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Religion, Bildung, Bundespräsident drucken

„Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?
Du bist ein herzlich guter Mann, allein ich glaub,
du hältst nicht viel davon.“

Johann Wolfgang Goethe, Faust

Die berühmte Gretchenfrage. Heute irrelevanter denn je. Deshalb wollen wir auch nicht die beiden Bundespräsidentschaftskandidaten daraufhin abchecken. Religion ist Privatsache, und damit basta. Aber halt. Das Thema Religion kann hervorragend den Götzen des 21. Jahrhunderts, die berühmte Bildung, beleuchten – und über wie viel davon ein Mensch verfügt. Und da schneiden beide Kandidaten nicht sehr gut ab.

Der Glaube des Ingenieurs

Norbert Hofer, seines Zeichens Ingenieur, preschte aktiv vor mit der Propagierung des Zusatzes zur Eidesformel: So wahr mir Gott helfe. Und schob dann, näher befragt zu seinem Übertritt von der Katholischen zur Evangelischen Kirche nach: Weil dort Frauen Pfarrer werden können.

Was ist denn das für ein Armutszeugnis für einen, der Zeugnis ablegen will für eine Glaubensgemeinschaft? Ist der Mann wirklich so oberflächlich? Hat ihm denn der Pfarrer (oder die Pfarrerin), der ihm Konversionsunterricht gab, nicht erklärt, dass das Wesentliche am Protestantismus die andere Auffassung von Kirche ist? Reformatorische Grassrootskirche von unten statt katholischer Hierarchiekirche von oben?

Aber nein, eine Äußerlichkeit zählt: weibliche Pfarrer. Peinlich für den Kandidaten auch die mögliche Interpretation: dass er sich damit besonders zeitgeistig-progressiv geben wollte.

Noch peinlicher nur noch die Reaktion der Kirchenoberen. Der sattsam bekannte linkslinke Bischof Bünker, soundsovielter Spross einer Kärntner Pfarrerdynastie, musste daraufhin natürlich gleich den Politknüppel rausholen und wie wild auf sein Schäflein eindreschen. Zweites Gebot: Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen.

Okay, aber dann muss der Herr Bischof konsequenterweise eine Verfassungsänderung anstreben, die den optionalen Zusatz bei der Angelobungsformel streicht. Wenn's den nicht gäbe, wäre Gott nie auf dem Plakat gelandet. Schützenhilfe bekam der oberste Evangele sogleich vom obersten Moslem des Landes, der sich ebenso aufregte, dabei steht, kleine Spitzfindigkeit, im Verfassungstext nicht Allah, sondern Gott. Also, was braucht er sich aufzuregen?

Von dunkelbraun zu knallrot

Wieder einmal sieht man hier ein typisches Beispiel des Protestantismus: die Politeinmischung. Während die Katholen sich das gottseidank nach Seipel, dem Prälaten ohne Gnade, abgewöhnt haben, sind die Protestanten auch nach der Epoche von „Reichsbischof“ Müller schlicht unbelehrbar. Keiner hängt sein Fähnchen so nach dem Zeitgeist wie sie. Vor achtzig Jahren noch – nein, liefen sie den Nazis nicht nur nach, sie marschierten sogar voran, die Reihen dicht geschlossen gegen aufrechte Glaubensbrüder wie Dietrich Bonhoeffer, den sie im KZ verrotten, pardon: Zeugnis ablegen ließen.

Man muss jedenfalls vor den Katholiken den Hut ziehen: die waren damals viel widerständiger. Vielleicht hängt das ja auch damit zusammen, dass eine Weltkirche stärkere Korrektive hat als ein lockerer Verbund von Landeskirchen.

Und heute politisieren sie halt unter dem Banner der Menschenrechte linksmoralisierend drauflos: Pastor Gauck als Präsident im Verein mit Pfarrerstochter Merkel als Kanzlerin in Deutschland, die Willkommens-Dioskuren Bünker&Chalupka mit Regionalbischöfin Knoll bei der Bundespräsidentenwahl 1998 als Vorläuferin in Österreich. Dass letztere dann sogar aus der Kirche ausgetreten ist, und das lediglich wegen eines Hirtenbriefs in Kärnten, ist ein besonderes Schmankerl. Hat wohl Offenbarung Johannes, Kapitel 2, Vers 10 nie gelesen.

Das Bild verwirrter oder intellektuell überforderter evangelischer Christen hierzulande rundet Grünen-Frontfrau Eva Glawischnig schön ab. Auf die Frage, warum sie denn in einem gewagten Kleid geheiratet habe, erwiderte sie doch glatt: Evangelische dürfen das. Das gibt es doch nicht, dieses geballte Maß an Dummheit bei der Frontfrau einer Parlamentspartei.

Der Gnatsch des Professors

Freilich, der ordentliche österreichische Universitäts-Professor Van der Bellen ist um nichts besser als der Ingenieur Hofer. Auch bei ihm, einem Ökonomen, entdeckt man erschreckende Defizite. Aufgrund seiner estnischen Wurzeln evangelisch, ist er in seiner kommunistischen Sturm- und Drang-Ära aus der Kirche ausgetreten. Sein gutes Recht.

Was er jetzt ist, ist nicht sicher. Agnostiker? Wahrscheinlich eher einer der Vielen, denen das ganze Thema Religion mitsamt ihren Brimborien am A vorbei geht. Und jetzt verkündet dieser famose Herr, dass er vielleicht wieder in seine Kirche eintreten will. Aber nicht, weil er etwa über Gott und die Welt nachgedacht hat, nein, weil er das soziale Wirken der Kirchen so schätzt.

Nichts anderes als religiöser Utilitarismus ist das. Werden jetzt die Taufschein-Christen von den Sozial-Christen abgelöst? Ich glaube da ebenso wenig wie bei Hofer an ein wahltaktisches Kalkül. Ich glaube vielmehr ebenso wie bei seinem Konkurrenten an intellektuelle Defizite. Der gute Professor hat nicht kapiert, dass es bei Religion, zumindest den drei Buchreligionen, nicht in erster Linie um Ethik, sondern um Transzendenz geht.

Übrigens auch beim Hinduismus, bei dem das Volksreligionshafte für uns den transzendierenden Kern oft überdeckt, und beim Buddhismus, der halt theologisch statt auf Gott auf das Nichts ausgerichtet ist. Alle anderen „Glauben“, vom Konfuzianismus bis zu Scientology, sind Lebenshilfe-Religionen, oft mit übergestülpter Transzendenz, bei letzterer sogar mit der Annahme kleiner grüner Männchen.

Man weiß nicht so genau, was konkret damals den späteren Professor zum Austritt bewogen hat, es scheint da irgendeinen Gnatsch mit seinen Kirchenleuten gegeben zu haben. Kann mir das zwar nicht ganz vorstellen, weil ich ein paar Jahre später auf demselben Gymnasium war und einen sensationell guten evangelischen Religionsunterricht genoss. Und der damalige Innsbrucker Gemeindepfarrer Liebenwein war ein gütiger, allseits respektierter Mann.

Das große Versagen

Die Conclusio all dessen? Multiples Gesellschafts-Versagen in den Jahrzenten seit dem Krieg. Die Schulen haben versagt. Die Lehrer haben versagt. Die Familien haben versagt. Die Kirchen haben versagt, die Pfarrer haben versagt (die sowieso). Die Journalisten haben versagt (die besonders schmerzlich). Und wie wollen wir das alles wieder reparieren? Mit dummem Bildungs-Geschwurbel, das glaubt, Bildung stiege proportional zu den investierten Milliarden, und dass es wirklich einen Nürnberger Trichter gäbe.

Was also die Religion betrifft, so stellen sich beide Kandidaten als ziemlich amateurhaft dar, was aber auch nicht allzu viel ausmacht, denn, wie gesagt, Religion ist Privatsache. Jonas war Agnostiker, Kirchschläger überzeugter Katholik, und nix is g'scheh'n. Die Frage ist nur, ob sie auf anderen Gebieten des Lebens, die nicht unmittelbar mit ihrem Studium und ihrer Ausbildung zusammenhängen, auch so, auf gut österreichisch, tramhappert herumtapsen.

Das Idol der Intellektuellen und Künstler ebenso wie der Mann der Menschen aus den Betrieben. Hofer und VdB sind gleichermaßen Durchschnitt, was schon etwas seltsam ist, denn der Akademiker hätte ja viel mehr Möglichkeiten gehabt.  

Andererseits passt diese Verfasstheit der Kandidaten sogar sehr schön zum wichtigsten Logion des Christentums, das Verhältnis von Gott und den realen Zuständen betreffend: Mein Reich ist nicht von dieser Welt (Johannes 18,36). Und auch Lukas 29,25 schlägt in diese Kerbe: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist. Hie Politik – da Religion.

Was natürlich nicht für den Islam gilt. Denn dessen Reich ist gerade diese Welt. Die ganze. Die Umma ist eine weltlich-religiöse Totalgemeinschaft. Und gerade in Zeiten wie diesen mit der alltäglichen islamischen Ein- und Unterwanderung wäre ein bewusst christlicher, intellektuell gefestigter Präsident ein Zeichen. Für die Trennung von Religion und Staat. Paradox. Aber tatsächlich so.

Dr. Angelo Peer. Geboren in Innsbruck. Evangelisch A.B. Studium der allgemeinen, indogermanischen und deutschen Sprachwissenschaft. Werbetexter, PR-Schreiber, Autor.

