Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Selten sind unmittelbar nach einer Wahl so viele Mythen entstanden und sofort verbreitet worden. Es scheint wieder einmal so zu sein: Es ist nicht wichtig, WAS ist und war, sondern nur, was die Publizistik und Geschichtsschreibung draus macht. Die sechs unglaublichsten Mythen rund um die Wahl und zwei sensationelle Folgen des jetzt nun definitiv feststehenden Ausscheidens der Grünen für die künftige Verfassungslage.
Sie kommen aus vielerlei Ecken.
Das war er ganz eindeutig nicht. Ganz im Gegenteil. Der Wahlkampf kam weitgehend ohne Störaktionen und Handgreiflichkeiten aus, wie wir sie aus anderen Wahlkämpfen, etwa dem jüngsten in Deutschland kennen. Es gab auch weniger denn je direkte Diffamierungen oder Erklärungen, die darauf hinauslaufen, dass andere Parteien prinzipiell stinken – also unberührbar und eigentlich zu verbieten seien. Es haben sich auch fast alle Parteien peinlich bemüht, Kontakt zu Extremisten zu meiden.
Die einzige Ausnahme war der Wahlkampf der SPÖ. Dieser – und nur dieser – zählt zum Tiefsten, was die österreichische Nachkriegspolitik zu bieten hat. Das ist die ganz persönliche schwere Verantwortung des Christian Kern (nicht bloß ein "Fehler", wie Kern nun zu verniedlichen versucht). Dieser SPÖ-Wahlkampf gehört in eine Reihe mit den ganz großen Skandalen der Nachkriegszeit – die übrigens allesamt ebenfalls durch die SPÖ hauptverschuldet worden sind, für die sich die Partei nie ordentlich entschuldigt hat. Ebensowenig wie sie das jetzt offenbar zu tun gewillt ist:
Die SPÖ hat diesmal gleich vierfach gegen alle moralisch und demokratisch akzeptablen Standards verstoßen:
Schön wäre es, würde dieser Satz stimmen. Aber die SPÖ hat genausoviel Prozente wie bei der letzten Wahl erzielt. Sie ist also zumindest nicht erkennbar bestraft worden. Sie wird daher auch nicht die ethisch gebotenen Konsequenzen ziehen.
Sie hat das vor allem dadurch geschafft, dass viele einstige Grün-Wähler jetzt für die SPÖ gestimmt haben. Was bedrückend ist: Denn die Grünen sind bei allem, was man ihnen inhaltlich vorwerfen kann und muss, in moralischer Hinsicht in keiner Weise problematisch. Was müssen das für Wähler sein, die sich bei früheren Wahlen mit den grünen Positionen identifizieren konnten, die aber ausgerechnet jetzt zur SPÖ gewechselt sind!
Ziemlich unappetitliche jedenfalls.
Auch das stimmt nicht. Das unterschiedliche Ergebnis zwischen Wien und Burgenland hängt vielmehr eindeutig mit einem anderen Faktor zusammen, und nur mit diesem: In Wien und anderen Städten sind viele frühere Grünwähler aus der linken Studenten- und Kultursubventions-Szene zur SPÖ gewechselt. Im Burgenland gibt es hingegen fast gar keine Grünwähler, die wechseln hätten können.
Das ist ein besonders infamer Mythos, der da jetzt von der Linken wieder einmal ausgestreut wird. Er zeigt auch die völlige Lernunfähigkeit und -unwilligkeit der Linken. Sie hat offenbar jeden Kontakt mit den Menschen außerhalb ihrer kleinen, angeblich intellektuellen Bobo-Blase verloren.
Denn diese Ängste vor dem Hereinströmen von illegalen Massen, vor einer rapide fortschreitenden und immer radikaler werdenden Islamisierung, vor der raschen Zunahme bestimmter Kriminalitätsformen, vor der massiven Dauer-Belastung der öffentlichen Haushalte durch den Zuzug von Wohlfahrtsstaats-Profiteuren, die der Arbeitsmarkt in keiner Weise benötigt, sind keine erfundenen und geschürten. Sie sind sehr real existierende.
Wenn Rot und Grün weiterhin diese Mär verbreiten, werden sie noch weiter Wähler verlieren.
