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Auch wenn sich viele Medien bemühen, die Aufmerksamkeit auf andere Themen abzulenken – etwa auf die täglichen Neuigkeiten zu US-Präsident Trump oder auf angeblich bestehende „rechte Gefahren“ – so ist doch eindeutig, dass auch im Jahr 2017 fast alle europäischen Staaten ein ganz anderes dominierendes Thema haben: Migration, Islamisierung, Terror. Und wirklich überall ist nicht nur die Stimmung, sondern auch die konkrete Politik viel migrations- und islamkritischer geworden.
Das zeigt der Blick auf praktisch alle europäischen Länder.
Die konservative Premierministerin May stellt jetzt sogar ihren gesamten Wahlkampf auf das Migrations-Thema ab, wobei aber deutlich auch für die Zukunft die Zuwanderer aus der EU bevorzugt werden sollen. Sie hat dafür anderswo (noch?) völlig unvorstellbare Regeln vorgeschlagen:
Dabei geht es wohlgemerkt jeweils immer um legale Zuwanderer mit Arbeitsgenehmigungen. Illegale sollen überhaupt immer abgeschoben werden. Mays erklärte Absicht (die in Mitteleuropa als politisch inkorrekt auf den Index gesetzt würde): „Eine zu schnelle und zu hohe Einwanderung erschwert den Aufbau einer Gesellschaft, die zusammenhält.“
Zugleich ist May auch trotz des Brexit bereit, einen deutlichen Unterschied zwischen Zuwanderern aus der EU und solchen aus dem Rest der Welt zu machen. Das sollte durchaus als ein positives Zeichen für die Brexit-Verhandlungen gesehen werden. Ganz abgesehen davon, dass May weiß: Wenn sie EU-Bürger schlecht behandelt, werden auch Briten in anderen EU-Ländern schlecht behandelt.
Derzeit spricht alles dafür, dass May mit ihrem Programm die Wahlen gewinnt. Und dass sie die gegenwärtig auf einem scharfen Linkskurs (neue Steuern und Verstaatlichungen) segelnde Labour-Partei vernichtend schlagen dürfte.
In den Niederlanden sind die Koalitionsgespräche vorerst gescheitert. Dort wurde ja versucht, ohne die Antimigrationspartei „Für die Freiheit“ (Geert Wilders) eine Koalition zu bilden. Für die man freilich vier Parteien gebraucht hätte. Dies ist jedoch gescheitert – am Dissens zur Migrationsfrage. Die Grünen wollen keine Verschärfung der Migrationsregeln, die anderen drei Parteien schon, vor allem die des rechtsliberalen Ministerpräsidenten Mark Rutte, der mit einer Antimigrations-Linie ja seinen ganzen Wahlkampf bestritten hatte.
Jetzt ist guter Rat teuer: Geht Rutte von dieser Linie der Grünen wegen ab, wäre seine ganze Reputation sofort zertrümmert. Nimmt er jedoch Wilders in seine Allianz auf, dann würde er sein Versprechen brechen „Nie wieder Wilders“. Rutte hatte früher mit Wilders koaliert, aber dann völlig gebrochen.
Tatsache ist jedenfalls, dass der Großteil der politischen Parteien der Niederlande schärfere Regeln gegen Migration und Islamisierung will.
Dort hat zwar die migrationsfreundliche Linke noch die Mehrheit und nimmt alle „Flüchtlings“-Boote auf. Es gilt aber als sicher, dass nach den nächsten Parlamentswahlen die Antimigrations-Parteien die Mehrheit haben werden: die „Cinque Stelle“, die als linkspopulistisch bezeichnet werden, die „Lega Nord“, die als rechtspopulistisch gilt, sowie die eventuellen Überreste der Berlusconi-Partei.
Die Lega Nord plant – in Nachfolge an eine gerade stattgefundene Aktion der österreichisch geprägten „Identitären-Bewegung“ in Süditalien – sogar konkrete Aktionen, um Landungen der „Flüchtlinge“ auf italienischem Boden zu verhindern. Diese kommen ja meistens auf Booten der diversen NGOs, die zunehmend unter Verdacht stehen, mit den Schleppern zu kooperieren. Die Identitären hatten deshalb schon vergangene Woche versucht, ein Boot einer NGO am Auslaufen zu hindern.
Skurrile Fußnote: Während des Gipfel der G7 in Sizilien will auch der italienische Staat keine Flüchtlingsboote mehr landen lassen. Was zeigt, dass dieser Migrationsstrom sehr wohl staatsoffiziell abhaltbar wäre.
Viktor Orban geht zweifellos am konsequentesten gegen Migranten vor. Und konnte jetzt einen großen Erfolg verbuchen: Seit sechs Wochen hat keine einzige illegale Grenzüberschreitung mehr stattgefunden.
