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"Bitte, wählt nicht mehr die ÖVP!"

In den letzten Tagen ist die gemeinsame Geheimstrategie hinter dem Verhalten der Herrn Karas, Mitterlehner und Brandstetter unverkennbar geworden. Sie alle richten den eindringlichen, wenn auch indirekten Appell an die bisherigen ÖVP-Wähler: Bitte nicht mehr diese Partei zu wählen! Wir machen sie bewusst für alle ÖVP-Wähler unwählbar (mit nachträglicher Ergänzung).

Insbesondere Othmar Karas verbreitet diese Botschaft mit großer Inbrunst. Anders ist es gar nicht erklärbar, dass er öffentlich und aggressiv via Twitter gegen die wichtigste ÖVP-Initiative der letzten Tage polemisiert. Deren Inhalt ist der Versuch, Familienbeihilfen nur entsprechend der Höhe der jeweiligen Lebenshaltungskosten im Aufenthaltsland eines Kindes auszuzahlen, also nicht mehr für alle EU-Länder gleich.

Gewiss kann man sich da besorgt fragen, ob das die EU-Kommission in ihrem selbstmörderischen Zentralisierungs-, Vereinheitlichungs- und Europa-möglichst-rasch-noch-mehr-unpopulär-machen-Wahn nicht verhindern wird. Allerdings klingt das Gutachten des prominenten Sozialrechtlers Wolfgang Mazal recht substanziell und fundiert, demzufolge das sehr wohl möglich sei. Überdies haben alle EU-Staaten England vor dem Brexit-Referendum zugesichert, dass die Briten haargenau die gleiche Regelung haben dürfen. Soll das nun dem kleinen Österreich verweigert werden? Oder soll dieses gar mit einem Öxit drohen, um das Gleiche zu erreichen?

Wie auch immer es rechtlich am Ende des Tages aussehen wird: Es ist jedenfalls mit absoluter Sicherheit ein völlig falsches Verständnis von der Aufgabe eines österreichischen EU-Parlamentariers, jetzt öffentlich, massiv und aggressiv gegen die Interessen Österreichs und seiner Steuerzahler zu stänkern. Dieses Verhalten wird geradezu unfassbar, wenn es sich noch dazu gegen ein Projekt richtet, das vor allem von der eigenen Partei dieses EU-Abgeordneten verfochten wird.

Auch wenn Karas persönlich frustriert sein mag, weil ihn die ÖVP nicht für andere Funktionen vorgeschlagen hat: Sein jetziges Verhalten kann nur noch als Aufforderung interpretiert werden, nicht mehr jene Partei zu wählen, die einen solchen Politiker aufstellt.

Freilich ist im Falle Karas sowieso durchaus fraglich, ob die ÖVP überhaupt noch seine Partei ist. Hat sich der Mann doch zuletzt mit einer solchen Vehemenz für den Grünen Van der Bellen ins Zeug geworfen, wie er es noch nie für einen Schwarzen getan hat.

Angesichts eines solchen Charakters beginnt man sogar den einstigen Versuch der ÖVP zu verstehen, an seiner Stelle einen anderen Spitzenkandidaten fürs EU-Parlament aufzustellen. Diese Einschätzung ändert nichts daran, dass es ein absoluter Wahnsinn gewesen ist, diesem anderen Kandidaten (Ernst Strasser) zu erlauben, gleichzeitig zu seinem Mandat als bezahlter Lobbyist tätig zu bleiben und viel Geld zu verdienen. Was Strasser ja schließlich auch zu Recht ins Gefängnis gebracht hat.

Mitterlehners Attacke auf die Staatsfinanzen

Wechseln wir zu Reinhold Mitterlehner. Dieser ist immerhin vom Verdacht frei, insgeheim schon bei einer anderen Partei gelandet zu sein. Aber dennoch machen seine letzten Aktionen klar, dass er – bewusst oder auch nur aus politischer Dummheit – ganz gezielt sowohl die wirtschaftsliberalen wie auch die wertkonservativen ÖVP-Wähler vertreibt. Offenbar glaubt er, mit Kammer- und Bauernbundfunktionären alleine auszukommen.

