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Hass bleibt Hass, selbst wenn er noch so selbstzerstörerisch ist. Das zeigt die Art der Berichterstattung vieler Medien über Donald Trump auch nach seiner Wahl. Und das zeigt insbesondere der Vergleich zwischen den Berichten über Trump und jenen über ein Treffen von sechs seiner Opponenten (oder Partner?) in Europa.
Schon wenige Tage nach der Wahl waren die Berichte der medialen Hasskompanie von dem Tenor geprägt: Da sieht man es, er bringt nicht einmal eine Regierungs- und Führungsmannschaft zusammen. Niemand will mit diesem Typ als Präsident zusammenarbeiten. Chaos pur.
In Wahrheit hat es eher einen Andrang der Interessenten für Schlüsselfunktionen beziehungsweise der von diversen Seiten gekommenen Empfehlungen gegeben. Und es spricht eher für Trump, dass er sich nicht unter Druck setzen hat lassen, sondern eineinhalb Wochen lang ausgesucht hat. Dass er in dieser Zeit wahrscheinlich – hoffentlich – mit den diversen Kandidaten auch über inhaltliche Eckpunkte gesprochen hat. Und dass ihm bewusst sein dürfte, dass er und sein Team wahrscheinlich nie so viel umsetzen werden können wie in den allerersten Monaten nach der Wahl, wo auch der Kongress - abgesehen von Filibuster-Blockaden der Demokraten - noch relativ gefügig sein wird. Was ja auch bei Parteifreunden in Amerika keineswegs dauerhaft garantiert ist.
Die Aufregung mancher Medien über Trumps erste eineinhalb Wochen erinnert mich daran, wie mir vor etlichen Jahren ein österreichischer Wirtschaftsmann über den Anruf seines Parteiobmanns um neun Uhr morgen berichtet hat: „Was hast du um zwölf vor?“ – „Warum?“ – „Die neue Regierung wird angelobt und wir brauchen noch einen Staatssekretär.“
In Österreich scheint es bei wichtigen politischen Besetzungen nicht nur in diesem Fall keine Spur jenes Qualitätsanspruchs zu geben, den normalerweise ein Eigentümer oder Aufsichtsrat selbst bei Bestellung eines bloßen GmbH-Geschäftsführers demonstriert. Der Boom an Headhunter-Firmen zeigt, dass in der Wirtschaft selbst für Positionen in der zweiten und dritten Reihe ein wochenlanger professioneller Such- und Bewertungsprozess in Gang gesetzt wird. Die Unternehmen wissen, dass die Bestellung von Schlüsselfunktionen überhaupt die wichtigsten Entscheidungen eines Unternehmers sind.
In Amerika kommt man diesem professionellen Vorbild jedenfalls viel näher als in Österreich: Jetzt liegt in Amerika eine Reihe von Namen vor, die offensichtlich fix als Schlüsselspieler in einer Trump-Regierung sind. Und umgehend folgt wie das Amen im Gebet die Reaktion vieler Medien: Jedem der Neuen wird sofort eine pejorative Beschreibung angehängt, wie „erzkonservativ“, „rechtskonservativ“, „Anhänger der Tea Party“, „Hardliner“, „unseriös“, „umstritten“ oder gar „rechtsextrem“.
Gewiss: Ich bin kein Insider der amerikanischen Szene und habe etliche der neuen Namen noch nie gehört (so wie bei allen Vorgänger-Regierungen). Aber eines ist mir klar: Die sofortige Beschimpfung der neuen Mannschaft durch Mainstream-Medien spricht eher gegen diese Medien als gegen die Neuen. Sie wird eher das Vertrauen in die Medien noch weiter reduzieren als das in Trump.
Sofern es überhaupt noch reduzierbar ist. Denn die Medien sollten sich derzeit primär um die eigenen Image-Werte sorgen. Diesen Bedarf zeigt etwa auch die neue Jugend-Studie des ORF und anderer europäischer Zwangsgebührenmedien. Sie hat unter anderem gezeigt, dass 85 Prozent der antwortenden Jugendlichen kein Vertrauen mehr in „die Medien“ haben. Das ist ein absolut verheerender Wert, der auch dadurch nicht besser wird, dass ihn der ORF in der seit einigen Tagen laufenden Dauerschleife der Berichterstattung über diese Studie unter den Tisch fallen lässt.
Die kritische Darstellung aller Trump-Aspekte macht den Verzicht der Medien auf kritische Distanz zum gleichzeitigen Treffen von sechs anderen Staats- und Regierungschefs in Berlin umso auffälliger. Dieses Treffen wirkte wie eine Selbsthilfe-Gruppe einstiger Trump-Kritiker, die jetzt nicht mehr wissen, wie sie sich weiter verhalten sollen. Die aber dennoch versuchen, Trump Wegweisungen zu geben. Dabei ist das eigentlich ein Lemurentreffen beängstigender Art gewesen.
Denn teilgenommen haben:
Barack Obama, der zwar keineswegs der Versager war, als den ihn die Trump-Propaganda lange hingestellt hat, der aber heute jedenfalls irrelevant geworden ist, weil er in wenigen Wochen abtritt (und der wohl nur noch teuer bezahlte Vorträge halten wird);
Angela Merkel, die ihre Partei in den steilsten Absturz der gesamten CDU-Geschichte geführt hat;
Francois Hollande, der unpopulärste Präsident der französischen Geschichte, der nur geringe Chancen hat, von der eigenen Partei überhaupt als Kandidat wiederaufgestellt zu werden;
Mariano Rajoy, der ohne Parlamentsmehrheit nur deshalb weiter regieren darf, weil die meisten spanischen Parteien neuerliche Wahlen fürchten;
Theresa May, die noch immer keine Rezept hat, wie sie ihr Großbritannien nach dem Brexit-Votum zwischen Europa, Amerika und einer altneuen „Splendid isolation“ platzieren soll (sie ist aber wenigstens die einzige, die so klug war, Trump nicht öffentlich zu attackieren);
und Matteo Renzi, der in zwei Wochen vor einer krachenden Niederlage bei einem Referendum stehen dürfte, die zumindest nach seinen eigenen Ankündigungen seinen eigenen Rücktritt zur Folge haben müsste.
Bei diesem Treffen haben offensichtlich die Lahmen versucht, die Blinden zu stützen, die ihnen den Weg weisen sollen. Eine demonstrative Zusammenkunft eines solchen Möchtegern-Anti-Trump-Bündnisses kann im Grund nur Amüsement auslösen, obwohl seine Qualität und Vorgeschichte eigentlich für jeden Europäer traurig sein sollte. Denn die Devise „Geschieht meinem Vater schon recht, wenn ich mir die Finger erfriere; warum kauft er mir keine Handschuhe!" ist keine sehr schlaue.
Aber jedenfalls würde es Medien, die wieder ernster genommen werden wollen, gut anstehen, diese Ansammlung von Leichtgewichten zumindest mit dem gleichen Ausmaß an Kritik zu beleuchten, wie sie kübelweise und ständig dem ganzen Trump-Team zuteil wird.