Dort hat bei den Präsidentenwahlen die Antimigrations-Kandidatin Le Pen klar verloren. Das aber nicht, weil die Franzosen etwa für Migration oder gar Islamisierung wären. Sondern weil der ebenso migrationskritische Konservative Fillon wegen einer Affäre um die parlamentarische Anstellung seiner Ehefrau nicht den Weg in die Stichwahl geschafft hat; weil Le Pen einen für Frankreich selbstbeschädigenden Anti-EU- und auch Anti-Euro-Kurs gefahren ist; weil sie unsinnigerweise scharfe antideutsche Attacken geritten und damit die Aussöhnung zwischen den beiden über viele Jahrhunderte in Kriege verstrickten Ländern aufs Spiel gesetzt hat; und weil sie keine brauchbare Mannschaft um sich hat.
Welchen Kurs Wahlsieger Macron fahren wird, scheint in dieser wie in vielen anderen Fragen noch völlig unklar.
Deutschland erweckt am ehesten den Eindruck, dass dort die Pro-Migrations-Linie obsiegen würde. Aber dieser Eindruck täuscht auch dort, wenngleich Angela Merkel ihren schweren Fehler der Grenzöffnung im September 2015 nie wirklich offen einzugestehen bereit war. Aber dennoch ist die CDU – nicht zuletzt als Verdienst des Innenministers De Maiziere und der CSU – heute viel immigrationskritischer als 2015.
Merkel profitiert davon, dass die einzige andere Partei mit Anspruch auf den Kanzlerstuhl, nämlich die SPD, noch als viel immigrationsfreundlicher gilt (und überdies bloß einen inhaltsleeren Marktschreier als Spitzenkandidaten hat).
Noch mehr profitiert sie davon, dass die einzig wirkliche Antimigrations-Partei, die „Alternative für Deutschland“, derzeit ein fürchterliches Bild bietet. Diese ist zerstritten, hat keine klare Führungspersönlichkeit, schießt jeden Spitzenmann regelmäßig in öffentlichen Tribunalen ab und hat einige Exponenten, die sich durch üble Bemerkungen über den Holocaust selbst diskreditieren.
Davon unabhängig ist freilich, dass in Deutschland das am härtesten stattfindet, was in vielen anderen Ländern mehr oder weniger kollabiert ist: Neue Parteien auf der Rechten werden in schlimmer Manier nicht nur als unberührbar diskreditiert, sondern ihre Versammlungen werden auch mit Gewaltaktionen bekämpft. Viele Hotels vermieten an die AfD keine Räume. Die AfD wird also mit intoleranten und zum Teil faschistoiden Methoden bekämpft.
Am meisten aber leidet sie wohl darunter, dass derzeit viele Wähler zur CDU zurückkehren, seit die Gefahr am medialen Horizont aufgetaucht ist, dass die SPD relativ stärkste Partei Deutschlands werden könnte. Zwar ist die Gefahr längst wieder verschwunden, aber die AfD bietet derzeit absolut keine Attraktivität, zu ihr zurückzukehren.
Zugleich ist aber auch der tagesaktuelle Druck ständig neuer „Flüchtlings“-Massen deutlich abgeflaut – nicht zuletzt auch dank der von Österreich orchestrierten Balkansperre. Was freilich nicht heißt, dass irgendwie die Integration der Gekommenen gelungen wäre. Viele Kurse und Ausbildungen für sie sind schon an mangelnder Teilnahmedisziplin gescheitert. Lediglich 14 Prozent der „Flüchtlinge“ haben irgendeine Arbeit gefunden, und zwar praktisch nur bei Reinigungsdiensten oder Hilfsdiensten in der Gastronomie, mit einem Durchschnittsgehalt von 1.122 Euro pro Monat. Die ausgebildeten und brauchbaren Ärzte, die von der Wirtschaft erhofften Fachkräfte fehlen hingegen fast völlig, weshalb auch in der Wirtschaft große Ernüchterung eingekehrt ist.
Wohl auch deshalb hat Deutschland in den letzten Wochen die Mauern gegen eine weitere Massenmigration deutlich verstärkt. Dies insbesondere nachdem einige schlimme Pannen einer viel zu laxen Sicherheits-Praxis bekanntgeworden sind (ein skurriler rechtsradikaler Oberleutnant hat sich in eine Art Doppelleben mit Erfolg als syrischer Flüchtling registrieren lassen können // Stichproben haben daraufhin ergeben, dass mindestens zehn Prozent aller Asylverfahren mangelhaft waren und neu aufgerollt werden müssen // der Berliner Weihnachts-Terrorist hätte schon im Herbst von der Berliner Polizei festgenommen werden sollen und können, was aber – als Folge von Schlamperei? – nicht geschehen ist und dann nachträglich vertuscht werden sollte):
Diese Maßnahmen atmen zwar noch immer einen gewissen Geist der Zaghaftigkeit. Manches könnten dennoch von den noch immer recht asylfreundlichen Gerichten gekippt werden (wenngleich auch dort mehr Realismus eingekehrt ist).
