk wie in der ganzen Medienordnung nicht einmal annähernd begreifen.
Das trifft nicht nur auf die FPÖ, sondern auch auf die ÖVP zu. Denn deren Medienminister Blümel ist seit Monaten einzig der gebetsmühlenartig wiederholte Satz "Wir werden einmal eine Medienenquete machen" zu entlocken. Als ob nicht jeder Österreicher längst wüsste, dass Arbeitskreise, Konvente, Enqueten hierzulande immer dann ins Spiel gebracht werden, wenn die Politik keine Ahnung hat, was sie eigentlich machen will. Und wenn sie dann auch nach den Enqueten&Co absolut nichts unternimmt.
Ansonsten will Blümel nur mit allen Medienmachern gut Freund sein. Womit er natürlich schon jede Chance auf sinnvolle Reformen verloren hat.
Man erinnere sich an Reinhold Mitterlehner. Dieser war in Sachen Medienpolitik ebenfalls total blank. Er hat ausgerechnet in seiner Rücktrittserklärung exakt zum erstenmal in seinem Politikerleben das Gebührenmonopol des ORF kritisch angesprochen, weil der ORF – und in diesem Fall insbesondere Oberscharfmacher Armin Wolf – mit Mitterlehner in den Stunden vor seinem Rücktritt besonders mies umgegangen war. Das war ganz typisch für das Verhalten der bürgerlichen Parteien: bloße erratische Erregung über einzelne Fehlleistungen des ORF – in diesem Fall noch dazu nur durch einen Abgehenden –, statt eine Medienstrategie.
Dem gleicht die jetzige FPÖ-Erregung über die ORF-Berichterstattung rund um eine Verkehrsministertagung der Brenner-relevanten Staaten. Auch hier wieder bloß Erregung über einen Einzelfall – so ungeheuerlich der auch war. Denn über jene Tagung wurde zwar ausführlich in ZiB-Bild und Ton berichtet, dazu gab es auch ein Interview mit dem deutschen Verkehrsminister, aber der österreichische Minister Nobert Hofer wurde nicht einmal erwähnt. Er wurde zum Unterschied von den anderen auch nicht im Bild gezeigt.
Eine solche "Berichterstattung" erinnert lebhaft an die Sowjetunion unter Stalin. Dort wurden in Ungnade gefallenen Politiker aus den veröffentlichten Fotos einfach hinauszuretuschiert.
Nein, meine Herren, Einzelärgernisse bedeuten noch gar nichts. Sie sind sogar eine kontraproduktive Begründung für Reformen. Denn so können sich die ORF-Menschen immer als Märtyrer produzieren. Wegen eines Fehler könne man doch nicht …
Ja, meine Herren. Die Zwangsgebühren gehören dringend abgeschafft oder zumindest drastisch reduziert und nach einem (allerdings schwer zu definierenden) objektiven Modus auf alle Medien aufgeteilt, die sich überprüfbar um eine öffentlich-rechtliche, ausgewogene und qualitätsorientierte Berichterstattung bemühen.
Eine solche Reform ist nicht wegen einzelner aktueller Fehler notwendig, sondern aus Gründen, die seit langem bestehen. Diese Reformnotwendigkeit kann nicht durch Austausch einer Handvoll Spitzenleute erfüllt werden (wie man noch 2000 geglaubt hat), und schon gar nicht durch juristische Umkonstruktionen, durch Verkleinerung oder Vergrößerung einzelner Gremien (was mancherorts als "Reform" diskutiert wird).
Die wichtigsten dieser Gründe:
Angesichts all dieser Entwicklungen ist es nur noch lächerlich, wenn sich der ORF jetzt in einer verzweifelten Verteidigungsstrategie als Partner für "Allianzen" mit den Privaten anbietet. Das ist aus mehreren Gründen lächerlich. Weil:
Wenn die ÖVP noch immer herumzickt und sich einreden lässt, dass das ja nur Einzelfälle sind, über die sich die FPÖ nicht so aufregen soll, dann sollte sie sich beispielsweise ganz aktuell die nächtliche ORF-Berichterstattung über den Opernball anschauen. Kann man ja auf der TVthek. Da konnte man allein in der Zeit, die ich zugeschaut habe (und das war nur ein Bruchteil) folgendes beobachten:
Aber der ganze ÖVP-Apparat merkt halt so wie die FPÖ mangels Medienprofessionalität und -beobachtung nicht einmal, was sich da ständig abspielt. Und Kurz selbst kommt verständlicherweise nicht viel zum Fernsehen, weshalb ihm die ORF-Skandale nur dann auffallen, wenn er selbst zum Opfer wird, wenn er etwa selber in einem "Sommerinterview" von einem persönlichen Freund des SPÖ-Vorsitzenden ständig unterbrochen wird.
PS: Die Kritik am Opernball-ORF bezieht sich übrigens nicht auf die Herren Wagner-Trenkwitz und Hohenlohe, die ihre durchaus schwierige Aufgabe mit Schmäh, Lockerheit, kleinen Fehlern, Frechsein, aber ohne einseitige Wadelbeißerei zu absolvieren imstande waren.