Diskriminierung ist nicht gleich Diskriminierung

Eine österreichische Homosexuellen-Lobby versucht derzeit Druck auf die Parlamentarier auszuüben, damit sie jene Gesetzesnovelle annehmen, die es de facto unmöglich macht, einem Schwulen den gewünschten Job oder die gewünschte Wohnung zu verweigern. Der gleiche Schutz soll auch anderen Menschen zuteil werden, die beispielsweise durch ihre Weltanschauung – selbst wenn diese radikal sein sollte – auffallen. Das Tagebuch hat das ausführlich dargestellt. Der folgende Text stammt von einem österreichischen Juristen im Dienste einer internationalen Organisation.

Die Stellungnahme der HOSI (Homosexuellen-Initiative) Wien „Ungleicher Diskriminierungsschutz ist klare Menschenrechtsverletzung“ ist inhaltlich vollkommen verfehlt, zeigt aber dennoch deutlich, um wessen Partikulärinteressen es hier eigentlich geht: Eine marginale, aber lautstarke Pressure-Group versucht, sich Rechtsvorteile zu sichern.

Das Argument, es dürfe zwischen verschiedenen „Diskriminierungsgründen" nicht diskriminiert werden, klingt nur auf den ersten Blick einleuchtend, ist es aber in Wirklichkeit nicht. Hier werden gezielt Äpfel und Birnen vermischt. Dies ist auch der Grund, weshalb die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene „Allgemeine Antidiskriminierungsrichtlinie" in ihrer derzeitigen Fassung keine Aussichten auf Verwirklichung hat:

Der ursprüngliche Entwurf sollte nur die Rechte von Personen mit einer Behinderung stärken, was wohl auf allgemeine Zustimmung gestoßen wäre – doch wurde der Entwurf in letzter Sekunde auf Druck homosexueller Interessenverbände in eine „allgemeine" Richtlinie umgemodelt, wodurch diese Verbände ihrer eigenen Klientel jene Rechtsvorteile zuwenden wollten, die eigentlich nur für die besonders benachteiligte Gruppe von Menschen mit einer Behinderung sachgemäß scheinen.

Bedauerlicherweise hat also die Homosexuellenlobby die Interessen von Menschen mit Behinderung in Geiselhaft genommen: Letztlich ist sie daran schuld, dass behinderte Menschen auf eine ihren Bedürfnissen entsprechende Förderung weiterhin warten müssen.

Sinnvollerweise kann Antidiskriminierungspolitik nur darin bestehen, Ungleichbehandlungen von Personen zu unterbinden, die sich tatsächlich in der gleichen Situation befinden. Eine „Gleichbehandlung" von abstrakten – und voneinander vollkommen verschiedenen! – Diskriminierungsgründen ist hingegen verfehlt. Es geht um die Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz, nicht darum, dass durch gesetzliche Zwangsmaßnahmen alle Menschen gleichgemacht beziehungsweise von allen Menschen gleich behandelt werden sollen. Ersteres ist Kennzeichen einer liberalen Gesellschaft, letzteres purer Marxismus.

Ein Blick auf die verschiedenen „Diskriminierungsgründe“ zeigt, dass es sich um ganz verschiedenartige Probleme handelt, die auch verschiedener Regelungsansätze bedürfen:

Rasse: Es ist gesellschaftlich vollkommen unumstritten, dass allen Menschen die gleiche Würde zukommt und dass Diskriminierungen aufgrund der Rasse/Hautfarbe auf keinen Fall geduldet werden können. Die Diskriminierung von Menschen mit anderer Hautfarbe, sei es durch Verhetzung und Verächtlichmachung, sei es im geschäftlichen Verkehr, ist daher unbedingt zu unterbinden.

Behinderung: Es ist ebenfalls gesellschaftlich vollkommen unbestritten, dass Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung an einer schweren schicksalhaften Benachteiligung zu tragen haben, und dass sie daher in besonderer Weise auf die Solidarität und Unterstützung ihrer Mitmenschen angewiesen sind. Bloße „Nichtdiskriminierung" reicht hier jedoch nicht aus; vielmehr bedarf es einer (oft nach persönlichen Bedürfnissen im Einzelfall) maßgeschneiderten Unterstützung durch den Sozialstaat.
Selbstverständlich kann eine solche besondere Unterstützung nur denjenigen zuteil werden, die sie tatsächlich brauchen, und nicht einfach jedermann; auch sind die Lasten hierfür von der gesamten Gesellschaft zu tragen, und nicht etwa nur von jener Einzelperson, mit der die behinderte Person zufällig einen Vertrag (z.B. ein Miet- oder Arbeitsverhältnis) abschließen will. Es erscheint daher gänzlich unangemessen, die besonderen Rechte und Vergünstigungen, die Behinderten gewährt werden, auch auf andere Personengruppen (etwa Homosexuelle) auszudehnen.

