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Wie einst der Adel: Überlebenskampf der Machtelite

Eine Reihe exzellenter Autoren hat soeben einen Sammelband zum Thema "Populismus" veröffentlicht. Auch ich durfte mich zu diesem Kreis gesellen und habe dort einen Beitrag veröffentlicht, aus dem in der Folge einige Passagen zu lesen sind. Das Buch heißt: "Populismus: Das unerhörte Volk und seine Feinde" Es ist von Christian Günther und Werner Reichel im Verlag Frank&Frei herausgebracht worden.

Politik und Medien, aber auch die sogenannten politischen Wissenschaften wimmeln seit jeher von Kampf-Vokabeln, die alle dieselbe Eigenschaft haben: Je näher man sie untersucht, umso vager und unschärfer werden sie. Sozial, liberal, demokratisch, konservativ, links, rechts, national, heimatverbunden, europäisch, internationalistisch, revolutionär, christlich, Recht-und-Ordnung-orientiert – fast unendlich lässt sich die Reihe dieser Kampfbegriffe fortsetzen. Jeder von ihnen trägt einmal eine positive, einmal eine negative Konnotation. Bei jedem dieser Begriffe gibt es fast so viele gefühlte Bedeutungen und formulierte Definitionen wie Menschen, die sie verwenden. Je nachdem, ob man sich selbst beschreibt oder politisch-ideologische Gegner.

Ganz besonders stark ist dieses Phänomen bei dem im neuen Jahrtausend im Politjargon populär gewordenen Begriff „populistisch“ zu beobachten. Seine Verwendung ist aber auch ganz ohne denunziatorische Absicht deswegen so häufig und notwendig geworden, weil man eine Sammelbezeichnung für eine Tsunami-Welle an neuen, sich in manchen - nicht allen - Inhalten ähnelnden Bewegungen, Politikern und Parteien rechts der Mitte gebraucht hat. Diese neuen Parteien haben sich selbst freilich die unterschiedlichsten Bezeichnungen gegeben, in denen allerdings nie das Wort „populistisch“ vorkommt.

Dieser Tsunami hat das lange versteinerte Parteiensystem kräftig aufgemischt. Dieses hat zwar verzweifelt versucht, Elemente des Populismus zumindest teilweise aufzusaugen. Keine der traditionellen Parteien ist aber den belastenden Rucksack der eigenen Vergangenheit losgeworden.

Zu diesem traditionellen Parteiensystem gehören im Wesentlichen:

  • Christdemokratisch-konservativ-bürgerlich-bäuerliche Parteien (wobei in manchen Ländern dieses Lager aus mehreren Parteien besteht, die sich jeweils ein einzelnes dieser Adjektiva als Parteislogan herausgegriffen haben),
  • Sozialdemokratisch-sozialistische Parteien, die in der amerikanischen Sprache verwirrender Weise auch oft als „liberal“ bezeichnet werden, was aber fast das Gegenteil des europäischen Begriffs „liberal“ bedeutet (in einzelnen Ländern, etwa Griechenland, gibt es auch im sozialistischen Lager konkurrierende Parteien),
  • Grüne Parteien, die meist nur in den germanischen Ländern wirklich Fuß fassen konnten, hingegen in den slawischen und romanischen Völkern kaum Bedeutung haben (und mancherorts ebenfalls in getrennte Linien zerfallen: bürgerlich-ökologisch vs. links-alternativ),
  • Kommunistische Parteien, die im Westen fast nur in Italien, Frankreich und Graz zeitweise eine gewisse Größe erreicht haben, die aber im Osten in der unmittelbaren Nachkriegszeit zumindest in einem Land (Tschechoslowakei) trotz ihres total undemokratischen Charakters auch auf mehr oder weniger demokratischem Weg an die Macht gekommen sind,
  • und liberale Parteien (die entweder wirtschaftsliberal oder linksliberal sind; beide Richtungen halten sich für die Hüter der wahren liberalen Linie).

Ansonsten hat es meist nur ethnisch-regionale und kurzlebige, durch die Persönlichkeit eines Parteiführers ganz subjektivistisch geprägte Parteien gegeben.

In dieses Schema hat man lange mehr oder weniger alle vorhandenen Parteien einordnen können, sobald sie eine gewisse Relevanz erreicht und die skurrile Aura von Hinterzimmer-Parteigründungen verlassen haben.

Die Rückkehr der Heimat

Die vor dem Krieg oft wichtige Unterscheidung, ob eine Partei national oder international orientiert ist, war hingegen lange völlig irrelevant geblieben. Nach dem Schock des Weltkriegs war es insbesondere in der deutschsprachigen Welt geradezu tabu, in der Kategorie "national" auch nur zu denken. Doch das ist in der dritten Generation danach vorbei und beginnt sich auch dort wieder zu normalisieren. Dazu hat in allerjüngster Zeit insbesondere der neue US-Präsident beigetragen, der ganz stark nur die nationalen Interessen der USA betont, während frühere US-Präsidenten zumindest rhetorisch sehr internationalistisch geklungen haben.

Die intellektuelle Rückkehr der nationalen Identität selbst in Deutschland zeigt etwa ein Text[i] von Deutschlands wahrscheinlich wichtigstem Philosophen, Peter Sloterdijk. Dieser prophezeit dem Nationalstaat mit durchaus erfreutem Unterton „ein langes Leben“. Der Nationalstaat sei das einzige politische Großgebilde, das bis zur Stunde halbwegs funktioniere.

