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Easyjet, Silicon Austria und Google

Eine private britische Fluggesellschaft hat in Wien eine Konzession angemeldet. Wie auf Befehl ist die ganze rote Reichshälfte vom ORF bis zum SPÖ-Flughafendirektor wochenlang in ekstatischen Jubel ausgebrochen. Endlich hat Christian Kern etwas geschafft und gezeigt, wie wichtig er für den Standort ist! Die rote Reichshälfte vergisst nur die eigene Verlogenheit, die dabei wieder einmal sichtbar geworden ist.

Verlogen und absurd ist auch der nächste inszenierte Jubel der SPÖ-Medien mit dem ORF an der Spitze. Im Stile türkischer und russischer Jubelmedien feiern sie die Entstehung von "Silicon Austria" durch die zwei SPÖ-Politiker Kern und Leichtfried. Dabei müssten sie sich genieren, sich so lächerlich zu machen. Denn in Wahrheit verkünden die beiden die Verschleuderung von nicht weniger als 140 Millionen Steuergeld an drei seit langem bestehende Unternehmen. Pardon: Subventionierung heißt das bei uns.

Der Zweck? Eher mager, abgesehen von neuem Futter für die Jubelmedien. Denn selbst in der Ankündigung der beiden (offensichtlich ob der für die SPÖ verheerenden Umfragen verzweifelten) SPÖ-Männer ist lediglich von 500 neuen Arbeitsplätzen die Rede. Das heißt im Klartext: 500 Jobs für 140 Millionen Euro! 

Ich ersuche die Herren Kern und Leichtfried auch um eine Förderung in dieser Höhe. Kann ich doch mit Leichtigkeit garantieren, um dieses Geld mindestens fünf Mal so viele Arbeitsplätze zu schaffen, wie da jetzt versprochen worden ist.

Abenteuerlich. Jeden Tag wird in diesem Wahlkampf mengenweise ein weiteres großes Stück des von uns mühsam erarbeiteten Steuergelds verschleudert, werden unsere Kinder sowie Enkel mit Schuldenbergen belastet und die Sparer beraubt. Und das alles für lächerliche Auftritte.

Besonders lächerlich ist die Sache ja auch deshalb, weil irgendwelche SPÖ-Spin-Doktoren damit versuchen, den Namen "Silicon Valley" zu stehlen. So heißt jenes kalifornische High-Tech-Zentrum, wo es über eine halbe Million High-Tech-Jobs gibt.

Der große Unterschied zu dem skurrilen Kern-Auftritt, der einfach nicht in linke Hirne hineingehen will, liegt aber gar nicht primär in Zahl und Größe, sondern vielmehr darin, dass dieses weltweit führende Zentrum der Elektronik im Gegensatz dazu ganz ohne Verschwendung von Steuergeldern entstanden ist! Kaliforniens und Amerikas Erfolge fußen auf ganz anderen Grundlagen: auf viel niedrigeren Steuern und Abgaben, einem flexiblen Arbeitsmarkt, der geringeren Zahl von Regulierungen, dem Fehlen von fortschrittsfeindlichen Gewerkschaften, einem großen Markt und vor allem auf der Initiative exzellenter und wirtschaftsorientierter Universitäten (in diesem Fall vor allem Stanford).

Das alles wird von den Jubelmedien vergessen (oder nicht gewusst).

Ebenso vergessen haben die angeblich unabhängig-objektiven ORF-Journalisten, die in der Woche davor auch schon ob Easyjet in Orgasmen ausgebrochen sind, dass sie über einen fast gleichzeitig bekannt gewordenen Abgang eines anderen Unternehmens aus Österreich fast gar nicht berichtet haben: C&A zieht über 200 Arbeitsplätze ab und verlegt sie in die Slowakei mit ihren viel niedrigeren Steuern, Abgaben und Löhnen. Die dann eben statt in die österreichischen in die slowakischen Staatskassen fließen.

Das wird jetzt dank Christian Kern durch Easyjet kompensiert. Wie bitte? Kompensiert? Wie viele Arbeitsplätze werden denn da geschaffen? Einer? Zwei? Oder bekommt gar nur ein Schilderhersteller den nicht gerade abendfüllenden Auftrag, einen Briefkasten und ein schönes Türschild für eine Rechtsanwalts- oder Wirtschaftsprüfer-Kanzlei zu erzeugen?

In dieser Spannweite wird sich die Sache wohl bewegen. Denn die wahlkampfinszenierte und vielbejubelte Easyjet-Konzession ist nichts anderes als die Installation einer Briefkastenfirma in Österreich. Damit will sich die britische Fluglinie halt auch für die Zeit nach einem Brexit sicherheitshalber das Recht sichern, direkt - also ohne Zwischenstopp in der Heimat - zwischen sämtlichen Flughäfen in EU-Europa zu fliegen. Was sie ja als EU-Ausländer künftig nicht mehr darf. Sie darf das dann weiterhin, ohne auch nur ein einziges Flugzeug in Wien zu stationieren oder einen einzigen zusätzlichen Flug von Wien aus zu planen.

Macht ja nichts, kann man zu Recht sagen. Ist ja legal. Ein paar Gebühren und Abgaben wird Österreich schon kassieren. Und ein paar Anwälte und Wirtschaftsprüfer werden Aufträge erhalten. Alles durchaus in Ordnung.

Aber das mediale Geblase ist lächerlich. Es zeigt nur, dass die handelnden Journalisten entweder gehorsame Wahlkampfsoldaten oder ahnungslos sind. Und die SPÖ zeigt wieder einmal, wie verlogen sie ist.

Denn Easyjet macht genau das, was Rot und Grün mit moralistischem Schaum vor dem Mund ständig als Abgrund des Kapitalismus tadeln: nämlich das Eröffnen von Briefkastenfirmen. Oder will man der Schweiz und Liechtenstein gar etwas verbieten, was man als staatsmännische Leistung bejubelt, wenn es in Österreich passiert? Es geht jeweils nämlich genau um Dasselbe: Multinationale Konzerne wollen von günstigeren Regulierungen oder Steuersätzen in anderen Ländern profitieren, ohne aber echt dorthin zu übersiedeln.

Ein köstlicher Kontrast dazu ist übrigens der nur einige Tage zurückliegende Versuch einer SPÖ-Staatssekretärin, gegen die Präsenz von Google und anderen internationalen Zentralen in Irland zu intrigieren. Erfolglos natürlich.

Diese Präsenz hat ja zwei klare Zwecke: Google&Co (wahre Heimat übrigens: Silicon Valley!) wollen erstens - so wie Easyjet - als EU-interne Firmen auftreten und zweitens von den günstigen Rahmenbedingungen in Irland profitieren. Beim zweiten Motiv besteht leider ein riesiger Unterschied: Google allein hat in Irland mehr Arbeitsplätze geschaffen als irgendeine seit Magna vor mehr als zehn Jahren nach Österreich gekommene, und es zeigt keinerlei Interesse in ein von PR-Agenturen kreiiertes "Silicon austria" zu übersiedeln. Easyjet hingegen will hier nur vom EU-Standort profitieren, schafft aber keine Jobs.

Den Easyjet-Briefkasten kann man als Fußnote auf den Wirtschaftsseiten durchaus positiv zur Kenntnis nehmen. Aber eines kann man nicht, will man nicht schamrot werden: Diese Praktiken ständig voll ideologischer Heuchelei und Empörung als Skandal geißeln - sich dann aber als SPÖ-Parteichef hinstellen, selbst die gleiche Vorgangsweise praktizieren und dann laut darüber zu jubeln.

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