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Jetzt also auch Drozda

Es waren zweifellos Tausende Studenten, welche einst bei ihren „wissenschaftlichen“ Arbeiten ein bisschen geschwindelt, welche die Pflicht zum korrekten Zitieren beim Abschreiben nicht so genau genommen haben. Da ja ohnedies niemand diese Arbeiten ordentlich durchliest; da ja viele Studenten nicht gerade von eigener Genialität geplagt sind, sondern im Bedarfsfall a priori auf die Klugheit anderer zurückgreifen; da ja 1989, als etwa Thomas Drozda sein Diplom-Opus (ausgerechnet über die verstaatlichte Industrie!) abgegeben hat, noch alle elektronischen Möglichkeiten zur Plagiats-Kontrolle in unvorstellbarer Zukunft gelegen sind: Aus all diesen Gründen hat kein Student jemals an die Möglichkeit gedacht, dass Schummeln auffliegen könnte. Oder gar, dass dieses einmal zum Mühlstein werden wird, der Karrieren beenden kann.

Und jetzt trifft ausgerechnet Drozda der nächste Verdacht, den Oberpatron aller politisch-korrekten linken Sittenwächter, jenen Minister, der für die Auswahl eines ebenfalls Plagiats-befleckten (und von jeder Opernerfahrung freien) Gesinnungsgenossen als künftigen Operndirektor verantwortlich ist! Ausgerechnet er hat eine Diplomarbeit geschrieben, von der nun bekannt wird, dass Teile daraus „unter Umständen als Plagiat zu werten“ sind. Das ist schon eine köstliche Pointe der Geschichte.

Gewiss könnte man sagen: Mein Gott, das ist lange her; es gilt die Unschuldsvermutung; es gibt wirklich schlimmerer Delikte; und überhaupt kann man ja auch ohne Uni-Abschluss ein guter Minister sein.

Alles richtig. Aber gerade Drozda&Co stehen für die unerträgliche Heuchelei, wenn anderen Menschen kleine Unkorrektheiten passieren. Gerade sie tun ständig so, als ob sie moralisch überlegen wären. Diese linke Heuchelei ruft sogar ständig den Staatsanwalt an, etwa wenn spätpubertäre Studenten in privaten Chats üble Scherze machen, wenn einfache Bürger in irgendwelchen Postings Unerlaubtes sagen.

Und es waren gerade die Sozialdemokraten und die mit ihnen verbündeten linken Gutmenschen in den Medien, die sich in Deutschland vor einigen Jahren überaus heftig erregt haben, als bei zwei Unions-Ministern Plagiats-Aktionen aus deren Studienzeiten aufgeflogen sind. Und zurücktreten mussten.

Daher hält sich mein Mitleid mit Drozda absolut in Grenzen.

PS: Natürlich haben alle die linken „Aufdecker“-Magazine zur Causa Drozda geschwiegen. Es war verdienstvollerweise Servus-TV, das die Affäre nach außen getragen hat. Immerhin ein Lichtblick in dieser Medienwelt. Die ZiB des ORF berichtet hingegen nicht mit einer Silbe. Drozda ist ja ein Linker. Und Drozda ist ja ein österreichischer und kein deutscher Minister, wo man des Langen und Breiten berichten würde. Natürlich.

PPS: Die Unseriosität Drozdas und die ganze sozialdemokratische Machtpräpotenz waren übrigens schon bei seiner ersten Reaktion vor einer Servus-Kamera zu sehen: Er habe die Uni „beauftragt“, einen an ihn herangetragenen Verdacht zu prüfen. Nun, auch Drozda sollte wissen: Die Zeiten sind zum Glück vorbei, da ein Minister eine Uni mit was auch immer „beauftragen“ könnte. Er kann sie höchstens bitten, ersuchen, fragen. Aber das ist bei Drozda offenbar noch nicht angekommen. Er ist ja als für den ORF zuständiger Minister offenbar gewöhnt, formal unabhängigen Staatsbetrieben Aufträge geben zu können …

PPPS: Ich bin ziemlich froh, dass ich nie eine Diplomarbeit oder Dissertation schreiben musste. Vielleicht wäre ich ja dann auch der Versuchung zu einer bequemen, wenn auch unkorrekten Abkürzung erlegen. Mein schriftlicher Beitrag zur großen Welt der Wissenschaft mit Fußnotenpflicht war lediglich eine 30-seitige Seminararbeit über das Depotgesetz, und die war bloß eine freiwillige Angelegenheit. Juristen mussten seltsamerweise nie etwas schreiben (und lernten es vielfach auch später nie, wie viele Gesetzesformulierungen, Gerichtsurteile und Klagen tagtäglich zeigen), sondern sie mussten nur – nur? – alle zwei oder drei Semester viele Tausende Seiten an Stoff in ihre Köpfe pressen …

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