Für alle anderen ist jedenfalls seine begeisterte Mittäterrolle bei der Beschäftigungsbonus-Idee seines SPÖ-Gegenübers Kern absolut unverständlich (die noch dazu eigentlich in Mitterlehners eigenen Kompetenzbereich ressortiert …). Denn so richtig und wichtig und dringend eine Senkung der Lohnnebenkosten an sich auch ist, so völlig falsch ist das Wie des nunmehrigen Bonus-Projekts.

Dieses Projekt bedeutet nämlich

  • die Schaffung einer neuen Bürokratie,
  • das Gegenteil der notwendigen Deregulierung,
  • die Förderung von absurden Umgehungskonstruktionen,
  • die Gefährdung vieler bestehender Jobs (weil sich ja unweigerlich kostenbewusste Auftraggeber dorthin wenden werden, wo eine Produktion oder Dienstleistung durch den Bonus billiger ist, was etliche nicht geförderte Anbieter in den Konkurs treiben wird),
  • das Entstehen von eventuellen Rückzahlungspflichten bei den geförderten Unternehmen wegen durchaus möglichen späteren Verboten durch die EU,
  • und Kosten von zwei Milliarden (wobei ursprüngliche Berechnungen sogar drei Milliarden ergeben haben und bis heute eigentlich völlig unklar ist, wie dieses Herunterrechnen genau gehen soll), ohne dass es auch nur eine einzige Idee der Finanzierung gibt.

Dies alles ist für eine Partei, welche einst die Hüterin der Staatsfinanzen gewesen ist, welche rhetorisch immer für mehr Markt statt Regulierung eingetreten ist, absolut selbstmörderisch. Es ist überdies nur noch peinlich und lächerlich, wenn sich Mitterlehner mit der Behauptung verteidigt, dass sich dieser Bonus ohnedies selbst finanzieren würde. Er fand bisher nicht einmal einen einzigen der (eigentlich durch Regierungsaufträge ohnedies immer gut „steuerbaren“) Wirtschaftsforscher, der diese These unterstützen würde.

Das ganze Projekt ist verantwortungslos und populistischer als alles, was man oft zu Recht der FPÖ vorhält.

Neue Belastungen für die Bürger

Der nächste Punkt, der als Folge des neuen von Kern und Mitterlehner ausgeschnapsten „Arbeitsprogramms“ jeden ÖVP-Wähler (bis auf die aus der Landwirtschaft) empören muss, ist – vorerst – in der Öffentlichkeit total untergegangen. Das sind neue Belastungen für die Bürger. Damit verstößt die Koalition und vor allem die ÖVP neuerlich gegen alle anderslautenden Schwüre und Behauptungen. Diese neue Belastung ist aber von der Öffentlichkeit noch gar nicht entdeckt worden, weil sie mit dem unverständlichen Ausdruck „Technologieabfindungsbeitrag“ getarnt worden ist.

Dieser Beitrag, so steht versteckt im Programm, soll von den „Endverbrauchern“ – auf Deutsch: den Stromkonsumenten in Haushalten und Wirtschaft – bezahlt werden. Er wird von der Regierung selbst auf 120 Millionen geschätzt (die diesbezügliche Formulierung im „Arbeitsprogramm“ ist überdies so verwaschen, dass man fast als sicher annehmen kann, dass das Ganze mehr als 120 Millionen kosten wird). Wie zum Hohn steht im Papier dazu: Daraus „ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen auf den Bund, die Länder, die Gemeinden“. Eh nicht, dafür halt auf die Bürger umso mehr …

Inhaltlich geht es dabei um das Ausbaden einer früheren Fehlentscheidung der Koalition: um die Biogasanlagen, die wieder geschlossen werden müssen, weil sie trotz hoher Förderung nicht rentabel betrieben werden können. Mit wie vielen Lorbeeren durch Politik, Medien, die gesamte Grün-, Raiffeisen- und Agrarszene waren sie doch einst befeiert worden! Heute: schrottreif. Oder wie es der Ökonom Peter Brandner pointiert formuliert: „Gescheiterte Förderung mit Förderung beseitigen.“

Wieder zeigt sich das, was Mitterlehner schon vor zwei Jahren beim Steuerpaket zu verantworten gehabt hat: Am Schluss kommt bei den Bürgern immer ein Belastungspaket an …

"Durchmischung" - wie im Kommunismus

Mitterlehner reitet aber auch ganz abseits des Arbeitsprogramms einen Frontalangriff auf alle Wertkonservativen, auf alle Familien- und Leistungsorientierten, auf alle an einem Aufschwung der Universitäten Interessierten (also damit insbesondere auch auf die Wirtschaft). Dabei ist dieser Angriff nicht einmal vom Koalitionspartner verlangt worden.

