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Ein Sack voller giftiger Wahlkampfzuckerl

Irgendwie süß, wie Christian Kern jetzt glaubt, mit britischen und italienischen Rezepten, die Null Chance auf Realisierung haben, Stimmung machen zu können. Gar nicht süß hingegen, wie der SPÖ-Obmann eine Milliarden-Steuererhöhung plant, um noch mehr Sozialismus in Österreich zu realisieren. Völlig absurd, wenn Kern glaubt, mit einer Fülle an Umverteilungsideen in Zeiten wie diesen noch ernst genommen zu werden. Und absolut ungeheuerlich: Kern präsentiert Ideen – Wahzuckerl – im Ausmaß von 8,5 Milliarden (jährlich), aber keine einzige konkrete Einsparungsidee (obwohl er sechs Milliarden Einsparungen verspricht!).

Die einzige Gefahr: Solange in der Regierung die Herren Mitterlehner und Mahrer für die Volkspartei verhandeln, ist es durchaus nicht auszuschließen, dass doch etliches aus dem Kern'schen Giftcocktail verwirklicht wird. Die beiden werden ja bei jeder Entscheidung nur von einer einzigen Angst getrieben: Dass Kern in Neuwahlen flüchtet und sie beide daher vorzeitig ihre Ämter verlieren.

Darauf deutet auch hin, dass ÖVP-Generalsekretär Werner Amon gleich einmal eine „Fülle“ von Punkten erkannt haben will, die „morgen“ umgesetzt werden könnten. Offenbar will also auch die ÖVP unfinanzierte Wahlzuckerl verteilen. Und der Finanzminister wird nachher halt wieder sagen, dass er da eigentlich nicht dafür gewesen ist (wie beim Pensionisten-Hunderter).

Die Nummer Eins soll automatisch Kanzler werden

Eine besondere Blüte Kerns wird aber wohl auch bei der jetzigen ÖVP nicht durchgehen können: Das ist sein warmer Wunschtraum, dass nach italienischem Vorbild automatisch die relativ stimmenstärkste Partei nicht nur den Bundeskanzler stellt, sondern auch gleich einen kräftigen Mandatsbonus bekommt. Das kann selbst bei minimaler politischer Intelligenz ein Koalitionspartner niemals akzeptieren, der bei Umfragen nur an dritter Stelle steht.

Kern will mit einem solchen Wahlrecht ganz offensichtlich Stimmen von Grün und Pink zurückgewinnen. Denn deren Wähler könnten dann ja von der SPÖ mit dem Argument bearbeitet werden: "Ihr müsst unbedingt SPÖ wählen, sonst wird Strache automatisch Bundeskanzler!" (gleichsam der umgekehrte VdB-Effekt). Ansonsten macht diese seltsame Idee nämlich auch für die SPÖ überhaupt keinen Sinn: Denn zumindest derzeit wäre das ja eine absolute Garantie, dass H.C.Strache Bundeskanzler wird. Und eigentlich ist doch zu vermuten, dass das auch bei relativ wirren Gedankengängen in der SPÖ nicht unbedingt deren Hauptabsicht ist.

Amüsement wird wohl auch ein zweiter Kern-Vorschlag auslösen, und zwar in Brüssel. Nach britischem Vorbild verlangt er eine Begrenzung der Freiheit von EU-Bürgern aus anderen Mitgliedsländern, sich in Österreich einen Arbeitsplatz zu suchen. Das ist in der EU niemals durchbringbar, müssten doch alle 27 Länder zustimmen. Mit einem derartigen Versuch sind sowohl die Briten wie die Schweizer gescheitert. Ihnen wird fast tagtäglich entgegengeschleudert, dass die vier Freiheiten der absolut unverzichtbare Kern des Binnenmarkts seien, also auch die Personenfreizügigkeit.

Will Kern aus der EU austreten?

Was aber dann, wenn der Kern-Vorstoß, wie zu erwarten, nicht gelingt? Will Kern dann so wie die Briten aus der EU austreten? Oder will er nur billige demagogische Wahlparolen unters Volk bringen, die er dann nachher wieder vergisst? Und glaubt er, dass ein solches zynisches Vorgehen die Glaubwürdigkeit und Vertrauenswerte der Politik wieder heben wird?

