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Frühsommerlicher Dummheitsrekord

Seltsamkeiten, Dummheiten, Ärgerlichkeiten zu Hauf binnen kürzester Zeit. Man kommt kaum nach, all das aufzuspießen, was Herr Schelling, Herr Van der Bellen, Herr Sadiq Khan, Herr Brandstetter, die Staatsanwaltschaft, die ÖVP, die Gemeinde Wien, der Nato-Generalsekretär, das EU-Parlament, Herr Schäuble und Herr Doskozil binnen 24 Stunden so alles gesagt oder angerichtet haben.  

Da berühmt sich Finanzminister Schelling lautstark, dass er als erster – noch vor seinem neuen Parteichef – gegen neue Steuern gewesen sei, dass er als erster darauf hingewiesen habe, dass Österreich kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem habe. Schelling war zwar nicht der erste, denn das haben alle seriösen Ökonomen seit vielen Jahren gesagt. Aber er hat es zweifellos gesagt. Nur sollte er dennoch jetzt lieber voll Scham schweigen. Oder war es gar ein anderer Schelling, der in den letzten Jahren zahllosen neuen Belastungen – von der Grunderwerbssteuer bis zur Registrierkassenschikane – zugestimmt hat, der sogar persönlich an der Spitze jener Gruppe steht, die in Europa nun auch noch eine Finanztransaktionssteuer einführen will? Hat er seine Polemik gegen die Einnahmensucht der Politik nicht ausgerechnet bei einer Pressekonferenz vorgebracht, deren Hauptzweck die Ankündigung einer verschärften Jagd auf angebliche oder wirkliche "Steuersünder" gewesen ist?

Da hat sich die österreichische Justiz gründlich als exzessive Bekämpferin der Meinungsfreiheit blamiert: Sie hatte gegen den niederländischen Rechtspolitiker Wilders vor zwei Jahren ein Strafverfahren eingeleitet und von den Niederlanden allen Ernstes die Verfolgung des Politikers verlangt, weil dieser in Wien Dinge gesagt hat wie: "Je weniger Islam es hier gibt, desto besser." Nun haben die niederländischen Staatsanwälte kühl geantwortet: Kritik an einer Religion sei nach niederländischem Recht nicht strafbar. Peinlich. Aber nicht nur für die Wiener Staatsanwaltschaft, sondern auch für das Parlament und die diversen Justizminister, die uns immer eingeredet haben: Wir müssten leider die diversen Einschränkungen der Meinungsfreiheit, auf die sich jetzt einige exzedierende Staatsanwälte berufen können, auf Grund europäischer Verpflichtungen beschließen. Falls Brandstetter&Co es jedoch nicht wissen: Auch die Niederlande gehören zu Europa. Aber sie haben halt eine bis mindestens ins 16. Jahrhundert zurückgehende Tradition des Engagements für Freiheit und Meinungsfreiheit, wo die Zensurwünsche sozialistischer Abgeordneter keinen Eingang in die Gesetze finden.

Da sagt Bundespräsident Van der Bellen öffentlich, das mit Wirksamkeit für Herbst beschlossene – und ohnedies nur mit einer geringen Geldstrafe abgestützte – Vollverschleierungsverbot sei "kein gutes Gesetz". Es ist skandalös, wenn ein Bundespräsident so frontal gegen den Gesetzgeber polemisiert. Das ist der nächste ordentliche Patzer des Altgrünen, der offenbar nicht begriffen hat, welchen Job er jetzt hat und wie sich ein Präsident zu verhalten hat. Der besonders auch durch das blamiert ist, was sich wenige Stunden davor in Teheran abgespielt hat: Dort haben sich vier Terroristen des "Islamischen Staats" als Frauen verkleidet ins Parlament einschleichen können, um ein Massaker zu begehen. Aber offenbar interessieren den Mann nur die von Linken ständig thematisierten Menschenrechte der angeblich völlig freiwillig den Schleier tragenden Frauen und überhaupt nicht die Menschenrechte der halt bisweilen von solchen Schleierträgern Ermordeten.