Er besteht in Mitterlehners Ankündigung einer Strategie zur „sozialen Durchmischung“ der Hochschulen. Für diese ist Mitterlehner im Viertberuf (neben Vizekanzler, Parteiobmann und Wirtschaftsminister) ja nämlich zu deren Bedauern ebenfalls zuständig.

Diese so harmlos klingende Überschrift bedeutet nämlich ganz eindeutig: Wann immer eine Staatsmacht die „Soziale Durchmischung“ im Bildungssystem angekündigt hat, hat das am Ende immer eine Niveausenkung, eine Nivellierung nach unten bedeutet. Das ist auch gar nicht anders möglich, wie auch immer eine solche „Durchmischung“ technisch angegangen wird.

Eigentlich sollte es absolute Priorität eines Wissenschaftsministers sein, das Niveau der österreichischen Universitäten zu heben. Vor allem, weil diese bei fast allen internationalen Rankings absolut blamabel abschneiden – aus einer ganzen Reihe von Gründen, aber sicher nicht wegen einer angeblich fehlenden Durchmischung.

Wer – in absoluten oder relativen Zahlen – mehr „bildungsferne“ Menschen an die Unis bringen will, muss die Anforderungen jedoch senken. Tertium non datur. Eine dritte Möglichkeit gibt es nicht. Das ist ein klassisch sozialistisches Konzept – mit dem linke Politiker noch jedes Bildungssystem im In- wie im Ausland nachhaltig beschädigt haben.

Es ist daher nur noch traurig, wenn das auch ein ÖVP-Minister aus eigenem plant. Wenn er nicht begreift, dass der relativ hohe Anteil von Kindern bildungsorientierter Eltern an höheren Schulen und Universitäten kein Zufall, kein Privileg und auch kein Machtmissbrauch ist. Er ist vielmehr logische Folge der Tatsache,

  • dass in solchen Familien viel mehr Bücher vorhanden sind und gelesen werden,
  • dass dort schon mit Vorschulkindern Millionen mehr Wörter gesprochen werden als in bildungsfernen Familien,
  • dass dort im Urlaub viel öfter kulturorientierte Ziele oder gar Museen angesteuert werden,
  • dass am Esstisch auch Themen besprochen werden, die über das letzte Fußballergebnis hinausgehen,
  • dass in solchen Familien hochdeutsch gesprochen wird,
  • dass solche Eltern ihre Kinder viel öfter auf ein Jahr ins Ausland schicken (auch wenn es finanziell für sie nicht leicht ist),
  • dass in solchen Familien Leistung und Anstrengung viel öfter von den Eltern vorgelebtes Modell sind,
  • dass überdies die Genetik sagt, Intelligenz werde in hohem Ausmaß vererbt.

Mitterlehner ist das alles wurscht. Unterschiede werden niedergebügelt. Wie im Kommunismus. Wo auch oberste Aufgabe der Unis war, Arbeiter- und Bauernkinder anstelle der Bürgerkinder als Studenten zu haben. Denn wenn er glauben würde, dass die Arbeiter- und Bauernkinder ungerecht diskriminiert werden, gibt es nur einen gerechten Weg: Strenge Aufnahmeprüfungen VOR jedem Studium. Nur so könnten die angeblich zu Unrecht an die Unis strömenden Bürgerkinder abgehalten werden.

Der Mann ergänzt dieses ursozialistische Vorhaben in seiner Ankündigung auch noch mit weiteren schlimmen Wünschen:

