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Drei Entscheidungen von Ober- und Oberstgerichten mit gravierenden Auswirkungen. Zwei davon zeigen, wie weltfremd die höchsten Richter geworden sind, ob sie sich nun in der Medien- oder in der Immobilienwelt bewegen.
Zuerst aber ein dickes Lob für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Es hat den Zusatz „(m/w)“ als ausreichend erklärt, um die vom Gesetzgeber verlangte geschlechterneutrale Ausschreibung zu erreichen (die ohnedies schon ein dümmliche Skurrilität und Überregulierung ist, weil ja nicht die Stellenausschreibung, sondern das unterschiedliche Interesse die Ursache ist, dass Frauen viele Berufe meiden).
Zumindest in Oberösterreich muss also nicht mehr nach „Installateuren oder Installateurinnen“ oder gar nach (dudenwidrigen) „InstallateurInnen“ gesucht werden. Es ist kein Zufall, dass Oberösterreich zugleich das wirtschaftlich weitaus erfolgreichste Land Österreichs ist. Denn Erfolg ist immer auch eine Funktion der Vernunft. Und Vernunft sollte immer auch in der Justiz herrschen.
Es ist ja schon schlimm genug, dass die sogenannte „Gleichbehandlungsanwaltschaft“ wegen des „(m/w)“ überhaupt ein aufwendiges Verfahren angestrengt hat. Freilich, die Gleichbehandlungsanwaltschafter und Gleichbehandlungsanwaltschafterinnen leben ja gut auf Kosten der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen. Da kann man die Vernunft schon ausschalten und Tag und Nacht nachsinnen, wie man die Menschheit mit weiteren absurden Themen quälen kann (besser gesagt: nachts nicht, denn sonst müssten die Beamtinnen und Beamtinnen ja geistige Überstunden machen).
Im OGH hingegen scheinen sowohl Vernunft wie auch ethische Mindeststandards komplett verschwunden: Der Oberste Gerichtshof hat nämlich dekretiert, dass Gefälligkeitsartikel künftig nicht mehr als Werbung gekennzeichnet werden müssen.
Das ist absolut katastrophal (auch wenn diese Vorschrift schon bisher von manchen Medien schlampig umgesetzt worden ist). Das bedeutet in Wahrheit, dass künftig jede Werbung in Form eines rein redaktionell aufgemachten Artikels erscheinen kann. Das bedeutet, dass es langfristig keinen Unterschied mehr zwischen einem Billa-Prospekt und „Presse“ oder „Standard“ zu geben hat (Warum übrigens soll jetzt nicht eigentlich auch Billa Anspruch auf Presseförderung haben?).
Damit hat die Justiz nach dem skandalösen Untätigbleiben der Staatsanwaltschaft im Verfahren gegen die Herren Faymann und Ostermayer wegen Medienbestechung mit Steuergeldern einen zweiten Dammbruch verursacht, der Korruption und medialer Unsauberkeit eine noch größere Überschwemmung ermöglicht. Das hat sogar der PR-Ethik-Rat als „demokratiepolitisch bedenklich“ bezeichnet. Damit werde, so dieser Rat völlig zu Recht, die „zentrale Korrektivrolle der Medien unterminiert“.
Das ist keine bloß akademische Frage. Das beschädigt vielmehr schwer ein schon jetzt brüchig gewordenes Fundament der ganzen Republik. Denn saubere Medien sind eine absolut unverzichtbare Säule jedes funktionierenden demokratischen Rechtsstaats. Die Medien sind aber in Österreich schon jetzt mit der katastrophalen Tatsache konfrontiert, dass – je nach Umfrage – 70 bis 85 Prozent der Österreicher das Vertrauen in die Medien verloren haben.
Dieser massive OGH-Anschlag auf die Fundamente der Demokratie kann auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass in etlichen Fällen das Fließen einer Gegenleistung für einen Artikel nur schwer nachweisbar ist. Wir stellen ja – hoffentlich – auch Mord nur deswegen nicht straffrei, weil es Fälle gibt, wo nie ein Täter überführt werden kann. So einfach dürfen es sich Richter nicht machen, dass sie nur das für verboten ansehen, was leicht nachweisbar ist.
Jetzt hätten aber vor allem auch die wenigen halbwegs seriösen Medien und ihre Interessenverbände dringenden Handlungsbedarf. Aber diese sind längst schon zu morsch, als dass sie aus eigenem Interesse – obwohl es in Wahrheit um ihre eigene Glaubwürdigkeit und damit Existenz geht! – auf strengere gesetzliche Normen zum Verbot von Schleichwerbung drängen würden. Oder wenigstens ein Qualitätssiegel für korrekte Medien einführen würden.