Geschlecht: Es ist unbestritten, dass Männer und Frauen dieselbe Würde und die selben Rechte haben sollen. Allerdings ist es ebenfalls Konsens, dass sie sich aufgrund ihrer unterschiedlichen Physiologie voneinander unterscheiden, womit (zumindest im statistischen Mittelwert) erhebliche Unterschiede im Hinblick auf Bedürfnisse, Fähigkeiten, Begabungen und Präferenzen einhergehen. Es erscheint daher sinnvoll, Männern und Frauen gleiche Rechte einzuräumen, aber es wäre abwegig, das Gleichstellungsrecht als Instrument zu ihrer Gleichschaltung umzufunktionieren.

Religion: Im Gegensatz zu den drei erstgenannten Kriterien geht die Religion (zumindest ab dem Erreichen der Mündigkeit) letztlich auf die freie Entscheidung des Einzelnen zurück. Dementsprechend scheint es verfehlt, die im Hinblick auf jene Kriterien entwickelte Anti-Diskriminierungsgesetzgebung ohne jede weitere Nuancierung auf das Kriterium der Religionszugehörigkeit zu übertragen. Zwischen einzelnen Religionen bestehen erhebliche Unterschiede, die sich auch sehr konkret und erheblich auf das Sozialverhalten der betreffenden Personen auswirken können.
Nicht alle Religionen sind gleichermaßen sozialverträglich; insofern wäre es auch abwegig, sie so zu behandeln als wären sie alle „gleich". Überdies ist es gerade auch Teil der Religionsfreiheit, dass eine Religionsgemeinschaft ihre Angestellten und Funktionsträger aus ihren eigenen Angehörigen rekrutieren kann, oder dass jemand Dienstleistungen (wie etwa eine Heiratsvermittlung) speziell für die Angehörigen einer bestimmten Religion anbietet.

Sexuelle Orientierung: Einerseits ist es nicht restlos zweifelsfrei bewiesen, dass homosexuelle oder ähnliche Neigungen genetisch vorgegeben und unabänderlich sind. Ein erheblicher Anteil jener Personen, die sich selbst als homosexuell bezeichnet, hat eigene Kinder, was nahelegt, dass es sich bei Homosexualität nicht um ein unabänderliches Persönlichkeitsmerkmal handelt, sondern um eine (in manchen Fällen bloß vorübergehende) Neigung.
Insofern scheint es unangemessen, das Diskriminierungsmerkmal „Homosexualität" mit Merkmalen wie Geschlecht, Rasse oder Behinderung gleichzustellen. In der österreichischen Rechtsordnung wird auf die Bedürfnisse Homosexueller bereits jetzt ausreichend Bedacht genommen.

Die Idee einer Gleichbehandlung aller Diskriminierungsgründe erweist sich auch im Hinblick auf ihre möglichen Konsequenzen abstrus: Kommt nach der von EU-Justiz-Kommissarin Reding vorgeschlagenen Frauenquote dann auch eine Behindertenquote für die Aufsichtsräte börsennotierter Aktiengesellschaften? Soll es geschützte Werkstätten nicht nur für Behinderte, sondern auch für Homosexuelle geben? Oder eine Verpflichtung für Betriebe ab einer gewissen Größenordnung, eine Mindestanzahl homosexueller oder muslimischer Mitarbeiter einzustellen? Wann werden Hässliche oder Blonde in die Reihen der Privilegienempfänger aufgenommen?

Nach alledem ist es eindeutig, dass die schrille Behauptung, dass der differenzierende Zugang zu unterschiedlichen Fragestellungen des Diskriminierungsschutzes eine „klare Menschenrechtsverletzung" darstelle, vollkommen unzutreffend ist.

Tatsächlich würden die im vom Sozialministerium vorgelegten Entwurf enthaltenen Regelungen in so massiver Weise in die Privatautonomie eingreifen, dass gerade dadurch eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte zu erwarten wäre.

Der Autor ist ein österreichischer Jurist im Dienste einer internationalen Organisation. Er kann aus Rücksicht auf seinen Arbeitgeber seinen Namen nicht nennen.

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