  1. Die Matura soll noch bedeutungsloser werden; denn der Minister will statt dessen den „nicht-traditionellen“ Hochschulzugang fördern.
  2. Besonders stark steigen soll die Zahl der Studenten mit Migrationshintergrund – weil (nur) Mitterlehner weiß, dass die von der Regierung nach Österreich hereingeholten Migranten besonders bildungsorientiert und begabt sind.
  3. Jene Studenten, deren Eltern getrennt leben, sollen mehr als die anderen gefördert werden. Das ist besonders skandalös. Und zwar keineswegs nur, weil auch das zu Umgehungskonstruktionen verleitet, wo Eltern halt pro forma getrennt leben. Das ist auch verfassungs- weil gleichheitswidrig. Damit verbreitet der Chef der einst wertkonservativen und familienorientierten Partei vor allem ein völlig konträres Menschenbild zu dem seiner Wähler. Diesem Mitterlehner-Plan zufolge erscheinen intakte Familien als etwas Minderwertiges, das benachteiligt werden muss. Oder begreift er am Ende nicht einmal, dass eine Förderung einer Teilgruppe immer eine Benachteiligung aller anderen bedeuten muss, weil ihnen die – ja immer – knappen Mittel nicht im gleichen Maß zufließen?
  4. Am allerschlimmsten aber ist, dass Mitterlehner auch in die Geschlechter-Relationen in den einzelnen Studienrichtungen eingreifen will. Überall soll jedes Geschlecht mindestens 30 Prozent ausmachen. Alle Studienrichtungen, wo das nicht der Fall ist, will er finanziell bestrafen.

Was bitte, geht das eigentlich die Politik an? Wo gibt es da ein schutzwürdiges Interesse? Was hat das noch dazu bei einer Partei verloren, die einst für Freiheit und Wahlfreiheit gestanden ist, die einst gewusst hat, dass Männer und Frauen (im Durchschnitt einer Gauß'schen Verteilung) verschieden sind, dass sie verschiedene Interessen, Ziele und Wünsche haben? Was sich eben auch in der freien Wahl unterschiedlicher Studienrichtungen zeigt. Was auch schon durch viele psychologische Studien bei Kleinstkindern bewiesen worden ist. Was sich auch an den völlig unterschiedlichen Ergebnissen etwa der Medizin-Aufnahmeprüfungen oder Pisatests zeigt (wo die Mädchen beim Lesen signifikant besser sind, die Buben hingegen in Mathematik und in den Naturwissenschaften).

Das ganze Durchmischungs-Projekt Mitterlehners ist übles Produkt einer sozialistisch-feministischen Weltsicht, die alle Menschen gleich machen will, die sich überall einmischt. Das hat hingegen weder mit liberal noch konservativ noch mit Universitäts- oder Familienförderung zu tun.

Die klare Folge: Entweder es wird zu massiven Tricksereien kommen. Etwa durch Scheininskriptionen oder durch unterschiedliche Vergabe von Noten je nach Geschlecht, wie es ja schon an vielen Schulen der Fall ist. Oder es werden künftig Studienrichtungen wie Maschinenbau oder Elektrotechnik oder Physik oder Mathematik bestraft werden, weil das Männerdomänen sind. Und Kunstgeschichte, Pädagogik, Harfe oder Pferdewissenschaften, wo man fast nur Frauen findet.

Oder will Mitterlehner gar, dass bei technischen Studien männliche Studenten nicht mehr aufgenommen werden dürfen, wenn ihr Anteil mehr als 70 Prozent ausmacht? Als ob nicht die österreichische Wirtschaft noch mehr hochqualifizierte Absolventen gerade solcher Studien besonders benötigen würde (bei den typischen Frauenstudien ist allerdings der Bedarf der Gesellschaft deutlich geringer).

Das ist wirklich alles völlig absurd. Das ist auch deshalb völlig überflüssig, weil schon heute eine deutliche Mehrheit der Studenten weiblich ist.

Der neue Metternich im Justizministerium

Der Dritte in diesem Kleeblatt auf die eigenen Wähler abstoßend wirkender ÖVP-Männer ist Justizminister Wolfgang Brandstetter. Auch bei ihm ist jede einzelne Aktion sozialistisch-sozialtechnokratisch-obrigkeitsstaatlich geprägt. Liberal oder konservativ ist absolut nichts, was der Mann tut. Er orientiert sich vielmehr 200 Jahre zurück am totalitären Vormärz der Herren Metternich und Gentz.

Brandstetter hat sich jetzt ausgerechnet bei zwei rotgrünen Anliegen für eine Aufstockung der Staatsanwaltschaft entschlossen, obwohl ihm deren personelle Überforderung durch immer mehr Causen bisher völlig egal gewesen ist: Aber ausgerechnet für die beiden dubiosen linken Themen "Abfangjäger-Betrug" und „Bekämpfung der Hasskriminalität“ hat er gleich eilfertig neue Posten geschaffen.

