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Donald Trump ist alles andere als ein Sympathieträger. Das ist auch am Beginn seines zweiten Amtsjahres zu konstatieren. Ebenso ist er auch jetzt noch alles andere als ein philosophischer Intellektueller. Er erweckt den Eindruck, auf keinen Ratgeber zu hören. Und er neigt zu sehr flapsigen Tweets. Mit der gleichen Objektivität – zu der jedoch erstaunlich wenige Medien imstande sind – ist aber auch festzustellen, dass er mit wenigen Ausnahmen politisch in eine absolut richtige Richtung unterwegs ist, dass es vielmehr die amerikanische Opposition ist, die in ihrem Hass auf Trump Unsinn gemacht hat, und dass er vor allem einige gewaltige Erfolge erzielt hat.
Die Negativa und Schattenseiten des Präsidenten mit der skurrilen Frisur und dem eitlen Auftreten werden von allen Medien rund um die Uhr breit getreten, neuerdings auch in Buchform. Selbst Rechtschreibfehler in seinen Tweets sind tagelang Anlass zu – globalem! – Hohn. Das löst aber das Gegenteil des Beabsichtigten aus. Wenn Kritiker so übertreiben und selbst Winzigkeiten zu Staatsaffären hochschäumen, dann erweckt das automatisch Empathien für den Mann. Dann wird auch jener Teil der Kritik, der berechtigt ist, unglaubwürdig. Das ist vor allem dann der Fall, wenn gleichzeitig seine Erfolge fast völlig verschwiegen werden.
Der größte außenpolitische Erfolg Trumps ist die praktisch vollständige Niederlage des "Islamischen Staates" in Syrien und Irak. Diese Niederlage hat zwar auch etliche andere Väter, die sich des Sieges zu Recht oder Unrecht berühmen:
Wichtig waren zweifellos – und leider – die iranischen Revolutionsgarden als Verbündete der irakischen Regierungstruppen (und die daher, so ist zu befürchten, auch stark genug sein werden, die gegenwärtig in Iran ausgebrochene Revolte zu besiegen).
Militärisch weniger wichtig, aber sehr spektakulär vermarktet waren die Luftangriffe der syrischen und russischen Luftwaffe. Politisch sind zweifellos beide Länder durch den Kriegsausgang gestärkt, auch wenn sich Syriens Machthaber Assad infamerweise mehr auf die Bekämpfung der anderen Oppositionskräfte konzentriert hat als auf die des "Islamischen Staates", dessen Erledigung er anderen Kräften überlassen hat.
Die sogenannte demokratische Opposition in Syrien, die vergeblich auf die Westeuropäer gesetzt hat, wurde in einem Zweifrontenkrieg gegen Assad einerseits und den IS andererseits fast völlig aufgerieben.
Blamiert steht die Türkei da, die in diesem Krieg immer auf die falsche Seite gesetzt hat. Und die nun hektisch versucht, sich als Freund ihres Erbfeinds Russland sowie des Irans (und neuerdings auch wieder Europas!) auszugeben – obwohl klar ist, dass die Türken heimlich lange sowohl IS wie die anderen Oppositionskräfte unterstützt haben. So konnten sämtliche europäische Dschihadisten ja nur über die Türkei in den mörderischen Krieg ziehen, und zwar völlig ungehindert.
Jene Kraft aber, die den Krieg eindeutig entschieden hat, waren aber die Kurden. Sie haben in mühsamen und blutigen Bodenkriegen die meisten Städte freigekämpft. Und sie konnten dies nur dank der amerikanischen Unterstützung, die erst unter Trump wirklich relevant geworden ist.
Trumps Wirkung erkennt man besonders klar am dramatischen Unterschied, wenn man einen Jahreswechsel zurückblickt: Damals hat der "Islamische Staat" seine größte Ausdehnung erreicht und schien fast unbesiegbar zu sein. Dann aber hat Trump die Einsatzregeln der US-Truppen im Kriegsgebiet geändert. Er gewährte den lokalen Kommandanten, die unter Obama nur mit angezogener Handbremse agieren durften, volle taktische Freiheit und er intensivierte die Waffenlieferungen an die Kurden. So konnten die Kurden zusammen mit den erwähnten anderen Gruppen den furchtbaren Krieg zu einem alles in allem noch guten Ende wenden.
