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Die Medien haben nun ihren Kandidaten. Sie können jetzt ungeniert links sein, ohne bei Rot oder Grün anstreifen zu müssen, die beide derzeit ja mehr Problemhäufung, Chaos und Verunsicherung als Anziehungskraft ausstrahlen.
Vor allem bei den Grünen geht es zu wie auf der Titanic. Einer nach dem anderen springt über Bord – oder wird über Bord geworfen. Neben Peter Pilz zählt da etwa der (Erdogan- und Islamismus-kritische und jetzt für Sebastian Kurz kämpfende Austrotürke) Efgani Dönmez dazu, die Oberösterreicherin Gabriele Moser (die sachpolitisch wohl beste Grüne, die ihren Abschuss bitter so kommentiert: "bin zu alt, zu ehrlich, zu kritisch"), die (zur KPÖ wechselnden!) Jungen Grünen, der (einst als Star herumgereichte) Kärntner Ulrich Habsburg, weitere Spitzenleute aus Kärnten und Innsbruck. Um nur jene Fälle zu nennen, die mir aus dem Stegreif einfallen.
Daneben könnte man auch noch aus Deutschland die beiden erfolgreichsten Grünen stellen, den Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und den Bürgermeister von Tübingen. Beide stehen massiv unter Beschuss ihrer ideologisch verbohrten Parteigenossen, weil diese die (erfreuliche!) Annäherung der beiden Politiker an die Vernunft, insbesondere in der Migrantenfrage, nicht akzeptieren wollen.
Die deutschen wie die österreichischen Grünen sind heute nur noch das langweilige Minderheitenprogramm dreier Gruppen, das zwangsläufig immer mehr Wähler verliert:
Sonst ist da (eventuell mit Ausnahme des Wirtschaftssprechers Kogler) absolut nichts Relevantes geblieben. Ziemlich eindrucksvoll, dass eine Partei, die es im Vorjahr geschafft hat, ihren Kandidaten ins Präsidentenamt zu hieven, nun um den Wiedereinzug ins Parlament zittern muss.
Im linken Lager wird es teuflisch eng. Auch wenn man davon ausgehen kann, dass die SPÖ etliche ob der Annäherung an die FPÖ empörte Wähler nach links verlieren wird, so ist es vor allem bei den drei kleinen Linken jetzt Fünf vor Zwölf. Es ist fast ausgeschlossen, dass es sowohl Pilz wie auch den verbleibenden Grünen wie auch den Neos gelingen sollte, gemeinsam ins Parlament einzuziehen. Zumindest eine Partei dürfte dabei abstürzen. Dementsprechend herrscht überall Panik an Bord.
Was aber hat Pilz entdeckt? Primär hat er bei den anderen Parteien abgekupfert:
Das alles gibt es jeweils bei den meisten Konkurrenten auch. Pilz hat das jedoch um zwei neue Elemente erweitert, die es nur bei ihm gibt:
Das Programm der Pilz-Liste heißt Peter Pilz. Das ist wahltaktisch vielleicht gar nicht so schlecht. Denn die meisten Wähler wählen ohnedies vor allem einen Menschen, der ihnen irgendwie passend vorkommt – ohne sich für ein Programm zu interessieren. Sie legen mehr oder weniger blind ihr gesamtes demokratisches Entscheidungsrecht (das ja in der repräsentativen Demokratie erbärmlich gering ist) in die Hände eines ihnen sympathisch wirkenden Führers.
Der wirkliche Vorteil des Peter Pilz sind die Medien, mit dem ORF an der Spitze. Pilz kann mit Sicherheit weiterhin auf deren Unterstützung zählen.
Durch diese asymmetrische Medienberichterstattung könnte es der Pilz-Liste sogar gelingen, die Nichtteilnahme an den diversen formalisierten Interviewrunden zu kompensieren, zu denen nur Parlamentsparteien eingeladen sind. Jetzt könnte es sich für die SPÖ rächen, dass sie den ganzen ORF mit linken Redakteuren durchsetzt hat. Diese haben aber in der Regel ihr Herz nicht bei der Kern-Partei, sondern eben links. Und das heißt derzeit Pilz.
Und wo steht Pilz politisch wirklich? Es wäre sicher falsch, ihn als "Kommunisten" zu bezeichnen, wie es Matthias Strolz jetzt getan hat, seinen einstigen Hinauswurf bei der SPÖ aufzuwärmen oder ihm seine einstigen handgreiflichen Anti-Opernball-Demos vorzuhalten. Das ist alles Vergangenheit. Jeder kann sich ändern und reifer werden.
Freilich: Hat er sich geändert? Eher nicht. Allein das, was Pilz jetzt bei Ankündigung seiner Kandidatur gesagt hat, genügt, um eindeutig zu erkennen: Pilz ist auch heute noch eindeutig ein Linker.
Am Urteil, dass Pilz auch heute noch weit links steht, ändert sich natürlich auch nichts, wenn er behauptet, weder links noch rechts zu sein. Das sagt er nur, weil das viele Menschen gerne so hören. Daran ändert auch die leere Phrase nichts, dass er für den "Schutz unserer Heimat Europa" sei. Oder dass er gegen den "politischen Islam" sei. Es ist nämlich völlig nebulos, was er damit eigentlich meinen könnte. Solange einer von der (für die Große Mehrheit der Menschen völlig unakzeptable) "Verteilung der Flüchtlinge" in Europa redet; und solange er nicht klar sagt: "Sperre der Mittelmeerroute durch zwangsweise Rückführung aller Migranten", bleibt er im Bereich der seit Jahren sattsam abgespulten Phrasendrescherei der vom Migranten-Tsunami völlig überforderten Linken.
Um dennoch mit einem positiven Satz zu schließen: Ein Parlament ohne Pilz wäre trotz allem ein Verlust. Denn trotz aller inhaltlichen Falschpositionierungen ist er dort zweifellos einer der intelligenten und kreativen Köpfe in einem Meer mittelmäßiger Funktionäre.