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Ein Instrument der halb-direkten Demokratie wird endgültig kaputt gemacht. Gleich dreimal zeigen Volksbegehren, dass dieser Weg, sich zu artikulieren, nur noch von rechtlich Ahnungslosen, radikalen Außenseitern und politischen Rattenfängern benutzt wird. Das gilt für das Anti-Euratom-Begehren genauso wie für die Anti-Kirchen oder Pro-Einheitsschul-Initiative.
Von Bürger- und Verantwortungssinn getragene Begehren sind hingegen ausgestorben. Wie es etwa einst jenes zur Reform von Rundfunk und Fernsehens gewesen ist, wo in den 60er Jahren ein totaler Zugriff der Parteien zu einer unerträglich miesen Programmqualität geführt hatte (diese war abgesehen von technischen Unterschieden ungefähr so schlecht, wie sie heute wieder ist).
Hauptschuld am Verfall des Instruments Volksbegehren sind die Parteien, die mit Ausnahme des Rundfunk-Begehrens alle anderen Initiativen entweder ignoriert oder als bloßes Instrument eigener parteipolitischer Agitation benutzt haben. Jörg Haider hat als Oppositions-Führer regelmäßig Volksbegehren zum Start von Zwischenwahlkämpfen gestartet. Die SPÖ macht das jetzt sogar als Regierungspartei durch das Androsch-Begehren. Solche Parteibegehren sind rechtlich eine Absurdität: Denn um einen Antrag im Parlament einzubringen – und mehr bedeutet ja ein Volksbegehren nicht – braucht es lediglich die Unterschrift von ein paar Abgeordneten. Parlamentsparteien können also ohne große Kosten für die Verwaltung rechtlich haargenau Dasselbe erreichen wie ein Volksbegehren.
Das Instrument Volksbegehren ist nur noch dann zu retten, wenn der Verfassungsgesetzgeber (also mindestens drei Parteien) endlich auch den zweiten Schritt setzen: Jedes Volksbegehren, das bestimmte rechtliche Qualifikationen erfüllt, müsste ab einer bestimmten Unterschriftenzahl zwingend einer bindenden Volksabstimmung unterzogen werden. Sonst ist das Instrument endgültig tot. Das zeigt auch der inhaltliche Blick auf jede einzelne der aktuellen Initiativen.
Dieses Begehren verlangt einen Austritt aus dem Euratom-Vertrag. Über diesen Vertrag reguliert und kontrolliert Europa die friedliche Nutzung der Kernenergie, insbesondere in Hinblick auf die Sicherheitsstandards und Forschung. Ohne diesen Vertrag könnte jedes Land tun und lassen, was es will. Aber nicht nur deshalb wäre ein Austritt aus Euratom auch für Österreich selbstbeschädigend. Denn dieser Vertrag ist längst so sehr mit der gesamten Union verschmolzen, dass ein Austritt aus Euratom zwingend einen Austritt aus der gesamten EU zur Folge hätte.
Offen ist nur, ob die Initiatoren das nicht begreifen, oder ob sie es wissen und bewusst verschweigen. Ein bewusstes Verschweigen wäre dann logisch, wenn der Austritt aus der EU ohnedies das wahre Ziel der Volksbegehrer ist. Ein solches Ziel müssen sie aber verschweigen, weil ein Austritt aus der EU – bei aller mehr als legitimen Kritik an bestimmten Entwicklungen – in Österreich noch nie eine Mehrheit hinter sich gehabt hat. Denn selbst emotional geprägte EU-Kritiker spüren irgendwie, dass das katastrophale Folgen für Arbeitsplätze, Ersparnisse und die dann notgedrungen wieder eigene Landeswährung hätte.
Beim Thema Atom kommt noch ein weiterer Aspekt dazu: Österreich hat ein Atomsperrgesetz, das den Bau von Atomkraftwerken verbietet. Es importiert aber schon seit Jahren regelmäßig Atomstrom aus dem Ausland, weil der heimische Energiebedarf gar nicht anders zu decken wäre. Daher ist der Anti-Atom-Aktionismus im Grund reine Demagogie.
Dazu kommt, dass der (bis auf Zeiten der schweren Rezession) stetig wachsende Strombedarf in Zukunft noch mehr nuklear erzeugte Energie brauchen wird. Denn das Gerede von Alternativenergien wird mit Sicherheit nicht den künftigen Bedarf decken können. Ist doch dessen Deckung ohnedies schon durch die politischen Unsicherheiten der Öl- und Gas-Versorgung bedroht. Ganz abgesehen davon, dass Solar- und Wind-Energie noch auf absehbare Zeit sehr teuer sein werden und gewaltige Zuschüsse von Stromkonsumenten und Steuerzahlern verschlingen.
Das müssten eigentlich auch die Grünen als Haupt-Unterstützer des Begehrens genau wissen. Aber die Grünen wollen offenbar auch in Zukunft immer dabei sein, wenn es Unsinn anzurichten gibt. Allerdings hat sich auch eine Reihe von Landtagen dem Euratom-Begehren angeschlossen – was zeigt, dass die Provinz-Populisten weder von den rechtlichen Rahmenbedingungen noch von der wirklichen Meinung der Bürger eine Ahnung haben. Denn nach allen bekannten Daten findet diese Initiative besonders wenig Unterstützung.
Die von allen linken Medien am stärksten betrommelte Initiative ist jene von Hannes Androsch. Ihr Text ist freilich nur eine langatmige Ansammlung der folgenden drei Elemente, die hier schon ausführlich analysiert worden sind:
Das Wesen des Androsch-Begehrens als reine SPÖ-Gesamtschulinitiative wird auch längst rundum durchschaut, weshalb Androsch auch keinerlei angesehene Unterstützer gefunden hat. Nur eine Organisation scheint das nicht zu durchschauen: die Industriellenvereinigung (IV). Sie unterstützt das Begehren mit der bemerkenswerten Begründung, dass im Text nicht das Wort Gesamtschule vorkomme.
Natürlich sind die Damen und Herrn am Schwarzenbergplatz nicht so blöd, wie man auf Grund solcher Aussagen glauben müsste. Aber sie haben die Crux aller Organisationen mit freiwilliger Mitgliedschaft: Die Industriellenvereinigung ist erpressbar. Einige SPÖ-geleitete Betriebe (sowie etwa ein Wiener Elektronikunternehmer, der ausgerechnet auf das Heide-Schmidt-LIF gesetzt hat) drohten dem IV-internen Vernehmen nach mit Austritt, falls Androsch nicht unterstützt würde. Die IV-Führung und die bürgerlich orientierten Firmen waren hingegen zu lendenlahm, um dieser Erpressung einen Gegendruck entgegenzusetzen. Etwa indem sie ihrerseits austreten, weil die IV Gesamtschul-Initiativen finanziert, während sie kein Geld für bürgerliche Initiativen hat.
In mehr als einem Dutzend Punkten glaubten die Initiatoren des Antikirchenvolksbegehrens, Privilegien der Kirche entdeckt zu haben. In Wahrheit kulminiert in ihrem Text ohne jedes Fachwissen der blanke Hass auf die Kirche. Um nur einige Beispiele zu nennen:
Vor allem aber: Der geistige, kulturelle, zivilisatorische Beitrag der Kirche zum gegenwärtigen Österreich und Europa ist – trotz aller Verfehlungen von Kirchenexponenten – hundert Mal bedeutender und positiver als der aller Freidenkervereine und erpresserischer Opferverbände zusammen.