Die europäischen und auch die amerikanischen Medien haben den Erfolg Trumps und der Kurden freilich weitestgehend unter den Teppich gekehrt. Das ist nicht nur ein weiteres Kapitel der beklemmenden Entwicklung des Medien-Mainstreams, insbesondere in Hinblick auf ihren Umgang mit Trump. Das bedeutet aber auch für die Kurden Schlimmes.
Obwohl diese sich mit Mut, Entschlossenheit und vor allem Erfolg am relevantesten den radikalen Islamisten entgegengestellt haben, obwohl die Kurden in den von ihnen kontrollierten Gebieten die relativ toleranteste Struktur aufgebaut haben, drohen sie jetzt neuerlich unter die Räder zu kommen. Sie dürften nämlich wieder keinen eigenen Staat erhalten, obwohl sie schon so viele Generationen lang danach gerufen haben. Die Türkei, Syrien, Irak und Iran: Alle sind strikt gegen einen Kurdenstaat, obwohl sie den Kurden in diesem Krieg eigentlich viel verdanken.
Aber auch die Vereinigten Staaten, auch Donald Trump scheinen die Kurden zu vergessen – oder zumindest keine Idee zu haben, was mit ihnen passieren soll. Amüsant ist nur, dass all jene das nicht als Vorwurf gegen Trump verwenden können, die vorher die entscheidende Rolle der von Trump unterstützten Kurden beim Sieg über den Islamischen Staat verschwiegen haben.
Offensichtlich völlig Recht hatte Trump im ersten Jahr auch mit seiner Einschätzung des Irans, wie jetzt die neuerliche massiven Proteste rund um den Jahreswechsel und ihre brutale Unterdrückung durch die Machthaber gezeigt haben. Er beurteilte Iran viel negativer als es fast alle Europäer (auch ich muss zugeben, mich diesbezüglich geirrt, und die Entwicklung in dem Land positiver eingeschätzt zu haben). Aber das Land mit seiner alten und hochentwickelten Kultur steht noch immer unter einer repressiven Diktatur von islamischen Steinzeit-Fundamentalisten.
Trumps Einschätzung des Iran war hingegen richtig, wie er sie beispielsweise schon im September formuliert hat: "Die iranische Regierung maskiert eine korrupte Diktatur mit dem falschen Deckmantel einer Demokratie. Sie hat ein reiches Land mit einer reichen Geschichte und Kultur in einen wirtschaftlich erschöpften Schurkenstaat verwandelt, dessen Hauptexportgüter Gewalt, Blutvergießen und Chaos sind. Die am längsten leidenden Opfer der iranischen Führer sind die Menschen ihrer eigene Bevölkerung."
Völlig ungelöst ist hingegen, wie die Trump-Administration mit dem zunehmenden Näherrücken zwischen Türkei und Iran umgehen wird. Denn die USA haben die - theoretisch ja mit ihnen weiterhin verbündete - Türkei bisher immer nur mit Samthandschuhen angefasst. Jetzt aber ist die Türkei nicht nur zu einem der engsten Alliierten Teherans geworden. Jetzt hat ein US-Gericht vielmehr auch klar herausgefunden, dass der türkische Diktator Erdogan selbst zusammen mit einigen türkischen Bankern eine Schlüsselrolle dabei gespielt hat, dass Iran die internationalen Sanktionen umgehen konnte.
Trump hatte sicher aus heutiger Sicht Recht damit, auf den Erbfeind des Irans zu setzen, auf Saudiarabien. Denn in diesem Land hat es in den letzten Monate einige eindeutige Liberalisierungsschritte gegeben (wenn Saudiarabien auch gewiss von einem mittelalterlichen Zustand herkommt). Es ist ganz sicher kein Zufall, dass es vor Trump in jenem Land keinerlei Zeichen der Liberalisierung gegeben hat.
