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Wenig Zweifel, dass die Verurteilung von vier Kärntner BZÖ-Politikern in Ordnung geht. Wenig Zweifel, dass der schon eingeleitete nächste Prozess gegen Ex-Landeshauptmann Dörfler noch viel spannender werden wird. Aber auch keine Zweifel, dass diese Verurteilung stärker denn je eine skandalöse Schlagseite, Einseitigkeit und Obrigkeitshörigkeit der österreichischen Justiz beweist.
Die Vier wurden wegen einer einst auf Kärntner Landeskosten erstellten Broschüre zu Geld- und bedingten Haftstrafen verurteilt, weil diese Broschüre – so der Gutachter – zu 85 Prozent Werbewert für das BZÖ und praktisch keinen für die vorgeblich damit bedienten Landesgesellschaften hatte. Dörfler wird später noch einmal vor Gericht gestellt, weil bei Auftragsvergaben (vor allem bei Straßenbauten) von oben in die Ausschreibung eingegriffen worden ist. Das hat sich im Broschüren-Prozess herausgestellt; jetzt werden die rund 1000 Vergaben Dörflers nachgeprüft. Das dürfte dann sogar zu einer echten Haftstrafe führen.
Nichts an dem Prozess scheint unkorrekt gewesen zu sein – außer dass er überhaupt stattgefunden hat, während er gegen hunderte andere Landes- und Stadträte nicht stattfindet. Was eine Fülle von schmerzhaften Fragen aufwirft:
Ganz Österreich weiß die Antworten auf diese Fragen. Und diese Antworten sind schuld daran, dass die Bürger sich in den letzten 70 Jahren noch nie geistig so weit weg von diesem Staat entfernt haben, so voller Verachtung auf die Republik. An dieser dramatischen Entwicklung ändert auch der Versuch nichts, die Loyalität dieser Bürger mit immer schärferen Strafgesetzen zu erzwingen, die sich jetzt sogar schon anmaßen, die – wörtlich! – „Gesinnung“ der Menschen zum Objekt des Strafrichters zu machen.
Bei allem Respekt für manchmal schwierig zu beurteilende Rechtsfragen: Wenn die Bürger so eindeutig das Gefühl bekommen haben, dass die Parteien der Macht alles straflos tun dürfen, dass man hingegen Oppositionsparteien konsequent und mit aller Härte verfolgt – siehe auch die Justizkabalen gegen Peter Westenthaler und gegen Karl-Heinz Grasser – dann geht es da um viel mehr als eine bloße Rechtsfrage. Dann geht es da auch um mehr als überforderte oder schlagseitige Staatsanwälte und Justizminister.
Dann sind vielmehr die zentralen Fundamente von Rechtsstaat und Demokratie zerstört. Deren wichtigstes ist die Gleichbehandlung von Regierung und Opposition.
Dann wird man immer öfter an die Zeit vor 1848 erinnert, als erst eine große Revolution das Metternichsche Einschüchterungssystem beenden konnte.
Das Entsetzen des Österreichers über diese Entwicklung der Strafjustiz wird auch um keinen Millimeter gemildert, wenn er ähnliche Dinge im Ausland beobachten kann. Wenn etwa die Justiz der französischen Linksregierung sowohl gegen die rechtspopulistische Präsidentschaftskandidatin Le Pen wie auch gegen den Konservativen Fillon wegen zumindest zum Teil lächerlicher Vorwürfe vorgeht, um den linken Kandidaten in die Pole-Position zu bringen. Oder wenn die spanische Justiz den ehemaligen katalonischen Premier wegen der Durchführung einer Volksbefragung verurteilt. Oder wenn der Niederländer Wilders vor Gericht geschleppt wird.
Immer trifft es die Opposition. Und immer bleibt die Macht außen vor. Selbst wenn die Beweise erdrückend sind.
PS: Mini-Groteske am Rande: Jene Wiener Zeitung, die wohl nur durch die rote Inseratenflut vor dem endgültigen Kollaps gerettet werden konnte, hat jetzt eine Frontalattacke auf den Gewerkschaftsbund gestartet. Ganz „zufällig“ hat nämlich die Gewerkschaft hinter den Kulissen ihr Veto gegen das von der subventionsfreudigen und offenbar geldstrotzenden Koalition geplante Gesetz eingelegt, künftig auch den Gratiszeitungen Presseförderung zukommen zu lassen.
So wie die Ungleichbehandlung von Regierung und Opposition die Glaubwürdigkeit der Justiz zertrümmert, so wird die Glaubwürdigkeit eines Mediums – freilich nur, falls noch vorhanden – zertrümmert, wenn es erkennbar im ökonomischen Eigeninteresse Attacken in ganz anderem Zusammenhang reitet. Diese Folge tritt selbst dann ein, wenn der Inhalt dieser Kampagne (die ÖGB-Schikanen gegen Unternehmer) legitim sein sollte.