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Einen so brutalen Schlagabtausch auf offener Kulisse, so kräftige Tritte in den Unterleib hat es seit dem Krieg Kreisky gegen Androsch hierzulande in keinem anderen Lager gegeben. Vordergründig geht es um den uralten Straßenfeger Sex, Grapschen & Co, zu dem auch die unbegabteste Quotenjournalistin derzeit Betroffenheitskommentare abzusondern vermag. Dahinter aber geht es um das totale Scheitern der grünen Politik, um ihre Orientierungslosigkeit, aber auch um letztklassige Verschwörungstheorien, um persönlichen Hass und politische Rache. Bevor wir all das in einer trauerfreien Grabrede aufarbeiten, eine interessante Randfrage:
Warum sind die deutschen Grünen derzeit eigentlich deutlich erfolgreicher als ihre österreichischen Genossen? Warum haben sie sich trotz ähnlicher politischer Inhalte bei den Wahlen halten können, während die österreichischen Grünen selbst bei Addition von Grün- und Pilz-Stimmen schwer dezimiert worden sind? Dafür gibt es drei Gründe:
Zurück nach Österreich, zurück zur Affäre Pilz. Diese besteht zwar aus mehreren Etappen, von denen aber jede einzelne die Grenze zur Lächerlichkeit überschreitet.
Da sagt plötzlich jeder grüne Insider, dass doch seit Jahren bekannt gewesen sei, dass Pilz jede Frau anbrate. Und offenbar hat dieser das in alkoholisiertem Zustand nicht nur verbal , sondern auch mit Handeinsatz getan. Die Grünen übersehen allerdings, dass sie sich mit diesem Beschwichtigungsargument eines – zusätzlichen – Betrugs am Wähler beschuldigen, dem sie vor der Wahl etwas verschwiegen haben, was sie nach der Wahl plötzlich für einen Megaskandal halten.
Das Verhalten des Peter Pilz zeigt "nur" das eigentlich seit den grünen Anfängen endemische schlechte Benehmen, das damals aber alle total in Ordnung gefunden haben. Für Grüne waren damals sexuelle Exzesse und Grenzüberschreitungen die richtige Antwort auf das angeblich muffige katholisch-konservative Österreich. Die damalige Grünkultur mit ihren Kommunen (bis hin zum Kinderschänder und Vergewaltiger Otto M.) hat darin eine "lustige" Abwechslung zu Straßenschlachten, Hörsaalbesetzungen und Aktionismus gesehen.
Diese Altgrünen haben nur eines übersehen: Die Partei ist inzwischen vom Kampffeminismus, Schwulismus und Genderismus übernommen worden. Die Partei hat sich zu einer spießig-humorfreien und politisch-korrekten Verbotsorganisation verwandelt, in der Heterosexualität zur obersten Todsünde geworden ist.
Ich war nie dabei bei den Pilzschen Belästigung-Szenen, aber alles, was man darüber weiß, deutet darauf hin, dass da nichts Strafbares, sondern das grünentypische schlechte Benehmen passiert ist. Das kann bei Altgrünen eigentlich niemanden überraschen.
Pilz ist aber dennoch zurückgetreten, als die Anschuldigungen plötzlich zu heftig aufgepoppt sind. Damit hat er zweifellos wieder die Schlagzeile zum Tag erobert. Jetzt aber denkt er wohl Tag und Nacht nach, wie er den Rücktritt vom Rücktritt am schlagzeilenträchtigsten organisieren kann.
Seine Schlagzeilen-Fixierung kann man Pilz gar nicht zum Vorwurf machen – höchstens den Medien, die seit Jahren dankbar bei jedem Haken mitgemacht haben, den er geschlagen hat.
Pilz selber hat ständig mit der gleichen Masche gearbeitet: nämlich mit wüsten Verschwörungstheorien, die er mit empörter Miene und voller düsterer Andeutungen präsentiert hat. So wie bei rechten Verschwörungstheoretikern hinter allem und jedem abwechselnd Freimaurer, Bilderberger, amerikanische Juden oder Teilnehmer an irgendeiner Soros-Konferenz stecken, die jede üble Entwicklung lange vorher geplant und verabredet hätten, so treibt Pilz es auf der linken Seite. Man erinnere sich nur an seine ständigen Eurofighter-Verschwörungs-Enthüllungen. Der einzige Unterschied: Bei Pilz sind die Medien immer darauf hineingefallen, und seien die Verschwörungstheorien noch so abstrus gewesen. Die rechten Gegenstücke wurden hingegen nie ernstgenommen.
