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Höchste Zeit zu gehen, Frau Vassilakou!

Das ist die weitaus erfreulichste Nachricht aus Wien seit langem. Eine, wenn auch knappe Mehrheit der grünen Parteimitglieder hat sich bei einer Urabstimmung gegen das Hochhaus neben dem Konzerthaus ausgesprochen. Wenn sie nur irgendeinen Rest an Anstand hat, dann tritt die dadurch total blamierte Parteichefin der Wiener Grünen jetzt ab. Das hatte sie freilich schon einmal in Hinblick auf den Wahlausgang versprochen – und dann auch nicht umgesetzt. Kabarettisten - wären sie nicht alle selbst grün - könnten jetzt über Vassilakous Schreibtischsessel singen: "Griechischer Leim".

Maria Vassilakou hat sich so sehr mit dem Projekt des millionenschweren Hochhaus-Investors identifiziert, dass auch eine knappe Niederlage bei der grünen Abstimmung ein absolutes Waterloo für sie ist. Dieses kann erstens nur in einen Abgang der Stadträtin münden. Und zweitens in eine totale Abwendung der Grünen von diesem Projekt. Auch wenn das vielleicht für die Parteifinanzen gar nicht gut sein sollte.

So klar diese beiden Konsequenzen aus der grün-internen Abstimmung eigentlich sind, so peinlich ist es, dass die Grünen beide Entscheidungen aufgeschoben haben. Dabei treten honorige Parteichefs nach einer schweren Niederlage immer am Wahlabend ab. Honorige halt ...

Hätten die Grünen beide Entscheidungen am Abend des Bekanntwerdens des Ergebnisses getroffen, stünden sie  entscheidungsstark da. So aber wirken sie wie stets: zögerlich und entscheidungsunfähig. Kommende Woche ist – oder wäre – ein Vassilakou-Rücktritt nur noch ein Nachvollziehen dessen, was die FPÖ schon am Freitag gefordert hat (die das natürlich gefordert hat, um ja Vassilakou einzuzementieren).

Gewiss: Die Wiener SPÖ, die aus Gründen, die ganz Wien ahnt, am massivsten für das Hochhaus war und ist, wird nun versuchen, die Grünen mit der Drohung unter Druck zu setzen: entweder trotz allem Hochhaus oder Ende der Koalition.

Nur: Eine solche SPÖ-Drohung ist völlig unglaubwürdig. Denn die Wiener SPÖ kann in ihrem derzeitigen Zustand und angesichts der jüngsten Umfragen keinesfalls Neuwahlen riskieren, und schon gar nicht mit dem Hochhaus als dominierendes Thema. Sie kann unter einem Häupl aber auch nicht mit den Freiheitlichen koalieren – vor allem könnte sie mit diesen ja erst recht kein Hochhaus bauen. Und ein Dreierbündnis mit Neos und ÖVP wäre extrem labil, wenngleich diese beiden Parteien in Sachen Hochhaus immer mehr beim Ja als beim Nein gewesen sind (auch hier ist der Grund unschwer zu erraten); lediglich die Innenstadt-ÖVP hat sich in den letzten Monaten getraut klar Nein zu sagen. Aber wie will der immer am äußersten linken Rand der SPÖ balancierende Häupl jetzt seiner Basis beibringen, dass er ausgerechnet mit den beiden bösen „neoliberalen“ Parteien koaliert?

Es sollte aber auch auf der Seite dieser beiden Kleinparteien kein Zweifel bestehen: Sowohl Neos wie ÖVP brauchen bei der nächsten Wahl in Wien gar nicht anzutreten, wenn sie jetzt in eine Koalition gingen, die Ja zum Hochhaus sagt. So stark kann die Gier nach der Macht (hoffentlich) gar nicht sein, dass man dafür auch die eigene Selbstvernichtung in Kauf nehmen würde.

All das macht jede Drohung der Häupl-SPÖ unwirksam. Sie hat gar keine andere Wahl, als bei den Grünen zu bleiben und aufs Hochhaus und all damit verbundenen Vorteile zu verzichten. Das müssten eigentlich auch die Wiener Grünen durchschauen. Auch in der eigenen Schwäche kann eine Stärke liegen.