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Verantwortungs-lose Politiker drucken

Für den „unglaublich sorglosen Umgang mit Steuergeldern“ sieht der Rechnungshof in einem Rohbericht über das Bundesdenkmalamt nicht nur deren Präsidentin in der Verantwortung, sondern auch die Exminister Claudia Schmied und Josef Ostermayer für „jahrelange Misswirtschaft“.

Frau Schmied dürfte ein besonderes Händchen für Geldvernichtung haben. Als Direktorin der Kommunalkredit hatte sie zwar eine Milliardenpleite mit zu verantworten, allerdings ohne Konsequenzen – zahlen darf der Steuerzahler. Als Unterrichtsministerin ist ihre Bilanz mehr als dürftig, an vielen Fehlentwicklungen wird das Schulwesen noch lange leiden. Aber immerhin: Sie hat immer wieder gern in Massenzeitungen inseriert und sich damit eine relativ positive Berichterstattung erkauft. Beim Burgtheater hat sie ebenso weggesehen wie beim MAK und beim Belvedere, mit den bekannten Folgen.

„Gebt den Sozialisten kein Geld, denn sie können nicht damit umgehen“, soll Konrad Adenauer einmal gesagt haben. Bei Frau Schmied – und bei vielen anderen – kommt diese Erkenntnis zu spät. Ob sich die mehrfach auf unsere Kosten Gescheiterte, die sich „mit Grandezza“(!) ins Privatleben zurückgezogen hat, noch in den Spiegel schauen kann?

Prof. Dr. Herbert Kaspar war langjähriger Herausgeber und Chefredakteur der ACADEMIA. 

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Die politische Korrektheit in der Krise drucken

Noch etwas mehr als zwei Wochen trennen Österreich von einem neuen Staatsoberhaupt. So die oberste Wahlbehörde diesmal ihren Pflichten nachkommt. Während hie und da noch das Echo der Fassungslosigkeit ob Trumps Triumph durch die Redaktionsstuben hallt, werden die Bleistifte für die nächste Wahlkampf-Berichterstattung schon angespitzt. Die sichselbstüberschätztenden Stimmen von Presse und Politik sind noch etwas belegt angesichts des erlittenen Realitätsschocks in Bezug auf den US-Wahlausgang und hadern mit dem drohenden Dammbruch der politischen Korrektheit.

Neben Staatsgläubigen schlüpfen mit Beginn der Intensiv-Wahlkampfphase auch ausgewählte Vertreter der Schrumpfkoalition in die Rolle strategischer Wahlempfehler und instrumentalisieren Trumps Sieg für Belehrungszwecke und moralinsaure Vorwürfe.

Nachdem sich unlängst Reinhold Mitterlehner auf die Seite des Grünen geschlagen hat, versuchte sich Othmar Karas, EU-Mandatar aus den Reihen der ehemaligen Großpartei ÖVP, als Meinungseinpeitscher bei Van der Bellens Wahlkampfauftakt. Verständlicherweise macht er sich als Teil der Brüsseler Euro-Elite Sorgen um seinen Einflussbereich und bejubelt Van der Bellens Engagement für ein Vereinigtes Europa. Haselsteiner und sein hoffärtiges Heer aus Systemabhängigen machen indes krampfhaft mit einer Anti-Hofer-Kampagne auf sich aufmerksam, stets darum bemüht, das etablierte Gefüge unbedingt am Leben zu erhalten. 

Van der Bellen selbst zeigt sich immun gegen eine mögliche heilsame Wirkung des Trump-Effekts auf seine abgehobene Oberlehrer-Politik. Der grüne Kandidat und seine Helfershelfer üben sich unbeirrt als Mahner der Nation und vertrauen weiterhin auf den Gebrauch der politischen Korrektheit als akkurates Volkserziehungsmittel, als notwendige Bevormundungsmethode. Verliebt in das Negative, verliert sich sein Wahlkampf in angsterzeugenden Szenarien, die seiner Meinung nach mit dem Sieg des Gegenkandidaten einhergehen und nur von der elitären Klasse der Korrekten abgewendet werden können. Van der Bellen ruft nach Toleranz und Liberalität, verkörpert aber schlicht einen linken Belehrungswahn, der mit Denkverboten und Zensur agiert und sich einzig durch eine überbetriebene Anstandsreglementierung auszeichnet. 

Diese vom Geist der 68er geprägte Meinungsdiktatur, welche Tabus und Verbote in ein gesellschaftsgültiges Regelwerk gegossen hat, von der Frankfurter Schule intellektualisiert und fortan als Inbegriff von Fortschritt propagiert wurde, beginnt zu bröckeln. Diese ideologische Ideensammlung hat sich mit Hilfe staatlicher Subventionen in sämtliche Erziehungs- und Forschungseinrichtungen gedrängt und wurde von deren Exponenten über Jahrzehnte hinweg gelehrt, gepredigt, als zivilisatorische Droge verabreicht und ist in weiten Teilen zu Allgemeingut geworden. Diese Lust an der Unlust, dieses Zurückweichen vor Authentizität, dieses exzessive Idealisieren fern von Realismus und Vernunft. Diese ignoranten Strukturen im Umgang mit alternativen Denkweisen befinden sich im freien Fall. Die politische Korrektheit, welche erfolgreich von den Linken lange Zeit als Wunderwaffe im Kampf gegen Andersdenkende eingesetzt wurde, ist stumpf geworden. 

Der ehemalige Freimaurer Van der Bellen hält jedoch systematisch an diesem hysterischen Dominanzgehabe, an seiner professoralen Besserwisserei fest und inszeniert sich als Moralinstanz gegen all die Wutwähler, Beklagenswerten und Populisten. Seine angelernte Phraseologie hat sich besonders im Hinblick auf den drohenden Machtverlust zu einer rechthaberischen linksideologischen Dauerbeschallung entwickelt, die nun direkt zur Abwahl steht. Das Ende der politischen Korrektheit ist eingeläutet. 

Mag. Jürgen Pock hat Germanistik und Rechtswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz studiert. Redakteur bei „Grazer Woche“ und „Kleine Zeitung“. Pressearbeit Red Bull GmbH. Aktuell Pressesprecher, Kommunikationsexperte und Polit-Blogger.

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Postdemokratische Wahrheitsproduzenten drucken

Postfaktisch ist das neue Lieblingswort linker Modernisierungsverlierer. Spätestens seit dem Wahlsieg von Donald Trump leben wir im „postfaktischen Zeitalter“. Es ist das simple Erklärungsmuster für den – zumindest für Linke – überraschenden Aufstieg „rechtspopulistischer“ Kräfte. Diese postfaktische Zauberformel erspart der politisch korrekten Elite eine kritische Selbstreflexion. Die linken Führer, ihre Helfershelfer und ihr Fußvolk wähnen sich nach wie vor im Besitz der Wahrheit (Fakten).

Die Vertreter des laut Spiegels hellen Deutschlands wissen trotz aller selbst von ihnen verursachten rezenten Krisen, wie man die Menschheit in eine strahlende Zukunft führen könnte. Könnte. Wäre da nicht Dunkeldeutschland (© Spiegel), sprich diejenigen, die aus Dummheit und Boshaftigkeit linke „Wahrheiten und Fakten“ ignorieren; die geistig und politisch Zurückgebliebenen, die sich ausschließlich von irrationalen Ängsten und Gefühlen wie Wut, Hass oder Zorn leiten lassen. Die Welt wäre viel schöner und besser ohne sie.

Das formuliert man selbst im anbrechenden postdemokratischen Zeitalter nicht ganz so scharf, schließlich will man die debilen Wutbürger nicht noch wütender machen. Angela Merkel sagte etwa im September dieses Jahres: „Es heißt ja neuerdings, wir lebten in postfaktischen Zeiten. Das soll wohl heißen, die Menschen interessieren sich nicht mehr für Fakten, sondern folgen allein den Gefühlen." Und ihr Regierungskollege, Außenminister Frank-Walter Steinmeier, drückt es – obwohl es ihm eigentlich die Stimme verschlagen hat – so aus: Er sei „sprachlos, wie (…) im grellen Licht der Öffentlichkeit Fakten verbogen und abgestritten werden, (…) ja schlicht gelogen wird“.

Auch Wissenschaftler, Journalisten und andere linke Meinungsführer erklären den Wahlsieg von Trump und die Erfolge der europäischen „Rechtspopulisten“ damit, dass die linke politische Elite zwar im Besitz der Wahrheit ist und auch die richtigen Antworten auf die drängenden Fragen unsere Zeit hat, sie das aber einem immer größer werdenden Teil der Menschen nicht mehr begreiflich machen kann, weil dieser – aus welchen Gründen auch immer – zunehmend verblödet (sich zurückentwickelt) und sich nur noch von seinen Ängsten und Gefühlen, von seinen niederen Instinkten leiten lässt. Laut Steinmeier sind diese Menschen von der Komplexität der digitalisierten Welt schlicht überfordert.

Er schlägt deshalb vor, dass man jene, die Wahrheit produzieren – das hat er tatsächlich so gesagt – noch mehr fördern müsse. Was Wahrheit und was Lüge ist, entscheiden selbstverständlich Steinmeier und seine Gesinnungsgenossen. Auf die für sie völlig abwegige Idee, dass sie selbst von der Komplexität der modernen Welt überfordert sind und nur noch mit völlig unbrauchbaren ideologischen und politische Werkzeugen hantieren, ist für sie denkunmöglich. Man ist schließlich im Besitz der Wahrheit, auch wenn einem gerade die eigenen infantilen, neosozialistischen Utopien brutal um die Ohren fliegen.

