Bücherverbrennungen damals und heute

Vor 75 Jahren haben Nazis am Salzburger Residenzplatz rund 1.200 Bücher öffentlich verbrannt. Am Scheiterhaufen landeten vorwiegend Werke jüdischer und katholischer Autoren. Der Initiator der Bücherverbrennung – SS-Mann Karl Springenschmid – in seiner Feuerrede: „Verbrannt, vernichtet sei alles, was an klerikaler Knechtung und jüdischer Verderbnis den Aufbruch einer wahrhaft deutschen Kultur behinderte.“

Ein Hass-Ritual, ein symbolisches Zeichen der Auslöschung von Meinungsfreiheit und Menschenleben. Hinter der öffentlichen Zerstörung eines Buches steht nämlich immer auch die Drohung, gleiches dem Autor anzutun.

Ein dunkles Kapitel, das sich nicht wiederholen darf. In Salzburg hat die „Initiative Freies Wort“ vor einigen Tagen der Bücherverbrennung am 30.April in Salzburg mit zahlreichen Lesungen, Vorträgen und Aktionen gedacht. Angesichts der aktuellen Entwicklungen in Europa ist eine solche Gedenkveranstaltung durchaus wichtig und sinnvoll. Allerdings nur, wenn man die richtigen Lehren aus dem Geschehenen zieht, den richtigen Bezug zur Gegenwart herstellt und sein Handeln und seine Politik dementsprechend ausrichtet. Andernfalls sind solche Gedenkveranstaltungen nur abgenutzte sinnentleerte Rituale, Bühnen auf denen sich die Protagonisten als mutig, engagiert, couragiert inszenieren dürfen. Nach dem Motto, ja wenn wir damals gelebt hätten, was wären wir nicht für furchtlose und schneidige Widerstandskämpfer gewesen. Ähnlich wie auf einem Kinderfasching, wo sich die Kleinen unter der Obhut von Kindergärtnerinnen als Bat- oder Spiderman verkleiden und so tun, als hätten sie Superkräfte.

Sich mutig, edel und als Held fühlen, ohne etwas zu riskieren, ein geistiges Wellness-Programm für Opportunisten. „Voraussetzung für die Konjunktur des virtuellen Antifaschismus ist das Fehlen des realen Faschismus“, hat es Henryk M. Broder auf den Punkt gebracht. Johannes Gross, einer der klügsten deutschen Journalisten, schrieb: „Je länger das Dritte Reich tot ist, umso stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen.”

Wer der Bücherverbrennungen während der NS-Zeit gedenkt, der muss auch gegen die neuen Formen dieses Ungeists auftreten. Alles andere ist Schmierentheater, Parolen und Mahnungen wie „Wehret den Anfängen“, „Nie wieder“ oder „Die Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden“ verkommen sonst zu hohlen Phrasen. Und es gibt genügend aktuelle Gründe und Anlassfälle, um gegen die neuen Formen der Bücherverbrennungen in Europa auf die Barrikaden zu steigen.

So hat etwa der tschechische Künstler Martin Zet unter dem Motto „Deutschland schafft es ab“ dazu aufgerufen, 60.000 Exemplare des Thilo Sarrazin-Bestsellers  „Deutschland schafft sich ab“ einzusammeln und für einen „guten Zweck“ zu recyceln, sprich zu vernichten. Die Neosozialisten waren von dieser „originellen“ Aktion begeistert. Zahlreiche linke Gruppierungen und staatsnahe Institutionen unterstützen anfangs mit großem Engagement  die Büchervernichtung für die „gute Sache“. Das hatten wir doch schon.

Diejenigen, die zur Büchervernichtung aufrufen, haben stets „überzeugende“ Argumente und „hehre“ Ziele. Auch daran hat sich nichts geändert. Dass nach dem Aufruf, Sarrazins Bücher zu vernichten, die Journalistin Mely Kiyak in der Frankfurter Rundschau die Eskalationsschraube weiter anzog und Sarrazin als „lispelnde, stotternde, zuckende Menschenkarikatur“ bezeichnete, kann deshalb nicht verwundern. Bücherverbrennungen beinhalten eben immer auch die Drohung, den Autor zu vernichten. Die Entmenschlichung des Feindes ist ein Schritt in genau diese Richtung.