Und er hat auch damit Recht, dass er Pakistan und den Palästinensern klargemacht hat, dass es im Gegensatz zur Obama-Zeit kein Geld mehr für ein Verhalten geben wird, das Terrorismus nicht gerade bekämpft.
Die nächste ganz schwierige Herausforderung für Trump war und ist zweifellos Nordkorea. Auch er konnte zwar das wohl übelste Land Asiens nicht von der Weiterentwicklung von Atomwaffen abhalten – obwohl er zeitweise diesbezüglich den Mund sehr voll genommen hatte. Aber seine starken Sprüche haben dennoch mehr Erfolg als vorher acht Jahre lang Obamas Wegschauen angesichts der Aufrüstung Nordkoreas. Sowohl China wie Russland stimmten jetzt einem Ölembargo gegen Nordkorea zu, weil sie Angst vor Trumps Reaktion haben. Das Embargo wird zwar sicher des öfteren verletzt werden. Es ist aber dennoch die bisher konkreteste Maßnahme gegen den Diktator Kim Jong-un.
Es ist daher geradezu lächerlich, jetzt aus ein paar oberflächlichen Signalen Nordkoreas (die Öffnung einer Telefonverbindung mit dem Süden oder das Auftreten des Diktators in einem westlichen Anzug oder die mögliche Teilnahme des Nordens an Olympischen Spielen im Süden) ein Vernünftigwerden des Nordens oder gar eine Niederlage Trumps abzuleiten. Besonders skandalös tut das etwa das ORF-Fernsehen, das binnen weniger Stunden in diversen "Nachrichten"-Sendungen Trumps zu Recht skeptische Reaktion auf diese Signale hasserfüllt mit folgenden Ausdrücken beschimpft hat: "zynisch", "kindisch", "unberechenbar", "gefährlich", "niveaulos" und "Kindergartenniveau" (und in jenen Sendungen, die ich nicht gesehen oder gehört habe, fielen sicher noch weitere Beschimpfungen).
Die meisten Medien haben nicht einmal angedeutet, was alle Nachbarn Nordkoreas wissen: Dass Nordkorea, nicht die USA die Bedrohung ist. Denn Diktator Kim hat keineswegs irgendeinen Rückzieher in Sachen Atom oder Raketen gemacht, sondern sogar den forcierten Ausbau dieser Waffen angekündigt. Und wenn er sich nun mit ein paar Nebensächlichkeiten ein anderes Image zu geben versucht, ist darin höchstens ein Erfolg der Sanktionen zu sehen, die Kim gerne loswerden will, ohne aber irgendeine echte Konzession zu machen.
Zu den klügsten Intentionen Trumps zählen seine Überlegungen, die unter Obama total eingefrorenen Beziehungen zu Russland wieder aufzutauen. Die waren ja nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine in totaler Gesprächslosigkeit erstarrt. Gerade wenn man Russlands Eroberungen strikt verurteilt, wäre ein intensiver Dialog sehr wichtig. Den hat es doch sogar am Höhepunkt des Kalten Krieges fast immer gegeben. Jedoch gerade in Sachen Russland gelang es den US-Demokraten, Trump am meisten in die Enge zu treiben.
Trump hatte nämlich schon vor Amtsantritt ein paar Kontakte zu Russland aufgebaut (und dabei erhaltene Informationen möglicherweise auch im Wahlkampf genutzt). Was in Amerika zum großen Drama werden könnte, weil Kontakte absurderweise verboten sind, bevor man Präsident wird. Das ist zwar, mit europäischen Maßstäben gemessen, eine unbedeutende Formalsünde. Und in der Sache ist es jedenfalls ein vernünftiger politischer Ansatz. Aber gerade über diese Russlandkontakte könnte Trump nun absurderweise stolpern. Jedenfalls haben es die Demokraten dadurch verhindert, dass es zu einer weiteren Annäherung zwischen den beiden Supermächten kommt, weil sich Trump nun vor jedem freundlichen Wort Richtung Moskau fürchten muss, weil er dadurch noch mehr gerichtliche Probleme bekäme.