Solche Gedanken waren noch bis zur Jahrtausendwende völlig tabu gewesen. Oder sie wurden aus Sorge, sonst sofort zum Außenseiter gestempelt zu werden, nicht öffentlich geäußert.

Es geht aber nicht nur um die Rückkehr der Heimat in der deutschsprachigen Welt. In fast allen europäischen Ländern haben sich seit den achtziger Jahren neue, ähnlich scheinende Parteien außerhalb des traditionellen Spektrums herausgebildet. In manchen Ländern geschah das früher (wie in Österreich durch den charismatischen, wenn auch mit – erst post mortem ganz offenkundig gewordener – krimineller Energie ausgestatteten Jörg Haider oder in der Schweiz durch die SVP von Christoph Blocher), in anderen später (wie in Deutschland durch die „Alternative für Deutschland“ als Massenreaktion auf die „Rettung“ verschuldeter Euro-Staaten und zugleich auf die Tatenlosigkeit der Politik angesichts der Völkerwanderung).

Die Gründe des populistischen Aufblühens

Sechs mehr oder weniger in allen Ländern nachweisbare Gründe waren für das Aufblühen dieser neuen Parteien ausschlaggebend:

  1. Die traditionellen Parteien haben massive Zeichen des Verbrauchtseins, des Machtmissbrauchs und der Korruption gezeigt.
  2. Besonders intensiv war das dort zu beobachten, wo Sozial- und Christdemokratie in gemeinsame Koalitionen zusammengezwungen waren, wie zeitweise in Deutschland, und fast immer in Österreich oder Italien. Die Bürger akzeptieren es nicht, wenn ein herrschendes System sich und damit auch seine Entscheidungen als alternativlos darstellt.
  3. Allzu langes Regieren führt immer zu einer zunehmenden Anzahl von Bürgern, die ob irgendwelcher Entscheidungen und Gesetze dauerhaft verärgert sind, weil sie sich ganz persönlich als Opfer sehen.
  4. Insbesondere die rund um die Jahrtausendwende einsetzenden Fehlentwicklungen in der EU (Stichwörter: Missachtung der eigenen Beschlüsse und Gesetze, die Euro- und EZB-Politik, ununterbrochene Griechenland-Rettung, Verletzung der No-Bailout-Regel, Überregulierung, Political Correctness, Klimahysterie) führten schließlich auch dazu, dass das Denken in nationalen Kategorien wieder massiv Auftrieb bekommen hat.
  5. Die Bürger begannen sich nach neuen Orientierungspunkten umzusehen, als sie merkten, dass sich ihre eigenen Auffassungen und die Politik der bisherigen Parteien immer weiter auseinanderentwickelten. Sie pochten angesichts der rapide wachsenden Entfremdung einer paternalistisch-elitär abhebenden Machtklasse in Politik, Medien und Kultur auf ihre eigenen Interessen, die sie im Gegensatz zu früher durch Parteien und Elite nicht mehr vertreten fühlen.
  6. Die Bürger fühlen sich von den bisherigen Parteien immer mehr gegängelt und überreguliert. Und die liberalen Parteien, die einst genau als Gegenbewegung zur Überregulierung entstanden waren, erschienen ihnen zu schwach, zu doktrinär und zu wirtschaftsnahe.

All das hat zum Anschwellen dessen geführt, was man grob als Populismus oder Rechtspopulismus zusammenfasst. Man hätte es auch genauso als „neue antiautoritäre Bewegung“ bezeichnen können. Diese Bezeichnung war einst für die linke Studentenrevolution ab 1968 stark in Verwendung. Heute ist die antiautoritäre Haltung hingegen primär rechts zu finden, während linke Bewegungen einen starken Hang zur Regulierungswut entwickelten, der zumindest den Grünen anfänglich vollkommen fremd gewesen war.

Der entscheidende Turbo, der die vielfältigen, aus den genannten Motiven entstandenen neuen Bewegungen zum Tsunami anschwellen hat lassen, war dann aber die dramatische Zunahme der von den wenigsten Europäern gewünschte Massenzuwanderung aus Afrika und Asien. Die Taten- und Hilflosigkeit der Regierungen angesichts dieser Völkerwanderung wurde von der Bevölkerung mit dem gleichen Erstaunen und Entsetzen konstatiert wie die Nacktheit des Kaisers im Märchen von den neuen Kleidern. Dazu kommt, dass die Regierungen in Deutschland, Österreich, Schweden, aber auch Italien und Griechenland zumindest zeitweise sogar als begeisterte Claque der Völkerwanderung aufgetreten sind.

Diese geht gleichzeitig fast ungebremst weiter. Abschiebungen finden nur sehr marginal statt. Der Rückgang der Migration im Jahr 2016 war nur ein sehr relativer: In diesem Jahr war die Massenwanderung immer noch die zweitgrößte der Nachkriegsgeschichte (die größte war 2015). Und sie kann jederzeit wieder anschwellen. Die Hilflosigkeit vieler Regierungen war auch 2016 offenkundig. Ihr größtes Versagen in einem Satz: Keine hat gewagt, auch nach Wegfallen der anfänglich vielerorts vorhandenen gutmenschlichen Naivität der massiven Über- und Uminterpretation der an sich recht restriktiven Flüchtlingskonvention durch naive nationale und internationale Gerichte entgegenzutreten.