Daher werden künftig Leser bei jedem Artikel selbst rätseln müssen, ob da Gegenleistungen für den Verlag oder die Redaktion dahinterstecken. Viele werden aber etwas ganz anderes tun: Sie werden auf den Erwerb von Medien ganz verzichten. Prospekte bekommen sie ja sowieso gratis in den Postkasten. Und Schleichwerbung und Propaganda gratis im Internet.
Auf ganz anderem Gebiet katastrophal ist eine neue Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs. Dieser hat das Verbot von Zins-Zuschlägen auf Wohnungen in Gründerzeitvierteln für zulässig erklärt. Man darf also für eine schöne Jugendstilwohnung künftig nicht mehr verlangen als für eine Wohnung in einem Emmentalerbau aus den Fünfziger Jahren.
Damit kann ein Hauseigentümer künftig nur noch durch Zerstörung und Neubau (zu in diesem Fall erlaubten viel höheren Mieten!!) verdienen. Damit wird die Zerstörung der für Österreichs Städte und ihre Attraktivität prägenden Gründerzeitviertel durch Spekulanten geradezu mutwillig beschleunigt. Solche Spekulanten finden sich sowohl unter Bauträgern wie auch in korrupten Gemeinden.
In einer durch und durch populistischen (=auf kurzfristigen Beifall schauenden und die langfristigen Folgen total ignorierenden) Argumentation behauptet hingegen das – politisch beschickte! – Höchstgericht, dass das Verbot eines höheren Zinses für Häuser, die vor dem ersten Weltkrieg gebaut worden sind, im öffentlichen Interesse liegen würde.
Das Gegenteil ist der Fall. Denn durch dieses Urteil wird nur das Interesse aller Hauseigentümer wachsen, Gründerzeithäuser abzureißen, und an ihrer Stelle Neubauten zu errichten. Damit kann man ja mehr verdienen. Und insbesondere die Gemeinde Wien genehmigt seit Jahren praktisch alle diese Abbrüche oder führt sie gar selber durch. Sie hat ein massives Interesse daran, ein ideologisches wie auch ein meist geheim fließendes pekuniäres.
Hingegen ist dem VfGH das große Interesse der wohnungssuchenden Menschen an Gründerzeitwohnungen, für die sie auch mehr zu zahlen bereit wären, wenn es nur welche gäbe, völlig wurscht. Er versteht ja unter „öffentlichem Interesse“ fast immer nur das Interesse der SPÖ, die in ihrer Gemeindebau-Mentalität und Liebe zu spendefreudigen Neubauherren die Biedermeier-, Gründerzeit- und Jugendstil-Häuser zutiefst verachtet.
Der Verfassungsgerichtshof urteilt auf der intellektuellen Ebene mit dem ökonomischen Verständnis Venezuelas und des früheren Ostblocks: Dort hat man ja anfangs auch geglaubt, durch Preisregelungen sozial zu sein. In Wahrheit führen Preisregelungen absolut immer dazu, dass ein Gut knapp wird.
Oder sind manche Verfassungsrichter gar durch die Spekulanten-Lobby beeinflusst?
Dieses Urteil hat überdies ebenso katastrophale kulturelle Folgen, die langfristig auch dem Tourismus schaden werden. Es führt ja dazu, dass die gründerzeitlich geprägten Innenstädte – was etwa in Wien mindestens bis zum Gürtel reicht – bald die „Schönheit“ der Großfeldsiedlung atmen werden. Aber kulturelle und ästhetische Erwägungen sind dem VfGH erst recht so wie ökonomische fremd. Wie soll diese ein Gericht auch verstehen, das ganz überwiegend aus parteientsandten Beamten besteht?
Die Kurzsichtigkeit der Höchstgerichte ist erschütternd. In beiden Fällen waren sie außerstande, die dramatischen und flächendeckenden Folgen ihrer Entscheidung zu begreifen. Oder sie haben diese Folgen sogar bewusst gewollt. Damit reihen sich die skizzierten Urteile nahtlos an die katastrophale Judikatur der österreichischen und europäischen Höchstgerichte rund um die Migration, die ja erst die Völkerwanderung ermöglicht hat.
PS: Das eingangs gelobte oberösterreichische (m/w)-Urteil kann ja noch vor eines der Höchstgerichte kommen und dort …