Und wie ist Trumps jüngster außenpolitischer Schachzug zu bewerten, die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels? Den Nahostfrieden hat er dadurch sicher nicht nähergebracht – die Aussichten darauf haben sich aber auch nicht verschlechtert. Die arabisch-islamischen Protestaktionen überschritten nicht das Ausmaß des seit Jahrzehnten leider ohnedies Alltäglichen. Und natürlich ist es Tatsache, dass Jerusalem die Hauptstadt Israels ist. Eine Stadt, in der sich Regierung, Parlament und Höchstgericht eines Landes befinden, ist dessen Hauptstadt. Punkt.
Auf der anderen Seite ist zwar festzuhalten, dass Jerusalem zweifellos erst als Ergebnis eines Kriegs zur Gänze an Israel gefallen ist. Dieses Ergebnis ist völkerrechtlich auch noch von niemandem anerkannt worden. Nach gezählten 50 Jahren ist es aber vielleicht sinnvoll und unumgänglich, die durch den Krieg herbeigeführten Änderungen als Realität anzuerkennen. So wie in 50 Jahren die ukrainischen Eroberungen Russlands wohl auch notgedrungen von der Außenwelt anerkannt werden müssen.
Wobei freilich ein gravierender Unterschied nicht unerwähnt bleiben soll: 1967 ist Israel von den Arabern angegriffen worden (hat aber den Krieg gewonnen); die Ukraine hat hingegen 2014 Russland ganz sicher nicht angegriffen, sondern nur durch eine interne Revolution einen offenbar von Russland als seine Marionette angesehenen Präsidenten gestürzt, was Russland mit einer doppelten Aggression beantwortete.
Der größte innenpolitische Erfolg Trumps war eindeutig die große Steuerreform, die das Potenzial hat, für eine Fortsetzung einer der längst andauernden Wachstumsphasen der amerikanischen Wirtschaft zu sorgen. Das ist auch für Europa wichtig, da es ja schon zuletzt die amerikanische Konjunktur war, die das – bis auf Deutschland – viele Jahre lange schwächelnde Europa wieder halbwegs in Gang gebracht hat. Umgekehrt müsste aber eigentlich Amerika auch das Land sein, wo die nächste Krise beginnen wird (weil in den USA der Boom schon so lange währt). Daher ist es umso wichtiger, dass Trump bei der Steuerreform die in verschiedene Richtungen zerrenden Republikaner schließlich doch zusammengebracht hat.
Auch Österreich sollte sich im Übrigen diese größte amerikanische Reform seit über 30 Jahren genau anschauen. Die US-Unternehmenssteuern sinken von 35 auf 21 Prozent und werden damit plötzlich tiefer als in Österreich sein, wo sie 25 Prozent ausmachen. Gleichzeitig sind schon davor etliche österreichische Firmen mit Investitionen nach Amerika gegangen, weil dort die Regulierung weniger erdrückend ist. Und wenn in Amerika außerdem der persönliche Höchststeuersatz von 39,6 auf 37 Prozent gesenkt wird, müsste das in Österreich, wo er bei nicht weniger als 55 Prozent liegt, etliche Diskussionen auslösen.
Müsste. Denn auch die neue österreichische Regierung scheint in diesem Punkt den Populismus der Vorgängerregierungen fortsetzen zu wollen, dass es politisch nicht hilfreich wäre, diesen Steuersatz zu senken. Dabei zeigt etwa auch die Schweiz, dass niedrige Spitzensteuersätze besonders viel Geld in die Kassa bringen.
Jenes Feld aber, wo Trump völlig falsch aufgestellt ist, ist genau das, wo er außer Worten zum Glück gar nichts unternommen hat: Das ist seine Aversion gegen den internationalen Handel, dem ja auch die USA ihren Wohlstand verdanken. Und alle jene Länder, die daran teilnehmen.