Die europäischen Bürger mussten entsetzt feststellen, dass sowohl EU wie auch die traditionellen Parteien angesichts des ungeordneten millionenfachen Zuzugs aus Afrika und Asien völlig hilflos agieren. Ja noch mehr: Während die Bevölkerung aller europäischen Länder diesen Zuzug in ihrer ganz großen Mehrheit von Anfang an abgelehnt hat, haben ihn viele aus der regierenden Elite in Medien, Politik, Kultur und Wissenschaft lange bejubelt, als ethisch richtig und demographisch notwendig hingestellt.

Damit ist eine tiefe Kluft zwischen Machthabern und Volk entstanden. Sie ist vergleichbar mit der Entfremdung vor den liberal-demokratischen Erhebungen zwischen 1789 und 1918. Diese haben dann in der Folge fast überall den Feudalstaat mit seinen unerträglichen Macht- und Standesprivilegien hinweggefegt.

Populus, Demos, Volk

Diese Parallele ist auch etymologisch gut nachweisbar: Damals sprach man von der „demokratischen“ Revolution, heute von „populistischen“ Bewegungen. Aber Demos und Populus heißen beide genau dasselbe, halt einmal griechisch und einmal lateinisch. Auf Deutsch heißen diese beiden Worte nichts anderes als: „Volk“. Dieses Wort ist pikanterweise ja auch Teil der selbstgewählten Bezeichnung mancher traditioneller Parteien. Es ist daher schon sprachlich heiter bis absurd, wenn die etablierten Parteien neue Parteien mit der Begründung von der Macht fernhalten wollen, dass diese „populistisch“ seien. Merkwürdige Devise: „Populistisch“ ist pfui, „Demokratisch“ ist heilig.

Wenn neue Konkurrenz am Parteienhimmel auftaucht

Freilich: Dieses Schicksal einer anfänglichen Total-Verfemung ist praktisch jeder neuen Bewegung in der Geschichte am Anfang passiert. Wie einige Hinweise zeigen:

  • Zuerst haben die herrschenden Feudalsysteme alle liberalen Bestrebungen wild bekämpft.
  • Dann geschah dasselbe den Sozialisten (man denke etwa an Bismarcks Sozialistengesetze).
  • Auch den Christlichsozialen widerfuhr Ähnliches (Kaiser Franz Joseph hat sich lange geweigert, Karl Lueger zum Wiener Bürgermeister zu machen; ebenso haben die konservativ-katholischen Bischöfe diese christlich-soziale Bewegung lange als Kaplansrevolte ins Abseits zu stellen versucht).
  • Rund ein Jahrhundert später ist es den Grünen genauso gegangen (in Deutschland hat es beispielsweise 18 Jahre gedauert, bis sie in eine Bundesregierung kommen durften; in Österreich haben sie das auch nach mehr als 30 Jahren noch nicht geschafft, dafür haben sie hier dann gleich den Posten eines Bundespräsidenten erobert, sogar in einer direkten Volkswahl; auf Landesebene hingegen ist in beiden Staaten eine Machtbeteiligung der Grünen früher geglückt).
  • Die Kommunisten haben im Westen eine Machtteilhabe bisher nur zeitweise in manchen Ländern geschafft (Italien, Frankreich und Graz wären etwa zu nennen; in Deutschland ist die postkommunistische Partei „Die Linke“ von den Sozialdemokraten erstmals als denkbarer Koalitionspartner nach der nächsten Wahl bezeichnet worden, was freilich primär ein Zeichen der eigenen Anämie der Sozialdemokraten ist).

Alleine diese früheren Entwicklungen bei den anderen großen Parteienfamilien machen sicher, dass der Versuch, die Rechtspopulisten dauerhaft als unberührbar von der Macht fernzuhalten, auch bei ihnen völlig missglücken wird. Es gibt keinen validen Grund dafür. Denn so heterogen die diversen Rechtspopulisten auch sind, so dumm auch manche Äußerungen ihrer Spitzenpolitiker sind, so kann doch niemand bei wachem Verstand behaupten, dass sie weniger demokratisch wären als etwa die Kommunisten. Ganz im Gegenteil.

Diese angedeuteten historischen Parallelen zeigen aber noch etwas: Alle großen Ideologien und Parteienfamilien sind im Lauf der Jahrzehnte sanfter, zahmer, friedlicher geworden. Alle waren sie in den Phasen ihrer Gründung viel radikaler gewesen. Es sei als Beispiel etwa der Heidelberger Parteitag 1922 der Sozialdemokraten erwähnt mit dem Slogan: „Demokratie, das ist nicht viel, Sozialismus ist das Ziel.“[ii]

Man kann auch durchaus mit etlichem Recht sagen, dass sogar der Kommunismus trotz seines totalitären Charakters und der breiten Blutspur seiner Geschichte tendenziell immer friedfertiger geworden ist. Die Sowjetunion etwa hat einen positiven evolutionären Weg von den millionenfachen Massenmördern Lenin und Stalin hin zu einem Chruschtschow, Breschnjew und vor allem Gorbatschow zurückgelegt. Ähnliches kann man auch in China, Kuba oder Vietnam sagen, selbst für Nordkorea wollen manche Experten schon eine solche Entwicklung sehen. Und von den am Ende als völlig hohl implodierenden kommunistischen Satellitenstaaten in Osteuropa gar nicht zu reden.