Dabei ist Österreich zum Unterschied von Großbritannien ein Land, wo keine einzige Parlamentspartei aus der EU austreten will. Zu viele Menschen wissen, was für eine Katastrophe das für Österreich wäre. Das einzige, was Kern damit erreichen wird: Die bisher nur bei relativ wenigen Außenseitern vertretene Öxit-Stimmung wird enorm anschwellen, wenn diese Idee das unvermeidliche Scheitern erleidet. Ein Hasard-Spiel mit dem Feuer.

Noch absurder an diesem Kern-Vorschlag ist etwas Zweites: Der Mann sabotiert seit Amtsantritt alle Versuche von Außen- und Innenminister, den zehntausendfachen Zuzug von kulturfernen Afrikanern und Asiaten endlich effektiv mit konkreten Maßnahmen zu reduzieren. Er will aber sehr wohl den Zuzug von osteuropäischen EU-Bürgern bekämpfen, obwohl diese nicht teure Wohlfahrtsempfänger sind, sondern Enormes zu Österreichs Wohlstand beitragen. Sie verdrängen zwar die viel weniger qualifizierten und motivierten Türken, Serben oder Mazedonier, aber fast keine autochthonen Österreicher aus den Jobs.

Für solche Vorschläge hat sich Kern drei Wochen Auszeit genommen und einen sauteuren Dirty-Campaigning-Spezialisten für Demagogie engagiert. Warum eigentlich hat er sich nicht auch ein paar Stunden Zeit genommen, um über die Konsequenzen nachzudenken?

Der Rest ist Sozialismus aus der uralten Mottenkiste:

  1. Kern will die EU-Erlaubnis, noch mehr Schulden machen zu dürfen („Änderung des Stabilitätspaktes“) und begreift nicht, dass eine Schuldenbremse vor allem im Interesse der Österreicher selbst liegt und keineswegs ein Liebesdienst an die EU ist!
  2. Er verlangt eine Arbeitsplatzgarantie für alle Über-50-Jährigen (Folge: Noch mehr Schulden oder Steuern).
  3. Er verlangt einen Mindestlohn von 1500 Euro in allen Branchen (Folge: Noch mehr Arbeitslosigkeit und Abwanderung von Betrieben).
  4. Er verlangt, dass Firmen die Einkommen aller Mitarbeiter offenlegen müssen (Folge: Noch mehr Arbeitslosigkeit, Bürokratie und Abwanderung von Betrieben beziehungsweise Spitzenarbeitskräften).
  5. Er verlangt für die Privatwirtschaft eine Frauenquote von 40 Prozent in Aufsichtsräten (Folge: noch mehr Abwanderung von Betrieben oder Rückzug von Aktiengesellschaften aus der ohnedies schon darbenden Wiener Börse).
  6. Er verspricht 200.000 neue Jobs (Solche Versprechungen gibt fast jeder Politiker in jedem Wahlkampf. Und sie sind noch nie eingehalten worden. Was wieder eine Ursache des rapiden Vertrauensverlustes in die politische Klasse ist).
  7. Er verlangt eine Erbschafts- und Schenkungssteuer (eine sozialistische Uraltforderung, die zum Abzug von großen Vermögen aus Österreich führen würde. Der schlichte Reinhold Mitterlehner hat bei der letzten Steuerreform mit seinem viele schwarze Wähler verärgernden Nachgeben bei Grunderwerbssteuer, Registrierkassenpflicht & Co noch geglaubt, diese Forderung endgültig abgewehrt zu haben – sonst hätte er in der ÖVP diese Reform gar nicht durchgebracht).
  8. Er verlangt eine Streichung des Eigenregresses bei den Pflegekosten sowie eine Valorisierung des Pflegegeldes (Folge: Noch mehr Schulden oder Steuern, sowie eine neue Diskriminierung von Familien und Kindern, weil Kern im Gegensatz dazu die Familienbeihilfe nicht valorisieren will).
  9. Er verlangt eine Wertschöpfungsabgabe (Folge: Noch mehr Arbeitslosigkeit und Abwanderung von Betrieben).
  10. Er verlangt höhere Energiesteuern (Folge: Noch mehr Arbeitslosigkeit und Abwanderung von Betrieben).
  11. Er verlangt eine Strafsteuer auf ins Ausland verschobene Gewinne (klingt gut, aber mit einem solchen Vorhaben sind bisher schon größere Länder gescheitert).
  12. Er verlangt die Einführung von Schutzzöllen (und übernimmt damit ausgerechnet die dümmste von vielen guten Ideen Donald Trumps. Diese Idee ist seit dem 18. Jahrhundert – mit dem französischen Merkantilismus – immer wieder versucht worden, hat aber noch nie funktioniert, weil sie sofort zu Vergeltungsmaßnahmen führt. Außerdem weiß der Ex-Eisenbahner offenbar nicht, dass Außenzölle schon seit Jahrzehnten ausschließlich eine EU-Kompetenz sind).
  13. Er verlangt eine Studienplatzfinanzierung (was ohne strikte Limitierung der Studentenzahlen und damit verbundene allgemeine Uni-Aufnahmsprüfungen zu einer Budgetexplosion führen muss).
  14. Er verlangt eine Erhöhung der Forschungsquote um eine Dimension, die dem gesamten Bundesheer-Budget entspricht, wovon ein Drittel vom Staat kommen soll (Folge: Noch mehr Schulden oder Steuern).
  15. Er verlangt einen Kindergartenplatz ab dem ersten Lebensjahr (Das ist kinder- und familienfeindlich und hat gleichzeitig die übliche Folge fast aller Kern-Vorschläge: Noch mehr Schulden oder Steuern).
  16. Der Beitrag der Arbeitgeber zum Familienlastenausgleichsfonds soll halbiert werden (Was die WKO freuen wird, was aber zugleich eine weitere massive Attacke auf die Familien darstellt).
  17. Bei Privatkonkursen soll die Mindestquote – ohnedies nur zehn Prozent – gänzlich fallen (was unweigerlich noch leichtfertigeres Schuldenmachen auf Kosten des Handels auslösen wird).
  18. Er verspricht Lehrlingen einen Gratis-Führerschein und vier Wochen Gratissprachreisen (dieses Wahlzuckerl wäre gegenüber Schülern diskriminierend - aber die haben halt nicht den ÖGB hinter sich - und hätte die übliche Folge: Noch mehr Schulden oder Steuern).
  19. Er verlangt die volle Schwulen-Ehe (ein weiteres klares Signal nach links außen).
  20. Er verlangt CT- und MRT-Untersuchungen für alle binnen zwei Wochen, sowie eine um 50 Prozent intensivierte Betreuung psychisch Kranker (medizinisch sicher richtig, nur müsste auch hier ein ehrlicher Politiker die Folgen für die Finanzierung klar aussprechen: entweder höhere Krankenkassenbeiträge, Kürzung anderer Leistungen, Einführung von Selbstbehalten oder höherer Staatszuschuss. Die von Kern vorgeschlagene Auflösung von Kassen-Rücklagen bedeutet hingegen einen weiteren Verkauf des Familiensilbers und bestenfalls eine Verschiebung dieser Konsequenzen um ein Jahr).
  21. Er verlangt jedoch gleichzeitig auch: Bei Selbständigen soll der Selbstbehalt in der Krankenversicherung sogar wegfallen (Folge: entweder höhere Krankenkassenbeiträge, Kürzung anderer Leistungen oder höherer Staatszuschuss zur den Krankenkassen).
  22. Er verlangt eine Arbeitszeitflexibilisierung (was immerhin eine Wunscherfüllung für die Wirtschaft wäre – jedoch ließ er offen, was mit den teuren Gegenforderungen der Gewerkschaft dafür passiert, die seit längerem auf dem Tisch liegen).
  23. Er verlangt das Verbot für Hauseigentümer, die Grundsteuer und Verwaltungskosten auf die Mieter zu überwälzen (das wäre eine teilweise kalte Enteignung der Hauseigentümer und würde überdies zu einem weiteren rapiden Rückgang des ohnedies schon viel zu geringen Wohnbaus führen).
  24. Er will Ökostrom noch mehr fördern (Folge: ein höherer Strompreis oder höhere Schulden oder Steuern).
  25. Für die Reparatur von Fahrrädern, Schuhen oder Elektrogeräten sollen bis zu 50 Prozent ersetzt werden (was nicht nur wie fast alles, was Kern eingefallen ist, mehr Schulden oder Steuern kostet, sondern auch eine gigantische Bürokratie bei jedem kleinen Schuster & Co auslösen würde).
  26. Bei Beleidigung von Polizisten soll es Geldstrafen oder gemeinnützige Arbeit geben (was Kern mangels juristischer Kenntnisse offenbar nicht weiß: Das ist auch jetzt schon strafrechtlich pönalisiert. Aber offenbar hat er halt auch irgendein Wahlkampfzuckerl für die Exekutive gebraucht und sei es noch so banal).
  27. An sich positiv ist, dass jedes Gesetz befristet sein soll, also nach einem Zeitraum automatisch ausläuft (Das wird jedoch in der österreichischen Wirklichkeit wohl nicht zu einem Auslaufen, sondern zu einer regelmäßigen Verlängerung aller Gesetze führen, also de facto nur zu einer Bürokratie-Vermehrung, wenn nicht auch ein starker Wille zum Gesetzesabbau dahintersteht. Dieser Wille scheint aber bei Kern in keiner Weise vorhanden zu sein, würde doch eine Verwirklichung aller hier skizzierten Kern-Ideen gleich einmal einen dicken Wust an neuen Gesetzen bedeuten!).
  28. Er verspricht Laptops für alle Schüler (auch ein uraltes Versprechen, das aber völlig am Hauptproblem des Bildungssystems vorbeigeht: dem ständigen Zurückfallen bei den Grundfähigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rechnen, oder gar das Schreiben eines Aufsatzes).
  29. An sich ist auch durchaus positiv, dass Kern eine Einkommens- und Lohnsteuersenkung verlangt (was aber ohne eine einzige echte Einsparungsidee außer allgemeinen Phrasen eine weitere Erhöhung anderer Steuern oder noch mehr Schulden bedeuten muss).
  30. An sich positiv ist weiters das Versprechen einer Entrümpelung der Vorschriften für Unternehmen und einer Reform des Arbeitsinspektorats (Nur: In dieser allgemeinen Form hat man es schon oft gehört. Jede konkrete Umsetzung ist aber bisher an Gewerkschaftern beziehungsweise der Grün-Lobby gescheitert. Kern hat es nicht geschafft, da irgendetwas Konkretes anzusprechen, daher ist das letztlich nur heiße Luft).
  31. In der Flüchtlings/Islam-Frage, dem wichtigsten Thema Österreichs, ist als einziges konkretes Positivum die Forderung nach einem Verbot salafistischer Koranverteilungen zu entdecken.
  32. Weiters stellt er vage die Hilfe für jene Drittweltländer in Frage, welche die Rücknahme abzuschiebender Asylwerber ablehnen. Das ist zwar ein absolut richtiger Gedanke, der aber ganz eindeutig – wenn überhaupt – nur als kollektive EU-Aktion Erfolg haben könnte. Genau dieser EU hat Kern jedoch in der gleichen Rede den Fehde-Handschuh hingeworfen. Was ihm bei der Durchsetzung dieser zentralen Forderung nicht viele Alliierte einbringen wird.
  33. Ansonsten verlangt er zum Thema Völkerwanderung nur völlig vage und schwammig eine „Diskussion mit Augenmaß und Realitätssinn“ (als ob diese Diskussion nicht endlich einmal abgeschlossen sein und zu Maßnahmen führen müsste!).

Vor aller anderen Kritik ist daher wirklich bitter enttäuschend, dass Kern keinen einzigen konkreten und wirksamen Punkt der Völkerwanderungsbekämpfung im Programm hat. Er weist die Forderung der ÖVP nach einer Begrenzung der Zuwanderung einfach als bloße „Statistik“ zurück. Und auch im ORF-Interview fallen ihm dazu nur die längst unerträglich gewordenen Phrasen ein, man solle halt schauen, dass es den Flüchtlingen daheim besser geht.

Genauso bitter enttäuschend ist, dass Kern absolut nichts zu den drei größten finanziellen Problemen des Landes eingefallen ist: Zu den unfinanzierbar werdenden Pensionen, zu den viel zu hohen Subventionen (außer dass ihm noch ein paar neue eingefallen sind wie das Schuster-Geld), und zu dem total ineffizient gewordenen Föderalismus. Sechs Milliarden einsparen zu wollen ist wirklich nur übelriechende heiße Luft. 

Völlig unklar – aber auffällig und demagogisch sehr wirksam – war Kerns Entschuldigung für Fehler: „Nicht ihr habt euren Weg verlassen, wir haben unseren Weg verlassen.“ Und welchen genau bitte?

Denn wenn man nicht dazusagt, wofür genau man sich da eigentlich entschuldigt, und wenn man gleichzeitig neue Fehler begeht, indem man einen Riesensack an Wahlzuckerln und sozialistischen Umverteilungsideen vorlegt, die das gigantischste Steuer- und Schuldenvermehrungsprogramm der zweiten Republik auszulösen drohen, solange ist das nur ein billiger rhetorischer Trick. Solange gehört auch diese Passage zu den (selbst vom „Standard“ monierten) Plattitüden des SPÖ-Chefs.

Das ist kein "Plan A", sondern ein Plan Z.

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