Da erregt sich der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan ausgerechnet jetzt nach der Serie blutiger islamischer Anschläge in England über die Zunahme anti-muslimischer Vorfälle. Worin die auch immer bestanden haben mögen – Gewalttaten oder gar blutige Massenmorde sind jedenfalls keine bekannt. Und das tut der islamische Labour-Politiker ausgerechnet zwei Tage, nachdem er nur mit Mühe die Kritik des amerikanischen Präsidenten Trump wegen einer, sagen wir, missverständlichen Formulierung abwehren hat können. Aber wahrscheinlich zählt der Bürgermeister die Trump-Kritik ja auch schon unter die Liste anti-muslimischer Vorfälle.

Da sagt Sebastian Kurz neuerdings oft, dass Deregulierung für ihn ein zentrales Anliegen sei. Wie recht er doch hat! Und was passiert gleichzeitig im Parlament? Da wird eine neue Fülle neuer Regeln beschlossen. Von der noch strenger geregelten Kennzeichnung von Lebensmitteln bis zur zwangsweisen Frauenquote in großen Unternehmungen der Privatwirtschaft. Da sollte uns Kurz schon erklären, wie das zusammenpasst. Oder hat er in der ÖVP nichts zu sagen? Handelt der ÖVP-Klubobmann am Ende gegen seinen Willen, wenn er von einer "gläsernen Decke" schwadroniert, die zu durchbrechen sei? Hat Kurz vielleicht schon von der großen Problematik gehört, dass sich bereits seit einiger Zeit immer mehr Unternehmen von der Wiener Börse zurückgezogen haben, dass Anleger, die mehr als Nullzinsen wollen, ihr Geld immer öfter ins Ausland tragen? Aber zugegeben: Im ganzen Parlament kann man sehr lange suchen und man wird niemanden mit Wirtschaftskompetenz und gleichzeitig Mut finden, sich zeitgeistigem Unsinn wie Quoten zu widersetzen.

Da verbreitet die Gemeinde Wien überaus erstaunliche Aussagen einer Studie eines ihr nicht gerade feindlich gegenüberstehenden Meinungsforschungsinstituts, derzufolge die Wiener der Errichtung von Flüchtlingsquartieren geradezu zujubeln, besonders wenn dieses in der Nachbarschaft liegt. Die Mehrheit der Wiener würde nicht einmal etwas dagegen haben, Flüchtlinge im eigenen Haushalt aufzunehmen. Ob die Häupl-Truppe das alles wenigstens selber glaubt? Dann könnte sie ja zumindest die genaue Fragestellung dieser seltsamen Studie veröffentlichen. Dann könnte sie auch kommunizieren, wie man denn eine Repräsentativerhebung in der "unmittelbaren Nähe" eines Flüchtlingsquartiers erhebungstechnisch korrekt macht. Dann könnte sie ja auch einem neutralen Institut einen Auftrag zu einem Gegencheck dieser allen bekannten Daten diametral entgegengesetzten Umfrage geben (vielleicht findet sich ja ein Institut, dessen Chef nicht laut Wikipedia bei "Anti-AKW-, der Friedens- und Ökologiebewegung" engagiert gewesen ist).

Da sagt Nato-Generalsekretär Stoltenberg in Hinblick auf einige osteuropäische Länder: Wenn Länder Voraussetzungen wie Rechtsstaatlichkeit, demokratische und einige andere Prinzipien erfüllen, könnten sie Mitglieder der Nato werden. Nun ja, bis vor nicht allzu langer Zeit waren das auch in der Tat unabdingbare Voraussetzungen. Wer das jedoch auch heute noch so sagt, ist entweder ahnungslos oder lügt bewusst. Denn das Nato-Mitglied Türkei ist heute kaum noch eine Demokratie und überhaupt kein Rechtsstaat mehr. Ein Land, in dem Zehntausende Richter, Staatsanwälte, Polizisten, Beamte, Journalisten, Rechtsanwälte über Nacht gefeuert und großteils auch eingesperrt werden, ist eine üble Diktatur und nichts anderes.

