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Sebastian Kurz hat vollkommen recht, dass er mit einer ganz auf seinen Namen abgestimmten Liste in die Wahlen gehen will, auch wenn sich manche darüber mokieren. Dafür hat er mit einer anderen seiner Bedingungen – die er zur Voraussetzung seiner Wahl zum ÖVP-Obmann macht – seine erste große Dummheit begangen. Über die sich vor allem die Freiheitlichen freuen können.
Fangen wir mit dem Positiven an: Dass die Listenbezeichnung ganz auf Kurz abgestimmt sein soll, ist zweifellos taktisch richtig. Auch wenn nach dem Wahlrecht eindeutig bleiben muss, dass es eine ÖVP-Liste ist, sonst würde sie nämlich auf dem Stimmzettel ganz unten stehen. Aber das Zurückdrängen der Parteibezeichnung ist aus mehreren Gründen sinnvoll:
In einem zweiten Punkt hat Kurz seiner Partei sogar eher zu weit nachgegeben. Die Kandidatenlisten der Bundesländer sollen nämlich weiterhin von den Landesparteiorganisationen erstellt werden, und Kurz soll nur ein Vetorecht gegen einzelne Kandidaten haben. Das ist ungeschickt, weil die Ausübung dieses Vetorechts immer für viel mehr Bitterkeit sorgen wird, als wenn ein Parteichef von vornherein alle Listen selbst erstellt. So wie es zuletzt etwa Frank Stronach bei seiner Parteigründung getan hat. Und wie es de facto bei den viel zentralistischer aufgestellten Sozialdemokraten und Freiheitlichen schon immer der Fall war. Kurz aber will nur das alleinige Verfügungsrecht über die Bundesliste haben. Das ist jedoch bloß eine kleine Minderheit der Fraktion. Da kann er nicht viel bewegen.
Nachvollziehbar an den Forderungen des künftigen ÖVP-Chef ist, dass er deren Absicherung im Parteistatut verlangt. Sonst geraten Zusagen zu leicht in Vergessenheit. Freilich muss es da zugleich ganz besonders klar bleiben, dass auch Kurz so wie jeder Parteichef demokratisch gewählt werden muss und abgewählt werden kann. Durch einen Parteitag oder durch eine Urabstimmung aller Parteimitglieder. Wäre das nicht gesichert, dann würde die ÖVP ja über Nacht zu einer faschistoiden Führerpartei. Aber danach sieht es nicht aus.
Fraglich ist hingegen, um von einer weiteren Kurz-Forderung zu sprechen, wie er es sich genau vorstellt, dass er alleine die politischen Inhalte vorgeben darf. Das ist zwar im Prinzip natürlich richtig und war etwa auch unter Wolfgang Schüssel oder Bruno Kreisky eindeutige Praxis. Beide haben das aber auf Grund intellektueller Überlegenheit tun können, nicht durchs Statut. Vor allem Schüssel hat den halben Tag ständig mit seinen Ministern und Abgeordneten telefoniert, um wie ein Hirtenhund die Herde beieinander zu halten.
Nur: Was will Kurz mit der zusätzlichen Verankerung im Statut erreichen? Sollen etwa ÖVP-Minister in Interviews oder Parlamentsreden keine eigenständigen Gedanken mehr äußern dürfen? Will Kurz jederzeit über jeden von ihnen drüberfahren können, wie es etwa auch der neue US-Präsident derzeit in einer eher peinlichen Art tut?
Wenn er sich das wirklich so vorstellt, dann wird er bald völligen Stillstand ernten, dann werden die Spitzenleute rings um ihn weit mehr frustriert sein, als wenn sie halt mit dem Trikot „ ÖVP“ ins politische Stadion einlaufen müssten, und nicht mit dem, wo „Kurz“ oben steht. Oder ist Kurz intelligent genug, bald zu erkennen, dass sich auch umgekehrt ein Parteiobmann ständig hinter seine Minister stellen muss, auch wenn die etwas sagen, was er nicht vorher abgesegnet hat?
Anders kann Politik im 21. Jahrhundert nicht funktionieren. Da muss Kurz noch etliches lernen, aber da kann man durchaus guter Hoffnung sein.
Der wirklich große Fehler seines Forderungspakets ist etwas ganz anderes: Das ist die Forderung nach einem „Reißverschlusssystem“. Das heißt: Jede Kandidatenliste muss von vorne bis hinten nach der Regel Mann-Frau-Mann-Frau oder Frau-Mann-Frau-Mann usw. aufgestellt sein. Das ist gleich aus mehreren Gründen ein schlimmer Unsinn:
In welch absurde Abgründe ein solches Quotensystem führt, kann man etwa jetzt schon an der EU-Kommission sehen, die zweifellos die schlechteste seit Bestehen der EU ist. Das kann man aber auch in der Bundesregierung sehen, wo etwa für das Bildungs- oder Familienministerium a priori nur Frauen in die Auswahl gekommen waren, was dort eindeutig zu sehr suboptimalen Besetzungen geführt hat.
Wer hätte gedacht, dass Kurz so rasch in den Dummheiten der Zeitgeist-Politik der letzten Jahre landen würde!