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Frankie ade, scheiden tut niemandem weh

Der (neuerlich) definitive Abschied von Frank Stronach aus der Politik ruft entweder einen Gähnreiz oder großes Staunen hervor: „Was, den gibt’s auch noch!“ Das politische Abenteuer des Austrokanadiers ist in mehrerlei Hinsicht paradigmatisch abgelaufen. Das gilt sowohl für seinen steilen Aufstieg, wie auch seinen steilen Abstieg.

Beides ist blitzschnell ineinander übergegangen. Kaum war es hinaufgegangen, kam auch schon schon wieder der Absturz. Stronachs jetziger (neuerlicher) Abschied bedeutet nur den allerletzten Versuch, das totale politische Scheitern zu bemänteln und in die Inszenierung einer großen politischen Testamentsverkündigung zu Lebzeiten zu verwandeln. Er versucht wieder einmal eines seiner persönlichen Prinzipien umzusetzen: Ein Stronach scheitert nicht. Und wenn doch, dann gibt er es nicht zu.

Stronach hielt sich und hält sich für einen Messias, der dem Volk die einzige seligmachende Wahrheit zu verkünden hat. Er glaubt, dass seine goldenen Empfehlungen lange über seinen Tod hinaus nachwirken werden. Und er erkennt nicht, dass diese Empfehlungen doch nur bloße Phrasen sind. In denen zwar auch oft ein richtiger Kern steckt. Aber ein Kern ist noch kein Rezept, keine Strategie. Perfekt ist nur Stronachs Selbstbewusstsein.

Dennoch sollte man nicht vergessen: Sein wirtschaftlicher Aufstieg nach der bitterarmen Emigration in der Nachkriegszeit ist eine tolle Leistung. Er hat ja aus der alten Heimat nichts nach Kanada mitgebracht außer einer – sehr guten – Lehrausbildung. So wie er sind damals Hunderttausende Österreicher ausgewandert. Und sind fast alle überaus erfolgreich geworden. Stronach war nur der Allererfolgreichste.

Die Geschichte dieser Massenemigration wird leider in Österreich völlig ausgeklammert. Dabei zeigt sie, wie tüchtig die aus der Alpenrepublik gekommenen Menschen sind oder waren. Und wie gut die Schulausbildung oder Lehre gewesen ist, sodass sie alle gute Karriere machen konnten.

Totale und begeisterte Assimilation

Noch etwas kommt zum Erfolg der emigrierten Österreicher hinzu: Sie haben sich nicht nur integriert, sondern auch alle assimiliert. Sie waren schon in wenigen Jahren zu perfekten Amerikanern, Kanadiern, Australiern geworden. Kein einziger ist emigriert, um in einem Wohlfahrtssystem zu schmarotzen. Sondern sie alle wollten durch Leistung aufsteigen. Sie haben vor allem – auch daheim und privat! – sehr bald nur noch die neue Sprache verwendet. Sie wollten die neue Heimat ganz annehmen – und mussten das auch. Sonst hätten sie keine Chance gehabt. Warum nur sagt das Österreich nicht heute endlich glasklar den hierhergekommenen Türken, die sich auch in der dritten Generation nicht wirklich integrieren wollen? Warum sagt ihnen niemand, dass das ihre eigene Aufgabe ist?

Stronach ist der bekannteste aus dieser eindrucksvollen Erfolgsgeschichte. Warum war gerade er so erfolgreich? Ohne seine Verdienste schmälern zu wollen: Zu jedem ökonomischen Erfolg gehört neben Fleiß und Können auch eine große Portion Glück und Zufall. Aber es ist jedenfalls toll, was der Mann da bei seinem Konzern Magna aufgebaut hat. Und was heute noch blüht.

Das alles ist Stronach aber offenbar zu Kopf gestiegen. Er entwickelte messianische Anwandlungen am Ende seiner ökonomischen Karriere. Wie so mancher andere Wirtschaftstycoon hielt er sich auch für den besten Politiker, ja bisweilen sogar für einen Mann, der zu den zwei oder drei geistig begnadetsten Erdbewohnern zählte.

