"Wenn der Papst das vorvorletzte Wort hat" - aber nicht mehr ernstgenommen werden kann

In der Wiener Kirchenzeitung war vor kurzem eine skurrile Kolumne abgedruckt: Papst Franziskus habe zum kommenden Welttag des Migranten und Flüchtlings (14. Jänner 2018) eine Botschaft veröffentlicht, in welcher er "der Politik ganz konkrete Tipps" gegeben habe, etwa dass die "Sicherheit der (notleidenden) Personen stets der Sicherheit des Landes voranzustellen" sei. Der Papst habe auch "breitere Möglichkeiten für eine sichere und legale Einreise in die Zielländer" gefordert. Der Kolumnist bringt diesen Unfug allen Ernstes mit dem "Heiligen Geist" in Verbindung.

Seit dem Beginn des unglücklichen Pontifikats von Papst Franziskus hat sich ein zuvor nicht gekanntes Hofschranzentum im kirchlichen Apparat etabliert. Während zur Zeit von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. ein loyales Bekenntnis zu denjenigen von deren Lehraussagen, die mit hoher Verbindlichkeit ausgestattet waren, im Apparat der österreichischen Kirche nicht erinnerlich ist, ist man dort mittlerweile geradezu ultramontan, ja papalistisch geworden.

Kritik an Inhalt und Stil des derzeitigen Pontifex wird als illegitim bekämpft – auch von denen, die es besser wissen müssten.

Die Immunisierung des Papstes gegen den Einspruch des überlieferten Glaubens wird auch in "konservativen" Kreisen betrieben. Besonders gut drückt diese Mentalität eine einst wertvolle katholische akademische Einrichtung aus, die sich nunmehr jede legitime Kritik an den Irrtümern des derzeitigen Pontifikats verbittet und in genau diesem Zusammenhang auf ihrer Homepage formuliert: "The Church does not need our opinion, she needs our holiness."

Auf gut Deutsch gesagt heißt das: "Hände falten, Gosch'n halten".

Wer hätte gedacht, dass diese (keineswegs katholische) Mentalität in Zeiten angeblich "mündiger Katholiken" zum Leitmotto werden würde? Und das bei einem für jedermann mit freiem Auge erkennbaren Desaster des derzeitigen Pontifikats: Papst Franziskus betreibt eine Revolution von oben und agiert wie ein Diktator. "Bescheidenheit" und "Demut" sind reine Inszenierung. Er relativiert die Gebote Gottes und biedert sich bei den Machthabern an.

Keine päpstliche Unfehlbarkeit in tagespolitischen Fragen – und beim Abweichen vom Glauben!

Der Kolumnist der oben genannten Kirchenzeitung weiß natürlich auch, dass ein Papst in tagespolitischen Fragen nicht unfehlbar ist und deutet demzufolge an, dass man als katholischer Gläubiger beziehungsweise als katholischer Politiker möglicherweise auch zu anderen Schlüssen in der Migrationsfrage gelangen kann als der Papst, schränkt aber gleich ein: "Aber eines geht gar nicht: den Papst ignorieren oder gar schlechtreden. Seine Äußerungen einfach als Gerede abtun."

Nun, "ignorieren" ist angesichts der grellen vatikanischen Katastrophe unserer Tage ohnehin unmöglich.

Aber was heißt "schlechtreden"? Dass man die päpstlichen Abwegigkeiten nicht kritisieren darf? Darauf hinweisen, dass der Katechismus der Katholischen Kirche etwas ganz anderes lehrt als die Botschaft zum Migrantentag (http://w2.vatican.va/content/francesco/de/messages/migration/documents/papa-francesco_20170815_world-migrants-day-2018.html) (nämlich in KKK 2241 http://www.vatican.va/archive/DEU0035/_P83.HTM)?

Dass es kriminell ist, die Sicherheit des Einwanderungslandes zu unterminieren, weil dann dieselben Zustände entstehen, vor denen die Migranten – wirklich oder angeblich – geflohen sind? Interessanterweise hat der Kolumnist in Klammern das Wort "notleidend" eingefügt, das im Originaltext gar nicht zu finden ist. Dort bekommen "Migranten, Asylwerber und Flüchtlinge" undifferenziert einen geradezu privilegierten Status.

Nein, die päpstliche Botschaft ist weder lehramtlich verbindlich noch menschlich weise.

Papst Franziskus hatte darüber hinaus in seinen Lehrschreiben (deren lehramtliche Verbindlichkeit übrigens bewusst vage gehalten wird) gezeigt, dass er sich über den überlieferten Glauben hinwegsetzt, wenn es ihm so gefällt. Durch die Promulgation von Amoris laetitia und die Weigerung, auf die dubia der vier Kardinäle zu antworten, hat sich der Papst aber selbst ins Out manövriert.

Die Kirche als Bauer am globalen Schachbrett?

Es ist auch bizarr, dass der Papst bereits im August eine Stellungnahme zu einem "Welttag" im Jänner abgegeben hat.

Sollten damit etwa die anstehenden Parlamentswahlen in verschiedenen Ländern beeinflusst werden?

