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Dirty Campaigning

Wahrscheinlich werden nie konkrete Beweise dafür auftauchen, dass SPÖ-Agenten (=Spin-Doctoren=War-Room-Mitarbeiter=Ex-Neos-Mitarbeiter) schon am Privatleben von Sebastian Kurz in seinen Gymnasialzeiten und Disco-Zeiten herumschnüffeln. Nur eines ist noch unglaubwürdiger: Die Beteuerungen, dass doch die SPÖ so etwas niemals tun würde.

Denn ganz eindeutig ist die SPÖ österreichischer Spitzenreiter in Sachen schmutziger Wahlkampfführung. Daneben sind alle einschlägigen Bemühungen von ÖVP und FPÖ in den letzten Jahren und Jahrzehnten eher unbeholfen geblieben.

  • Man erinnere sich nur, wie man 2006 Wolfgang Schüssel eine komplett erfundene illegale Pflegerin seiner Schwiegermutter angehängt hat (via die Schmuddelzeitschrift „News“).
  • Auch die Pensionistenbriefe von Franz Vranitzky sind einschlägig einzuordnen.
  • Aufzuzählen ist ebenso das regelmäßige Kursieren eines Jugendfotos von H.C.Strache beim Paint-Ball-Spielen (oder war es „Räuber und Gendarm“?).
  • Gegenwärtig scheinen schon alle ORF-Nachrichten zum „Dirty Campaining“ zu gehören, in denen offenbar nichts mehr vorkommen darf, was der SPÖ schaden könnte.
  • Ganz besonders ins Dirty Campaigning der SPÖ gehören die hunderten Millionen an Zeitungsbestechungen durch die Gemeinde Wien (die dann mit der Faymann-Übersiedlung auch auf Bundesebene Praxis geworden ist).
  • Man erinnere sich umgekehrt auch an die unglaubliche Chuzpe, dass die SPÖ zehn Jahre (und bis heute!) geheim gehalten hat, wo und ob ihr langjähriger Parteichef eigentlich die Maturareife erreicht hat. Dabei wäre der absolvierte Bildungsweg so ungefähr die wichtigste Information aus dem Vorleben eines Politikers, die auch später noch Bedeutung hat. Das, was einem Arbeitgeber als Lebenslauf eines Jobbewerbers vorzulegen ist, müsste nach allen ethischen und demokratischen Standards bei Politikern auch der Öffentlichkeit vorgelegt werden. Nur nicht bei der SPÖ. Der Rest, von der kranken Schwiegermutter bis zum jugendlichen Paint-Ball-Spielen, sollte hingegen Privatsache bleiben.

Wahrscheinlich stammen aber auch die im Internet sofort nach dem „Presse“-Bericht über die Anti-Kurz-Recherchen des neuen SPÖ-Chefberaters Silberstein kursierenden Informationen, dass gegen diesen in Rumänien ein Strafverfahren mit Haftbefehl laufe, aus der Kiste „Fake News“/„Lügenpresse“/„Dirt“. In dieser Kiste ist ja unendlich viel Dreck drinnen. Es ist immer sehr kompliziert, diesen Dreck von harten Fakten auseinanderzuhalten.

Das Interessanteste an all dem ist aber gar nicht der Dreck, sondern der interessante Umstand, dass sich kein Mensch für die Schulbildung oder das sonstige Vor- und Privatleben von Reinhold Mitterlehner interessiert. Das ganze politische Österreich jagt vielmehr nur Sebastian Kurz. Ist er doch der einzige, der das Duell Strache-Kern in einen ÖVP-Wahlsieg verwandeln könnte.

Auch die Klagen der FPÖ, dass Kurz ihre Ideen stehlen würde, sind nur dümmlich und wehleidig. Denn selbst wenn es so wäre, müsste sich die FPÖ doch freuen und sagen: „Super, machen wir es gemeinsam! Außerdem gäbe es noch viel mehr zu tun!“ (Ich freue mich ja auch, dass Kurz meinen schon im Sommer 2014 gegebenen Vorschlag einer australischen Lösung für die Völkerwanderung aufgegriffen hat – oder ein Jahr später selbst entwickelt hat).

Kurz und alle Intelligenten in der ÖVP wissen natürlich, dass der junge Außenminister erst dann an die Spitze treten sollte, wenn die SPÖ Neuwahlen ausruft. Im täglichen Koalitionsschlamm kann man nichts mehr gewinnen. Ein Doskozil macht nämlich noch keine akzeptable SPÖ.

Die besonders unintelligenten Schwarzen hingegen, wie Mitterlehners langjähriger Mastermind Christoph Leitl, wissen das freilich nicht. Anders ist es nicht erklärlich, dass Leitl eine „Aussprache“ Mitterlehner-Kurz empfiehlt. Das ist wirklich das Dümmste, was seit langem ein Politiker vorgeschlagen hat. Denn entweder ist eine solche öffentliche(!) Aufforderung überflüssige Wichtigmacherei, weil die beiden eh ständig miteinander reden (was ja unter Regierungsmitgliedern vorkommen soll). Oder sie tun das nicht: Dann müsste ein politischer Profi nichtöffentlich zum Telefon greifen und beide zum diskreten Dreier-Abendessen einladen.

Wir warten nun mit Gelassenheit auf die üblichen „Enthüllungen“: Hat Kurz am Ende mit 14 eine Zigarette geraucht? Hat er etwa einer Klassenkollegin einen Kuss geraubt? Hat er bei einer Schularbeit abgeschrieben? Ist er schwarz Straßenbahn gefahren? Oder hat er gar eine – zugegeben bildhübsche – Freundin (was ihm wohl ob der Enttäuschung Zehntausender Möchtegern-Schwiegermütter am meisten schaden würde)?

Fast sollte man wieder einmal ein „News“ zur Hand nehmen (solange dieses noch existiert, und solange einmal drei Wochen lang die Redaktion dort nicht aus Verzweiflung über die publizistische Talfahrt ausgetauscht wird). Oder würde man es via „Falter“ erfahren? Oder via „Profil“?

Wie auch immer. Der „Presse“-Bericht enthält jedenfalls noch eine weitere hochinteressante Passage: Ihr zufolge würden die SPÖ-Spin-Doctoren jetzt auch versuchen, im Internet die Hinweise auf Kanzler Kerns „Refugee-Welcome“-Auftritte zu eliminieren. Auch das ist nicht ganz überprüfbar. Denn jedenfalls auffindbar ist ein „Standard“-Bericht aus dem September 2015, der alleine schon für den SPÖ-Chef heute alles andere als angenehm ist.

Der damalige ÖBB-Chef Kern äußerte sich nämlich in einem Wortlaut-Interview (mit einer ihm ideologisch sehr nahestehenden „Standard“-Journalistin) geradezu ekstatisch über die Mittäterschaft seiner ÖBB beim Migranten-Schleusen: „Meine Mitarbeiter leisten Enormes, darauf bin ich stolz.“

Besonders interessant an jenem Interview ist aber, dass es offensichtlich auch schon im September 2015 viele ÖBB-Mitarbeiter gegeben hat, welche die Schlepperrolle der ÖBB im Gegensatz zu Kern abgelehnt haben. Wörtlich die Standard-Frage: „Sie sagten kürzlich, nachdem die ersten Züge mit Flüchtlingen von Ungarn kamen, nicht alle ÖBB-Mitarbeiter seien sofort bereit gewesen, den Flüchtlingen zu helfen. Ist das immer noch so?“ Kerns entlarvende Antwort: „Naja, es gibt immer welche, die skeptisch sind. Aber die überragende Mehrheit der ÖBB-Mitarbeiter hat sofort erkannt, dass man hier nur das Notwendige und Vernünftige tun kann. Dies ist nicht die Zeit für Dienst nach Vorschrift, die Leute sind einfach da und machen.“

Die Völkerwanderung und die massive ÖBB-Beihilfe, dass hunderttausende nach Österreich und Deutschland kommen, waren also „vernünftig“. Und Vorschriften, Gesetze? Die gelten in den Augen Kerns offenbar nur zu bestimmten Zeiten (oder überhaupt nur für die anderen?).

So Kern jedenfalls im Herbst 2015. Ich vermute, dass der SPÖ-Chef das alles heute am liebsten aus dem „Standard“-Archiv löschen lassen wollte. Was aber zum Glück nicht geht. Denn der „Standard“ ist zwar links, aber seriös. So leben wir also mit einem Bundeskanzler, der Gesetze nachweislich für beliebig, offenbar je nach ideologischer Laune ignorierbar hält.

PS: Auch ein gewisser Alois Stöger, damals Verkehrsminister (also Kerns Chef), möchte zweifellos an Vieles, nur nicht an sein damaliges Schreiben an die Mitarbeiter der ÖBB erinnert werden:

„Ihr unermüdlicher Einsatz für tausende Menschen, die vor Krieg und Terror fliehen mussten, ist ein beeindruckender Akt der Menschlichkeit. Durch Ihre großartige Hilfe konnten Menschen, die auf ihrer Flucht alles zurücklassen mussten, nicht nur mit dem Nötigsten versorgt werden. Sie konnten sich auch – dank Ihnen – bei uns sicher fühlen. Für dieses beeindruckende Zeichen der Solidarität möchte ich mich persönlich und im Namen des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie bei Ihnen allen bedanken. Ihr Alois Stöger Bundesminister“

PPS: Und wo können sich Österreicher dafür bedanken, dass sie sich jetzt deutlich unsicher fühlen, seit sich dank Kerns und Stögers Solidarität all diese Immigranten jetzt „bei uns sicher fühlen“ können? Und seit diese "nicht nur mit dem Nötigsten versorgt" wurden?

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