Stronachs Anfang in der Politik schien auch sehr erfolgreich. Die Medien lagen ihm zu Füßen. Sie wussten, da kommen fette Inseratenaufträge. Stronach ist fast bei jedem Auftritt der politischen Klasse mit entblößtem Gesäß ins Gesicht gesprungen. Er war ganz anders als alle anderen Politiker. Er ist total antiintellektuell und dennoch so erfolgreich. Das alles ist journalistisch spannend und gut vermarktbar. Das ähnelt ganz stark dem jetzigen US-Präsidentschaftskandidaten Trump.

Beider Schicksal lehrt freilich: Man kann in der Politik wie in der Wirtschaft mit viel Geld Erfolg kaufen. Zugleich sind viele Menschen von wirtschaftlichem Erfolg beeindruckt. Sie denken: Wer in der Wirtschaft gut ist, muss auch weit besser sein als die bisherige Politik.

Faymann-Frust und Berater-Lust

So wie jetzt bei Trump in Amerika trafen die siebeneinhalb immer gleichen Sinnsprüche Stronachs auf ein schon vorher angewachsenes Zorn-Sentiment der Österreicher. Die Frustration über die große Koalition und insbesondere über Werner Faymann war groß geworden (wenn auch noch nicht ganz so groß wie bei der jüngsten Bundspräsidentenwahl). Fast noch größer ist die Frustration der Menschen über den Mainstream-Journalismus angestiegen. Stronach nützte das durchaus geschickt und legte sich anfangs unter dem Gejohle der begeisterten Ränge ständig mit Journalisten an.

Auch Trump – ebenfalls ein Selfmade-Milliardär! – profitiert von der stark angewachsenen Frustration über die Politik, über Washington, über die Medien. Aber ein solcher Politik-Stil ermüdet sehr schnell. Daher ist stark anzunehmen, dass auch bei Trump so wie bei Stronach der steile Aufstieg bald in einen steilen Abstieg übergehen wird.

Bei Stronach waren die Menschen jedenfalls nach wenigen Monaten der immer gleichen Show überdrüssig. Sie merkten zunehmend, dass hinter den Stehsätzen keine Substanz steht, dass hier nur Phrasen gedroschen werden. Außerdem war Stronach sehr bald erkenntlich Berater-gelenkt. Er verlor damit seinen Echtheits-Bonus, der wilde Frische ausstrahlte. Außerdem hatte er fast nur schlechte Berater (bis auf hervorragende Plakatmacher). Auch seine Abgeordnetenschar war mehr durch seine persönlichen Zurufe wild zusammengewürfelt entstanden als ein Team, das einen gemeinsamen Willen hat.

Aus all diesen Gründen begann Stronachs politischer Abstieg eigentlich schon wenige Tage vor der Wahl. Und setzte sich nachher rapid fort. Auch deshalb, weil die Stimmen seiner Abgeordneten nie benötigt wurden, um Regierungs- oder Verfassungs-Mehrheiten zu bilden. Zugleich behandelte er alle Abgeordneten als Dienstboten, sodass ihn viele bald verließen. Und zu schlechter Letzt war er fast nie in Österreich, weil er sein Herz schon wieder an neue Dinge gehängt hat. Das waren zuletzt vor allem Pferde und Rinderherden.

Wir lernen aus seinem Schicksal:

  1. Mit Geld kann man sich in der Politik zwar viel kaufen, aber lange nicht alles. Und schon gar nicht auf Dauer.
  2. Persönlichkeiten wie ein Stronach wirken nur kurzfristig anziehend, langfristig wird ihre Flachheit auch öffentlich bald erkennbar.
  3. Um politisch zu reüssieren, braucht man neben Geld auch ein zusammengewachsenes Team, viel Fleiß und Mühe.
  4. Und vor allem braucht man so etwas wie ein Programm, wie eine Ideologie. In der Politik sind enorm viele schwierige Fragen und Interessenkonflikte zu klären. Da helfen keine Sprüche.

Stronachs politisches „Lebenswerk“ kann man durchaus positiv sehen. Man kann sein Scheitern auch amüsiert sehen. Aber der wirklich große Vorwurf, der Stronach zu machen ist, lautet anders: Er hat auf lange durch seine politische Unfähigkeit genau das zerstört, wofür er eigentlich kämpfen wollte: Das ist die Chance, dass sich hierzulande eine starke wirtschaftsliberale, weltoffene,  wertkonservative Partei entwickelt. Genau diesen Bedarf hat er zuerst bedient und dann in den Untergang geführt.

Schade.

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