Beispiel: Die Untermenschen des postfaktischen Zeitalters, also jene, die sich mangels Intellekts von Instinkten leiten lassen müssen, fürchten sich vor einer Islamisierung Europas. Die findet laut Wahrheitsproduzenten aber gar nicht statt. Okay, Tag für Tag, Monat für Monat steigt dank Massenzuwanderung und überdurchschnittlich hoher Geburtenrate der Anteil der Muslime an der Gesamtbevölkerung Deutschlands und Österreichs. Die deutsche Regierung diskutiert gerade über die (Teil)Legalisierung der Kinderehe, im ganzen Land werden Moscheen errichtet und Themen wie Vollverschleierung, Integration, christliche Symbole im öffentlichen Raum oder islamistischer Terror bestimmen die mediale Berichterstattung und die öffentlichen Debatten.

Das alles seien aber keine Anzeichen für eine Islamisierung, sagen die Hüter der Fakten und der Wahrheit. Wer anderes behauptet, ist ein faktenresistenter, xenophober Vollpfosten. Völlig irrational sind auch Aussagen wie, Islamismus habe etwas mit dem Islam zu tun, oder dass bei offenen und unkontrollierten Grenzen auch Kriminelle, Terroristen und andere Staatsfeinde (samt Bewaffnung) ins Land gelangen könnten; hier musste man zwischenzeitlich etwas zurückrudern. Egal, wer so etwas ernsthaft glaubt, ist schlicht von irrationalen Ängsten gesteuert.

Unumstößliche Wahrheiten sind zudem, dass man mit dem exzessiven Drucken von Geld, möglichst hohen Steuern und Transferleistungen Wohlstand und sozialen Frieden in Europa auf Dauer sichern kann. Ebenfalls rein faktenbasiert ist die Aussage, dass uns nur der Sozialismus retten kann, auch wenn alle bisherigen Versuche gescheitert sind und einen Leichenberg von weit über hundert Millionen Menschen hinterlassen haben. Aber das ist den Untermenschen des postfaktischen Zeitalters einfach nicht beizubringen, dazu sind sie intellektuell einfach nicht in der Lage.

Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Es ist wirklich skurril, diejenigen, die gerade zusehen müssen, wie ihre einstmals gemütliche Blasenwelt zerplatzt, wie sich all ihre Multikulti-Gender-Gleichheits-Träume in Albträume verwandeln, stellen sich hin, stampfen wie ein trotziges Kind mit den Füssen auf den Boden und schreien lauthals: Ich habe trotzdem recht.

Vielleicht sollten die selbst ernannten Wahrheitsproduzenten einmal kurz in sich gehen und es mit ehrlicher Selbstkritik versuchen. Mit Kritik, die sich nicht wie bisher darauf beschränkt, stupide zu behaupten, man habe ganz einfach die falsche Kommunikations- und Marketingstrategie, sprich, man müsse den rechten Untermenschen das eigene segensreiche Wirken nur etwas besser verkaufen.

Der erste Schritt wäre, zu erkennen, dass man dem politischen Gegner nicht nur nicht intellektuell, moralisch oder sonst wie überlegen ist, sondern, im Gegenteil, dass man seit mittlerweile mehreren Jahrzehnten einen völlig falschen und selbstzerstörerischen Weg eingeschlagen hat. Ohne diese fundamentale Erkenntnis, ohne diesen Paradigmenwechsel ist jede politische Strategie, jeder Lösungsversuch, jede Analyse wert- und sinnlos, weil sie von völlig falschen Vorrausetzungen und Annahmen ausgeht. Ein schmerzlicher Schritt, wenn man sich sein eigenes Scheitern eingestehen und erkennen muss, dass man sein Leben lang den falschen Führern und Vorbildern nachgelaufen ist.

Natürlich ist es wesentlich angenehmer, mit dem Finger auf andere zu zeigen und sich mit der Degradierung des politischen Gegners moralisch selbst zu erhöhen, noch dazu, wenn das unter dem Deckmantel von Toleranz und Gerechtigkeit geschieht. Genau das ist das Problem.

Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. Zuletzt von ihm erschienen: „Infantilismus – Der Nanny-Staat und seine Kinder“ (Wien 2016)

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Die Rolle der OECD im Durchsetzen von Interessen und Ideologien drucken

Alles was OECD-Generalsekretär Gurria bei einem Besuch in Wien vor einigen Tagen vorgebracht hat, liest sich entnommen aus dem Programm der SPÖ, ihrer europäischen Sammelpartei SPE, der Club-Med-Fraktion der EU, der Gewerkschaften und NGOs: Mehr öffentliche Investitionen. Mehr Schulden, weniger Sparen. Zentrale Bündelung, am besten unter EU-Hoheit. Die Vorschläge sind „alter Wein in nicht mehr neuen Schläuchen“. Diese Forderungen sind Kern sozialistischer Politik.

Hier stellen sich einige Fragen:

  • Was ist die OECD?
  • Wer ist Herr Gurria?
  • Ist die OECD ideologisch ausgerichtet?
  • Ist es Auftrag der OECD, Politik zu machen und gleich für eine "Schwesterpartei" des OECD-Generalsekretärs zu lobbyieren?

Die OECD ist aus der Organisation für europäische Wirtschaftszusammenarbeit und dem Marshallplan zum Wiederaufbau Europas 1961 als Nachfolgeorganisation entstanden. Die OECD sollte einst eine liberale, marktwirtschaftliche und effiziente Wirtschaftsordnung sicherstellen. Sie ist strikt zwischenstaatlich verfasst. Beschlüsse sind völkerrechtlich verbindlich, aber in den Mitgliedsländern nicht direkt anwendbar. 34 Staaten sind Mitglieder. 2.500 Mitarbeiter sind bei der OECD beschäftigt. Österreichs Beitrag betrug 2015 etwa 4,1 Mio. Euro. Zusätzlich generiert die OECD durch freiwillige Beiträge für OECD-Projekte wie zum Beispiel PISA etwa ein Drittel des Zentralbudgets von 370 Mio. Euro in 2015. Die Kosten, die aus zig Beschlüssen entstehen, sind nicht direkt quantifizierbar, dürften aber Milliardenhöhe erreichen.

Die Gruppenzugehörigkeit soll Anreize bieten, Beschlüsse, Richtlinien und Regelwerke der OECD daheim umzusetzen.

Gurria hat die OECD in seiner Amtszeit neu positioniert: die „Teilglobale Super?Nanny“, die lobt und maßregelt. Offenbar mit großem Geschick und guter Vernetzung hat er die Aufgabenbereiche der OECD auf Bildungs- und Sozialpolitik, Umwelt- und Ressourcenpolitik, Gesellschafts- und Genderpolitik erweitert. Die OECD nimmt an den Gipfeltreffen der informellen Foren der G20 und G8 teil. Diese Gipfel sind Treffen von Regierungsvertretern ohne Verwaltungsapparat. Die G20 ist selbst ernannt und beliebig zusammengesetzt. Kleine Staaten sind praktisch ausgeschlossen. Diese Gipfeltreffen dienen der multilateralen Einführung von Maßnahmen zur Stärkung des weltweiten Wachstums, der Finanzmarktregulierung, der internationalen Steuerpolitik, der internationalen Finanzarchitektur und vieles mehr.

2013 bekam die OECD von den G20 den Auftrag, ein Regelwerk zu „Globalen Standards zum automatischen und grenzüberschreitenden Austausch von Informationen über Finanzströme“ auszuarbeiten. Österreich ist als kleiner Staat bei den G20 nicht direkt vertreten. Die Vertretung erfolgt durch die EU. Schweiz und Spanien sind bei den Vorbereitungen zu den Gipfelgesprächen dabei, Österreich nicht.

Über den gemeinsamen Beschluss des internationalen Finanzdatenaustausches zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung wurde das Bankgeheimnis in Österreich aufgehoben: Seit 1. Oktober 2016 ist das von der OECD verordnete zentrale Kontoregister in Kraft.

Jose Angel Gurria ist seit 2006 Generalsekretär der OECD. Er wurde kürzlich für eine dritte Amtszeit bis 2021 bestätigt. Von 1994 bis 2000 war er Außen- und Finanzminister von Mexiko in der Partido Revolucionario Institucionale (PRI), einer Schwesterpartei der SPÖ. Beide sind Vollmitglied der Sozialistischen Internationale. Die PRI war bis zum Jahr 2000 über 71 Jahre hinweg praktisch alleinregierend. Ein Hauptsponsor der PRI ist der mexikanische Milliardär Slim. Die Gegenleistung kann sich sehen lassen: eine längerfristige Monopolstellung im mexikanischen Kommunikationsmarkt. Slim ist Hauptaktionär der Telekom Austria.

Für Mexiko gilt: Macht korrumpiert, absolute Macht korrumpiert total. Eine funktionierende Demokratie muss den Wechsel erlauben. Dieser kam in Mexiko erst im Jahr 2000. Der Korruptionsindex Mexikos liegt im Bereich von 26,6 bis 37 Punkten, im Vergleich dazu mit niedrigster Korruption Dänemark 90 bis 100, Österreich 69 bis 87.