Populisten werden normale Parteien

Daher spricht viel, nein alles dafür, dass eines Tages die heutigen so verfemten neuen Populisten zu ganz normalen Akteuren im demokratischen Spiel werden dürften. Was sie ja zum Teil auch schon sind. Einige Beispiele für diese Entwicklung:

  • In der Stadt Rom etwa haben die Grillo-Populisten schon das Bürgermeister-Amt erobert;
  • in Dänemark haben sie durch parlamentarische Duldung schon zwei rechte Regierungen ermöglicht;
  • in Österreich war die FPÖ sogar schon viermal Träger einer Regierungsmehrheit, zweimal mit der SPÖ, zweimal mit der ÖVP;
  • der Wahlsieg von Donald Trump in den USA bedeutet in Wahrheit den endgültigen Durchbruch des Populismus, obwohl Trump in einer sehr traditionellen Partei seinen Erfolg errungen hat (Trump steht jedoch in vielen Punkten – vom Protektionismus bis zur verbalen Abwendung von der Nato und Hinwendung zu Moskau – mit den klassischen liberalkonservativen Positionen der amerikanischen Republikaner total auf Kriegsfuß).

Diese nahezu sichere Zukunftsperspektive ändert natürlich nichts daran, dass die etablierten Kräfte derzeit – soweit es halt noch möglich ist – alles tun, um die Populisten zu Unberührbaren zu erklären, als undemokratisch und katastrophal zu behandeln. Besonders die Medien spielen bei dieser Verfemung eine führende Rolle. Sie tun dies auch dann, wenn eine populistische Gruppierung sogar schon mehrmals an der Macht beteiligt gewesen ist wie in Österreich. Diese Rolle der Medien ist ziemlich eigenartig und eine Verfehlung ihrer Aufgabe. Sie hängt aber in Österreich auch mit direkter finanzieller Korrumpierung durch die Machtparteien, vor allem die Sozialdemokraten, zusammen. Bei den Konkurrenz-Parteien ist das Als-Unberührbar-Erklären hingegen ein fast logischer taktischer Versuch, wie er eben auch schon beim Auftauchen der anderen politischen Bewegungen zu sehen war.

Wer teilt schon gerne die Macht mit Newcomern? Das versuchen die etablierten Parteien umso heftiger und verzweifelter zu vermeiden, als sie ja selbst zum Teil schon Auslaufmodelle zu sein scheinen. Bei den Christdemokraten sind ganze Parteien, die in der Nachkriegszeit kürzer (Spanien) oder länger (Italien) an der Macht gewesen waren, verschwunden. Generell aber haben die Sozialisten noch mehr an Relevanz verloren – obwohl sie selbst wohl die größte populistische Vergangenheit unter allen Altparteien haben.

Migration als Hauptmotiv

Inhaltlich sind die populistischen Parteien freilich nur sehr verschwommen einzuordnen. Große ideologische Turnübungen sind ihre Sache nicht. Ihre einzige wirkliche Konstante quer durch Europa und Nordamerika: Sie sind explizit immigrationskritisch. Sie sind dies vor allem, seit es um die Abwehr der Zuwanderung von Menschenmassen geht, die nicht als Arbeitskräfte benötigt werden. Es kann ja längst kein Zweifel bestehen, dass die Mehrheit der Migranten aus anderen Kontinenten nicht aus politisch, religiös oder rassisch verfolgten Menschen besteht (also jenen, die sogar nach dem Wortlaut der Flüchtlingskonvention aufzunehmen sind), sondern aus Menschen, die:

  1. entweder Arbeit suchen (obwohl es in den Zielländern gar keinen Bedarf mehr an Zuwanderern ohne ausreichenden Bildungs- und Zivilisationshintergrund gibt);
  2. oder von den hohen Sozialleistungen in den Zielländern angezogen werden (durch die ein Migrant im Monat allein mehr Geld erhält, als er daheim selbst mit einem Job in einem halben Jahr verdienen könnte);
  3. oder auch mit kriminellen Absichten kommen (die sich entweder auf Eigentumskriminalität oder islamistischen Terror beziehen).

Alle mit der Millionenmigration nach Europa zusammenhängenden Aspekte haben in der eingesessenen Bevölkerung einen Tsunami an Widerstand entstehen lassen. Jene Parteien fanden den meisten Zulauf, die sich am deutlichsten gegen Zuwanderung ausgesprochen haben. Das waren neu entstehende Parteien wie in Deutschland, das waren konservative Parteien wie in Ungarn, das waren nationalistische Parteien wie in Frankreich. Heute fasst man sie alle unter der Bezeichnung „Populismus“ zusammen.

Der zweite inhaltliche Schwerpunkt der Gruppierungen, die man als populistisch bezeichnet, kreist um die EU. Doch in diesem Themenfeld sind die diversen populistischen Parteien lange nicht so konsistent wie bei der Migration. Da gibt es Parteien in alten EU-Ländern, die sich für einen EU-Austritt aussprechen wie die Front National in Frankreich. Da gibt es Parteien in relativ neuen EU-Ländern wie die österreichischen Freiheitlichen, die einmal für, einmal gegen die EU-Mitgliedschaft auftreten, zuletzt aber wieder klar dafür waren. Da scheinen sämtliche populistischen Parteien in Osteuropa für die EU-Mitgliedschaft zu sein.

Weitere Eigenschaften und Positionen, die man mehr oder weniger stark bei fast allen populistischen Gruppierungen antreffen kann:

  • Starker Hang zum Protektionismus an Stelle der Globalisierung;
  • Renaissance eines nationalen Denkens;
  • Ablehnung der Political Correctness;
  • Kampf für Meinungsfreiheit;
  • Skepsis gegenüber Eliten;
  • Konservative Grundhaltung;
  • Ein Überwiegen von Männern in der Anhängerschaft;
  • Kritik an den sich abkapselnden politischen und gesellschaftlichen Entscheidungsgremien;
  • Frontstellung zur gegenwärtigen Medienlandschaft;
  • Totale Feindschaft gegenüber der kulturellen und universitären Szene;
  • Mangelnde Organisationskraft;
  • Starker Hang zu Führerstrukturen.

Natürlich sind auch, wie bei jeder neuen Bewegung, esoterische, wichtigmacherische, fanatische Elemente zu orten, aber nirgendwo dominant.

Sehr unterschiedlich ist die Qualität der Führungspersönlichkeiten. Da ist etwa der Niederländer Geert Wilders eine ganz herausragende, charismatische Persönlichkeit. Auch der Österreicher Jörg Haider ist das gewesen (wenngleich sich post mortem etliches an krimineller Energie herausgestellt hat, die nicht nur mit der gezielten Kriminalisierung durch die anderen Parteien zu tun hat). Das trifft auch, wenngleich auf intellektuell deutlich niedrigerem Niveau auf den Italiener Beppe Grillo zu. Andere populistische Parteien haben viel weniger charismatische Führer, wie etwa die wild zerstrittene Führungslandschaft der „Alternative für Deutschland“.

Jedenfalls Sympathie erwecken diese Führungspersönlichkeiten aber insofern, als sie von den Medien total und erbarmungslos verfemt werden, als sie selbst bei der Suche nach Hotelzimmern oder Versammlungsräumen von den etablierten Kräften schikaniert werden. Sie müssen überdies oft unter großer persönlicher Bedrohung leben, da sie nicht nur von islamistischen, sondern auch von linksextremistischen Gewalttätern mehr bedroht werden als die meisten anderen politischen Führungspersönlichkeiten.

Relativ klar unterscheiden lässt sich zwischen Populisten einerseits und Links- wie Rechtsextremisten andererseits. Populisten sind in der Regel nicht gewaltaffin. Sie bewegen sich zum Unterschied von Extremisten auch immer im Rahmen des Rechtsstaats und der Verfassung. Auch Rassismus ist meist eine klare Trennlinke zu Rechtsextremisten. Ein Trennlinie zu diesen hat auch die deutsche Justiz herausgearbeitet: Während die NPD einem Verbot nur knapp entkommen ist, weil sie laut einem (juristisch freilich etwas seltsamen argumentierenden) Urteil des deutschen Verfassungsgerichts zu unbedeutend, zu klein ist, um verboten zu werden, hat die AfD (Alternative für Deutschland) nie ernsthafte Probleme mit der Verfassungsjustiz gehabt.

Wenig fruchtbar ist die Unterscheidung zwischen Links- und Rechtspopulismus. Gerade der gerne als linkspopulistisches Exempel bezeichnete „MoVimento 5 Stelle“ in Italien (geführt vom Komiker Grillo) zeigt keine scharfen inhaltlichen Trennlinien zum Rechtspopulismus in anderen Ländern.

Viel interessanter ist schon, dass sich der Populismus sehr unterschiedlich etablieren hat können. Nach einer europaweit vergleichenden Studie[iii] ist er ausgerechnet in Deutschland  am schwächsten, obwohl man dort besonders gebannt auf den kometenhaften Aufstieg der AfD blickt. Doch wird deren Potential von dieser Studie mit bloß 18 Prozent beziffert. Dieser vergleichsweise niedrige Wert dürfte aber eher mit der Tatsache zusammenhängen, dass man in Deutschland wohl wegen seiner NS-Geschichte weniger als in anderen Ländern wagt, sich offen populistisch zu deklarieren. Auch bei einer Meinungsumfrage nicht, obwohl Populismus eigentlich nichts mit dem Nationalsozialismus zu tun hat. Während man in jenen Ländern, die historisch weniger belastet sind, viel weniger Scheu gegenüber populistischen Positionen hat.

Dennoch sind die Werte der Unterstützung für den Populismus mehr als erstaunlich, die diese (britische) Studie für einige andere Länder zeigt:

Rumänien 82 Prozent,
Polen 78 Prozent,
Frankreich 63 Prozent,
Niederlande 55 Prozent.

Das heißt freilich nicht, dass in einem dieser Länder irgendeine Partei die Chancen hätte, wirklich eine absolute Mehrheit zu erringen. Das heißt jedoch sehr wohl, dass auch andere Parteien zunehmend beeinflusst werden von Inhalten, die man eigentlich primär als Populismus bezeichnen würde. In Rumänien, Tschechien (Wahl des Staatspräsidenten) oder der Slowakei beispielsweise haben ursprünglich sozialistische Gruppierungen mit einem rein populistischen Kurs ja auch schon Wahlsiege erzielt. Nur fällt auf, dass die internationalen Medien viel weniger aggressiv berichten, wenn eine populistische Bewegung dem Ursprung oder Namen nach von der linken Seite kommt. Ungarns Regierungspartei hingegen, die aus dem konservativen Eck kommt, wird mit großer Schärfe attackiert, obwohl es rechts von ihr eine viel problematischere Bewegung als größte Opposition gibt.

