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Rings um Europa toben mehr Konflikte denn seit langem. Gleichzeitig steckt die EU selbst in der schlimmsten Krise ihrer Existenz – die in Wahrheit sogar eine vierfache Krise ist. Das ist eine ziemlich bedrückende Bilanz, wenn man einen Ausblick auf das bevorstehende Jahr zu ziehen versucht. Diese Bilanz wird auch durch den Hinweis nicht heller, dass zugleich auch in fast allen 28 EU-Mitgliedsstaaten die interne politische Stabilität geringer geworden ist.
Manche meinen freilich: „Was hilft das ewige Jammern? Seien wir doch optimistisch. Europa ist doch eine so schöne Idee! Glauben wir an sie!“ Nun, es ist richtig, Jammern hilft an sich gar nichts, und Europa wäre in der Tat eine der schönsten Ideen der Geschichte.
Aber ebenso ist klar: Ohne eine eindeutige und schonungslose Analyse des Ist-Zustandes kann es keine Hoffnung auf eine Besserung und Rettung nicht nur der Idee, sondern der europäischen Identität als Ganzes geben. Es gibt ja auch keinen seriösen Arzt, der eine Therapie empfiehlt, ohne vorher eine genaue Diagnose angestellt zu haben.
Außerdem beinhaltet gerade auch auf EU-Ebene eine ehrliche Diagnose zugleich immer schon Indizien, wie eine zielführende Therapie ausschauen müsste.
Spätestens die Eskalation der Lage in Italien hat klargemacht, dass mit dem seit 2010 verfolgten Kurs der „Rettung“ krisengeschüttelter Länder – von der Rettung Griechenlands bis zur gegenwärtigen der italienischen Banken – der völlig falsche Weg eingeschlagen worden ist. Denn damit sind nicht nur eindeutige europäische Rechtsnormen brutal verletzt worden (von den Maastricht-Kriterien bis zu den Euro-Verträgen und bis zum Bailout-Verbot), damit ist also die wichtigste Grundlage des Rechtsstaats zertrümmert worden - der Glaube an die Einhaltung der Gesetze durch die Obrigkeit -, damit hat man vor allem die völlig falsche Botschaft vermittelt. An Länder, an Politiker, an gesellschaftliche Gruppen, an jeden einzelnen Europäer.
Ihnen wurde glasklar – wenn auch verbal durch Politikergeschwurbel verschleiert – vermittelt: Es gibt immer jemanden in Europa, der euch rettet; ihr braucht euch nicht wirklich selbst anzustrengen; Eigenverantwortung und Selbstdisziplin sind überholte Werte; ihr könnte so wie Griechenland, statt Schulden zurückzuzahlen, hinter dem Rücken der Gläubiger Weihnachtsgeschenke an die Wähler verteilen. Das zeigt: In dieser EU ist jedes Wissen um wirtschaftliche Zusammenhänge verloren gegangen. Im sektenartigen Irrglauben machttrunkener Politiker, sie könnten Ökonomien ohne Krisen schaffen, hat man eine Dauerkrise Europas ausgelöst.
In den letzten beiden Jahrzehnten hat in fast allen Ländern der EU eine Demontage der militärischen Sicherheitskapazitäten stattgefunden. Die Friedensdividende verleitete zum Vollrausch des Glaubens an eine konflikfreie Welt. Das hat mit der Abschaffung der Wehrpflicht in Deutschland den Höhepunkt erreicht. Zugleich gab es keinerlei Fortschritte beim Aufbau einer gemeinsamen europäischen Verteidigung. Vielmehr steht und fällt Europas Sicherheit blamablerweise noch immer mit der Nato – die aber mit Donald Trump ein völlig unsicherer Rückhalt geworden ist.
Während diese militärische Schwächung bisher für die einzelnen Bürger noch nicht augenscheinlich geworden ist, ist das bei einem anderen Teil der Sicherheit umso drastischer der Fall. Nämlich angesichts der völligen Hilflosigkeit der EU gegenüber der größten Völkerwanderung der Geschichte und gegenüber einer ständigen Eskalation des islamistischen Terrors.
Der EU fiel angesichts dieser Völkerwanderung nur Absurdes und Kontraproduktives ein:
Die EU hat in den letzten Jahren eine Fülle von Regulierungen beschlossen, die von den EU-Bürgern nur als schikanös empfunden werden können. So als ob Glühbirnen und Staubsauger der Zweck der europäischen Gründungsidee gewesen wären. Sie hat sich dabei insbesondere in völliger Verkennung der globalen Realitäten zum einsamen Vorkämpfer des Kampfes gegen – pardon: für Windmühlen gemacht, der geglaubt hat, durch skurrile Maßnahmen das Weltklima auch nur um ein Tausendstel Grad beeinflussen zu können.
In die Kommission sind in den letzten Jahren sehr viele vor allem grünbewegte Beamte aufgenommen worden, die von einer unglaublichen Regulierungslust angetrieben werden. Die aber auch gar nicht begründen könnten, wozu es sie überhaupt (zu guten Gehältern) gäbe, wenn sie nicht ständig neue Richtlinien, Verordnungen und Gerichtsverfahren initiieren würden.
In sämtlichen europäischen Gremien scheint das politische Personal schwächer denn je zu sein:
Diese Vierfachkrise tobt ausgerechnet in Zeiten, da Amerika wie Russland unberechenbarer denn seit langem geworden sind. Da seit Jahrzehnten erstmals wieder Grenzen europäischer Länder von außen mit militärischer Gewalt verändert worden sind. Da in der islamischen Welt eine Aggressivität aufkocht wie seit den Wiener Türkenbelagerungen nicht mehr.
Man fühlt sich sehr bange, wenn man diesem Europa viel Glück für 2017 zu wünschen versucht.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.