Die derzeitige Ausrichtung der OECD in vereinter Zusammenarbeit mit EU- und globalen Organsiationen in Richtung Interventionismus und sozialistischer Themenstellung ist auch auf Gurria und Genossen zurückzuführen. Seit die nationalen Gewerkschaften in den Industriestaaten an starkem Mitgliederschwund leiden, verstärkt sich die Einflussnahme der International Labour Organisation (ILO) auf internationale Gremien.

Bedenklich stimmt, dass Gurria eine dritte Periode bestätigt bekam. Die USA unter der Regierung Trump als größter Mitgliedsstaat wird daran zu messen sein, wie weit sie Sozialismus und Interventionismus durch die OECD zulässt oder ob sie die OECD hin zur Umsetzung von global vernünftigen Rahmenbedingungen für eine marktwirtschaftliche und effiziente Ordnung drängt. Vielleicht zieht sich die USA überhaupt aus diesen Gremien zurück und versucht, eigenständige Regelungen durchzusetzen. Letztere Möglichkeit trägt sicher dazu bei, dass in Europas „Elite“ die Anti-Trump-Stimmung besonders groß ist. Für diese „Elite“ stehen der Traum eines europäischen Superstaats auf dem Spiel und vor allem lukrative Ämter.

Wie ist die Situation in Österreich?

Liegen in einer Koalition die Vorstellungen zwischen den „Partnern“ weit auseinander und will eine Partei ihre politische Agenda durchsetzen, wird sie sich Mehrheiten mit Oppositionsparteien suchen oder sie startet eine Volksbefragung, ein Volksbegehren oder eine Petition (Bildungsvolksbegehren, Pro Wehrpflicht). Bei Nichteinigkeit werden in der Regel Neuwahlen angesetzt.

„Neue“ Instrumente zur Durchsetzung einer Parteiagenda sind die "Hilferufe" an Organisationen außerhalb des Landes wie an die EU, die OECD oder andere. Damit will der Regierungschef die Notwendigkeit seiner Agenda unterstreichen, man erwartet sich innenpolitische Akzeptanz. Bei den Sanktionen gegen Österreich in 2000 hat die SPÖ Hilfe zum Sturz der schwarz-blauen Regierung von außen geholt. Der Sturz ist bekanntermaßen nicht gelungen, die Isolation Österreichs schon.

Betrachten wir die von Gurria in Wien angesprochenen Problemkreise näher:

Erhöhung der Öffentlichen Verschuldung

Gurria sagt: „Das niedrige Zinsumfeld erleichtere öffentliche Investitionen: Da wird Geld freigesetzt, dass eigentlich den Gläubigern hätte zufließen müssen. Dieses Geld könne jetzt – ohne das Defizit zu erhöhen – für Infrastrukturinvestitionen verwendet werden, was das Wachstum antreiben werde.“

Diese Argumentation muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Die Tatsachen verdrehend spricht Gurria von nicht ausgegebenem Geld für Zinsen und meint, dieses Geld solle man für Infrastrukturinvestitionen einsetzen. Nach dieser Logik hätte vereinfacht ein Staat ohne Schulden kein Geld für Investitionen frei, weil er ja keine Zinsen budgetiert hat. Fast scheint es, dass Gurria Chefberater der Euro-Südstaaten war: Diese haben das durch die Euroeinführung bedingte niedrige Zinsumfeld ausgenutzt und ihre Staatsschulden in weniger als zehn Jahren bis zum Bankrott anwachsen lassen.

Eine Sanierung des Staatshaushalts hat Gurria NICHT im Programm. Nur eine Sanierung würde den Spielraum nachhaltig für Investitionen erweitern, ohne Abhängigkeiten vom Finanz- und Geldmarkt zu schaffen. In keiner Form weist Gurria auf die Gefahr hin, dass Zinsen für geborgtes Geld auch stark steigen können. Für Private nennt man dies Schuldenfalle. Greenspan kündigte kürzlich bereits steigende Zinsen an (siehe zerohedge). Wer Gurrias Rat befolgt, kann bei steigenden Zinsen rasch in arge Abhängigkeit der Gläubiger geraten.

Bildung

Gurria empfiehlt, Bildung zu konsolidieren, sprich zusammenzufassen unter eine zentralistische Oberhoheit. Doch das Wesen von Bildung ist Vielfalt.

Gurria sagt: „Sie (die Länder und Gemeinden) nehmen zwar gerne das Geld vom Bund, aber dann wollen sie es nach eigenem Ermessen ausgeben.“

Hat Gurria nicht verstanden, dass hier nicht das Geld vom Bund, sondern das Geld vom Bürger und Steuerzahler genommen wird? Der in den Gemeinden wohnende Bürger liefert Steuern an den Bund ab. Im Rahmen eines Kuhhandels namens Finanzausgleich verteilt der Bund diese Steuern mit Machtpolitik um.

Bezeichnend ist: Der steirische Vize-Landeshauptmann Schickhofer aus der SPÖ spricht sich gegen eine Einnahmen- und Ausgabenhoheit der Länder aus. Die Besteuerung der Bürger überlässt man gerne dem Bund. Mehr Verantwortlichkeit ist aber nur zu erreichen, wenn Einnahmen- und Ausgabenhoheit in einer Hand vereint sind; Entscheidung, Verantwortung und Haftung gehören einfach und klar zugeordnet. Das diszipliniert die Lokalpolitiker, weil sie dem Bürger „reinen Wein einschenken“ müssen. Die einzige Rechenschaftspflicht, die Administration und Regierung haben, ist die gegenüber Bürgern und Steuerzahlern.

Es ist richtig, dass bestehende Personalressourcen gut eingesetzt gehören. Wie steht es damit in Mexiko? Mexiko hat eine relativ niedrige Arbeitslosenrate, doch das Einkommen seiner Bürger ist sehr niedrig. Auch wandern zahlreiche Mexikaner mangels Perspektiven – viele illegal – in die USA aus. Das entlastet den mexikanischen Arbeitsmarkt. Im Juli 2014 war den Medien zu entnehmen, wie Gurria von einem „Lumpenproletariat“ in Deutschland sprach. Was ist der Anteil der „politischen Eliten“ an elenden Perspektiven?

Besteuerung

Gurria sagt: „Wenn von 100 Euro nur 50 Euro mit nach Hause genommen werden können, dann läuft was falsch.“ Hier hat Gurria Recht. Recht hat er aber nicht, wenn er davon spricht, dass es andere Möglichkeiten gäbe, Geld durch Steuererhöhungen aufzutreiben. Die Steuerschraube ist nicht in Mexiko, aber in Österreich ausgereizt. Die einzige Reform, die Österreich dringendst braucht, ist eine Verwaltungsreform und einen Bürokratieabbau. Österreich braucht keine Maschinensteuer. Ja, vielleicht sollte man wirklich bei der OECD, beim eigenen Politikapparat, bei der Umverteilungs-EU und auch bei den NGOs zum Sparen anfangen.

Betrachten wir auch Herrn Gurria näher:

Gurria scheint kein ausgeprägtes sozialdemokratisches Bewusstsein zu haben. Ehrenamtlich tätig ist er unter anderem als Commissioner for the Global Commission on Internet Governance, bei der International Task Force on Financing Water for All, bei der UNO und beim Global Agenda Council on Water Security des World Economic Forum. Da gibt es sicherlich jede Menge Insider-Infos oder die Möglichkeit, Einfluss auf die politische Ausrichtung zu nehmen.

Auch ist Jose Angel Gurria als „Member of Global Advisory Board“ von JER Partners L.L.C gelistet, einem privaten Vermögensverwaltungsunternehmen, das spezialisiert ist auf Akquisition, Strukturierung, Vermögensverwaltung und Risikoverwaltung im Immobilienbereich. Das Unternehmen investiert in kommerzielle hypothekenbesicherte Wertpapiere (CMBS). Das Unternehmen investiert auch in Seniorenheime und Immobilien im Gesundheitsbereich. Im Europäischen Markt bietet es verschiedene diversifizierte Portfolios in vielfältigen Sektoren an: Hotels, Wohnungen, Büros, Einzelhandel, Mehrfamilienhäuser, Grundstücke, Bewirtung, Lager, Logistik und Fertigung, Pubs, Pflegeheime, Senioren- und Studentenwohnungen, Bildungszentren und Autohandel mit guter Rendite. Das Unternehmen fokussiert sich auf EU-Mitgliedsstaaten, Norwegen und Schweiz.

CMBS (Commercial mortgage backed securities) sind im Subprime-Bereich mitverantwortlich für die Finanzkrise 2008. Gurria ist ein großer Verteidiger der Europäischen Rettungspolitik und der Anleihenkäufe der EZB durch Mario Draghi. Ein Zufall? Aus meiner Sicht KEIN Zufall.

Gurria ist OECD-Generalsekretär, sitzt in Gremien der UNO und anderer Organisationen, die alle mit öffentlichen Geldern finanziert sind. Hier gestaltet er Richtungsvorgaben und bestimmt mit. Zugleich sitzt Gurria als „Member of Global Advisory Board“ im Beraterstab einer kommerziellen Firma, die aus allen seinen Tätigkeiten Insiderinformationen erhält und daraus Profite schöpft. Diese Kombination der Tätigkeiten des Gurria ist nicht vereinbar. Bei uns heißt diese Konstruktion zumindest „Unlauterer Wettbewerb“.

