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Der Kampf um das Casino Zögernitz ist verloren. Mit der geschlossen rot-grünen Beton-Dampfwalze und Teilen der ÖVP hat die Döblinger Bezirksvertretung nun eine massive Verbauung des Areals rund um das historische Gebäude genehmigt, in dem einst auch Johann Strauss viele Triumphe gefeiert hat.
Damit geht das profitbringende Zubetonieren der schönsten Teile Wiens munter weiter. Neben der Entstellung des Stadtzentrums durch mehrgeschoßige Dachboden- und Hochhaus-Bauten wird jetzt (insbesondere) in Döbling ein historischer Vorort nach dem anderen verschandelt. Neben dem Zögernitz-Areal zeigt sich das auch auf der Hohen Warte, in Nussdorf und in Neustift (das zum Teil auch zum 18. Bezirk gehört).
Auf der Hohen Warte wächst auf dem Gelände der ehemaligen Präsidentenvilla nun ein – sicher sehr gewinnbringender – Großbau mit vielen Wohneinheiten. Das Gleiche spielt sich in noch größeren Dimensionen gleich daneben auf dem Gelände des ehemaligen Kinderheimes ab, das von China erworben worden ist. Wo offensichtlich das traumhaft gelegene neobarock-sezessionistische Hauptgebäude weiter dem Verfall preisgegeben wird, während der Beton-Großbau für viele Chinesen-Wohnungen schon riesige Dimensionen angenommen hat.
In Neustift wieder sind es nicht zuletzt osteuropäische Oligarchen gewesen, Putin-Verbündete und -Gegner, die ihr wie auch immer nach Österreich transportiertes Geld in protzigen Beton angelegt haben. Womit sie alle Krisen und Turbulenzen übertauchen wollen.
Auch beim Zögernitz könnte man fast wetten, dass, wie beim Kinderheim, entgegen vagen Politikerversprechen das historische Casino-Gebäude weiter unrenoviert bleiben wird, während rundherum schon die Wohnungen teuer verkauft sein werden. Notfalls könnte dann halt, wie so oft, irgendjemand zufällig in Konkurs gehen. Und das als Beschwichtigung gedachte Versprechen bleibt unerfüllt.
Das rotgrüne Gerede von geplanten „Sozialwohnungen“ rund um das Zögernitz kostet Kenner des Wiener Wohnungsmarktes ein bitteres Lachen. Denn entweder sind das alles andere als Sozialwohnungen, oder es lässt sich durch solche nie und nimmer die sicher kostspielige Sanierung des historischen "Casinos" finanzieren (wie einst große Restaurants bezeichnet wurden). Und wahrscheinlich wird beides zutreffen. Aber das werden wir erst in vielen Jahren sehen, wenn das Unheil schon lange passiert ist und eine ganz andere Politikergeneration ihre Hände in Unschuld wäscht.
Dass Rot und Grün bei allen Großbeton-Projekten Hand in Hand gehen, ist ja schon vom geplanten Mega-Hochhaus neben dem Konzerthaus oder der ebenfalls fertig geplanten teilweisen Verbauung der Steinhofgründe bekannt.
Aber in Döbling spielt auch der ÖVP-Bezirksvorsteher Adolf Tiller eine besonders üble Rolle bei allen Betonprojekten. Er war zusammen mit Rot und Grün entscheidend dafür, dass das Projekt in der Bezirksvertretung eine 23:22-Mehrheit bekommen hat, obwohl seine eigene Fraktion mit klarer Mehrheit dagegen gewesen ist.
Aber ein Herr Tiller hält sich nicht an Fraktionsbeschlüsse. Er hat vielmehr einige ÖVP-Bezirksräte so unter Druck gesetzt, dass diese dann mit ihm und Rotgrün für das Projekt gestimmt haben. Dabei hat er noch vor wenigen Tagen in einer Boulevard-Zeitung scheinheilig beteuert, dass er keinesfalls neuem Bauland in dieser Gegend zustimmen werde.
Er hat sich auch von Analysen der letzten Wahl nicht beeindrucken lassen, die zeigen, dass die ÖVP gerade dort, wo Großanlagen entstehen, überdurchschnittlich hoch verloren hat. Parteipolitisch hat dieser – auch vom abgetretenen Parteichef Juraczka verfolgte – Betonkurs also den Schwarzen keinen Nutzen gebracht. Der Nutzen muss wohl auf anderen Feldern liegen.
Was besonders ärgerlich ist: Die ÖVP war einst mit Jörg Mauthe „die“ Vorkämpferin für die Erhaltung alter Grätzel und Baukultur. Das ist sie offenbar nur noch im 8. und 13. Bezirk.
Besonders frustrierend ist für viele Wiener, dass auch die Grünen an der Spitze der Betonierer stehen. Waren sie doch nach Mauthe eine Zeitlang die Fortführer seines kultur- und traditionsbewussten Kurses gewesen, was ihnen damals auch viel Zustimmung unter Wiener Bürgern eingebracht hat. Heute sind die Grünen hingegen zu einer reinen Studenten- und Immigrantenpartei degeneriert.
Nur die SPÖ muss sich da keinen kritischen Fragen stellen. Sie war immer schon die Partei des Betons. Vor allem dann, wenn er sehr profitabel gewesen ist.
PS: Sollte der Betonkurs eines Teils der Wiener ÖVP, wie glaubwürdig kolportiert wird, mit konkreten Interessen bestimmter Banken zu tun haben, dann ist das besonders dumm. Denn gewiss sind die Banken für Österreich enorm wichtig – aber man sollte ihre Lebensfähigkeit durch Streichung der unsinnigen (aber auch mit Zustimmung der ÖVP eingeführten) Bankensteuer sichern (für die auch die FPÖ gewesen ist!). Und nicht durch Unterstützung für dubiose und von den meisten Wienern abgelehnte Projekte.