Offenbar ist hier eine Agenda am Werk, wie sie von den Soros-Organisationen und der UNO praktiziert wird. Der Papst hat die "nicht verhandelbaren Werte", wie Lebensschutz und Ehe und Familie, aufgegeben und sich Entnationalisierung und Entchristlichung zu eigen gemacht, die er mit frommen Phrasen und einer rabulistischen Bibelexegese rechtfertigt.

Verlust des Glaubens – Verlust der Vernunft

Der Autor der Kirchenzeitung hatte seine Kolumne "Wenn der Papst das vorvorletzte Wort hat" benannt. Er wollte damit sagen, dass bei einer konkreten politischen Aussage eines Papstes, wie im gegenständlichen Fall, nicht von einer dogmatischen Definition die Rede sein kann.

Dann folgert er aber auf eine unwürdig-unterwürfige Weise, was nach dem Gesagten nicht folgt und nicht folgen kann: "[Der] Papst ist ein bevorzugtes Werkzeug des Heiligen Geistes."

Nun, der Heilige Geist steht denjenigen Amtsträgern nicht bei, die den Glauben und die Gebote nicht unzweideutig bekennen und verteidigen. Zu viel Verwirrung und Ärgernis hat Papst Franziskus seit seinem Amtsantritt schon in die Kirche gebracht. Offensichtlich ist der gegenwärtige Papst also kein bevorzugtes Werkzeug des Heiligen Geistes.

Die verdrallte Argumentation des Kolumnisten geht aber in dem unwürdigen und in der Kirche Wiens so bekannten süßlich-euphorischen Stil weiter: Er spricht dem Papst zu, dass "er doch mehr Einblick in die Würde des Menschen und die Wege der Gnade [haben könnte], als ich zu denken gewagt habe".

Das ist vermutlich ein Akt der Selbstbeschwichtigung von jemandem, der sich sein eigenes Denken und seine eigene Wahrnehmung zu verbieten versucht.

Wie soll bitteschön die Massenimmigration ausgerechnet von Anhängern des Islams die Menschenwürde fördern?

Und was heißt hier "die Wege der Gnade"? Das ist absurd, da unter Papst Franziskus eine inhaltlich klar bestimmte katholische Mission nicht existiert. "Gnade" im theologisch präzisen Sinn ist derzeit kein Thema. Denn mit dieser muss die Praxis des wahren Glaubens und der Gebote korrespondieren. Das kommt aber in der päpstlichen Botschaft nicht vor. Es geht dort immer nur um "Begegnung" und "Austausch" und nicht um Jesus Christus.

Übrigens will der Papst, dass Staatsbürgerschaften, "die von wirtschaftlichen und sprachlichen Erfordernissen losgelöst" sind, vergeben werden.

Mit dem Verschwinden des Glaubens ist die Vernunft dann eben auch dahin.

Resümee

Dieses Pontifikat ist eine Katastrophe für die Kirche und, weil die Kirche eine wichtige Rolle in der Welt spielt, für die Menschheit. Im 100. Jahr nach Fatima wird ein Glaubensabfall innerhalb der kirchlichen Hierarchie sichtbar, die man vor wenigen Jahren noch für undenkbar gehalten hätte. Hier ist eine von langer Hand vorbereitete Revolution im Gange.

Diejenigen, die aufgrund ihrer kirchlichen Stellung und ihrer theologischen Kompetenz dagegen die Stimme erheben müssten, schweigen oder geben sich auf eine bizarre und penetrante, bislang unbekannte Weise papsttreu – mit ganz wenigen Ausnahmen. Kirchenapparate und Kirchenzeitungen überschlagen sich geradezu mit Loyalitätsbekundungen – im Gegensatz etwa zur Zeit des vorigen Pontifikats.

Ein Pontifikat, das in zentralen Fragen des Glaubens und der Moral über vier Jahre hinweg Verwirrung verbreitet, hat sich selbst ins Abseits gestellt. Einer brutalen Machtpolitik, die vom Papst selbst oder von ihm nahestehenden Bischöfen (wie in dem rezenten Fall der skandalösen Entlassung des österreichischen Philosophen Josef Seifert von der Internationalen Akademie für Philosophie in Granada https://onepeterfive.com/catholic-scholars-react-dismissal-josef-seifert-exhortation-critique/) durchgeführt wird und sich unkatholisch über den Glauben der Kirche hinwegsetzt, entspricht dann eine unterwürfige Papolatrie, die ebenfalls unkatholisch ist und die sowohl Vernunft als auch nüchterne Situationsanalyse in politischen Sachfragen unterminiert. Damit werden Ansehen und Autorität des Papsttums selbst untergraben – beabsichtigt oder unbeabsichtigt.

Das sehen wir besonders in der Frage der Massenimmigration nach Europa. Wem soll der Import der Christenverfolgung nützen?

Hier hat Papst Franziskus seine Autorität verwirkt. Seine "Tipps" müssen zum Wohl aller Betroffenen zurückgewiesen werden.

In Zukunft sollen die kirchenamtlichen Publizisten dann auch mit dem Heiligen Geist etwas vorsichtiger sein.

Wolfram Schrems, Wien, Mag. theol., Mag. phil., Katechist, politisch interessierter Katholik

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