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In den USA, in England, in der Schweiz, in Frankreich gibt es Elite-Universitäten. In Österreich nicht. In Deutschland, Frankreich, Italien dürfen Menschen Adelsprädikate führen. In Österreich nicht. Von Amerika bis Großbritannien sind Menschen stolz, wenn sie unternehmerischen Erfolg haben. In Österreich nicht, da verstecken sie sich, während zweitrangige Schauspieler und drittklassige "Comedians" als prominent gelten. Umgekehrt macht sich die halbe Welt über die Österreicher lustig, die ständig von "Frau Doktor", "Herr Redakteur", "Frau Professor", "Herr Amtsrat" reden. Vom "wirklichen" oder "vortragenden Hofrat" gar nicht zu reden (was auch immer ein unwirklicher und nachtragender sein mag).
Hinter all diesen Beobachtungen stehen die Fragen: Was ist Elite? Und brauchen wir eine?
Die einzig richtige Antwort lautet: "Jein". Wir brauchen wie jedes Land eine Elite, aber die richtige und nicht eine hohle und aufgeblasene.
Selbstverständlich brauchen wir etwa die besten Ärzte. Das ist nicht nur für jeden Österreicher im Ernstfall vorteilhaft. Das ist auch gut fürs Bruttonationalprodukt. In den Nobelkliniken im 9. und 19. Wiener Gemeindebezirk hört man sehr viel Russisch und Arabisch – ein Zeichen, dass Wien medizinisch noch immer einen guten internationalen Ruf hat. Zumindest dann, wenn man das nötige Großgeld hat.
Umso schlimmer ist, dass die ärztliche Elite immer dünner wird, dass sie den normalen Kassenpatienten in Spitälern oder auch Arztpraxen lange nicht mehr in der einstigen Quantität zur Verfügung steht, dass mancherorts schon schlimme Mangelzustände herrschen. Quantitativ und bisweilen auch qualitativ. Die meisten Österreicher wissen auch, dass ihnen ein Schmäh erzählt wird, wenn behauptet wird, dass Defizite bei bestimmten Berufsgruppen durch Syrer kompensiert werden könnten. Sie spüren, dass Arzt nicht gleich Arzt ist, dass die besten gerade gut genug sind.
Auch auf vielen anderen Gebieten gilt: Ja, wir brauchen eine Elite. Dieses Ja zur Notwendigkeit von Eliten ist aber keineswegs mit Titeln verbunden. Es ist einer noch lange nicht der bessere Arzt, nur weil er ein "Univ. Prof." vor dem Namen trägt. Die Inflation der "Dr.", "Mag.", "MA", "Bacc.", vieler anderer modischer wie unverständlicher Abkürzungen oder gar der Beamtentitel wie "Oberstadtbaurat" ist skurril und dumm, ist bestenfalls ein Adelsprädikats-Substitut und ein Hilfsmittel zu erkennen, dass ein "Oberarchivrat" halt einen anderen Arbeitsplatz hat als ein "Oberforstrat". Nun ja.
Dieser Jahrmarkt der Eitelkeiten ist schlicht lächerlich. Es ist Unsinn, dass viele noch immer Titel für etwas Wichtiges halten, dass sie sich dadurch in ihrer aufgeblasenen Eitelkeit bestätigt und als etwas Besseres fühlen. Noch immer gibt es Landgasthäuser mit einem Honoratiorentisch für Bürgermeister, Arzt, Pfarrer und Lehrer (sofern jeweils noch vorhanden). Ich werde auch nie vergessen, welch Erstaunen ich einst in der Hochbürokratie ausgelöst habe, als ich die Auszeichnung durch den Titel "Professor" abgelehnt habe.
Das heißt aber keineswegs, dass Unterschiede egal wären. Ganz im Gegenteil. Es ist nur die Titelsucht eine Dummheit und der Glaube, dass man durch eine formale Ausbildung oder Position ein besserer, wertvoller Mensch wird.
Wechseln wir vom Feld der eitlen, aber harmlosen Dummheit zum Elite-Denken der politmedialen Klasse. Dessen Folgen sind viel schlimmer. Sie beginnen damit, dass in den Medien ständig irgendwelche "Experten" präsentiert werden. Dabei ist diese Bezeichnung oft bloß ein mieser Trick, um jemanden aufzuwerten, der die jeweils eigene Meinung vertritt. Dabei gibt es in fast jeder politischen Frage "Experten" für jeden nur möglichen Standpunkt.
Es ist schlicht eine Illusion zu glauben, man brauche nur Experten zu fragen, und schon hätte man die Lösung. Das würde selbst dann nicht stimmen, wenn das Expertentum nicht insbesondere vom ORF massiv missbraucht würde, der seit Jahren rund um die Uhr einseitig linksliberale bis linksradikale Ideologen als Experten ausgibt.
Der Tiefpunkt eines missbrauchten Eliten-Anspruchs findet sich aber im Konzept der repräsentativen Demokratie. Dieses kann man – leicht polemisch, aber treffend – so zusammenfassen: Ihr dürft alle vier, fünf Jahre ein Kreuz bei irgendeiner Gruppe von uns, genannt Partei, machen. Das ist doch großartig, das ist eine "Feier der Demokratie", wie es Angela Merkel nennt, das ist ein "Feiertag", wie Alexander van der Bellen sagt. Danach aber haltet bitte wieder den Mund. Danach machen wir Elite-Angehörige wieder, was wir wollen. Und was nichts mit dem zu tun hat, was vor dem Kreuzchen-Machen gesagt worden ist. Denn wir wissen es ja besser.
Um nicht missverstanden zu werden: die Kritik an einem solchen Elite-Anspruch ist kein Plädoyer gegen das Kreuzchen-Machen, sondern das Verlangen, viel öfter, viel differenzierter, zu konkreten Themen sein Kreuzchen machen zu dürfen.
Wir sind nicht mehr so simpel wie vor einigen Generationen, als selbst Schreiben und Lesen nur eine Minderheit beherrscht hat. Heute studiert die Mehrheit. Die Menschen haben schon zu oft gesehen, wie eine angebliche Elite – ob es nun Gewerkschaftsfunktionäre oder Richter oder Minister oder Beamte oder Universitätsmenschen oder Abgeordnete sind – im eigenen Interesse und nicht in dem der Bürger agiert, sobald sie sich unkontrolliert fühlt.
Wir brauchen Eliten der Leistung und nicht Eliten der Macht und Privilegien. Egal, ob es einst die Macht und Privilegien der Aristokratie oder heute der repräsentativen "Mandats"-Träger sind. Dabei haben diese ja in Wahrheit gar kein konkretes Mandat (auf Deutsch: Auftrag!). Sie lesen nur aus der mathematischen Summe der Kreuze auf den Stimmzetteln willkürlich alle möglichen Aufträge heraus, welche die Kreuzchen-Schreiber aber nie so geben wollten.
Solche Eliten der Macht verdecken die Notwendigkeit echter Eliten. Die Bürger selbst wissen sogar ganz genau, dass wir solche benötigen. Nicht nur gute Ärzte, sondern auch:
Das wäre ein Elite-Denken, zu dem wir alle Ja sagen könnten und sollten.
Dieser Text ist in ähnlicher Form im Magazin für Querdenker "Alles Roger?" erschienen: www.allesroger.at