In Wahrheit gibt es links wie rechts fast überhaupt keine Partei, die nicht zumindest zeitweise vom populistischen Denken erfasst worden wäre. Selbst bei den Grünen gibt es mittlerweile etliche Politiker, die Distanz zur früheren „Refugees-Welcome-Euphorie“ suchen.

Die Ursachen

Was sind nun die Faktoren, die das Entstehen des vielerorts in ähnlicher Weise aufblühenden Populismus begünstigt haben? 

  1. An der Spitze steht dabei zweifellos das Entsetzen vieler Menschen über die millionenfache Migration aus Afrika und Asien, die von den meisten europäischen Regierungen zu wenig oder zu spät oder gar nicht abgewehrt worden ist.
  2. Diese Migration hat sich in jenen Bildern und Filmaufnahmen mit besonders dramatischer Wirkkraft festgefressen, auf denen man sieht, wie hereinmarschierende Afrikaner und Asiaten die Grenzbeamten einfach zur Seite schieben. Das hat den Menschen vor den Fernsehgeräten klargemacht: Dieser Staat versagt bei seinen zentralen Aufgaben, auch wenn er uns mit Kleinigkeiten immer mehr schikaniert.
  3. Die immer würgender gewordene Überregulierung auf tausenderlei Ebenen gipfelt im als Einzelphänomen eher belanglosen EU-Glühbirnenrecht. Zu diesem haben die Menschen endgültig gesagt: „So nicht!“
  4. Damit und mit allzu viel Globalisierung eng verbunden ist das Wiedererwachen einer eher nostalgischen Sehnsucht nach Heimat, nach nationaler Identität.
  5. In vielen großen Städten haben sich Plätze, Straßen, Stadtviertel zu gefährlichen Problemzonen ohne Sicherheit verwandelt.
  6. Die immer lähmender gewordene und vielfach wie ein Würgegriff empfundene Political Correctness, die in letzter Zeit auch mit Hilfe der Gerichte die Meinungsfreiheit immer mehr einschränkt.
  7. Das Versagen vieler multinationaler Strukturen in der Wirtschaftskrise, in Europa insbesondere der gemeinsamen Währung und der Zentralbank. Auch wenn der Populismus keine wirklich überzeugende wirtschaftspolitische Konzeption hat, findet er mit seiner Kritik an diesen Phänomenen doch großes Echo, weil die Versprechen der internationalen Elite heute als trügerisch und teilweise auch lügnerisch entlarvt scheinen. Und teilweise auch sind.
  8. Das qualitativ schwache politische Personal praktisch auf allen Führungsebenen.
  9. Die Tatsache, dass die lange herrschenden Parteien heute total ausgelaugt und überfordert wirken.
  10. Die vor, in und nach der Krise ständig überall ansteigenden und irgendwann zwangsläufig zum Bankrott führenden Staatsverschuldungen.
  11. Das hemmungslose Drucken nicht gedeckten Geldes durch die Europäische Zentralbank.
  12. Der Populismus ist auch eine Folge des steil gestiegenen Durchschnittsalters der europäischen und amerikanischen Bevölkerung, er ist also solcherart ein Kontrast zu einem in Jugendjahren verbreiteten linken Utopismus.
  13. Der Populismus bedeutet auch eine gesellschaftliche Gegenbewegung des gesellschaftlichen Pendels, das nach 1968 viel zu stark nach links ausgeschlagen hat. Es schlägt nun atemberaubend – und vielleicht auch gefährlich – weit in die Gegenrichtung aus.

Wie aber ist der Populismus zu bewerten, wenn man schon gleichsam an seinem Beginn die Frage nach dem historischen Nutzen oder Schaden zu stellen versucht?

Nutzen oder Schaden?

Gelingt es ihm, sich in Sachen Migration, Political Correctness, Wiedererwachen eines nicht-aggressiven Heimatgefühls und Rückkehr der Vernunft in die derzeit gutmenschlich exzedierende Justiz durchzusetzen, dann ist dem Populismus sicher ein historischer Nutzen zuzuschreiben. Zerstört er hingegen die globalen wirtschaftlichen Strukturen einer freien und international funktionierenden Marktwirtschaft, die Herrschaft des Rechts über die Willkür der Mächtigen und die demokratische Basis unserer Gemeinwesen, dann wird man ihn nur als verderblich verdammen können. Denn dann erhöht er ähnlich – wenn auch auf andere Weise – das Risiko von Konflikten und Verarmung wie jene Strukturen, die er bekämpft.

Und welche Entwicklung wäre nun wünschenswert, um die guten Seiten des Populismus in den Vordergrund zu bringen und die schlechten zurückzudrängen? Dazu ist wohl ein historisches Umdenken in Sachen Demokratie am wichtigsten. Die Zeiten sind endgültig vorbei, wo eine Elite alleine herrscht, die sich nur alle vier oder fünf Jahre eine Pauschal-Lizenz zur Machtausübung holt. Der Populismus kann auch als mächtiges Zeichen gesehen werden, dass die Menschen ein solches System nicht mehr hinnehmen.

So, wie sie einst mit der Aufklärung gegen absolutistische Monarchen und aristokratische Herrschaftsstrukturen aufbegehrt haben, so wehren sich die Menschen heute immer mehr gegen die Herrschaft einer selbstherrlichen Elite in Politik, Justiz und Verwaltung, in Kultur, Universitäten und Medien. Da aber Anarchie keine empfehlenswerte Konsequenz aus deren Versagen ist – zumindest wenn man nicht ganz zynisch oder anarchielüstern denkt –, kann es nur einen sinnvollen Weg geben: den der direkten Demokratie. Das ist  etwa (auch um nicht das Rad neu erfinden zu wollen) jener Weg, den die Schweiz schon seit langem geht. Und zwar mit exzellenten Resultaten.

