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SPÖ: Die dreifach zerrissene Partei

Jetzt wissen wir also, von welcher Position aus die SPÖ in die Wahlen gehen wird: von ganz links außen und zugleich von ganz rechts außen. Der Parteichef wird auf allen Positionen gleichzeitig sein und zugleich doch nicht sein; er wird sich noch ein weiteres Jahr so diffus und ambivalent äußern wie bisher, damit er (vermeintlich) keinen dieser Parteiteile verärgert.

Das heißt: Inhaltlich wird man von Christian Kern und seinen Kettenhunden Drozda, Schieder und Niedermühlbichler ein weiteres Jahr lang keinerlei Substanz, aber tagtäglich Hass und Jauche für den Koalitionspartner hören und sehen und riechen. Genauer gesagt nur für dessen zwei wählerattraktivste Politiker, also für Kurz und Sobotka. Die anderen sind egal.

Konsistent, glaubwürdig, regierungsfähig sieht freilich anders aus. Aber die Spin-Doctoren der Partei wollen es so. Ich kann es mir zwar nicht vorstellen, aber vielleicht kommt das am Ende des Tages doch bei einem halbwegs ausreichenden Teil der Wähler an, sodass dann die so innig erhoffte Koalition Rot-Grün-Pink stattfinden kann. Allerdings sind auch die beiden von der SPÖ ganz offen erhofften Partner derzeit recht fußmarod.

Vor allem für die Neos könnte die Ankündigung der SPÖ, sie seien deren Wunschpartner, sogar der Todeskuss gewesen sein. Denn es ist kaum noch vorstellbar, dass sich vier Prozent der Wähler finden werden, die einerseits die an sich schon etwas unausgegorene Neos-Mischung aus neoliberal und linksliberal wählen wollen, die aber andererseits auch akzeptieren, dass mit ihrer Stimme ein SPÖ-Bundeskanzler mit seinem diffusen „soziale-Gerechtigkeits“-Geschwätz ermöglicht wird.

Wenn sich‘s nicht ausgeht, wird es umgekehrt mit hoher Wahrscheinlichkeit Blau-Schwarz oder Schwarz-Blau sein. Was, wie Graz und Oberösterreich zeigen, ja durchaus funktionierende Modelle sein können. Wogegen nur außenpolitisch die absurde Liebe der Blauen für den russischen Diktator spricht, sowie die allzu enge Partnerschaft mit Parteien, welche die EU auflösen wollen. Und bei der ÖVP ihr mangelnder Durchsetzungswille gegenüber Gewerkschaft&Co.

Die SPÖ will also die Grünen links überholen und die FPÖ rechts. Für Rechtsaußen hält man sich Verteidigungsminister Doskozil samt dessen burgenländischen Landeshauptmann, der ja auf dem relativ höchsten SPÖ-Wahlerfolg sitzt. Für Linksaußen hat jetzt hingegen der Wiener Bürgermeister Häupl seine Drohung wahrgemacht, trotz lautstarker Rücktrittsaufforderungen aus den eigenen Reihen in allen Ämtern zu bleiben. Er steht damit weiterhin an der Spitze jener Landesorganisation, von der sich die SPÖ auch künftig die absolut meisten Stimmen erhofft. Auch wenn es deutlich weniger als in der Vergangenheit sein werden.

Häupls Selbst-Nachfolge ist freilich nur Notlösung in höchster Not, da der Mann keinen Nachfolger hochkommen hat lassen. Die Partei steht vor allem in Wien vor dem Zerreißen. Mangels einer sonderlich präsenten Opposition zerfleischt man sich gegenseitig.

Und den eigenen Bundesparteichef. Der zwischen den Fronten und Extremen steht und zuletzt einen besonders jämmerlichen Eindruck gemacht hat:

  • Da zwingt ihn zuerst der Verteidigungsminister mit einem nicht abgesprochenen Vorstoß, der eigentlich wie immer die ÖVP treffen hätte sollen, einen Brief nach Brüssel zu schreiben, dass Österreich doch nicht die von Kern selbst zugesagte Übernahme illegaler Migranten aus Afrika realisieren will.
  • Da wagt Kern nicht Doskozil zur Ordnung zu rufen.
  • Da kreuzt er zugleich mit dem Schreiben des Briefes hinter dem Rücken die Finger und meint: Sollte jedoch Brüssel meinen, wir müssen, dann müssen wir halt.
  • Und da konterkariert wiederum sofort Häupl von Linksaußen das Spiel, noch bevor sich Brüssel geäußert hat, indem er salopp verspricht, die übernommenen Migranten problemlos allein in Ottakring unterzubringen.

Womit sich die nicht gerade an Ausländermangel leidenden Ottakringer freuen dürfen. Womit das ganze Spiel endgültig zur Farce geworden ist, oder wie es der Landwirtschaftsminister sagt: zum Kasperltheater.

Zugegeben: Chef der SPÖ ist heute wohl der schwierigste und undankbarste Job des Landes geworden – selbst wenn dieser Chef kein politischer Anfänger wäre. Der Job ist inzwischen sogar schwieriger als jener des ÖVP-Bundesparteiobmanns; dieser weiß wenigstens, wann er zu weichen hat, nämlich ab Fixierung des Wahltermins.

Aber dieser SPÖ-Chef kann nicht einmal abtreten. Er muss nicht nur den europaweiten Sinkflug der Sozialdemokratie mitanschauen. Er muss auch drei völlig auseinanderlaufende Parteiflügel zusammenhalten:

  1. Die autochthonen Arbeiter, Eisenbahner und Gemeindebeamten. Das ist eine zwar noch immer große, aber rasch schrumpfende Masse. Sie haben in ihrer großen Mehrheit überhaupt kein Verständnis mehr für Massenzuwanderung, Islamisierung und Welcome-Euphorie. Sie sind sehr FPÖ-anfällig.
  2. Die wachsende Zahl von Migranten mit österreichischem Pass, auf welche die Partei für die Zukunft setzt. Bei ihnen wittert die SPÖ jedoch immer und wohl zu Recht die Gefahr, dass sie eine eigene Türken- oder Migrantenpartei gründen könnten.
  3. Der ideologisch sehr weit links stehende Gutmenschflügel. Er ist öffentlich lautstark, aber quantitativ dünn ist. Das sind vor allem großstädtische Szenen, Studenten, Schwulenlobbys, ORF- und Medienmitarbeiter, Caritas-Funktionäre. Sie wären fast alle emotional lieber bei den Grünen, sehen aber bei der SPÖ die Vorteile der Macht und der zu vergebenden Ämter und Subventionsgelder.

Wie soll man das zusammenhalten und dann noch Wähler aus der restlichen Masse anlocken können? Ständige Diffamierung der anderen Parteien und Kriminalisierung nach französischem Muster mit Hilfe willfähriger Staatsanwälte werden da wohl auch nicht genug sein.

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