Für Wien ist aber jedenfalls zehnmal wichtiger, was am Heumarkt passiert, als was mit Vassilakou passiert. Letzteres ist zwar lustig und spannend, wird aber im Gegensatz zu einem eventuellen Hochhausbau in kurzer Zeit nur noch eine Fußnote der Geschichte sein.

Über diesen Bau entscheiden daher letztlich einzig die Grünen. Und eigentlich müssten sie intelligent genug sein zu erkennen, dass es absoluter Selbstmord wäre, würden sie jetzt sagen: Na ja, es sind ja nur 18 Stimmen Unterschied zwischen Nein und Ja. Na ja, es haben ja nur ein paar Hundert unserer 1313 Mitglieder teilgenommen (übrigens haben wir dank dieser internen Abstimmung mit Staunen erfahren, was für ein erstaunlich schütteres Häufchen die grünen Parteimitglieder in Wien sind, das eigentlich das stärkste Bundesland der Partei ist).

Aber all diese Argumentationen wären eine Bankrotterklärung der Grünen. Es waren ja die Grünen selbst, die diese Abstimmung ständig als bindend bezeichnet haben. Es ist das Parteistatut der Grünen selbst, das festlegt, wenn mehr als 50 Prozent teilnehmen, dann ist ein Ergebnis bindend. Und es haben eben mehr als 52 Prozent teilgenommen. Und 348 gegen 330 ist eben eine Mehrheit fürs Nein zum Hochhaus. In der Demokratie zählt selbst eine Stimme als ausreichende Mehrheit.

Auch wenn ich gelernt habe, dass Parteipolitikern fast alles zuzutrauen ist: Da kann es eigentlich kein Entkommen mehr geben. Da muss es in der Sache eigentlich glasklar heißen:

  • Es darf kein Projekt geben, das – entsprechend den Unesco-Vorgaben – auch nur einen Meter höher ist als das jetzige Hotel InterContinental.
  • Es darf kein Projekt geben, bei dem auch nur ein Quadratmeter öffentlichen Grundes (ob Straße, ob Gehsteig) privatisiert wird.
  • Es darf kein Projekt geben, das an das Konzerthaus heranrückt, einen der schönsten Jugendstilbauten Wiens.
  • Und es darf auch sonst in der Innenstadt oder im Ringstraßenviertel kein Projekt geben, das  höher ist als der Istzustand.

Für Hochhäuser ist jenseits der Donau oder am Wienerberg Platz genug. Auch wenn dort Spekulanten (und alle von ihnen profitierenden Politiker) halt nicht so viel Geld pro verbautem Quadratmeter machen können wie in der City.

PS: Dankbar wären die Wiener übrigens auch, wenn jetzt endlich all die vielen peinlich lächerlichen Argumente aus der öffentlichen Diskussion entsorgt werden: Wie etwa jenes, dass es eines Hochhauses braucht, damit der Eislaufverein gerettet wird.

PPS: Mit Frau Vassilakou sollten sich bitte auch ein paar andere unerträglich gewordene Figuren endlich aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Christian Konrad etwa möge künftig nur noch Rehe im Wald mit seinem Schießgewehr belästigen, aber nicht mehr uns mit Hochhäusern oder Flüchtlingen. Er hat der einst edlen und wichtigen Raiffeisenidee inzwischen schon genug geschadet.

PPPS: Besonders köstlich sind die Neos: Sie verlangen jetzt – jetzt! – ein Referendum aller Bürger. Das wäre zwar bis vor kurzem eine durchaus kluge und mutige Ansage gewesen. Das ist aber jetzt nach dem grünen Votum nur noch lächerlich. Weil ein paar hundert grüne – grüne! – Funktionäre etwas beschlossen haben, sind die Neos plötzlich nicht mehr fürs Hochhaus, sondern für ein Referendum! Merken die Neos nicht, wie peinlich, unglaubwürdig und lächerlich das ist? Glauben sie, die Bürger würden nicht erkennen, dass das bloß ein weiterer heimtückischer Versuch ist, um den Spekulationsbau samt allen Dividenden doch noch durchzubringen?

PPPPS: Jenen Genossen und der „Kronenzeitung“ und teuren PR-Agenturen, die sich jetzt – natürlich ganz uneigennützig – darum sorgen, dass ein armer Spekulant eine millionenschwere Fehlinvestition getätigt hat, sei gesagt: Es gibt noch ein paar Menschen in diesem Land, um die sie sich mit größerer Berechtigung sorgen sollten.

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