Jetzt tut Pilz es überhaupt nicht mehr unter der geheimnisvollen Andeutung, dass sich sowohl SPÖ wie ÖVP wie Neos wie natürlich auch die Grünen gegen ihn verschworen hätten, um alkoholische Grapschereien des Pilz bei einer längst vergangenen Alpbach-Konferenz zu erfinden, die sie dann über das Gemeinde-Wien-finanzierte grüne Zentralorgan "Falter" nach außen spielen. Der Grund für eine solche Verschwörung wird auch gleich mitgeliefert: Die anderen Parteien hätten alle offenbar furchtbare Angst vor ihm.
Mein Gott, Pilz! Ist das nicht zu viel der Ehre, die er da für sich in Anspruch nimmt?
Das einzige, was an seinen paranoiden Andeutungen stimmen dürfte, ist, dass es sehr wohl eine Intrige gewesen sein dürfte, die sein schlechtes Benehmen öffentlich gemacht hat. Und dass diese Intrige aus dem grünen Klub gekommen sein dürfte.
Die Frage, die sich derzeit viele stellen, lautet jedoch: Warum haben das die Grünen erst nach den Wahlen gemacht?
Die Antwort scheint klar: Die Grünen Chefs haben befürchtet, dass die Spuren der Belästigungs-Story nicht ganz verwischt werden können. Dass also die Grünen als Denunzianten dastehen würden. In der Folge wären die Grünen (noch mehr) an den Urnen bestraft worden, und Pilz hätte am Wahltag Mitleidsstimmen bekommen.
Jetzt fällt jedenfalls diese Sorge weg. Prompt breitet sich grünauf, grünab der ganze rachegefüllte Hass auf Pilz aus.
Irgendwie haben die Grünen vor der Wahl noch gar nicht richtig begriffen, dass Pilz nun zu den Feinden gehört. Sie waren seit dem Abtritt von Obergouvernante Glawischnig noch irgendwie in Schockstarre. Viele Grüne haben wohl auch damit spekuliert, dass zwei grüne Klubs im Parlament sogar viele Vorteile bringen würden: Man hätte in Summe mehr parlamentarische Redezeiten denn ein gleichgroße Einzelfraktion. Und noch mehr Auftritte im ORF, der ja große und kleine Fraktionen gleichbehandelt.
Dieser Versuch hat nicht funktioniert. Jetzt ist passiert, was niemand für möglich gehalten hat. Jetzt ist man draußen. Jetzt ist man daher blind vor Rache. Jetzt werden alle vorhandenen alten Geschichten gegen die vermeintlich am Untergang Schuldigen aus dem Giftkästchen geholt.
Aus diesem Gefühl heraus hat man ja fast gleichzeitig auch die seltsamen Finanzierungsmethoden von Christoph Chorherr an die Öffentlichkeit gespielt. Die waren zwar unter Grünen auch schon vorher bekannt gewesen, sind aber jetzt erst an die Medien gespielt worden. Chorherrs Sünden: Er hatte ein wenig zu viel öffentliche Nachwahl-Kritik an der Partei und vor allem an der Wiener Chefin Vassilakou geübt. Und schon öffnete sich die Falltür unter seinen Füßen (die er freilich selbst angelegt hatte).
Wir lernen: Die wahre Brutalität ist Grün gegen Grün.
In Wahrheit sind aber weder Pilz noch Chorherr am Absturz schuld. Das große Problem ist vielmehr die Politik der Grünen selbst. Diese Politik ist auf immer mehr Feldern den Menschen einfach zuwider.
Um nur die schlimmsten Aspekte (neben dem inferioren eigenen Personalangebot) aufzulisten:
Ein weiterer Skandal rund um die Grünen ist der Umstand, dass eine große, einst bürgerliche Bank ihnen ohne jede Sicherheit Kredite über fünf Millionen eingeräumt hat. Offenbar nur auf die Hoffnung hin, dass die Grünen eh sicher wieder hineinkommen werden. Was mindestens drei Anmerkungen aufwirft: