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In die Jahre gekommen: Die Sozialpartnerschaft

Österreich hat ein Jahr durch einen Dauerwahlkampf verloren. Österreich hat aber in Wahrheit ein ganzes Jahrzehnt hinter sich, in dem kaum eines der notwendigen Dinge angepackt worden ist, in dem auch einst durchaus positiv wirkende Strukturen zunehmend zum Bremsklotz geworden sind. Eines davon ist die Sozialpartnerschaft.

Dabei ist sie in diesem Jahrzehnt sogar mächtiger geworden: Jene Politiker, welche sie zurückdrängen wollten (Schüssel, Gusenbauer), sind damit gescheitert. Befürworter dieser Partnerschaft kamen an die Macht. Diese wurde sogar in der Verfassung verankert.

Gleichzeitig übersah man aber, dass die Achse Gewerkschaft-Wirtschaftskammer immer weniger in ein zunehmend postindustrielles Zeitalter passte. Dass immer mehr Tätigkeiten für den Standort wichtig wurden – etwa die sogenannten Freien Berufe –, die nicht in dieses Schema hineinpassten, die darin von niemandem vertreten wurden. Die Gewerkschaft verlor stark an Mitgliedern. Und in der Wirtschaftskammer fanden sich immer mehr Menschen, die dort eigentlich keineswegs Mitglied sein wollten.

Dabei hat die Sozialpartnerschaft nach 1945 durchaus große Verdienste erworben. Sie hat in einem lange von Krieg, Klassenkampf und Bürgerkrieg erschütterten Land für Dialog gesorgt. Sie hat die Streikrate niedrig gehalten. Sie hat der Politik oft Lösungen ermöglicht, wo die Parteien gescheitert sind – wobei freilich immer auch Eigeninteressen der Sozialpartner bedient wurden.

Geschichtlich hat aber auch alles anfangs durchaus Positive das Potential, zum Problem zu werden. So hat die Sozialpartnerschaft das Entstehen neuer Dynamik behindert (siehe die digitale Revolution). So hat sie gerne Probleme auf Kosten des allgemeinen Budgets entsorgt (siehe etwa das frühe Pensionsantrittsalter). So sind die Löhne in Deutschland in den letzten Jahren viel stärker gestiegen. So ist sie daran schuld, dass sich die Einkommen in der Lebenskurve falsch entwickeln.

Eine Studie der „Agenda Austria“ zeigt: Die Lohnkosten eines 60-Jährigen sind um mehr als 30 Prozent höher denn die eines Jungen. In Deutschland wie auch im OECD-Schnitt beträgt dieser Unterschied nicht einmal 10 Prozent. Von Deutschland bis Großbritannien nehmen die Löhne ab dem 40. Lebensjahr leicht ab.

Das ist durchaus richtig so. Nicht nur weil die Bedürfnisse der meisten Menschen danach eher abnehmen, sind doch Familiengründung oder Hausbau eher Thema der ersten Lebenshälfte. Teuer wird erst wieder die Pflegebedürftigkeit im ganz hohen Alter (aber an diesem Problem scheitert die Politik völlig – vielleicht weil die Sozialpartner desinteressiert sind?). Es zeigen auch viele Studien, dass für Arbeitgeber Menschen im mittleren Alter im Schnitt am wichtigsten sind.

Warum steigen dennoch die Löhne in Österreich danach sogar noch steiler? Aus einem einzigen Grund: Weil Gewerkschaftsfunktionäre fast durchwegs älter sind. Weil sie immer am meisten auf die Interessen der eigenen Alterskohorte schauen.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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