Die weltweiten Vernetzungen von transnationalen Finanzkonzernen und beliebig selbst bestimmten politischen Foren wie G8, G20, das Basel-Regime und NGOs müssen transparent gemacht werden. Im globalen Wettbewerb müssen für alle dieselben einfachen und verständlichen Regeln gelten. Der Zugang muss im Idealfall für alle gleich sein. Eine Abgrenzung – keine Abschottung – zu nicht marktwirtschaftlichen und nicht demokratischen Volkswirtschaften muss realistisch und pragmatisch erfolgen. Eine Globalisierung ohne Regeln mit Goldgräberstimmung wie in der Vergangenheit ist genauso schlecht wie eine zentral gesteuerte Globalisierung mit Interventionismus. Das Hineinpressen aller in ein Korsett wird niemals gelingen. Mit einfachen Regeln und viel Eigenverantwortung ist der Vielfalt gerecht zu werden.

Nicht Marktwirtschaft bzw. Kapitalismus sind das Problem. Das Problem ist ein Zusammenspiel von Günstlingswirtschaft, Klientelismus, Interventionismus und Sozialismus.

Mag. Elisabeth Weiß, Betriebswirt, Mitinitiator von „Echo der himmelschreienden Diskriminierung des österreichischen Steuerzahlers“

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Gelenkte Meinungsfreiheit drucken

Damit jeder deutsche Journalist künftig genau weiß, wie und was er über den Islam und die Muslime berichten darf und soll, gibt es jetzt das praktische „Journalisten-Handbuch zum Thema Islam“. Staatsministerin Aydan Özo?uz, Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration, hat es vor wenigen Tagen vorgestellt. Dass die deutsche Regierung Journalisten ausgerechnet über den Islam und nicht etwa über Forstwirtschaft oder Städteplanung aufklärt, ist bezeichnend und aufschlussreich.

Bei einem so sensiblen Thema muss man den Journalisten inhaltlich ein bisschen unter die Arme greifen. Mit dem neuen Handbuch braucht der deutsche Journalist nicht mehr lange und umständlich zu recherchieren, jetzt weiß er sofort, was er wissen muss und darf. In diesem Büchlein haben Regierung und Islamverbände ihre Vorgaben und Wünsche an die Journalisten formuliert und kurz zusammengefasst. Die Botschaft: Der Islam ist eine Religion des Friedens, eine Bereicherung für das Land; Muslime werden in Deutschland noch immer diskriminiert und wer etwas anderes behauptet, ist ein widerlicher rechter Hetzer.

Dass die Regierung so einen plumpen Leitfaden überhaupt für notwendig erachtet, verwundert, zumal die zum Großteil linken Journalisten auch ganz ohne Ermahnungen und sanftem Druck stets wohlwollend über diese Politreligion und ihre Vertreter berichten. Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk bekommen sogar vollverschleierte Islamistinnen gratis Sendezeit, um Werbung für den Heiligen Krieg in Syrien zu machen.

Aber angesichts von Ansbach, Würzburg und anderen unschönen Ereignissen, die vielleicht doch eventuell und irgendwie etwas mit dem Islam zu tun haben könnten, zumindest, wenn man den Inhalt dieses Handbuches noch nicht verinnerlicht hat, geht man lieber auf Nummer sicher. Und damit keinerlei Missverständnisse aufkommen, wird den Journalisten mehr oder weniger offen gedroht. Da heißt es etwa im Kapitel „Islamfeindlichkeit und Islamkritik“: „ ‚Islamfeindlichkeit‘ (präziser ‚Muslimenfeindlichkeit‘, veraltet ‚Islamophobie‘) bezeichnet die Wahrnehmung und Darstellung von ‚Muslimen‘ als eine vermeintlich homogene Personengruppe, die ausschließlich Negativmerkmale aufweist.“

Warum Islamfeindlichkeit mit Muslimenfeindlichkeit gleichzusetzen ist, wird in diesem Journalisten(be)lehrbuch gar nicht erst argumentiert und begründet. Das sind schließlich staatlich geprüfte Fakten. Was man mit dieser automatischen Gleichsetzung beabsichtigt ist klar: Jeder, der die (Polit)Religion Islam kritisiert, kritisiert damit automatisch auch die Muslime, sprich, jeder der den Islam kritisiert, begibt sich dank des Verhetzungsparagraphen, auf äußerst dünnes Eis.

Das ist kein Nudging mehr, das ist eine offene Drohung. Einfach ausgedrückt: Kritik am Islam ist verboten. Damit das auch kein Journalist missversteht, setzt man noch einen drauf: „Islamgegner beziehungsweise -feinde bezeichnen sich häufig verharmlosend als ‚Islamkritiker‘ und rechtfertigen selbst menschenfeindliche Thesen mit ihrem ‚Aufklärungswillen‘ und der Meinungsfreiheit.“

Meinungsfreiheit ist wichtig, ABER... Alles klar? Islamkritiker sind ganz einfach Menschenfeinde, die die Meinungsfreiheit schamlos für ihre niederen Motive ausnutzen, weshalb dieses Grundrecht für sie nicht gilt. Weil das aber selbst für die Merkel-Regierung etwas zu starker Tobak ist, schreibt man am Ende des Kapitels beschwichtigend: „Deshalb kann nicht jegliche Kritik am Islam oder an Muslimen pauschal als Ausdruck von ‚Islamfeindlichkeit‘ gelten.“ Doch dieser Zusatz ist bedeutungslos, zumal die Drohung bereits offen ausgesprochen wurde und weil ohnehin die Regierung und ihre Helfershelfer in Medien, NGOs, Kultur und Wissenschaft darüber bestimmen, was noch erlaubte Kritik und was bereits Hetze ist.

In dieselbe Kerbe schlägt auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Er hat in einem Interview vor einer „tödliche Gefahr für unser politisches Gemeinwesen“ gewarnt. Grund für diese tödliche Gefahr ist eine in der Öffentlichkeit „immer aggressivere Abneigung gegen Fakten“.

Es ist, so Steinmeier, „überlebenswichtig für unsere demokratische Gesellschaft, dass Debatten auf der Grundlage von Fakten geführt werden“. Und solche Fakten liefert, richtig, das Journalistenhandbuch zum Thema Islam. Beispiel gefällig? Unter der Überschrift von „Islam und Homophobie“ heißte es: „Wie kommt es, dass vor allem über Muslime diskutiert wird, wenn es um Homophobie geht? Viele Wissenschaftler und Menschenrechtsaktivisten sagen, die Fokussierung auf muslimisch dominierte Länder lenke von Problemen in Deutschland ab.“

Ja, wie kommt es nur? Liegt es vielleicht daran, dass in Ländern wie dem Iran, Jemen oder Saudi-Arabien auf Homosexualität die Todesstrafe steht? Aber davon steht im schlauen kleinen Handbuch natürlich nichts. Petitessen. Steinmeier ist jedenfalls „sprachlos (…) mit der im grellen Licht der Öffentlichkeit Fakten verbogen und abgestritten werden, ... ja schlicht gelogen wird“. Damit hat er nicht das seltsame Journalistendisziplinierungsbüchlein gemeint, sondern jene Bürger, die im Internet Meinungen und Sichtweisen verbreiten, die nicht den Vorgaben von Steinmeier, Özo?uz, Merkel, Gabriel und Co. übereinstimmen.

Schuld an diesen falschen Meinungen sind vor allem die „Komplexität unserer vernetzten Welt“ und die damit verbundene „objektive Überforderung“. Sprich, der deutsche Untertan ist schlicht zu dämlich, um die von Steinmeier verkündete Wahrheit zu verstehen. Deshalb empfiehlt der derzeitige Außenminister und vermutlich künftige Bundespräsident: „Wir müssen in unsere Urteilskraft investieren, in jene Institutionen und Systeme, die in unseren Gesellschaften Wahrheit produzieren: Schulen, Wissenschaft, Justiz, aber auch die Medien“.

Diese staatlichen zertifizierten „Wahrheitsproduzenten“ – das hätte Orwell nicht besser formulieren können – sollen also noch mehr gefördert und belohnt werden. Genau so, wie die Macher des Islamhandbuches für Journalisten. Und wer kein von der Regierung anerkannter Wahrheitsproduzent ist, ist was? Genau, ein Lügner und Hetzer. Ja, die Probleme in der komplexen digitalen Welt können nur mit hochkomplexen Strategien und Lösungsansätzen, die von intellektuellen Lichtgestalten wie Herrn Steinmeier ersonnen werden, gelöst werden. Diese staatlichen Maßnahmen und diese Rabulistik sind notwendig, weil die Demokratie in großer Gefahr ist.

Wie recht Herr Steinmeier zumindest in diesem Punkt hat. 

Das Journalistenhabdbuch zum selber nachlesen: https://mediendienst-integration.de/fileadmin/Handbuch_Islam.pdf

Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. Zuletzt von ihm erschienen: „Infantilismus – Der Nanny-Staat und seine Kinder“ (Wien 2016)

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New Deal auf alpenrepublikanisch: Eine Bankrotterklärung drucken

Der von den Medien mit Unmengen an Vorschusslorbeeren bedachte Nachfolger des Totalversagers Faymann, kündigte, kaum ins Amt gestolpert, einen „New Deal“ an, um der heimischen Wirtschaft auf die Sprünge zu helfen. Wer, wenn nicht der erfahrene „Manager“ eines beispiellos erfolgreichen Unternehmens wie der Bundesbahn, so die Überzeugung der stets zur Anbiederung an die Machtelite bereiten Journaille, könnte ein solches Projekt im Land der verzagten Bremser und überzeugten Verhinderer denn sonst stemmen?

