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Die Präsidenten-Stichwahl fällt mit einem kurzen, lange geplanten Auslandsaufenthalt zusammen. Macht ja nichts, Internet gibt’s rund um die Welt, so dass man den Wahltag in allen Details von überall verfolgen kann. Macht ja nichts, man kann selbst ja mit Wahlkarte wählen, um die paar Mitbestimmungsmöglichkeiten zu nutzen, die einem die Machthaber noch lassen.
Also ruft man im Wiener Rathaus an und wird auf den Wunsch nach einer Wahlkarte hin auch relativ rasch in ein „Wahlbüro“ meines Bezirks verbunden. Das Deutsch der Dame lässt zwar auf einen weit im Südosten liegenden Geburtsort schließen, ist aber in durchaus Wien-üblicher Weise beamtlich unfreundlich – und macht bald unmissverständlich klar, dass ich telefonisch keine Wahlkarte bestellen dürfe.
Nun gut, denke ich mir. Die stecken halt noch im Vor-Telefon-Zeitalter. Vielleicht sieht man demnächst ja auch den Bürgermeister nur noch in Pferdekutsche, wird er doch ohnedies oft als „Fiaker“ bezeichnet, zuletzt sogar von der renommierten FAZ (wobei mit „Fiaker“ mehr der Kutscher eines solchen als das Gefährt selber gemeint ist).
Aber dann sagt die Magistrats-Dame noch: Ich könnte die Wahlkarte nicht nur durch Gang in das Magistratische Bezirksamt bestellen, sondern auch via Mail. Ich müsste in einem solchen Mail nur meine Daten und meine Passnummer bekanntgeben.
Interessant. Seither rätsle ich, was sich die Obrigkeit da dabei gedacht hat, wenn sie großzügig erlaubt, dass man eine Wahlkarte per E-Mail bestellen kann, aber man das per Telefon nicht darf.
Ist es Zeitersparnis für die ja bekanntlich schwer überlasteten Beamten? Nein. Denn in der Zeit, in der die Magistratsfrau mir das alles detailliert erklärt hat, hätte sie meine Daten mindestens zweimal entgegennehmen können.
Ist es die scheinbare Anonymität des Telefons, vor der sich bürokratische Regelmacher fürchten? Nein, das kann es auch nicht sein. Denn die anrufende Nummer ist eindeutig erkennbar – zumindest dann, wenn beim Handy die Rufnummernunterdrückung nicht aktiviert ist. Das aber könnte man erstens im Fall eines Behördenkontakts untersagen. Und das tun zweitens die meisten Anrufer ohnedies nie, weil sehr viele Menschen gar nicht erst abheben, wenn sie von einer „unterdrückten Nummer“ oder „Anonym“ angerufen werden.
Beim E-Mail kann man hingegen mit einer einfachen Maßnahme jede beliebige Absenderadresse fingieren. Das ist ein Fälschungsvorgang, der so einfach ist, dass sogar ich ihn beherrschen würde (ich habe ihn mir vom besten EDV-Team der Welt, also meinem, zeigen lassen, als ich entdeckt habe, dass meine eigene Mailadresse leider des Öfteren missbraucht wird, um die angebliche Verschiebung von Millionenbeträgen aus Nigeria anzukurbeln. Die ich aber leider nicht habe).
Aber vielleicht weiß man das alles im Rathaus noch nicht, denke ich mir. Vielleicht hält man dort Mails ernsthaft für sicherer als das Telefon. Doch dann recherchiere ich weiter und entdecke: Es ist das Innenministerium selber, das sagt, dass man Wahlkarten zwar per Mail, aber nicht per Telefon bestellen kann.
Gewiss: Es gibt schlimmere Missstände in diesem Staat. Aber es ist trotzdem ärgerlich, wenn man sogar bei solchen Kleinigkeiten auf behördliche Hirnlosigkeit trifft. Und wenn die Behörde natürlich auch nie sagt, warum sie das eine erlaubt und das andere verbietet. Die hohe Obrigkeit braucht doch vor uns Untertanen nichts zu begründen.
Allerdings wäre es nett, wenn sie im Umgang mit uns einfachen Bürgern wenigstens korrektes Deutsch verwenden würde. Aber das ist wohl vor lauter politisch korrektem Gendern auf Zehntausenden Wahlkartenkuverts in Vergessenheit geraten („Die persönliche Abgabe ist auch durch eine von der Wählerin oder von dem Wähler beauftragten Person zulässig.“ Wie viel richtiger, kürzer und verständlicher wäre es doch, stünde dort „… durch eine vom Wähler beauftragte Person.“). Aber Deutsch muss ja ein Beamter in Österreich nicht können, nur Gendern.
Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.