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Vollgas mit Schuldenbremse

Derzeit fällt in jedem Gespräch über die internationale Finanzmisere früher oder später das Zauberwort, das offenbar alle Probleme löst: Schuldenbremse. Deutschland etwa hat sie schon beschlossen, freilich nur für die Zukunft. Bis 2016 soll dort die Neuverschuldung des Bundes auf 0,35 Prozent des BIP zurückgeführt werden. Ein wunderschönes Ziel – aber wer daran glaubt, sollte besser ins Casino gehen. Dort haben seine Wunschträume nämlich eine höhere Realisierungschance.

Wie das, werden manche fragen. Steht die Schuldenbremse doch sogar im deutschen Grundgesetz. Dort ruht sie freilich schon seit 1949. Und sie hat das gleiche Schicksal erlitten, wie es etwa gerade der Verschuldungsgrenze der Vereinigten Staaten passiert. Denn wenn sich die Konsequenzen einer solchen Bremse oder Grenze zuspitzen, wenn ihre Folgen konkreter zu werden drohen, werden alle Schranken übersprungen. In Amerika etwa wird am Schluss zweifellos auch die Opposition weitere Kreditaufnahme genehmigen. Denn wer könnte es verantworten, so wird argumentiert, wenn Spitäler, Ämter, Polizei und andere wichtige öffentliche Einrichtungen schließen müssten? Für die weniger folgenschweren Sparmaßnahmen ist es im letzten Augenblick freilich immer viel zu spät.

Neben solchen Erpressungen gibt es auch viele Tricks, Schulden zu verstecken. Sie werden ausgelagert oder durch geheime Haftungen getarnt. So hat vor zwei Jahren niemand außerhalb von Klagenfurt von den rund 20 Milliarden Euro Haftungen der Kärntner Landesregierung für die Hypo Alpe-Adria auch nur gewusst. Noch im Oktober 2009 sagte mir der österreichische Finanzminister in einem Hintergrundgespräch, dass die Kärntner HAA-Haftungen 6 Milliarden ausmachen würden. Und schon dieser noch relativ geringe Betrag hat gereicht, dass er bereit war, wider alle Sparsamkeitsschwüre eine sehr teure Feuerwehraktion zu starten.

Auch die deutsche Schuldenbremse ist völlig unglaubwürdig. Hat Deutschland doch soeben einen Beschluss gefasst, der allein die gesamte Sparsamkeitspolitik killen wird: nämlich den Atomausstieg. Dessen Konsequenzen sind zwar noch unabsehbar, aber jedenfalls sowohl für staatliche Budgets wie auch die Investitionsfreude der energieabhängigen Wirtschaft verheerend.

Gleichzeitig trägt Deutschland die Hauptlast der dreistelligen Milliardenbeträge, die neuerdings alljährlich nach Griechenland geschickt werden. Es gibt Studien, dass letztlich 50 Prozent davon am Ende – oft erst nach Umwegen – den deutschen Steuerzahler treffen. Dazu kommt ein gewaltiges Problem, das man seit langem kennt: Heerscharen an Babyboomern gehen nun in Pension – und wollen dann insbesondere auch die teuren Beamtenpensionen kassieren. Auch dafür wurde kein Euro zurückgelegt.

Da bleibt nur ein Ratschlag: Sollte wieder jemand von Schuldenbremse faseln, dann lachen Sie ihn einfach aus, wenn auch voll Verzweiflung. Wir sind mit Vollgas unterwegs, und keine Bremse greift.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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