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Hat Österreich deutlich genug auf den Eklat des türkischen Botschafters reagiert? Ein unfreundliches Gespräch da und dort, ein paar Politikerstatements für die Medienbühne: Kann das wirklich alles gewesen sein, was auf das provozierende Interview des Herrn Kadri Ecved Tezcan in der „Presse“ folgt?
Gewiss wäre es falsch, an einen Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu denken, wie er in den ersten Stunden nach Erscheinen des Interviews schon da und dort gefordert worden ist. Die Tausenden konsularischen Probleme zwischen diesen Ländern brauchen auch in Zukunft direkte Beziehungen.
Aber es ist zumindest sehr zu hoffen, dass Außenminister Spindelegger seinem türkischen Kollegen bei seinem Telefonat am Mittwoch nicht nur sein Missfallen ausgedrückt hat, sondern auch eine klare Botschaft etwa folgenden Inhalts: Falls der Botschafter nicht binnen 14 Tagen unter welchem Vorwand immer Österreich verlässt, wird er offiziell dazu aufgefordert werden. Oder zumindest wird offiziell mitgeteilt, dass der Botschafter außer Portieren in seiner weiteren Amtszeit keinen Vertreter der Republik zu Gesicht bekommen wird.
So würde zumindest eine Republik reagieren, die etwas auf sich hält.
Ein Fehler wäre es hingegen, wenn Österreich eine Blockade der türkischen EU-Verhandlungen androhte, wie auch schon von manchen angedroht. Denn dann bräuchte die Türkei den Botschafter nur abzuziehen und könnte sofort einen moralischen Anspruch auf ein Ja Österreichs zu einem türkischen Beitritt erheben.
Das schlimmste am Interview des Botschafters ist sein Tonfall: Er tritt mit einer Überheblichkeit auf wie die Hochkommissare der vier Besatzungsmächte in den Jahren zwischen 1945 und 1955. Er macht damit klar, mit welch imperialer Bevormundung Österreich (wie auch andere Länder) zu rechnen hat, wenn die Türkei eines Tages der EU beitritt – wo sie noch dazu mit einem Schlag das größte Mitgliedsland wäre.
Er machte mit seinem Tonfall auch klar, wie sich die Lautstärke der gesamten türkischen Politik gegenüber Österreich entwickeln würde, wenn die österreichische Politik es zulassen sollte, dass auf dem Weg der „Familienzusammenführung“ weiterhin alljährlich neue Zuwanderer aus der Türkei ins Land kommen würden. Wenn die Familienförderung nicht kräftig umstrukturiert wird – die für eine ostanatolische Frau das Gebären von Kindern in Österreich zum weit besseren Geschäft als jede Tätigkeit in ihrer alten Heimat macht; wenn es nicht kräftige finanzielle Abzüge gibt, falls Mädchen nicht an Turnunterricht, Schwimm- und Skikursen teilnehmen; wenn Schulen geschwänzt werden; wenn Kinder trotz jahrelangen Aufenthalts in Österreich nicht ordentlich Deutsch können; wenn die einschlägigen Angebote nicht genutzt werden. Also wenn nicht endlich das oft behauptete „Fordern und Fördern“ auch Realität wird.
Aber befassen wir uns nicht nur mit dem ebenso verräterischen wie undiplomatischen Tonfall, sondern auch mit den Inhalten des Botschafter-Interviews.
Da bleibt einem geradezu der Mund offen, wenn ausgerechnet ein Vertreter der Türkei Österreich erklären will, was „liberal“ sei. Immerhin ist die Türkei ein Land, das nach wie vor alle nichtislamischen Religionen schwer behindert, und zwar mit Regeln und Schikanen, gegen die das Schweizer Minarettverbot eine absolut vernachlässigbare Einschränkung ist. Die Türkei ist ein Land, wo brutal bestraft wird, wer an den türkischen Völkermord an den Armeniern auch nur erinnert. Wo gewählte Politiker im Gefängnis landen. Wo alleine die Forderung nach Autonomie für die Kurden in den Kerker führt, von dem – schon in der UN-Charta stehenden – Selbstbestimmungsrecht gar nicht zu reden. Und dieses Land ist so frech uns zu sagen, was „liberal“ ist.
Noch grotesker ist, wenn ein Ausländer der ÖVP und der CDU vorhält, dass Maria Fekter und Angela Merkel in der falschen Partei seien. Das würde weder ein deutscher noch ein österreichischer Diplomat in Hinblick auf die Türkei sagen; das würde nicht einmal ein – an viel weniger Regeln gebundener – Politiker aus diesen Ländern auch nur denken. Ganz abgesehen davon, dass Merkel wie Fekter zu den besten und wichtigsten Identifikationsfiguren ihrer Parteien zählen.