Dass das vom Kanzler zum Vorbild erkorene US-Original, das unter Führung des demokratischen Sozialfaschisten F. D. Roosevelt in den 30er-Jahren verwirklicht wurde, auf eine zentralistisch organisierte Wirtschaftslenkung, flankiert durch eine Stärkung der Gewerkschaften und eine weitgehende Entrechtung und Enteignung der Unternehmer hinauslief, scheint die wenigsten Kommentatoren zu stören. Alle haben den Begriff artig übernommen.

Daran, dass dem bis in die Unterwolle rot gefärbten „Macher“ Kern exakt das von Roosevelt ins Werk gesetzte Programm vorschwebt, bestehen keine Zweifel. Ein Mann, der die Welt nur aus der Perspektive wettbewerbsfreier Staatsbiotope und den Markt und dessen Mechanismen nur vom Hörensagen kennt, kann gar nicht anders, als an die segensreiche Hand des Staates und eine rigoros gesteuerte Planwirtschaft zu glauben.

Hätte es noch eines weiteren Beweises für die totale wirtschaftspolitische Inkompetenz der Regierung unter Kanzler Kern bedurft, so wäre der mit der eben präsentierten „Reform“ der Gewerbeordnung endgültig erbracht worden. Hatten liberale Beobachter schon lange deren drastische Entrümpelung gefordert, ist nun das genaue Gegenteil eingetreten: Die Zahl der reglementierten Gewerbe wurde nicht etwa reduziert, sondern sogar um eines auf 81 vergrößert. Der Umstand, dass es sich dabei ausgerechnet um jenes des Hufschmieds handelt, veranlasste einen Ökonomen der liberalen Denkfabrik „Agenda Austria“ zum launigen Kommentar, dass die Regierung damit – „140 Jahre nach Erfindung des Ottomotors – keine Sekunde zu früh dran“ sei.

Wäre es nicht zum Heulen, könnte man über diesen unvergleichlichen Unfug glatt in Gelächter ausbrechen. Denn er verrät das zutiefst obrigkeitshörige Denken aller daran Beteiligten, in dem für privaten Tatendrang, Kreativität und Initiative kein Platz ist. Ohne staatliches Placet; ohne Brief und Siegel aus der Hand von Amtspersonen, die nie einen Betrieb von innen gesehen haben einen Hammer nicht einmal halten können, darf in Kakanien eben nicht einmal ein Hufeisen produziert werden.

Das ist schlicht verrückt – besonders im Hinblick auf Deutschland, wo ebenfalls ein duales Modell der Berufsausbildung praktiziert und mit wesentlich weniger Regulierungen das Auslangen gefunden wird: Dort ist in nur noch sechs Gewerben der Meisterbrief die Voraussetzung zur Selbständigkeit – ohne dass dadurch die Qualität des Angebots merklich gelitten hätte.

Dass sich ausgerechnet die ÖVP-dominierte Wirtschaftskammer, die, so sollte man zumindest annehmen, ein grundlegendes Interesse daran haben müsste, den Zugang zur beruflichen Selbständigkeit so weit wie möglich zu erleichtern, als erfolgreiche Reformbremserin betätigt, ist besonders deprimierend. Die überflüssige Zwangsvertretung der Unternehmer sinkt damit auf dasselbe Niveau, auf dem sich die vermeintlichen Arbeitnehmervertretungen, die mit Blick auf die Konsequenzen ihres Treibens, die in Wahrheit übelsten Feinde der werktätigen Massen sind, längst befinden.

Staat und Kammern als Chancenkiller hieß es an dieser Stelle kürzlich. Mit der nun abgelieferten Karikatur einer Reform wurde ein weiterer Nagel zum Sarg des „abgesandelten“ Wirtschaftsstandorts (© WKO-Kapo Leitl) geschmiedet. Und das ganz ohne Meisterbrief und Gewerbeschein.

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Merkels Abgesang drucken

Griechenlandkrise, Flüchtlingskrise, Brexit – das ehemalige CDU-Mitglied Bernd Lucke führt alle drei auf „historische Fehlentscheidungen“ der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel zurück. In einem Kommentar für Focus Online kommt der Wirtschaftsprofessor und EU-Abgeordnete zu einem vernichtenden Urteil: „Es fällt schwer, einen deutschen Bundeskanzler zu nennen, der in ähnlicher Weise Fehlentscheidungen zu verantworten hat wie Angela Merkel.“ 

Tatsächlich ist Merkels Agieren in allen drei von ihr mitverursachten Krisen symptomatisch für die Art und Weise, wie sie – und auch andere europäische Spitzenpolitiker – heute Entscheidungen fällen. Oder besser gesagt: nicht fällen. Der immergleiche Modus operandi Merkels: zuerst jahrelanges Ignorieren von Fakten und Warnungen. Also: autistisches Verhalten, fehlgeleitet vom Irrglauben, auf uns zukommende Probleme ließen sich aussitzen – und vorher muss man ja noch Wahlen gewinnen. 

Dann, nachdem die sich ankündigenden Probleme zu brennenden Problemen geworden sind, wenn es also eigentlich bereits fünf nach zwölf ist, wird die am wenigsten unpopuläre Maßnahme gefällt, die den geringsten Gegenwind in den Medien zu erwarten hat, die jedoch das Problem nicht löst, sondern mittel- und langfristig nur verschlimmert. Leider hat Merkel im Falle eines Scheiterns ihrer Vorhaben keinen Plan B, mehr noch: Es gibt nicht einmal einen durchdachten Plan A; von Organisation und Planung keine Spur. 

So ging Merkel in allen drei Krisen vor. Vielleicht liegt darin ihre einzige Prinzipientreue. Beginnen wir mit Griechenland. 

Griechenland-Krise 

Dass die griechischen Haushaltsdaten gefälscht waren, wusste man seit Jahren. Beständig warnte der Internationale Währungsfonds in aller Öffentlichkeit vor der gravierenden Verschlechterung der Schuldensituation und vor einem Bankrott der griechischen Banken. Merkel steckte den Kopf in den Sand. Vorausschauendes Vorgehen hätte ihr unangenehme Entscheidungen abverlangt. Möglich gewesen wären eine geordnete Staatsinsolvenz Griechenlands, eine Rekapitalisierung der griechischen Banken, ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro. Staatsbankrotte sind keine Katastrophe. Das Beispiel anderer Länder, etwa Argentiniens, zeigt: Nach einer harten Phase von ein bis zwei Jahren wächst die Wirtschaft wieder. Doch Merkel wollte Wahlen gewinnen. Also geschah nichts. 

Als im Jahr 2010 Griechenland tatsächlich vor dem Staatsbankrott mit negativen Folgen für weitere EU-Länder stand, stimmte Merkel anstandslos dem Bruch der Nichtbeistandsklausel im Maastricht-Vertrag zu – eine absurde Entscheidung mit weitreichenden Konsequenzen für andere EU-Länder. Anfang der 1990er Jahre war es noch Deutschland gewesen, das aus gutem Grund auf jene Klausel gedrängt hatte: Denn so schloss man eine Haftung der Europäischen Union und aller ihrer Mitgliedstaaten für einzelne Mitgliedstaaten aus. Die Regelung im Maastricht-Vertrag sollte einzelne Staaten zu Haushaltsdisziplin bewegen und verhindern, dass sie auf Kosten anderer über ihre Verhältnisse leben. 

Im Falle Griechenlands ist nun genau das eingetreten, was man eigentlich verhindern wollte. Auch wenn es die meisten Medien nicht interessiert: Griechenlands Schuldenproblem ist weiter denn je davon entfernt, gelöst zu sein. Allein im vergangenen Jahr stiegen die öffentlichen Schulden von rund 170 Prozent der Wirtschaftsleistung (301 Milliarden Euro) auf 180 Prozent (315 Milliarden Euro). 

Doch nicht nur der Staat ist hoffnungslos überschuldet, sondern auch die griechischen Bürger und Unternehmen stehen bei der öffentlichen Hand mit 91,6 Milliarden Euro knietief in der Kreide. In Wahrheit dürfte die Verschuldung in Ermangelung einer funktionierenden Finanzverwaltung noch höher sein. Konsequenz: Ständige Milliardentransferzahlungen aus anderen EU-Ländern verhindern – vorerst – den griechischen Staatsbankrott. Der deutsche Ökonom Hans Werner Sinn nennt das „Konkursverschleppung“. 

Flüchtlingskrise

Ähnlich fahrlässig war Merkels Agieren in der Flüchtlingskrise. Seit 2011 funktionierte das Dublin-System nicht mehr: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte untersagte damals den EU-Staaten, Asylwerber nach Griechenland zurückzuschicken. Die Begründung: Die Asylverfahren sowie die Unterbringung von Asylbewerbern in Griechenland verstoßen gegen die Menschenwürde. Fortan schob Griechenland Migranten ganz einfach weiter in den EU-Raum, von wo sie nicht mehr zurückgeschickt werden konnten. 

Gleichzeitig brach der Syrien-Krieg aus, der riesige Flüchtlingsströme in den Libanon, nach Jordanien und in die Türkei zur Folge hatte. Dass bald Scharen von Flüchtlingen ungehindert über Griechenland nach Mitteleuropa ziehen werden, muss jedem auch nur halbwegs weitblickenden EU-Politiker klar gewesen sein. Doch Merkel selbst erklärte kürzlich glatt: „Die Situation im Sommer 2015 traf mich und meine Bundesregierung eher unvorbereitet.“ Kann es sein, dass europäische Politiker im 21. Jahrhundert die am schlechtesten informierten Menschen sind?