Österreich: Demontage der Demokratie durch die Etablierten

In Österreich fand hingegen in den letzten Jahren eine politische Bewegung in die gegenteilige Richtung statt, also hin zu einem Abbau von demokratischen Elementen. So etwa durch:

  1. Abschaffung der allgemeinen Wahl des ORF-Publikumsrates,
  2. Verlängerung der Legislaturperioden,
  3. immer stärkeres Ignorieren von Volksbegehren und Petitionen,
  4. Von den Berufsrichtern gewünschtes Zurückdrängen der Kompetenzen der Laienrichter in Geschwornengerichten,
  5. die Schaffung der Möglichkeit, dass die Politik Schuldirektoren und Sektionschefs nach fünf Jahren wieder begründungslos entfernen kann, was diese automatisch mehr abhängig macht,
  6. Abschaffung des Vetorechts von Elternvertretern gegen die Umwandlung von Schulen in Ganztagsschulen,
  7. Hinauswurf der demokratisch legitimierten Vertreter aus den Schulbehörden (Landesschulräten),
  8. Umwandlung kritischer Medien in Hofberichterstatter durch immer exzessiver gewordene und zugleich intransparente Inseratenaufträge der Politik; das ist auf Deutsch: Bestechung mit Steuermitteln,
  9. mehrfache Verschärfung des Strafrechts gegen reine Meinungsdelikte wie etwa "Verhetzung"(selbst wenn sie noch so gewaltfrei sind),
  10. aber auch die Degeneration der Parteitage von den einstigen Entscheidungsplattformen hin zu bloßen Bejubelungsveranstaltungen.

Der einstige historische Kampf gegen den Absolutismus hing eng mit der Erfindung des Buchdrucks und der Einführung der Schulpflicht zusammen, also damit, dass immer mehr Menschen Schreiben und Lesen lernten. Mit der europaweiten Einführung der repräsentativen Demokratie schien der Absolutismus endgültig überwunden zu sein. Aber die Gier zur Machtakkumulation blieb ganz offensichtlich groß, sie ist jeder Herrschaft wesensimmanent, auch einer ursprünglich demokratisch gewählten. Jeder, der irgendwo Macht ausübt, will noch mehr von dieser Macht.

Der Populus, das Volk, lässt sich das nur eine Zeitlang gefallen. Irgendwann begehrt er gegen die Elite auf, wenn er unzufrieden ist mit dem Ergebnis ihres Wirkens. Diese Unzufriedenheit ist trotz der großen Fortschritte der menschlichen Gesellschaft gewachsen. Diese Fortschritte sind aber wohl nur am Rande der Politik und der gesellschaftlichen Macht zu verdanken, sondern der Medizin, der Technik, der Forschung und Naturwissenschaft. Das sind übrigens Disziplinen, die von der Macht wenig respektiert werden. Während die Politik die oben aufgezählten Fehlentwicklungen zu verantworten hat.

Eines der vielen Felder, wo sich der Kampf des Volkes gegen die Machthaber sehr anschaulich zeigt, sind die Medien. Viele Generationen lang haben die Massen außer durch Kauf bzw. Nichtkauf fast keine Möglichkeit gehabt zu bestimmen, was in Zeitungen, Büchern, Fernsehen, Radio zu lesen, zu hören und zu sehen ist. Binnen weniger Jahre ist das nun plötzlich anders geworden. Jeder Mensch mit Zugang zum Internet hat die Macht bekommen, der ganzen Welt ungefiltert seine Meinungen, seine Erfahrungen, sein Wissen und auch seine Vorurteile mitzuteilen. Das ist ein Prozess, der zwar von den alten politischen und medialen Mächten erbittert bekämpft wird. Er birgt Gefahren, bedarf eines Lernprozesse, ist aber alles in allem positiv und ein historisch großer Schritt zu einer weiteren Entmachtung von Machteliten und zu mehr echter Demokratie.

Diese Entwicklung haben die Regierenden aber noch überhaupt nicht verdaut. Ist doch das Leben für sie viel mühsamer geworden. Während sie früher unzählige Gesetze, Verordnungen und internationale Abkommen ohne viel öffentliche Debatte durchbringen konnten, wird jetzt etwa ein TTIP-Abkommen (das ich persönlich für sehr sinnvoll halte, aber ich bin eben nur einer von einer halben Milliarde Europäern) nur dann zustandekommen, wenn man es mit den Menschen viel mehr diskutiert. Ein elitäres Drüberfahren der Macht ist in dieser wie auch in anderen Fragen zunehmend versperrt.

Das hängt einerseits mit dem historischen Qualitätssprung durch das Internet zusammen, aber auch damit, dass weltweit das Bildungsniveau (bei aller Kritik an Fehlern im Bildungssystem) ständig gestiegen ist. Allein im Laufe meines Lebens ist in Mitteleuropa der Anteil der Studienberechtigten von 5 auf 50 Prozent eines Jahrgangs gestiegen. Und auch der Rest der Europäer ist dramatisch besser ausgebildet als damals.[iv]

Aus all dem Gesagten ergibt sich eine einzige sinnvolle Antwort: Das ist ein hartnäckiger und unablässiger Kampf für eine wirkliche direkte Demokratie. Die sich abkapselnde Elite wird verlieren, auch wenn sie durch eine problematisch gewordene Justiz, konfiskatorische (und dann von der Elite nach Gutdünken verwendete wie verschwendete) Steuern, hochnäsige Medien sowie Universitäten das gemeine Volk noch so sehr von der Macht fernzuhalten versucht.