Als einzige Entschuldigung kann sich der Botschafter in diesem Punkt zugutehalten, dass er ähnlichen Unsinn auch in den linken Medien Österreichs und Deutschlands lesen kann, die ständig scheinheilig an den konservativen Parteien Kritik ähnlicher Natur üben. Die diesen Parteien ständig sagen: Erst wenn ihr werdet wie Grün und Rot, dann werden wir euch eure Existenz verzeihen.
Geradezu bizarr wird es, wenn der Botschafter noch „nie davon gehört“ haben will, dass hier in Mitteleuropa junge Macho-Türken Mitschüler terrorisieren.
Eine brutale Provokation ist es, wenn er UNO, OSZE und OPEC auffordert, Österreich zu verlassen, weil hier 30 Prozent „eine extrem rechte Partei“ wählen. Diese Frechheit geht sogar noch über das Kesseltreiben hinaus, das Europas Sozialisten 2000 gegen die Bildung der schwarz-blauen Regierung inszeniert haben. Was auch immer ein Land wie die Türkei als „extrem“ zu definieren versucht, ist irrelevant. Und einfach dumm ist es zu glauben, solche Drohungen würden die Österreicher türkenfreundlicher machen. Da ist einem Vertreter des türkischen Regimes einfach der blanke Hass auf sein Gastland durchgegangen.
Frei von Logik ist es auch, wenn der Mann behauptet, dass sich andere Zuwanderer viel besser als die Türken integrieren, weil sie als Christen zum Unterschied von den Türken willkommen seien. Mir war jedenfalls völlig unbekannt, dass beispielsweise die rund 30.000 Chinesen in Österreich in nennenswertem Umfang Christen wären oder dass sie wegen einer falschen Religion diskriminiert würden.
Den Gipfelpunkt an Absurdität erreicht der Mann aber, wenn er uns vorwirft, eine „christliche Gesellschaft“ sein zu wollen (was ja längst nur noch ein Minderheitenprogramm ist), ein paar Absätze später aber selbst ungeniert den Satz formuliert: „Unsere Philosophie im Islam lautet anders.“
Also: Wir sollen uns für das (wenige) Christliche in Europa genieren, die – angeblich laizistische – Türkei identifiziert sich hingegen wie selbstverständlich mit dem Islam.
Der Mann ist also nicht nur rotzfrech, sondern auch dumm.
Dumm ist es auch zu behaupten, es würde der Integration dienen, wenn die türkische Sprache vom Kindergarten bis zur Matura gelehrt wird. Das ist absolut falsch, auch wenn diese Behauptung hierzulande in ähnlicher Weise von den Gläubigen der Political correctness gelehrt wird.
Man schaue nur auf die Hunderttausenden Österreicher, die in den Armutsjahren der 50er Jahre nach Nordamerika und in andere Weltgegenden emigriert sind. Sie haben sich alle ganz ohne österreichische oder deutsche Schule perfekt integriert (und nebenbei fast durch die Bank einen tollen beruflichen Aufstieg geschafft). Und kein Österreicher brüllt wie der türkische Ministerpräsident „Assimilation ist ein Verbrechen“, weil diese Emigranten heute die Sprache ihrer Jugend nur noch holprig, fehlerhaft, vokabelarm und akzentreich sprechen. Oder weil in der zweiten und dritten Generation meist überhaupt keine Deutschkenntnisse oder kulturelle Bindungen an die Heimat der Eltern mehr anzutreffen sind.
Ja, das ist eben das Los von Auswanderern. Und wenn ein türkischer Botschafter das so frech ins Gegenteil umzukehren versucht, dann überzeugt er nur noch mehr Österreicher, dass die Türken eben zum Unterschied von vielen anderen europäischen und asiatischen Auswanderern ungeeignet sind, hier als Gäste aufgenommen zu werden. Und dass sie tatsächlich nur auf den Zeitpunkt warten, wo sie die Mehrheit bilden werden, zuerst in Wien (wo Rot-Grün symbolisch schon die Gebetsteppiche aufrollt) und einige Jahre später dann in ganz Österreich. Diesen Eindruck bestätigt auch der Jubel, der laut türkischen Internet-Portalen in der schon eine Viertelmillion starken Türken-Gemeinde in Österreich ob des Botschafter-Interviews ausgebrochen ist.
Umso unfassbarer ist es, dass die Republik gleichzeitig österreichischen Intellektuellen den Strafprozess macht, weil sie mit deutlichen Worten aufzuzeigen versuchen, was der Islam bedeutet. Während es in keinem islamischen Land auch nur ein sanftes Wort der offiziellen Distanzierung gibt, wenn gegen Christen und Christentum gehetzt wird. Wie weit machen wir uns noch selbst kaputt?