Aber dennoch ist das eine Fülle von Maßnahmen, die noch vor einem Jahr völlig undenkbar gewesen sind. Und jedenfalls ist interessant, dass zumindest bei den genannten Maßnahmen die früher auch sehr asylfreundliche SPD mitgezogen ist. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz spricht nun auch von der Notwendigkeit von Abschiebungen.
Die tschechische Regierung, die so wie viele andere keine umverteilten „Flüchtlinge“ aufnehmen will, hat nun sogar offiziell erklärt, lieber eine EU-Strafe zu zahlen, als sich dem Zwang zur Aufnahme zu beugen.
Solange das Land durch die EU-Mitgliedschaft dennoch insgesamt einen wirtschaftlichen Vorteil hat, macht das Sinn. Prag dürfte jedenfalls auch trotz Strafen wie die meisten Osteuropäer auf diesem Kurs bleiben. Das Land dürfte langfristig sogar eher die EU-Mitgliedschaft riskieren, als sich zur Aufnahme zwingen zu lassen – wenngleich diese Mitgliedschaft derzeit noch sehr populär ist.
In Österreich ist Sebastian Kurz zweifellos vor allem deshalb zum populärsten Politiker des Landes aufgestiegen, weil er gegen vielfachen Widerstand des Koalitionspartners SPÖ und zum Missfallen Angela Merkels gegen die Massenmigration gekämpft hat (Balkansperre, Protest gegen den „NGO-Wahnsinn“ im Mittelmeer). In seinem Kielwasser (oder: um Kurz nicht zuviel Spielraum zu lassen) positioniert sich aber nun auch die Bundes-SPÖ migrations- und islamkritischer als früher, kann das aber gegen den eigenen linken Flügel – vor allem aus Wien – nicht wirklich durchsetzen, der nach wie vor akzentuiert für die Migration ist. Die SPÖ ist daher sehr ambivalent und diffus geblieben.
Seit dem Auftreten von Kurz hat nun auch die FPÖ ein Problem: Sie hat beim wichtigsten politischen Thema ihr Alleinstellungsmerkmal verloren. Das rückt ihre sonstigen Defizite wieder in den Vordergrund: eine seltsam prorussische Haltung und das Fehlen einer wirtschaftspolitischen Kontur, wo die FPÖ zwischen Soziallizitation und wirtschaftlicher Vernunft zu pendeln scheint.
Jenseits der Parteipolitik ist vor allem wichtig, dass sich die Koalition trotz aller Turbulenzen jetzt auf ein Paket vor allem gegen die Islamisierung einigen hat können: Verbot der Vollverschleierung und Verbot von Koranverteilungsaktionen. Gleichzeitig hat jetzt auf vielen Ebenen eine Überprüfung begonnen, ob hier lebende Türken nicht eine verbotene Doppelstaatsbürgerschaft haben.
Allerdings gibt es zugleich einen signifikanten Anstieg der Einbürgerungen zu beobachten (auf Grund von schon viel länger geltenden Gesetzen). Der Zuwachs hat praktisch zur Gänze in Wien stattgefunden, wo im ersten Quartal 2017 um 52 Prozent mehr Einbürgerungen stattgefunden haben als im Vergleichsquartal des Vorjahres. Besonders bedenklich: Unter den fünf häufigsten Herkunftsländern der Neoösterreicher sind vier mit rein oder überwiegend islamischer Bevölkerung.
Auch die anderen Länder sind praktisch geschlossen auf einem viel deutlicheren Anti-Migrations- und Anti-Islam-Kurs als vor zwei Jahren. Selbst das damals noch euphorisch für die Zuwanderung auftretende Schweden hat die Immigration weitgehend gestoppt.
Lediglich auf einer einzigen Ebene sind noch die Welcome-Anhänger relevant: Das ist die der EU-Kommission und noch mehr die des EU-Parlaments.
Dort ist man offensichtlich von den realen Problemen der Menschen am weitesten weg. Dort glaubt man nach wie vor, durch Umverteilung das Problem lösen zu können. Dort muss man sich freilich auch erst in zwei Jahren dem Wähler stellen, denkt daher noch nicht viel an ihn. Dort sitzen auch für die konservativen Parteien Politiker, die einen völlig anderen Kurs fahren als ihre Heimatparteien (man denke nur an die fast hundertprozentige Diskrepanz zwischen den Herren Kurz und Karas). Dort rächt sich jetzt aber auch, dass viele EU-Skeptiker oder -Gegner an EU-Wahlen gar nicht teilnehmen. Weshalb in Straßburg und Brüssel ein mit der Stimmung in den Mitgliedsländern total abweichender politischer Biotop entstanden ist.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.