Merkel hätte während der Eurokrise die menschenunwürdige Behandlung von Asylwerbern sehr leicht zum Gegenstand der Verhandlungen mit Griechenland machen können. Doch der Katalog ihrer Reformforderungen an Griechenland berührte das Thema nicht. 

Brexit

Wie es zum Austritt Englands aus der EU kam, ist Inhalt des nächsten Trauerspiels. Auch hierzu gibt es einen Prolog. Anfang 2013 kündete der britische Premierminister David Cameron das EU-Referendum an. Gleichzeitig forderte er eine Reform der EU – weniger Bürokratie, mehr Freiräume für die Mitgliedsstaaten. Dass Frankreich und Italien dem nicht viel abgewinnen konnten, war klar. Aber gerade Deutschland hätte sich dem britischen Vorschlag anschließen können – zur Freude vieler Deutscher und vieler anderer EU-Staaten. Vereint hätten Deutschland und Großbritannien eine längst überfällige EU-Reform umsetzen können und England wäre heute noch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Teil dieser EU. 

Doch Angela Merkel igelte sich lieber mit den anderen EU-Staaten ein, kam Cameron nicht einmal ansatzweise entgegen, brüskierte ihn viel mehr und signalisierte so den Engländern, dass selbst jede Hoffnung auf ein Reförmchen vergebens ist. Heute hat die EU eines ihrer wichtigsten Mitgliedsländer verloren, befindet sich in ihrer schwersten Krise und hat dafür mal wieder keinen Plan B. Deutschland hat mit England einen wichtigen Wirtschaftspartner und einen bedeutenden Nettozahler verloren. 

Ausblick

Merkels Versagen in diesen drei Krisen ist dramatisch. Persönlichkeiten wie Konrad Adenauer und Charles de Gaulle konnte Europa anscheinend nur in der Nachkriegszeit hervorbringen. Danach ist das politische Niveau mit jeder neuen Politikergeneration kontinuierlich weiter hinuntergesunken. Am Ende steht die Generation Merkels, deren vorrangige Leistung es zu sein scheint, innerparteiliche Konkurrenten auszutricksen, Probleme durch Ignorieren so lange wie möglich auszusitzen, die Bekanntgabe unangenehmer Wahrheiten anderen Parteikollegen zu überlassen, und wichtige Entscheidungen möglichst gar nicht zu fällen, um ja keine Fehler zu begehen. 

Sollte dieser Politikertypus dank Merkel mit der jetzigen EU-Krise endlich abgedankt haben, wäre dies das einzig Positive an Europas jetzigem Zustand. 

Johannes Knob ist das Pseudonym eines bekannten Journalisten, der bei einem anderen österreichischen Medium beschäftigt ist, wo er diesen Text leider nicht veröffentlichen kann. 

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Trübe Aussichten und Rückzugsgefechte drucken

 Die Meinungsfreiheit steht dieses Jahr im Mittelpunkt der Frankfurter Buchmesse. Die deutsche Buchbranche hat deshalb die europäischen Politiker aufgefordert, sich für ebendiese in der Türkei „kompromisslos“ einzusetzen. Dieser Apell bringt zwar angesichts der realen Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse zwischen der EU und Sultan Erdogan nicht viel, klingt aber besorgt und engagiert. Und um das geht es ja in erster Linie.

Solche hohlen Rituale, standardisierten Appelle, so ein „mutiger“ Einsatz für Demokratie, Frieden und Gerechtigkeit gehören zu dieser geistigen Leistungsshow, wie leicht bekleidete Damen zu einer Tuningmesse.

Eine besonders ausgeprägte Eigenschaft des Juste Milieus ist es, Engagement und Tatkraft stets von anderen einzufordern. Dafür ist die Buchmesse eine ideale Bühne. Über den erbärmlichen Zustand der Meinungsvielfalt im eigenen Land machen sich die Verleger, Autoren und Intellektuellen bei ihrem Bücher-Jamboree hingegen kaum Gedanken. Warum auch? Schließlich haben sie die richtige und von der politischen Elite akzeptierte Meinung. Schließlich sind die Protagonisten dieser Szene Teil jener Elite, die die Meinungsrichtung vorgibt und die Grenzen des Akzeptablen absteckt.

Außerdem sind die riesigen Ausstellungshallen mit den vielen tausenden Buchtiteln ohnehin so bunt und abwechslungsreich gestylt. Man täuscht einen wahren Dschungel an Ansichten und Perspektiven vor. Denn vielfältig sind nur die Verpackungen, der Wortschatz und Inszenierungen. Was hier so stolz an Inhalten präsentiert wird, bewegt sich alles im seit Jahrzehnten gleichen Meinungsspektrum, hat mehr oder weniger die gleiche ideologische Aus- und Zielrichtung.

Hier gilt die Devise: Alle dürfen unserer Meinung sein. Kritisches, Neues, Mutiges, Innovatives sucht man vergebens. Was hier präsentiert wird, ist abgestanden und ranzig. Nur ganz wenige Verlage, um genau zu sein nicht einmal eine Handvoll (das ist wörtlich gemeint), die nicht in dieses vorgegebene Schema passen, sind unter den hunderten Ausstellern vertreten.

Doch selbst diese Einsprengsel werden von den Hütern der Buchmesse und der poltisch-korrekten Moral bestenfalls geduldet. So erzählte mir Dieter Stein, der Chefredakteur der „Jungen Freiheit“, dass sein Messestand kurzfristig von den Verantwortlichen vom angemieteten Platz unter einem fadenscheinigen Vorwand in eine hintere Ecke einer Messehalle verbannt wurde. Der böse konservative Mief sollte offenkundig die bunte linke Meinungsvielfalt nicht zu sehr verpesten.

In so einem Umfeld fühlen sich Politiker wie Martin Schulz besonders wohl. Zur Eröffnung der Buchmesse fordert er lautstark einen Aufstand der Anständigen, zu denen er sich offensichtlich selbst zählt: „Das europäische Gesellschaftsmodell muss gegen die ‚Feinde der Freiheit‘ verteidigt werden.“

Die Feinde der Freiheit. Große Worte, zumal es Sozialisten wie Schulz niemals um Freiheit geht, sondern lediglich um die Erhaltung jenes Systems, von dem Schulz und seine Brüsseler Kumpane so prächtig leben. Aber in Frankfurt kommen solche Sprüche immer gut an, schließlich sitzt man im selben Boot, hat mehr der weniger dieselben Interessen, Ziele und Gegner.

Doch die goldenen Zeiten sind vorbei. Das weiß Schulz, das wissen die Verleger und Autoren. Man spürt die Verunsicherung, die sich in diesem Milieu angesichts der politischen und gesellschaftlichen Verwerfungen breitmacht, überall auf der Buchmesse. Hier herrscht keine Aufbruchsstimmung mehr, hier werden keine neuen Ideen, keine Innovationen mehr präsentiert, man spielt Normalität, verkauft Meinungen, Ansichten und Lösungen, die immer weniger Menschen interessieren. Überall ideologische Ladenhüter. Man versucht den Niedergang und das Absinken in die Bedeutungslosigkeit nur noch zu verlangsamen.

Ein Umdenken, ein Paradigmenwechsel ist nicht möglich, zu sehr sind die Strukturen verkrustet, zu eng und verfilzt das Netz an Abhängigkeiten, zu tief eingefressen das Weltbild. Vereinzelt finden sich zwar kritische Werke abseits des linken Meinungsmainstreams auch bei den etablierten Verlagen, doch sie sind nur das berühmte Feigenblatt, um im Bedarfsfall sagen zu können: Seht her, wir haben ja ohnehin…

Es ist eine seltsame Welt, die sich da in Frankfurt leicht verunsichert präsentiert. Man ist nach wie vor eine verlässliche Stütze des schulzschen Geschäfts-, pardon Gesellschaftmodells, gibt sich tolerant, couragiert, innovativ, kritisch und weltoffen und ist doch nur opportunistisch. Man hetzt gegen seine Kritiker und kämpft um sein Plätzchen im immer instabiler werdenden politischen System.

Seit Jahrzehnten werden die immer gleichen linken Binsenweisheiten verkauft, mit abnehmenden Erfolg. Man setzt sich für Meinungsfreiheit in fernen Ländern (Indonesien) ein, arbeitet die Vergangenheit auf, leugnet gleichzeitig die rezenten Fehlentwicklungen in Europa und hetzt gegen alle, die diese Probleme benennen und nach echten Lösungsansätzen suchen. Es ist eine sich selbst genügende Scheinwelt, die Jahr für Jahr ein wenig schrumpft und immer mehr an Außenwirkung verliert, weil sie mit der realen Welt und ihren Problemen kaum noch etwas gemein hat, kaum noch etwas verbindet.

Dieser Umstand zeigt sich, wenn man die abgegrenzte und gut bewachte Frankfurter Buchwelt – in diesem Fall sind Grenzen ausnahmsweise nicht böse – verlässt, und in sein Hotel in einem grindigen Frankfurter Multikultiviertel fährt. Augenscheinlicher könnte der Unterschied nicht sein. Auf der einen Seite die adretten, belesenen, weißen Frauen und Männer, mit ihren aufgesetzten Weltrettungs-Attitüden, auf der anderen Seite, oder besser außerhalb dieses kleinen geschützten Bereiches, die neue sich überall rasant ausbreitende europäische Multikulti-Realität mit all ihren unschönen Folgen.

