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Während die österreichischen Koalitionsgespräche gerade erst anfangen, gibt es bei den drei Wochen früher begonnenen deutschen Verhandlungen einen erstaunlichen Durchbruch in einer ganz wichtigen Sachfrage, ohne dass dieser in Österreich bisher zur Kenntnis genommen worden wäre. Er könnte – und sollte – jedoch auch hierzulande ein hochinteressantes Vorbild sein. Es geht um die Bahn.
Obwohl in Deutschland die Koalitionsgespräche ziemlich rumpeln – müssen doch dort nicht nur zwei, sondern gleich vier Parteien einen Konsens finden –, haben sich ausgerechnet die Gegenpole FDP und Grüne auf etwas Wichtiges prinzipiell geeinigt: auf eine grundsätzliche Reform der Deutschen Bahn. Diese war ja bisher an der deutschen Sozialdemokratie gescheitert, welche die Privilegien eines Teils ihrer Stammwähler bedroht sieht. Umso unverständlicher ist freilich, dass der bahnzuständige CSU-Minister Dobrindt jetzt noch schnell drei Spitzenmanager der Bahn nachbesetzen will.
Grüne und FDP hatten schon in ihrem Wahlprogramm eine Zerschlagung des Staatskonzerns angesprochen. Dabei geht es um die Trennung der festen Infrastruktur (Schienen, Bahnhöfe und Energieversorgung) von allem anderen, was darauf rollt (also sowohl Personen- wie auch Güterverkehr). Die Infrastruktur soll in Staatsbesitz bleiben. Und alles, was rollt, soll rechtlich getrennt, an die Börse gebracht und zu Wettbewerb gezwungen werden.
Diese von Grün und Gelb ins Auge gefasste Trennung ist absolut logisch.
Dann droht die Beförderung von Gütern und Personen auf der Bahn in ihrer heutigen Behäbigkeit endgültig konkurrenzunfähig zu werden. Das Thema hat aber auch jetzt schon Blaulicht,
Diese sieben Milliarden können zwar nicht von heute auf morgen eingespart werden (so existieren die Pensionisten ja auch nach einer Teilprivatisierung). Dennoch stellen sie eine gewaltige Belastung dar. Zum Vergleich: Für das Bundesheer werden alljährlich nur zwei Milliarden ausgegeben. Umso seltsamer ist, dass diese Belastung durch die ÖBB und ihre sozialdemokratische Paten von den anderen Parteien in den letzten Jahren nie sonderlich betont worden ist. Zuletzt wohl deshalb, weil sich die Mitterlehner-ÖVP nicht getraut hat, die ÖBB des Bundeskanzlers Kern zu attackieren.
Gegen eine Bahn-Privatisierung werden von linker Seite gerne drei Argumente in die Diskussion geschleudert: "Aber Großbritannien!", "Aber das Ausland!" und "Aber, die Umwelt!" Alle drei Argumente sind jedoch Unsinn.
In Großbritannien war und ist die Bahnprivatisierung mit einer Ausnahme nämlich ein Riesenerfolg. Sämtliche Vergleichszahlen, wie vor allem die Bahnnutzung durch Passagiere oder die Unfallhäufigkeit, haben sich seither extrem positiv entwickelt.
Der einzige Fehlschlag war die Privatisierung der Infrastruktur. Diese hat sich als Fehler erwiesen und musste zurückgenommen werden, weil Erhalt und Ausbau von Schienen und Bahnhöfen ohne Staat nicht finanzierbar waren. Und weil der britische Staat davor jahrzehntelang nichts in die Bahnstruktur investiert hatte. Genau deshalb besteht heute – eben auch bei Grün und Gelb in Deutschland – Einigkeit, dass die Infrastruktur wohl besser in Staatsbesitz bleiben sollte.
Das Auslands-Argument ist überhaupt Steinzeit. Denn es meint, private Zugsbetreiber würden mehr Ausländer beschäftigen. Aber erstens unterliegen die Privaten diesbezüglich demselben Arbeitsrecht wie ÖBB&Co; zweitens ist es schlicht EU-widrig, zwischen Inländern und EU-Ausländern zu unterscheiden; und drittens könnte man mit dem gleichen Argument auch beispielsweise Hemden- oder Kfz-Importe nach Österreich verbieten, damit dann wieder im Inland – halt viermal so teuer – Kleidung und Autos produziert werden können.
Auch das Umwelt-Argument, also die Tatsache, dass der Bahnverkehr nach allen bekannten Parametern umweltfreundlicher ist, spricht nicht gegen eine Privatisierung von Personen- und Fracht-Zügen. Denn alles, was die Allgemeinheit für Umweltschutz durch Förderung der Bahn auszugeben bereit und imstande ist, kann nach einer Teilprivatisierung noch viel effizienter erreicht werden. Während sich der Straßenbau durch Mineralölsteuer und Pickerl selbst finanziert, kann der Staat durch Investitionen in die Bahn-Infrastruktur und durch Leistungsverträge seine Umweltziele nach einer Teilprivatisierung genauso erreichen. Nur effizienter und billiger (bei diesen Leistungsverträgen geht es darum, jene Betreibergesellschaft zu subventionieren, die um die geringste Förderung die Pflicht zu übernehmen bereit ist, zehn Mal täglich eine bestimmte Nebenstrecke weiterhin mit Zügen zu befahren, selbst wenn diese weitgehend leer sind).
Der Umweltwert der Bahn bedeutet nämlich absolut nicht, dass dort hochbezahlte Quasi-Beamte vor Konkurrenz zu schützen sind, dass solche Leistungsverträge unter der Hand exklusiv an die ÖBB vergeben werden sollen, statt sie auszuschreiben und so den Bestbieter zu suchen, dass die ÖBBler viel öffentliches Geld für ineffiziente Arbeit kassieren. Das dann eben nicht der Umwelt dient.
Gleichzeitig haben es die europäischen Bahnen in ihrem Egoismus bis heute nicht einmal innerhalb der EU geschafft, technologisch einheitlich zu werden. Sie wollen das wohl auch gar nicht, um sich die Konkurrenz noch mehr vom Leib zu halten.
Die Bahn-Vorschriften wie auch die technischen Bedingungen sind von Land zu Land so unterschiedlich, dass jeder Grenzübertritt noch immer eine komplizierte Operation ist, die meist mit Wartezeiten, Lokomotiv- und Fahrerwechseln verbunden ist, wie erst dieser Tage wieder ein führender Spediteur beklagt hat.
PS: Damit sehen wir übrigens auch ein Versagen der EU, dass sie dort untätig bleibt, wo Regulieren sinnvoll wäre, weil es Bahnfracht wie Reisen billiger machen würde.