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Wenn das keine gute Nachricht ist!

Justizminister Brandstetter wird der nächsten Regierung nicht mehr angehören. Obwohl er gerne wollte. Das ist eine absolut positive Nachricht. Österreich wird also nicht nur von  Stöger, Karmasin, Kern und Hammerschmid befreit. Sondern auch von Brandstetter. Die Freude darüber wird freilich durch zwei Einschränkungen deutlich reduziert.

Brandstetter war ein netter, gemütlicher, zivilisierter Mann. Aber auf seinem Schuldkonto stehen drei gravierende Minuspunkte, an denen er trotz aller koalitionärer Rücksichten die Hauptschuld trägt.

  • Der erste ist die provozierende politische Einäugigkeit der beiden in Wien sitzenden Staatsanwaltschaften, die er nie zu einer objektiveren Sichtweise gebracht hat, obwohl er ja für die Staatsanwaltschaften weisungs- und personalmäßig zuständig ist. Während regelmäßig gegen Oppositionelle sehr streng vorgegangen wird, sind Angehörige der großen Koalition sakrosankt geblieben.
  • Der zweite ist die Untätigkeit der Justiz gegenüber der Ausbreitung der Korruption auf sehr hoher Ebene, die in Form der Medienbestechung stattfindet. Dazu ist nie Anklage erhoben worden. Selbst der besonders skandalöse Fall Faymann/ÖBB/Asfinag ist nie vor einem unabhängigen Richter gelandet.
  • Und der dritte Minuspunkt ist die empfindliche und noch dazu sehr selektive Einschränkung der Meinungsfreiheit durch Gesetzesänderungen in seiner Amtszeit.

Damit aber sind wir auch gleich bei der ersten Einschränkung der Freude über den Brandstetter-Abgang. Die künftige Koalition ist nämlich offensichtlich vorerst nicht bereit, diese Einschränkungen zurückzunehmen – oder zumindest gerechter zu strukturieren.

Die FPÖ engagiert sich lieber für die Nichtraucher; und für Sebastian Kurz ist der zentrale Wert der Meinungsfreiheit offenbar kein solcher. Obwohl diese Freiheit einst die wichtigste im Gebäude der bürgerlichen Rechte gewesen ist. Obwohl sie 1848 die weitaus zentrale Forderung der revoltierenden Bürger gewesen ist.

Aber was soll es: Österreich hat ja heuer auch das 150-jährige Jubiläum des Staatsgrundgesetzes 1867 völlig ungefeiert verstreichen lassen. Dabei ist dieses Gesetz zum Schutz der Bürger und Grundrechte bis heute in Kraft. Dabei war es in der gesamten Geschichte Österreichs überhaupt das erste Gesetz, das die Meinungsfreiheit schützte. Dabei ist es für Österreich und seine Identität mindestens genauso wichtig wie die weitere 150 Jahre davor geborene Maria Theresia. Und ungefähr zehnmal wichtiger als die landauf, landab verkitschte Sisi.

Jedoch: Die Linken hassen alles, was mit der einstigen Monarchie zusammenhängt. Die Freiheitlichen haben zumindest lange die Habsburger verachtet. Und die ÖVP ist ein völlig geschichtsloser Haufen geworden.

Das Verächtlichmachen und Zu-Hass-Anstacheln gegenüber Moslems und anderen Ausländergruppen wird also weiterhin mit der Androhung zweijähriger Haft verfolgt werden. Hingegen wird die gleiche Verhaltensweise gegenüber Priestern, Bauern, Unternehmern, FPÖ- und ÖVP-Wählern (auch SPÖ-Wählern, falls es die noch gibt) weiterhin erlaubt bleiben. Dieses Brandstetter-Strafrecht in den Händen dieser Staatsanwaltschaft hat – wie zu erwarten war – dazu geführt, dass reihenweise Islam-Kritiker verurteilt worden sind, während selbst ätzende Kritik an Kirche und Christentum und jede Menge gewaltaffine Aussagen in Moscheen völlig folgenlos geblieben sind.

Das ist zutiefst verstörend und kann nur noch mit dem Vormärz verglichen werden. Wenn auch mit umgekehrten ideologischen Vorzeichen.

Die zweite Einschränkung ist die offene Frage: Kommt etwas Besseres nach? Das wird erst in einiger Zeit beurteilen zu sein. Auch Brandstetter konnte man ja anfangs für eine gute Lösung halten. Jetzt kommt eine jüngere parteifreie Frau aus dem Westen, die in Wien noch wenig bekannt ist. Das passt zwar nett in die Marketing- und Proporz-Strategien der ÖVP. Das ist aber noch alles andere als eine Erfolgsgarantie.

Die ÖVP hat jedenfalls in den letzten Jahren wenig Glück gehabt mit den von ihr nominierten Justizministern. Man denke nur an den absoluten Tiefpunkt in Person von Claudia Bandion-Ortner, die durch den Ministerposten für ihr Versagen beim Bawag-Prozess belohnt worden ist …

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