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Silberstein ist noch gar nicht das Schlimmste

Selbst die linken Schnatter-Claqueure in Sozialen und Mainstream-Medien sind derzeit weitgehend verstummt. Ihnen ist ob der Tatsache, dass Christian Kern in vollem Wissen einen seit längerem unter schweren Kriminalitätsvorwürfen stehenden Mann in seine engste Umgebung platziert hat, bisher die Luft weggeblieben. Da versagt selbst die bestgeschulte Schimpfdialektik. Diese Affäre Silberstein-Kern-Gusenbauer, die dem ganzen Land ein schweres Versagen des SPÖ-Chefs zeigt, ist ein schwerer Schock. Jedoch: Sie ist noch lange nicht das Schlimmste und Gravierendste, was gegen die Sozialdemokratie spricht.

Eine ganze Reihe anderer Punkte macht nämlich weit über diesen aktuellen Anlass hinaus deutlich, dass die gesamte Sozialdemokratie in schweren Moral-, Strategie- UND Existenzkrisen steckt, aus denen sie sich sicher in diesem Wahlkampf nicht mehr erholen kann. Aus denen sie sich – siehe etwa die Entwicklungen von Frankreich über Spanien bis Griechenland – möglicherweise überhaupt nicht mehr befreien kann. Selbst das Absinken auf eine Nostalgie-Truppe Kategorie Monarchisten oder Kommunisten ist denkbar geworden. Das gilt für Österreich wie Deutschland, und viele andere Länder.

Die wichtigsten Indizien dieser Entwicklung:

