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Gerade noch hat die grün-grüne Brutalität Österreich in Staunen versetzt, da zeigen Rot und Schwarz, dass sie es ebenso gut können. Im Lärm der rot-schwarzen Tiefschläge drohen freilich zwei in Wahrheit noch viel spannendere Vorgänge unterzugehen: eine erstaunliche Groteske beim Parlamentsstart, und die noch viel erstaunlichere Entwicklung eines Arbeitskampfes. Diese zeigt nämlich schon eine klare Vorwirkung von Schwarz-Blau.
Die SPÖ hat der (mutmaßlichen) neuen Koalition vom ersten Tag an gezeigt, was diese von den Sozialdemokraten haben kann: Hass und Verachtung pur. Kaum anders ist das Verhalten der Genossen bei der Parlamentseröffnung zu werten. Es ist ein Affront und eine Abkehr von allen Usancen, nicht den Kandidaten der stärksten Partei zum Parlamentspräsidenten zu wählen, sondern diese Position nur durch die mutmaßlichen Koalitionsparteien besetzen zu lassen. Das zeigt, dass die SPÖ derzeit keinerlei gemeinsame politische Plattformen haben will.
An dieser Wertung ändert auch die Tatsache nichts, dass die Nominierung von Elisabeth Köstinger durch ÖVP-Chef Kurz eine sehr diskutable Entscheidung gewesen ist. War doch die Frau davor keinen einzigen Tag Nationalratsabgeordnete, bringt also keinesfalls die für die Führung des Parlaments und für die Leitung eines 300-Millionen-Euro-Umbaus notwendige Erfahrung mit. Nur ständig von "Neuer Stil – alter Stil" zu reden, ist ein wenig zu wenig. Sebastian Kurz hätte mit dem altgedienten Vorarlberger Karlheinz Kopf als Nationalratspräsident zweifellos eine bessere Wahl getroffen. Kurz wäre auch sonst extrem gut beraten, Politik nicht nur mit seinem allerengsten Freundeskreis zu gestalten.
Gewiss: Kopf denkt durchaus mit seinem eigenen Kopf und ist kein blinder Zujubler. Aber gerade solche Menschen positiv einzubinden würde einen wirklich großen Parteichef ausmachen. Jene Österreicher, die Kurz gewählt haben, bestehen außerdem nicht nur aus 30-Jährigen. Sie beobachten genau, wie man mit älteren Menschen umgeht. Sie wissen, dass nur der ein guter Politiker ist, der bei allem – notwendigen und erfreulichen – jugendlichen Schwung auch den austarierenden Wert der Erfahrung begreift. Es hat schon seinen guten Grund, warum in vielen Parlamenten der Welt immer ein Alterspräsident den Vorsitz übernimmt, wenn es keinen gewählten Präsidenten gibt, wenn also heikle Situationen drohen.
Das einzige, was für Köstinger spricht, ist wohl der Umstand, dass auch ihre beiden Vorgängerinnen nicht gerade durch überwältigende Intelligenz geglänzt haben, sondern immer erst im Nachhinein bloß pflichtschuldigen Respekt bekommen haben.
Die Kampfansage der Sozialdemokraten an die ÖVP bestätigt aber unabhängig davon, dass derzeit bei der SPÖ mit den Herren Kern und Schieder der linke Flügel das (Hass-)Sagen hat. Doch wie lange wird das gehen? Denn in der Partei selbst scheint derzeit der linke Flügel im steilen Sturzflug zu sein.
Das zeigt etwa der fast triumphale Einzug von Verteidigungsminister Doskozil ins Burgenland, wo ihm nicht nur freiwillig der Rote Teppich hin zum Landeshauptmannsessel ausgerollt wird, sondern wo er auch sowohl von der mitregierenden FPÖ wie auch der oppositionellen ÖVP überaus freundlich empfangen worden ist. Es kann also auch durchaus anders zugehen im Verhältnis Regierung-Opposition.
Das Siechtum der SPÖ-Linken zeigt sich noch mehr an den Vorgängen in der Wiener SPÖ. Hier wird es nämlich immer wahrscheinlicher, dass Wohnbaustadtrat Ludwig der neue Bürgermeister wird. Auch er verkörpert mit einer sehr umgänglichen Art so wie Doskozil eindeutig den rechten SPÖ-Flügel. Er kann sowohl mit Blau wie mit Schwarz recht gut, während die Häupl-Partie nur mit den Grünen und ihrer inferioren Frau Vassilakou kann.