Wie die Elite reagieren sollte

Die Elite würde übrigens bei nüchternem Nachdenken oder bei einem vergleichenden Blick in die Schweiz zu ihrer Beruhigung erkennen  können, dass sie auch in einem System der direkten Demokratie durchaus benötigt wird. Aber das gilt nur:

  • wenn sie nicht mehr primär im eigenen Interesse handeln, sondern einsehen würde, dass sie nur der Allgemeinheit und deren Intentionen dienend dauerhaft eine Rolle spielen kann;
  • wenn sie so zu reden lernen würde, dass die Menschen sie verstehen;
  • wenn sie den Bürgern nicht eine Asylpraxis aufzuzwingen versuchen würde, nach der zwei Drittel der gesamten Menschheit einen Asylanspruch in Europa hätten;
  • wenn sie die ständigen Versuche aufgeben würde, die Meinungsfreiheit der Bürger immer weiter einzuschränken[v];
  • wenn sie auch oppositionellen Gruppen endlich die normale Versammlungsfreiheit zubilligen und nicht beispielsweise Hoteliers massiv unter Druck setzen würde, bloß weil diese Zimmer an Angehörige der „Alternative für Deutschland“ vermieten[vi] wollen;
  • wenn sie nicht weiter ständig mit der unterschwelligen Fiktion arbeiten würde, dass sie automatisch klug, weise und gut, und dass das gewöhnliche Volk (=der Populus) das Gegenteil wäre;
  • wenn sie einsehen würde, dass auch sie selbst immer wieder populistisch agiert hat[vii];
  • wenn sie endlich akzeptieren würde, dass nicht sie, sondern das Volk der Souverän ist. Selbst wenn dieses wirklich so blöd wäre, wie viele Elite-Angehöriger recht präpotent meinen. 

 

[i] http://cicero.de/berliner-republik/peter-sloterdijk-ueber-merkel-und-die-fluechtlingskrise-es-gibt-keine-moralische

[ii] https://www.welt.de/welt_print/article2921919/Demokratie-das-ist-nicht-viel.html

[iii] http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-11/populismus-deutschland-umfrage-einstellungen

[iv] Persönliche Anmerkung, um diese Entwicklung noch deutlicher zu machen: Noch mein väterlicher Großvater war ein analphabetischer steirischer Knecht; mein mütterlicher wurde mit 14 von seinen Eltern aus Schlesien in den Zug nach Wien gesetzt, um sich fortan alleine durchzusetzen.

[v] http://diepresse.com/home/meinung/quergeschrieben/walterskirchen/5158323/Kerns-Plan-A-fuer-die-Kontrolle-ueber-die-Meinungsaeusserung

[vi] Aus http://michael-klonovsky.de/acta-diurna: 2Gestern Abend Zaun- bzw. Nebentischgast beim Dinner der europäischen "Rechtspopulisten" in Mainz. Die Begleitumstände sind bizarr und ein Beleg dafür, wie schnell die bürgerlichen Freiheiten in Demokratien preisgegeben werden können. Nicht weniger als acht Hotels von Koblenz bis Wiesbaden stornieren die Buchungen umgehend wieder, nachdem aus den naturgemäß von Mitgliedern der etablierten Parteien geführten Stadtverwaltungen Druck auf die Betreiber ausgeübt wurde, keinesfalls AfD-Mitglieder zu beherbergen (die Gäste vom Front National erleben parallel Ähnliches; während das Dinner bereits begonnen hat, sind manche von ihnen noch auf der Suche nach einer Bleibe für die Nacht). Die Hoteliers werden auf Mafia-Art erpresst; man droht ihnen mit Boykott, imageschädigenden Kampagnen, verschärften Wirtschaftsprüfungen und natürlich den unkontrollierbaren Protesten junger engagierter Empörter gegen Herbergen, die dem politischen Abschaum Obdach gewähren. Sobald ein Hotel die Buchung akzeptiert hat, läuft diese Maschine an. Sogar aus Brüssel trafen Informationen bei den Stadtoberen ein, welches Gästehaus sich zu versündigen drohte und schleunigst zivilgesellschaftlich bearbeitet werden müsse. Dort, wo das schweflige Detachement schließlich unterkommt, lautet der Handel, dass eine Tschandala wie Frauke Petry weder auf der Gästeliste noch irgendwo sichtbar im Haus auftauchen darf. Also Eingang durch die Tiefgarage, keineswegs durch die Lobby. Kein Restaurantbesuch, kein Frühstück. Deutschland 2017. Das demokratisch geläuterte Land, das auf sehr deutsche Weise aus seiner Geschichte gelernt hat. Wenn eines Tages wirklich alle Hoteliers zivilgesellschaftlich befügelt mitzuziehen gezwungen sind, können rechte Parteien nirgendwo mehr tagen, selbst wenn sie 49 Prozent der Wählerstimmen haben.“

[vii] http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/praesidentenwahl-in-oesterreich-erfolg-fuer-fpoe-norbert-hofer-14199044.html

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