Allein für die Verfolgung der Fälle, die bei der Denunziations-Hotline der SPÖ-Staatssekretärin Duzdar angezeigt werden, gibt es fünf neue Staatsanwälte. Damit verfolgt der Staat künftig mit voller Energie alle jene, die im Internet vielleicht einmal einen allzu kräftigen Ausdruck verwenden. Hingegen sind dem angeblich von der ÖVP gestellten Minister offensichtlich die Terrorismusbekämpfung, die ständige Zunahme der Gewalt, die skandalös lange Dauer von Wirtschaftsverfahren oder gar die eindeutig kriminelle Medienbestechung durch die Politik (vor allem das Wiener Rathaus) völlig egal.

Brandstetter ist aber auch Haupttäter bei zweimaligen Verschärfungen des Strafrechts, welche die Meinungsfreiheit knebeln und den in Österreich ohnedies exorbitanten Obrigkeitsstaat noch weiter ausbauen. Das erste Mal hat er das durch die deutliche Verschärfung des an George Orwell erinnernden Gummiparagraphen einer „Verhetzung“ getan. Diese kann in Österreich selbst dann zu Strafe führen, wenn sie mit keinerlei Gewalt oder Gewaltaufruf verbunden ist, sogar wenn ausschließlich Wahres behauptet wird. Diese führt nun zu immer mehr Verurteilungen wegen islamkritischer Äußerungen (gegen das Christentum kann offensichtlich ungehindert weiter gehetzt werden). Diese schützt aber nur die Gruppen der linken Correctness, nicht aber Priester, Bauern oder Unternehmer. Die einen sind in Brandstetters Welt halt gleicher.

Das zweite Mal tut dies Brandstetter nun durch eine weitere Strafrechtsnovelle. Er will auf Wunsch des SPÖ-Verkehrsministers einen besonderen Schutz von Schaffnern&Co gegen „tätliche Angriffe“ schaffen. Um nicht missverstanden zu werden: Selbstverständlich sind die zu schützen; und selbstverständlich ist darauf zu reagieren, dass die Massenmigration ganz offensichtlich die Fälle deutlich erhöht hat, die zu bestrafen wären. Nur: Es gibt absolut keinen Grund, dass der Staat – ÖBB wie Wiener Linien sind de facto der Staat – kasuistisch seine eigenen Leute besonders schützt. Warum genießen nicht auch die normalen Steuerzahler den gleichen Schutz des Strafrechts gegen tätliche Angriffe? Nach der gleichen Logik müsste ja auch der Mord an einem gewöhnlichen Menschen viel milder bestraft werden. Da schafft Brandstetter eine skandalöse Klassengesellschaft, die da geschaffen wird. Wieder gibt es welche, die die gleicheren auf der Farm der Tiere sind.

Eine ganz ähnlich unerträgliche Obrigkeitsstaats-Gesinnung atmet auch aus der geplanten Bestrafung „staatsfeindlicher Bewegungen“. Wieder gilt es Missverständnisse auszuschließen: Es ist durchaus legitim, dass bestraft wird, wer die Vollziehung von Gesetzen zu verhindern versucht (auch wenn im Gesetzestext ein sprachliches Hoppala formuliert ist: Denn es soll bestraft werden, wer „auf gesetzwidrige Weise die Vollziehung von Gesetzen“ verhindert; als ob eine solche Verhinderung nicht immer gesetzwidrig wäre). Nur ist es ein übler Geßlerhut, wenn im Gesetzestext auch die „Gesinnung“ als Voraussetzung der Strafbarkeit angesprochen wird. Das gleich gilt für die Pönalisierung der „Nicht-Anerkennung“ irgendwelcher staatlicher „Organe“. Als ob es den Staat irgendetwas angeht, welche Gesinnungen die Menschen haben, oder wen sie geistig "anerkennen". In einem wirklichen Rechtsstaat dürfte das Strafrecht immer nur Taten verfolgen, keine geistigen Positionen. Wer wieder Gesinnungen zum Objekt der Strafjustiz macht, will die Rückkehr zu einem Metternich-Staat.