Die Ludwig-Doskozil-SPÖ (der übrigens auch die Gewerkschaften nahe stehen) hat mit der doktrinären Kern-Schieder-SPÖ so gut wie gar nichts zu tun. Aber solange im Parlament noch dieser linke Flügel dominiert, herrscht dort Eiszeit. Dies umso mehr, als Christian Kern ob seiner eigenen Demontage zutiefst verbittert ist, obwohl er ja selbst von seinem ersten Amtstag an nichts anderes als Wahlkampf gemacht hat (das ist halt nur dann durch den Wechsel Mitterlehner-Kurz und durch Auffliegen des Silberstein-Skandals zur Selbstbeschädigungs-Strategie geworden).
Diese Situation wäre im übrigen die perfekte Chance für die Neos, sich als seriöse Oppositionsalternative zu profilieren. Doch sie wissen ausgerechnet in dieser Situation nichts Besseres zu tun, als zu verkünden, sie würden nun inhaltlich die grünen Positionen besetzen.
Das ist genial intelligent:
Das alles sollte aber nicht die größte Groteske der letzten Stunden überdecken. Das ist die Wahl von Norbert Hofer zum dritten Nationalratspräsidenten. Er erhielt dabei nämlich die weitaus meisten Stimmen von allen drei Parlamentspräsidenten, nachdem Rot und Schwarz gegenseitig ihre Kandidaten beschossen haben.
Das ist grotesk. Haben doch die linken Parteien seit Jahrzehnten bei jeder Wahl von Nationalratspräsidenten den jeweiligen freiheitlichen Kandidaten als nationales Unglück, als Ausbruch des Neofaschismus oder noch Schlimmeres dargestellt. Offenbar erinnert sich auch keiner mehr, als was für eine fürchterliche Bedrohung und Schritt zur Diktatur sie 2016 im Präsidentenwahlkampf Norbert Hofer bezeichnet haben.
Und jetzt: gar nichts mehr, keine Empörung, keine politisch-korrekte Agitation, kein Antifaschismus. Dabei trifft das am häufigsten gegen Köstinger vorgebrachte Scheinargument, nämlich dass sie vielleicht in Kürze auf einen Ministersessel abwandert, auf Hofer mit mindestens ebensoviel Wahrscheinlichkeit zu. Für ihn wurde sogar schon ein Nachrücker nominiert.
Das zeigt zweierlei: Erstens der Hass der SPÖ-Führung gilt seit Christian Kern ganz allein der ÖVP. Und zweitens, wie beliebig auf Befehl von oben der antifaschistische Furor der Linken auf- und abdrehbar ist. Wie ein Lichtschalter.
Wobei, um genau zu sein: Ganze 200 Linkskämpfer haben sehr wohl noch gegen die FPÖ demonstriert, wobei sie ihnen vorgeworfen haben, dass es bei den Freiheitlichen – welch Überraschung! – viele Burschenschafter gibt. Aber offenbar haben diese 200 bei der Befehlsausgabe verschlafen, dass der Teufel jetzt Schwarz und nicht mehr Blau ist.
Sehr genau hingehört haben hingegen die Gewerkschafter, was sich so tut bei den Koalitionsverhandlungen. Der ÖGB hat ganz offensichtlich die streikwütigen Metallgewerkschafter gefragt, ob sie irgendwo mit dem Kopf angerannt sind. Zwar wurde vom ÖGB nach außen deren Streikabsicht genehmigt. Nach innen aber wurde den Metallern klargemacht, dass sie sich gleich am nächsten Tag hinsetzen und ganz ohne Streik die Kollektivvertragsverhandlungen abschließen sollen. Und so geschah es auch, ohne dass die Arbeitgeber ihr Angebot sonderlich erhöhen mussten. Wobei die Gewerkschafter plötzlich sogar in Sachen Arbeitszeits-Flexibilität Dinge akzeptiert haben, die bisher für sie völlig unakzeptabel waren.
Der Grund für die plötzliche Konsenssucht ist ein dreifacher, auch wenn er nicht laut zugegeben wird: