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Wer hat nicht an den 11. September in New York gedacht, als nun in der Stadt Boston die Bomben explodiert sind? Wenngleich man mit Vermutungen ohne handfeste Beweise immer zurückhaltend sein soll, so ist doch eines klar: Auch bei intensivem Nachdenken fällt einem keine andere Wahrscheinlichkeit ein, wer sonst diese koordinierten Terrorschläge ausgelöst haben soll als eben dieselben Netzwerke wie im Jahr 2001.
Also steht der islamistische Terrorismus wieder scharf im Scheinwerferlicht. Wer sonst soll möglichst viel Blutvergießen bei einem solchen Massenereignis gewollt haben, beim ältesten und traditionsreichsten Stadtmarathon der Welt, der einen Bogen vom 19. bis ins 21. Jahrhundert spannt, der damit für die europäisch-amerikanische Kultur einen ganz besonderen Stellenwert hat? Aber lassen wir ein paar Promille an Möglichkeit offen, dass es wer anderer war, von mir aus auch der Zufall. Mehr ist da jedoch nicht drinnen. Ich bin auch sicher, dass Gerichte Menschen schon mit einem viel geringeren Grad an Sicherheit schwerst verurteilt haben.
Gewiss muss man immer wieder festhalten und betonen, dass es auch unter Moslems nur eine winzige Minderheit ist, die Anschläge irgendwie befürwortet. Aber ebenso muss man im Rückblick auf den 11. September sagen, dass eine Reihe islamischer Länder seither nicht sonderlich hilfreich gewesen ist, um die Jagd auf die Täter zu unterstützen. Von den zerfallenen Staaten wie Jemen, Somalia oder auch Pakistan sei da gar nicht geredet, wo überall gewalttätige Radikalislamisten die Hauptschuld an der Gesetzlosigkeit tragen.
Man muss aber auch die Politik und Justiz etwa Europas fragen, ob sie die anhaltende und eskalierende Bedrohung durch Terrorismus ernst genommen haben. So sind ja in Wien zufälligerweise nur Stunden vor den Bostoner Explosionen Angeklagte freigegangen, die Terroristen geholfen haben dürften. So haben viele linke Medien und Politiker viel intensivere Emotionen wegen des amerikanischen, mit mutmaßlichen Terroristen gefüllten Lagers Guantanamo gezeigt als wegen der Anschläge vom 11. September. Zumindest taten sie das, solange in Washington ein republikanischer und noch kein demokratischer Präsident regierte. Auch hat man immer wieder das Gefühl bekommen, dass jeder Versuch Amerikas, strengere Kontrollen gegen den Terrorismus zu organisieren, primär überall als Zumutung interpretiert worden ist.
Wenn es wirklich islamistischer Terror gewesen ist, dann war der Anlass der Explosionen zweifellos wieder spektakulär gewählt. Aber zum Glück ist die Opferzahl doch weit geringer als bei der Zerstörung des World Trade Centers. So tragisch auch immer jeder einzelne Tote ist, und gar ein getötetes Kind.
Dennoch können sich die Amerikaner zugute halten, dass es ihnen mehr als ein Jahrzehnt lang mit zum Teil harschen Maßnahmen gelungen ist, Terrorismus zu verhindern. Obwohl es zweifellos viele gerne versucht hätten. Man denke nur daran, dass Explosionen mit zweistelligen Opferzahlen im Irak, wo es eben keinerlei Sicherheitsmaßnahmen gibt, fast täglich vorkommen und in den Medien als langweilig gar nicht mehr vermeldet werden. Und dass Blut und Terror in den nordafrikanischen Ländern überhaupt alltäglich sind. Von Syrien ganz zu schweigen. Ausgerechnet Israel bildet da eine eindrucksvolle Ausnahme im Nahen Osten – eben weil es sich mit der von der EU so hart kritisierten Mauer abgeschirmt hat.
Aber absolut kann sich nicht einmal Amerika schützen. Mit dieser Tatsache muss sich auch das noch immer mächtigste Land der Welt abfinden. Gegen Terrorismus helfen auch keine Waffenverbote, die in den letzten Monaten von Journalisten zur zentralen Notwendigkeit hochgeschrieben worden sind.
Und noch eine Erkenntnis sollte uns allen bewusst werden: Auch der Sport ist keineswegs von einem anderen Planeten, sodass sich dieser von der politischen Gewalt absentieren könnte. Das hat schon einst der palästinensische Anschlag in München gezeigt und eben jetzt Boston. Den Kopf in den Sand stecken hilft genauso wenig wie der Hochmut, dass Sport etwas Besseres wäre.