Nein, das hat er nicht, auch wenn er es selbst sagt, bei allem Respekt für seine Leistung. Weniger als 32 Prozent ist ein geringerer Wähleranteil, als ihn Angela Merkel mit 33 Prozent bei der letzten – für die CDU/CSU eigentlich verheerenden! – Bundestagswahl erzielt hat. Und noch viel weniger als die des (inhaltlich in allen Fragen überzeugenden, aber keineswegs charismatisch wirkenden) Wolfgang Schüssel 2002 mit 42 Prozent gewesen sind. Trotz der wirklich eindrucksvollen persönlichen Begabung von Kurz sind andere Defizite der jetzigen ÖVP nicht übersehbar, etwa beim Personal rings um ihn:
Um wirklich dauerhaft erfolgreich zu sein, ist ein Ein-Mann-Team halt ein wenig zu wenig. Im Vergleich dazu war die FPÖ als einzige Konkurrenz zu Kurz rechts der Mitte besser aufgestellt: Sie hat zwar bei weitem keinen so charismatischen Spitzenkandidaten. Sie hat aber zwei herzeigbare, wahlkampferprobte und miteinander anscheinend harmonierende Spitzenleute sowie dazu einen (wenn auch optisch nicht sehr attraktiven) intellektuell brillanten Strategen.
Es ist zwar in der Tat Schwarz-Blau möglich. Aber das ist keine Drohung, sondern eine gute Aussicht. Das damalige Schwarz-Blau war im Vergleich eindeutig die erfolgreichste Zeit für Österreich in den letzten Jahrzehnten: Das Land rückte in praktisch allen Vergleichsstatistiken steil nach vorn oder überhaupt an die europäische Spitze (Arbeitslosigkeit, Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Verschuldung usw.) – während das Land heute inzwischen wirklich überall weit zurückgefallen ist.
"Schwarz-Blau" ist also nur für die SPÖ eine Drohung, weil sie damals von allen Futtertrögen plötzlich abgeschnitten worden ist.
Dass Schwarz-Blau dennoch heute keine sonderlich gute Presse hat, hängt mit einem ganz anderen Faktor zusammen - niemand tritt an, diese Zeit zu verteidigen. Denn:
Die vielleicht wichtigste Folge des Wahlergebnisses haben die Österreicher noch gar nicht mitgekriegt: Das ist eine Folge des nach der in der Nacht erfolgten Wahlkartenauszählung nun endgültigen Ausscheidens der Grünen aus dem Parlament: Erstmals in der Geschichte Österreichs haben Rot und Grün keine Möglichkeit, eine Verfassungsänderung zu blockieren. Das eröffnet nun wirklich tolle Möglichkeiten für echte Veränderungen und Reformen - vorausgesetzt Schwarz und Blau können sich mit den Neos einigen und ihnen entsprechende Gegenleistungen anbieten (womit natürlich Sachentscheidungen und keine Bestechung gemeint sind). Jetzt darf man wirklich gespannt sein, ob sie die Gunst der Stunde nutzen oder wieder versemmeln werden.
Fast genauso bedeutend und folgenschwer: Die ÖVP hat jetzt so viele Mandate, dass selbst alle vier anderen Parteien zusammen gegen sie keine Verfassungsänderung durchbringen können. Das verbessert die Position der Schwarzen jetzt noch mehr, auch in Hinblick auf Koalitionsbildungen.
PS: Am Rande sei noch ein besonders freudiger Aspekt des Wahltags erwähnt: Robert Menasse hat angedroht, das Land zu verlassen. Klingt gut, auch wenn er es natürlich nicht tun wird.
PPS: Am Rande sei noch ein besonders trauriger Aspekt des Wahltags erwähnt. Der Pilz-Abgeordnete Noll spricht nicht von "Deutschland", sondern der "BRD". Und das ist nun einmal eine rein altkommunistische Diktion, die seit dem Ende der DDR praktisch verschwunden ist. Man sieht, aus welchem Stall auch die restliche Truppe des (Ex-?)Trotzkisten Pilz stammt.
PPPS: Kein Mythos ist das in der Nacht zum Dienstag fast ausgezählte Wahlkartenergebnis: Die FPÖ sinkt endgültig und definitiv auf Platz drei.