Beide von Brandstetter vorgeschlagenen Paragraphen sind – weitere – Kapitalverbrechen wider die Meinungsfreiheit. Er versteht es einfach nicht, zwischen Taten, die zur Strafbarkeit führen können, und „Gesinnungen“ oder ähnlichem zu unterscheiden, die den Staat einen feuchten Dreck angehen.

Viel Licht und viel Schatten bei den übrigen VP-Ministern

So widerlich für jeden Konservativen und jeden Liberalen diese hier skizzierten Aktionen dreier ÖVP-Spitzenpolitiker sind, so sehr muss zugleich der Gerechtigkeit willen festgehalten werden, dass die Minister Kurz und Sobotka das weitaus Beste, Klügste und Mutigste sind, was man in dieser Regierung findet. Aber auch Minister Rupprechter hat zuletzt einen besseren Eindruck gemacht als früher. Fast hätte ich ihm auch Familienministerin Karmasin an die Seite gestellt, wäre nicht in den letzten Tagen die ungeheuerliche Förderung eines neuen Sexkoffers für Schüler durch sie bekannt geworden. Dieser propagiert nicht nur seltsame Sex-Spielzeuge, sondern auch alle Arten von sexuellen Aktivitäten wie „lesbisch, schwul, bisexuell, transgender, intersexuell, transident oder queer“ als gleichwertiges Angebot neben der Heterosexualität, das den Schülern nun zur Auswahl vorgelegt wird.

Eigentlich müssten auch Finanzminister Schelling und Staatssekretär Mahrer in die Liste der jammervollen ÖVP-Politiker aufgenommen werden. Daran ändert die Ausrede wenig, dass sie bei all ihren Fehlern meist koalitionärem Druck oder dem eigenen Parteichef nachgegeben haben. Das entschuldigt vor allem einen Finanzminister nicht. Er ist selbst und höchstpersönlich für die Staatsfinanzen verantwortlich. Er hat selbst ein Vetorecht gegen absolut jeden Beschluss der Regierung. Wer diese Kompetenz nicht energisch im Interesse der Staatsfinanzen und Steuerzahler einsetzt, ist schlicht ein schlechter Finanzminister. Der ist feige oder opportunistisch oder – in Hinblick auf seine jeweils ganz anderslautenden Reden – verlogen.

Die persönliche Verantwortung eines Finanzministers kann gegen seinen Willen nur durch einen Hinauswurf aus der Regierung beendet werden. Und für diesen - extrem unwahrscheinlichen - Fall wäre die Folge völlig klar: Schelling würde zum Helden der Nation.

Was noch viel wichtiger ist: Er könnte sich auch morgen noch in den Spiegel schauen. Das können die oben genannten ÖVP-Politiker allesamt nicht mehr. Oder höchstens in einen rotgrün gefärbten.

PS: Die nach langem Kampf gegen ihre Krankheit nun gestorbene Gesundheitsministerin gehört nicht in die Reihe der hier aufgelisteten ÖVP-Minister. Sie war aber in der SPÖ-Hälfte der Regierung zweifellos eine der positivsten Erscheinungen. Sachlich, ruhig und nicht ideologisch. Dennoch darf man auch in diesen Stunden nicht verschweigen: Das Gesundheitsministerium ist das weitaus unwichtigste  der ganzen Regierung. Nicht dass das Gesundheitswesen unwichtig wäre. Ganz und gar nicht. Aber in diesem sind die Länder und Gemeinden, Sozialpartner und selbst der Sozialminister weitaus wichtiger und mächtiger. Was schade ist, aber was nicht schamhaft verschwiegen werden darf. Und auch Oberhauser hat es nie gewagt, die einzigen beiden Dinge beim Namen zu nennen, die das Gesundheitssystem sanieren können: Das sind echter Wettbewerb zwischen den Kassen (also Versicherungspflicht statt Pflichtversicherung) und mehr Eigenverantwortung der Patienten (also Selbstbehalte).

(Nachträgliche Ergänzung: Auf Mitterlehners Sündenkonto sollte man auch noch sein absolutes Schweigen zum Verlust der "Weltkulturerbe"-Auszeichnung für Wien wegen des Hochhausprojektes neben dem Konzerthaus hinzufügen. Denn selbst wenn er diesen Bau juristisch wahrscheinlich nicht verhindern kann, hätte er als für den Tourismus zuständiger Minister unbedingt die Pflicht, dagegen wenigstens laut zu protestieren.)

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