  1. Die Sozialdemokraten, aber auch die mit ihnen eng verwandten Grünen sind in der für die Bürger heute weitaus wichtigsten Frage tief gespalten, also im Problemkreis Migration/Islamismus/Sicherheit. Auf der einen Seite dieser Kluft steht die "Welcome"- und "Rettungs"-Bewegung samt allen Querverbindungen zur schwerkriminellen Schlepperszene, die voll im rotgrünen Biotop verwurzelt ist. Auf der anderen Seite befindet sich etwa die burgenländische SPÖ; dort stehen auch die prominentesten deutschen Grünpolitiker aus Tübingen und Baden/Württemberg (unabhängig davon, dass sich etwa der burgenländische Sozialdemokrat Doskozil 2015 noch persönlich als Migrationshelfer betätigt hat). Den österreichischen und deutschen SP-Führungen ist angesichts dieser tiefen und unüberbrückbaren Kluft nur eines eingefallen: Sie reden über das wichtigste Thema der Bürger einfach nicht. Und glauben, dass es dadurch verschwindet.
  2. Die Tatsache, dass sowohl SPD wie SPÖ zuletzt auf uralte Klassenkampf-Rhetorik zurückgegriffen haben, ist mit Sicherheit nicht mehrheitsbringend, sondern ein Beweis ihrer Notstands- und Wagenburgmentalität. Statt der einstigen Einladung an Andersdenkende, ein Stück mitzumarschieren, gilt heute totales Vintage-Retro. Fast scheinen die Sozialdemokraten sogar in die Denkwelt des Mittelalters zurückgefallen: In letzter Not zieht man sich halt auf seine Burg hoch oben auf einem Felsen zurück und verteidigt sich dort bis zum letzten Mann.
  3. Insbesondere der rote Kampf für eine Erbschaftssteuer ist schwer selbstbeschädigend, wenn man bedenkt, dass es in Österreich über 1,4 Millionen Hauseigentümer und zusätzlich 380.000 Wohnungseigentümer gibt. All diese werden von den SPÖ-Plänen viel stärker abgeschreckt, als dass die SPÖ beim Rest (also bei jenen ohne Immobilien) sonderlich Begeisterung auslösen könnte. Ähnliches gilt für das Verlangen nach einer Wertschöpfungsabgabe, einer Maschinensteuer, die jede kreative Innovation behindert.
  4. Von Kern bis Schulz haben die deutschsprachigen Sozialdemokraten ein ziemliches Personalproblem. Dieses wird auch in der übrigen Kandidatenliste der Linksparteien sichtbar, während auf der konservativen Seite der neue Star Sebastian Kurz einige attraktive Personen anziehen hat können.
  5. Der einstige zumindest verbale Anspruch der SPÖ in Sachen Moral (noch vor zwei Jahren plakatierte sie im Wiener Wahlkampf ja groß das Wort "Haltung"!) ist spätestens seit dem Kern-Wahlkampf nur noch eine Lachnummer. "Hol Dir, was dir zusteht", steht in tausendprozentigem Gegensatz zu dem, was einst etwa John F. Kennedy sagte: "Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst!"
  6. Vor allem in Österreich werden sich immer mehr Menschen auch angesichts der groß dimensionierten Medienbestechung aus Steuergeldern des moralischen Verfalls der Sozialdemokraten (vor allem jener im Wiener Rathaus) bewusst.
  7. Dieser moralische Verfall wird auch noch in weiterer Hinsicht durch gleich zwei Persönlichkeiten deutlich, die einst jeweils an der Spitze gestanden sind. Sowohl der deutsche Ex-Kanzler Schröder wie auch der österreichische Ex-Kanzler Gusenbauer haben sich nach ihrer Zeit in der lautstark die eigene Moral betonenden Sozialdemokratie als Berater und Agenten auf sehr seltsame Tätigkeiten für osteuropäische Partner eingelassen.
  8. Christian Kern hat der SPÖ auch noch in anderer Hinsicht die Glaubwürdigkeit genommen: Diese hatte sich ja 30 Jahre als Bollwerk angeblicher Anständigkeit gegen die angebliche braune Gefahr durch die FPÖ dargestellt. Jetzt hat die Partei plötzlich kein Problem mit der (völlig unveränderten) FPÖ und attackiert nur noch voll Hass die ÖVP.
  9. Der soziologische Kern der Sozialdemokratie war immer die Arbeiterklasse, also die Massen, die seit dem 19. Jahrhundert aus der landwirtschaftlichen in die industrielle Welt gewechselt sind. Diese Arbeiterschaft ist heute jedoch zahlenmäßig geschrumpft; sie ist kleinbürgerlich geworden. Bedeutende Teile sind zu anderen Parteien abgewandert. Und heute werden die traditionellen Arbeiter durch den Kurs der Sozialdemokraten endgültig vor den Kopf gestoßen, der massiv um die eingebürgerten türkischen Wähler buhlt. Diese aber sind zahlenmäßig noch lange nicht imstande, die Verluste der Sozialdemokratie in der traditionellen Arbeiterschaft zu ersetzen. Dieser türkenfreundliche SP-Kurs stößt zugleich die vielen Migranten aus osteuropäischen Ländern ab. Er ist im übrigen auch für die Zukunft der Sozialdemokratie keine brauchbare Überlebensoption: Denn sobald die islamischen Immigranten –Türken, Afghanen, Bosnier, Araber – die nötige Wählerzahl erreicht haben werden, werden sie mit hoher Wahrscheinlichkeit ihre eigene(n) Partei(en) bilden.
  10. Ähnlich wie vor einem Jahrzehnt in Deutschland die Entstehung der "Linkspartei" als dritte linke Partei die Chancen der SPD beschädigt hat, wieder zur größten Fraktion zu werden, so tut das jetzt in Österreich die Kandidatur einer eigenen Peter-Pilz-Partei. Diese bietet für viele bisherige Rot- und Grün-Wähler eine interessante Alternative. Sie können ihren alten Parteien untreu werden, müssen sich nicht mit den abstoßend gewordenen Realitäten von Rot und Grün identifizieren, und können sich doch als Linkswähler politisch korrekt fühlen.
  11. Kern hat in den letzten Wochen in seiner von Spin-Doktoren initiierten Überinszenierung so viele taktische Fehler begangen, dass er als Führungspersönlichkeit jede Glaubwürdigkeit verloren hat (von den lächerlichen Auftritten als Pizzabote und Fußballspieler im Kanzleramt über "Vollholler"-Entgleisungen und "gute Laune"-Wahlprogramme bis zu den öffentlich gestellten "Bedingungen", die dann ein paar Tage später wieder vergessen waren).
  12. Und last not least: Das seit vielen Wahlkämpfen übliche Schlammschleudern der SPÖ – das sich übel von allen(!) anderen Parteien abhebt – ist wirkungslos, seit es zwei große Parteien rechts der Mitte gibt. Denn selbst wenn die SPÖ doch noch irgendeinen wirksamen Vorwurf gegen den derzeit von ihr voll, aber vorerst völlig wirkungslos attackierten Sebastian Kurz finden sollte (wie es etwa 2006 die mit Hilfe einiger Gossenillustrierten erfundene illegale Pflegerin im Hause Wolfgang Schüssel gewesen ist), würden verunsicherte ÖVP-Wähler nicht zur SPÖ wechseln, sondern zur FPÖ.

Mir fehlt aus all diesen Gründen jegliche Phantasie, um noch glauben zu können, dass die (ohnedies schon stark geschrumpfte) SPÖ nicht am 15. Oktober noch weiter schrumpfen wird. Selbst wenn es die Affäre Silberstein nicht gäbe.

PS: Als Christian Kern nach zwei Tagen betretenen Schweigens nun in einem Internet-Video endlich zum Fall Silberstein Stellung nahm, beging er gleich die nächste Dummheit (obwohl man sich auf ein selbstgemachtes Video eigentlich in Ruhe vorbereiten könnte). Er sagt darin nämlich: "Selbstverständlich war es ein politischer Fehler", Silberstein zu beschäftigen. Warum ist das um Himmels Willen "selbstverständlich"??? Will Kern damit etwa sagen, dass bei der SPÖ Gauner selbstverständlich seien? Oder soll das ein Eingeständnis bedeuten, dass bei Kern Fehler selbstverständlich seien? Eine dritte Interpretation für dieses Wort finde ich jedenfalls beim besten Willen nicht.

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