Unter dem Titel "Kontroverse" gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN -Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die "Kontroverse" unter dem Titel:
Soll die ÖVP eine Wahlempfehlung für Heinz Fischer abgeben?
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Eine Empfehlung – aber klug
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Manche Dinge ändern sich und bleiben doch irgendwie gleich. So die Tatsache, dass im zeithistorischen Gedächtnis meist die negativen Aussagen von Politikern im Gedächtnis hängen bleiben. Dies wiederum ist darauf zurück zu führen, dass im journalistischen Alltagsgeschäft bekanntlich die beste Botschaft eine schlechte ist, weil sie "besser zu verkaufen ist". Es gibt keine Zeit für Differenzierung.
Dies führte u.a. dazu, dass von einem erfolgreichen sowie beliebten Unterrichtsminister und späteren Bundeskanzler der "Sager" übrig blieb, die Dinge seien kompliziert. Die Unterscheidung zwischen der Komplexität der modernen Welt, die einen komplizierten gesellschaftlichen Regelungsbedarf auslöst, kam "nicht rüber", wie es in der journalistischen Alltagssprache heißt. Davor haben die handelenden Politikerinnen und Politiker eine Heidenangst. Denn je differenzierter sie formulieren, desto größer wird die Gefahr, nachhaltig missverstanden zu werden.
Dies ist bei der derzeitigen Debatte innerhalb der ÖVP um eine Wahlempfehlung für Heinz Fischer der Fall. Denn in der Partei weiß man/frau nur zu genau, dass Wahlempfehlungen für einen "gegnerischen" Kandidaten nicht gut ankommen. Zudem hängt ihr meist der Geruch von politischer Entmündigung an, gleichwohl die andern zur Verfügung stehenden Kandidaten überhaupt nicht das Anforderungsprofil für die Nr. 1 im Staat erfüllen.
Diese hat das Land international zu vertreten, was bei Barbara Rosenkranz und dem christlichen Fundamentalisten Rudolf Gehring nur sehr bedingt vorstellbar ist. Daher geht die ÖVP den Weg der Differenzierung und greift Fischers Ideen auf. Wie zuletzt jene, wonach der Bundespräsident nur einmal – aber auf acht Jahre gewählt werden können soll. Dies ist auch eine Empfehlung – und keinesfalls eine unkluge.
Zwei unwählbare Kandidaten
Andreas Unterberger
Die ÖVP wird wohl keine Empfehlung für Heinz Fischer abgeben. So weit geht ihr Selbstbeschädigungstrieb nun doch nicht. Denn für jeden Menschen, der auf christlicher, wirtschaftsliberaler oder wertkonservativer Grundlagen steht – also auf einem der traditionellen ÖVP-Fundamente – ist Fischer genauso wie Barbara Rosenkranz unwählbar. Daher sprechen sich in der ÖVP auch nur die bekannten Opportunisten für die Wahl Fischers aus. Wie etwa Christoph Leitl.
Das heißt nicht, dass für bürgerliche Menschen Blaue oder Rote prinzipiell unwählbar sein sollten. Nur entsprechen weder Fischer noch Rosenkranz auch nur annähernd einer der drei vorher genannten Grundlagen, da mögen beide nun noch so oft eilfertig das Wort "Werte" plakatieren. Bei Rosenkranz wurden die Gründe der Unwählbarkeit oft durchdekliniert. Bei Fischer werden sie hingegen gerne verschwiegen.
Erstens: Fischer ist so wie Rosenkranz demonstrativ nicht Mitglied einer Kirche. Zweitens: Er war nie – so wie sein deutscher Kollege Köhler – eine Stimme der wirtschaftlichen Vernunft. Er hat sich nie mit dem Gewicht seines Amtes für Sparsamkeit, Verwaltungsreform und Bürokratieabbau oder für die notwendigen Pensions- und Gesundheitsreformen eingesetzt, sondern lediglich für noch mehr Umverteilung. Meistens hat er überhaupt geschwiegen oder sich mit wohlgeschraubten Worten um klare Stellungnahmen gedrückt.
Drittens: Wer sich über viele Jahre für die Freundschaft zu Nordkorea, der schlimmsten und brutalsten heute existierenden Diktatur engagiert hat, sollte nicht von "Werten" reden. Und dann schon gar nicht, wenn er auch die kubanische Diktatur mehrfach öffentlich gerühmt hat; wenn er zum Freundeskreis eines Udo Proksch gehört hat; und wenn er sich in all seinen ideologischen Äußerungen immer nur am ganz linken Rand positioniert hat.
Warum soll so jemand plötzlich für Bürgerliche wählbar sein? Nur weil er immer Krawatte trägt?
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