Da entgeht der Ex-Vizekanzler Gorbach mit einer Diversion einem Prozess wegen Geldannahme durch die Telekom Austria, für die er früher als Minister selbst zuständig gewesen war. Dieser großen Milde im Fall einer – mutmaßlichen – persönlichen Bereicherung durch Korruption steht der seltsame Prozess gegen den Salzburger Bürgermeister Schaden gegenüber. Diesem wird dort vorgeworfen, dass er ein hochriskantes und sich nicht gut entwickelt habendes Swap-Geschäft der Stadt Salzburg dem Land Salzburg rechtswidrig angedreht hat. Durch diesen Deal sollte offenbar die Stadt auf Kosten des Landes aus einer fehlgegangen Spekulation aussteigen können. Aber: Die Spekulation als eigentliches Problem ist gar nicht angeklagt, weil sie offenbar erlaubt war. Aber: Die Kostenlast für den Steuerzahler ist durch den angeklagten Deal Stadt-Land nicht zusätzlich größer geworden. Aber: Der Bürgermeister hat sich nicht bereichert. Mein Gerechtigkeitsgefühl sträubt sich daher angesichts eines solchen Monsterprozesses gegen den Bürgermeister und sagt mir: Da wird mit zweierlei Maß gemessen. Das ist immer ungut, unabhängig davon, welche Parteifarbe involviert ist. Und unabhängig davon, dass große andere Teile der Staatsanwaltschaft wiederum mit besonderem Jagdeifer blaue und schwarze Politiker verfolgen.

Da haben die EU-Abgeordneten allen Ernstes beschlossen, dass der Parlamentspräsident im Fall unpassender – etwa wörtlich: "fremdenfeindlicher" – Äußerungen eines Abgeordneten die Direktübertragung einer Sitzung unterbrechen kann. Und dass sogar Reden aus dem elektronischen EU-Archiv gelöscht werden können. Unglaublich. Dabei geht es ja um Äußerungen eines frei von Zehntausenden Europäern gewählten Abgeordneten. Erstaunlich ist nur, dass sich ein solches Parlament noch immer für demokratisch hält (was es übrigens angesichts des völlig ungleichen Wahlrechts noch nie gewesen ist). Und dieses Parlament wundert sich, dass ihm ringsum zunehmend Verachtung entgegenströmt.

Da verurteilt das deutsche Bundesverfassungsgericht die Berliner Regierung zur Rückzahlung von sechs Milliarden Euro einer zu Unrecht eingehobenen Steuer – plus Zinsen – an die Atomkraftwerksbetreiber (diese Steuer war 2011 nach Fukushima aus politischem Opportunismus verhängt worden). Und was sagt Finanzminister Schäuble dazu? Diese Rückzahlung könne ohne Neuverschuldung aus dem laufenden Haushalt finanziert werden. Ähnlich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel. Müssen sich da nicht viele deutsche Wähler denken: Wenn der Politik ein Fehler peinlich ist, lassen sich auch so große Beträge – scheinbar – aus dem Nichts finanzieren?

Da versucht Armin Wolf wieder einmal krampfhaft, in einem Interview Sebastian Kurz zu attackieren – und muss sich und die falsche Berichterstattung des ORF (der einseitig die SPÖ-Aussagen über einen angeblichen Bildungskompromiss als Faktum berichtet hat) vom Außenminister kalt abduschen lassen, sodass er einem fast schon leid tut. Aber eh nur fast.

Da hätte ich zu guter letzt fast etwas Positives gefunden, nämlich die Aufstockung der Bundesheer-Miliz, die ja seit vielen Jahren totgeschrumpft worden war. Freilich: Am gleichen Tag werden gleich zwei verheerende Studien bekannt, welche die EU-Länder in Hinblick auf die Landesverteidigung vergleichen. Die eine besagt, dass Österreich bei den Verteidigungsausgaben den viertniedrigsten Prozentsatz hat (während die extrem sicher liegenden Länder Irland und Luxemburg die Schlusslichter tragen). Und die andere zeigt, dass die Österreicher am wenigsten von allen EU-Bürgern die Idee einer gemeinsamen europäischen Verteidigungspolitik unterstützen. Offensichtlich schätzen die anderen die Lage Europas richtiger ein. Freilich ist immer noch eine massive Mehrheit der Österreicher von 57 Prozent für eine gemeinsame Verteidigungspolitik. Das ist eine höhere Unterstützung, als die Regierungsparteien zusammen bei der letzten Wahl erzielt haben. Daher ist es ziemlich absurd, wenn Verteidigungsminister Doskozil dazu sagt: Eine gemeinsame Verteidigung der EU-Staaten käme für uns nicht in Frage. Dabei wäre diese zehnmal wichtiger für Österreich als EU-Limitierungen für die Wattzahl eines Staubsaugers. Ein paar zusätzliche Milizkompanien allein werden nämlich die Sicherheit Österreichs nicht wirklich garantieren können. Noch dazu, wenn der Minister die Eurofighter wieder abschaffen will.

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