Wer die dominante Ideologie und den Zeitgeist kritisiert, wird von den Funktionseliten und ihren Wasserträgern verfolgt, geächtet und in der rechtsextremen Ecke entsorgt. Die mittlerweile unüberschaubare Anzahl an Dogmen, Verboten und Sprachregelungen der im Kern totalitären Öko-Gender-Multikulti-Ideologie dürfen nicht angezweifelt oder in Frage gestellt werden! Sie sind mittlerweile sakrosankt.

Ideologie geht vor Fakten

Auf Ketzer und Zweifler reagieren die unbefleckten Hüter der politisch korrekten Moral stets gereizt und aggressiv.  Davon können nicht nur Prominente wie Thilo Sarrazin oder Eva Herman ein Lied singen, die Liste derer, die ins soziale Abseits gedrängt, kriminalisiert und mundtot gemacht wurden, weil sie die falsche Meinung hatten, wird immer länger. Um möglichst effektiv gegen Abweichler vorgehen zu können, werden immer neue Gesetze mit sehr weitem Interpretationsraum (Stichwort: Verhetzung) erfunden. Wurde das in Salzburg thematisiert oder gar angeprangert, oder erstreckt sich die Freiheit des Andersdenkenden eben doch nur auf das linke politische Spektrum?

Dienen die damaligen Bücherverbrennungen gar dazu, die immer weiter fortschreitende Einschränkung eines offenen gesellschaftlichen Diskurses und der Meinungsfreiheit in Europa zu verteidigen und rechtfertigen? Schließlich meinte die Hauptrednerin der Gedenkveranstaltung, die Journalisten Barbara Coudenhove-Kalergi: Der Antisemitismus von heute heißt Antiislamismus.

Und eben weil diese Behauptung in vielerlei Hinsicht falsch und haltlos ist, wurde sie von den Neosozialisten aus strategischen Gründen zum politisch-korrekten Dogma erhoben, um sie so gegen jeden Einwand und gegen Sachargumente zu immunisieren. Sie dient den Apologeten der Multi-Kulti-Ideologie nun als Totschlagargument, um alle Zweifler und Kritiker kurz und schmerzlos zum Schweigen zu bringen. Wer nicht freudig im Zug der Lemminge mit marschiert und Beifall klatscht, ist ein Nazi. Punkt.

Auch das platte Gutmenschen-Klischee, dass der gemeine Österreicher in der Regel ein dummer unverbesserlicher Rassist sei, bedient Frau Coudenhove-Kalergi in ihrer Rede: „Als vor einigen Wochen in Wien ein Einheimischer eine afrikanische Frau vor die U-Bahn stieß, weil sie seiner Meinung nach auf dem Bahnsteig zu laut telefonierte, wurde er von einem österreichischen Gericht freigesprochen. (…) Nur wenige Zeitungen haben die Geschichte für wert befunden, um darüber zu berichten. (…) Heimat und Volkstum gegen Weltbürgertum.“

Das ist gleich doppelt falsch. Zum einen wurde der Mann nicht freigesprochen, sondern zu einer bedingten Haftstrafe verurteilt. Aber wer will sich schon eine tolle Story durch Fakten ruinieren. Zum anderen ist auch die Behauptung unrichtig, dass nur wenige Zeitungen über den Fall berichtet haben. Das Gegenteil ist wahr. Von den Gratis-Boulevardblättern bis zu den Qualitätszeitungen haben praktisch alle heimischen Blätter ausführlich und breit über die Attacke und den Prozess berichtet (30 Sekunden googlen hätten genügt, um das festzustellen). Bezeichnend ist auch, dass fast alle Medien in diesem Fall wie selbstverständlich von Rassismus ausgegangen sind.

Aber die Behauptung passt eben so schön in die klischeehafte Gutmenschenwelt.

Es ist in Wahrheit vielmehr so, dass die sich rasant häufenden brutalen Prügel-Attacken gegen junge autochthone Männer in Deutschland und Österreich von den Mainstreammedien weitgehend ignoriert und verharmlost werden und es fast nur noch jene Fälle mit tödlichem Ausgang überhaupt in die Zeitungen schaffen (wie etwa die Fälle Daniel S. oder Jonny K). Das stört die Mahner und Bedenkenträger aber offenbar nicht. Da ist man gerne großzügig. Wenn man Verbrechensopfer nicht für seine politischen Ziele instrumentalisieren kann, dann ignoriert man sie einfach.

Dass immer mehr Medien den Lesern und Sehern die Vornamen und Herkunft der Täter vorenthalten, ist natürlich keine (Selbst)Zensur, sondern bloß eine notwendige erzieherische Maßnahme, um für mehr Gerechtigkeit, Frieden und Verständigung zu sorgen. Amen.

Der selektive Umgang von und mit Medien

Die vielen Profiteure des politisch-korrekten Systems haben schließlich nicht das geringste Interesse daran, dass der gemeine Bürger hinter die bunt bemalten Fassaden des potemkinschen Multi-Kulti Dorfes blickt. So schön ist es dort wirklich nicht. Deshalb berichten die Mainstreammedien nur noch verzerrt, lückenhaft und selektiv. Die Wahrheit ist dem Menschen doch nicht mehr zumutbar. Presse- und Meinungsfreiheit ja, aber Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen, wie linke „Anti“-Faschisten gerne argumentieren. Und was Faschismus ist, bestimmt die politisch-korrekte Elite im Alleingang.

Deshalb wird eines der letzten relevanten liberal-konservativen Printmedien im deutschsprachigen Raum, die unbequeme Schweizer Weltwoche, permanent vor Gericht gezerrt. Erst wenn das letzte Widerstandsnest vernichtet und eine linke Medien-Monokultur hergestellt worden ist, sind die Neosozialisten glücklich. Mit Bücherverbrennungen – in welcher Form auch immer – haben sie in Wahrheit wenig Probleme, es müssen nur die „richtigen“  Bücher brennen.

Da Printmedien und Rundfunksender fast alle auf Linie sind, findet kritischer Journalismus fast nur noch im Internet statt. Sehr zum Ärger der politischen Eliten. Auf nationaler und europäischer Ebene gibt es aus diesem Grund längst Bestrebungen, diese Lücke endlich zu schließen. Während missliebige Meinungen verboten werden, werden genehme gefördert und belohnt. Da immer mehr Mainstream-Zeitungen aufgrund von Leser- und Anzeigenschwund in finanzielle Schwierigkeiten geraten, sollen sie nun unter dem Deckmantel der Meinungsvielfalt und des Qualitätsjournalismus mit Steuergeldern wieder aufgepäppelt werden.

So fordern die deutschen Grünen eine „staatlich unabhängige Stelle zur Förderung des Journalismus“ und die SED-Nachfolgepartei Die Linke will „eine staatsferne, öffentliche Finanzierung von Qualitätsjournalismus“. Der war gut. Anders ausgedrückt, die politisch-korrekten Dorftrommler sollen mit Steuergeldern künstlich am Leben gehalten werden. Zuckerbrot für die Claqueure, Peitsche für die Widerspenstigen. Mit Meinungsvielfalt und -freiheit hat das nur noch wenig zu tun.

In solch einem Klima ist es für die politische Elite ein Leichtes, die öffentliche Meinung in ihrem Sinne zu steuern und zu beeinflussen. Deshalb wissen mittlerweile (fast) alle braven Untertanen, dass an der Finanz- und Wirtschaftskrise die bösen Neokapitalisten und Spekulanten schuld sind; dass Windräder gut und Atomkraftwerke schlecht sind; dass die Unterschiede zwischen Männern und Frauen nur ein gesellschaftliches Konstrukt sind; dass es allen besser geht, wenn man die Reichen enteignet; dass die Grünen stets auf der richtigen Seite stehen; und dass alle Konservativen, Kapitalisten und Rechten abgrundtief böse und schlecht sind.

All das sind dank der flächendeckenden Propaganda der Mainstream-Medien und unseres linken Bildungssystems mittlerweile allgemein anerkannte und akzeptierte Wahrheiten. Wer sie anzweifelt, ist krank (hat eine Phobie), dumm, durchtrieben und ein Nazi. Das ist ziemlich praktisch, weil man keine Bücher mehr verbrennen muss. Es gibt ohnehin kaum noch jemanden, der kritische Bücher schreiben oder verlegen will bzw. kann.

Der freie Austausch von Gedanken über gesellschaftliche Umstände und Entwicklungen ist für die herrschende Elite immer ein Ärgernis. Das ist schon immer so gewesen. Freie Geister werden deshalb immer mit dieser Schicht in Konflikt geraten. Dieses Problem haben die meisten Journalisten, Intellektuellen, Autoren, Künstler und Bedenkenträger aber ohnehin nicht.

Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. Vor kurzem ist sein Buch „Die roten Meinungsmacher – SPÖ-Rundfunkpolitik von 1945 bis heute" im Deutschen Wissenschaftsverlag erschienen.

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