Hier prallen zwei Welten aufeinander. Wer bei diesem Clash als Sieger hervorgehen wird, scheint ziemlich klar zu sein, außer für jene, die in dieser Blasenwelt leben.

Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. Kürzlich sind seine neuen Bücher „Die Feinde der Freiheit“ und „Das Phänomen Conchita Wurst: Ein Hype und seine politischen Dimensionen“ erschienen.

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Der investitionsorientierte Bundeskanzler drucken

Als Bundeskanzler Christian Kern letzte Woche im Parlament 24 Minuten auf die Budgetrede des Finanzministers replizierte, wurde er an einer Stelle emotionaler und im Redefluss schneller: Er verteidigte engagiert die Investitionen bei den ÖBB, wo er sich wegen seiner früheren Tätigkeit auskenne, und sprach von einem Durchläufer, da mit diesem Geld Aufträge an die österreichische Wirtschaft – namentlich Kapsch und Siemens – vergeben würden.

Siehe da, der Kanzler verließ plötzlich den ausgetrampelten Weg einer Ideologie, die seit Jahren im Konsum und nicht in den Investitionen die Mutter allen Wirtschaftens erkannte. Seit Jahren hören wir bekanntlich, dass die Wirtschaft angekurbelt werde, wenn man den Konsum stärke – als könne man sich reich essen und trinken. Daher sei die Senkung der Lohn- und Einkommensteuer eine richtige Maßnahme zur Belebung der Volkswirtschaft. Ich halte dieses Diktum für teilweise richtig und für teilweise falsch. Richtig ist, dass es für eine Ökonomie von Vorteil ist, wenn die Bürger über mehr und der Staat über weniger Geld verfügt (wenn wir bei einer Staatsquote von weit über 40% liegen). Daher sollten meiner Ansicht nach die Steuersätze viel intensiver gesenkt werden. Falsch ist die Aussage insofern, als sie die Investitionen völlig vernachlässigt (die für etatistisch geprägte Politiker ja sowieso immer nur öffentliche – und damit gute – sein sollen).

Wenn Kern nun Investitionen als Wirtschaftsmotor verteidigt, erinnert dies irgendwie (jeder Vergleich hinkt) an das Konzept der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik, das nach den keynesianisch geprägten 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts in Mode kam, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Damals hieß es, dass man den Unternehmen – etwa durch Steuersenkungen und Deregulierung – Anreize zu Investitionen bieten müsse, sodass diese mehr produzieren und damit Arbeitsplätze schaffen können. Dadurch steige auch der allgemeine Wohlstand.

Wenn man davon absieht, dass der Begriff „Durchläufer“ in diesem Zusammenhang verfehlt ist, hat Kern mit der namentlichen Erwähnung mehrerer Großunternehmen noch einen anderen bemerkenswerten Akzent gesetzt: Mitten in der parallel zum Budget geführten Debatte um CETA, in der Konzerne wieder einmal als Ersatzteufel herhalten müssen, hat er sich klar auf deren Seite gestellt.

Nein, ich bin nicht der Ansicht, dass Kern der Supply-side zuzurechnen ist, dass er sich vom Linkspopulismus abgewandt habe und dass das antikapitalistische Mütchen gekühlt sei. Er redet einfach viel, wenn der Tag lang ist.

Dr. Georg Vetter ist selbständiger Rechtsanwalt in Wien. Er ist Nationalratsabgeordneter der ÖVP.

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Staaten, Völker, Nationalitäten: Anmerkungen zur Europäischen Minderheitenpolitik drucken

Mehr als ein Vierteljahrhundert ist verstrichen, seit mit der Öffnung des Drahtverhaus an der ungarisch-österreichischen Grenze die Friedhofsruhe der Völker, die unter der Pax Sovietica lebten, beseitigt wurde. Was bis 1989/90 mehr oder weniger mit der Ideologie vom neuen, dem sowjetischen Menschen zusammenzuschweißen versucht worden war, brach danach unter (zum Teil kriegerischem) Lärmen auseinander.

Da der marxistisch-leninistische „Internationalismus“ wich, meldeten sich Nationen und Völker(teile) zu Wort, die es eigentlich gar nicht mehr hätte geben dürfen, wenn das kommunistische Weltbild vom Aufgehen in einer neuen, friedliebenden und angeblich allen zwischennationalen Hader hinter sich lassenden Menschengemeinschaft den Sieg davongetragen hätte. Dass dem nicht so war/ist, führ(t)en zum Teil kriegerische Nationalitätenkonflikte zwischen Mare Balticum und Ochotzkischem Meer vor Augen.

Nationale Frage

Mit der Auflösung des russisch dominierten Sowjetimperiums und seines ihm ideologisch verbunden gehaltenen Vorhofs entstanden ebenso neue Nationalstaaten wie dort, wo unter serbischer Dominanz die balkanische Spielart des Stalinismus, der titoistische Jugoslawismus, Völker und Volksgruppen zu assimilieren trachtete. Dass die „nationale Frage" in Europa virulent ist, zeigten just die mit Waffengewalt ausgetragenen Sezessionskonflikte des nach Titos Tod rasch erodierenden südslawischen Staatsgebildes.

In den Nachfolgestaaten der Sowjetunion legten zunächst die moldauisch-transnistrischen, die georgisch-ossetischen sowie die armenisch-aserbaidschanischen Auseinandersetzungen blutige Nationalitätenkonflikte offen. Wenngleich derartige Konflikte im Baltikum, im Transkaukasus und in den vorwiegend orientalisch-muslimisch geprägten zentralasiatischen Staaten der Betrachtung von außen meist nur unterschwellig ins Auge fallen, sind sie von nicht minderer Brisanz. Dass dabei stets auch russische Interessen im Spiel waren/sind, zeigten die beiden Tschetschenienkriege und offenbaren die Vorgänge rund um die Annexion der Krim.

Am Verhalten einiger westeuropäischer Regierungen gegenüber den Selbständigkeitsbestrebungen der Slowenen und Kroaten, aber auch der Esten, Letten und Litauer (vor der völkerrechtlichen Anerkennung ihrer staatlichen Gemeinwesen, ja mitunter danach auch noch) war augenfällig geworden, dass die Furcht vor Separatismus im eigenen Lande das Handeln bestimmte. Dies rührte von der sich nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst verbreitenden Zuversicht her, wonach im Zuge der Europäisierung die Nationalstaaten allmählich verschwänden und somit die „nationale Frage" gleichsam als Erscheinung des 19. Jahrhunderts überwunden würde.

Vor allem die (westeuropäische) Linke – aber nicht nur sie – leistete mit der theoretisch-ideologischen Fixierung auf die Projektion der „multikulturellen Gesellschaft" einer geradezu selbstbetrügerischen Blickverengung Vorschub, indem man glaubte, mit deren Etablierung sei die infolge zweier Weltkriege entgegen dem Selbstbestimmungsrecht erfolgte willkürliche Grenzziehung quasi automatisch aufgehoben. Dabei hatte just die machtpolitische Ignoranz historisch-kulturräumlicher Bindung, ethnischer Zusammengehörigkeit sowie von Sprachgrenzen insbesondere nach dem Ersten Weltkrieg zu spezifischen Minderheitensituationen geführt, deren Konfliktpotential bis in unsere Tage fortwirkt.

Während sich im Westen die Nationalstaaten überlebt zu haben schienen, sind die Völker Mittelost-, Ost- und Südosteuropas noch immer dabei, Sowjetismus und Titoismus abzustreifen. Der Denkfehler in der westlichen Welt bestand darin, zu glauben, staatliche Gebilde wie die „Jugoslawische Föderation" oder die „Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken" hätten sogleich etwas gemein mit der Europäischen Gemeinschaft, sobald man sich dort der Fesseln des Kommunismus entledigt habe. Anstatt dies zu unterstützen oder wenigstens Sympathie dafür aufzubringen und vor allem den „kleinen Völkern“, als die die in fremdnationaler Umgebung beheimateten Minderheiten bisweilen genannt werden, Gehör zu schenken, zeigt(e) sich zuvorderst in den Hauptstädten der zentralstaatlich geprägten Länder Westeuropas, dass die Sorge vor dem möglichen Aufbegehren der eigenen Minoritäten das Verhältnis zu den Eigenständigkeit einfordernden und zwischen Selbstverwaltung, Autonomierechten, Unabhängigkeit bis hin zu (klein)staatlicher Souveränität changierenden Nationen und Volksgruppen im Osten und Südosten des Kontinents bestimmt(e).

Zentralstaaten als Bremser

Frankreich gilt bisher geradezu als Verkörperung des Zentralismus. Weshalb viele der 370.000 Bretonen mit Sympathie die nach dem mehrheitlichen Brexit-Votum im Vereinigten Königreich wieder vernehmlicher werdenden Töne der schottischen Unabhängigkeitsbewegung verfolgen, welche im Referendum 2014 nur knapp gescheitert war.

Ähnliches gilt für die 150.000 Korsen, wobei die Nationalpartei PNC (Partitu di a Nazione Corsa) nicht unbedingt für die Unabhängigkeit Korsikas eintritt, was das Ziel bisweilen bombender Extremisten war/ist. Sie verlangt aber doch mehr Selbständigkeit anstatt politischer Steuerung durch Paris. Im Elsass sowie in Lothringen begnügt man sich hingegen offenbar mit einigen Zuständigkeiten in (sprach)kulturellen Angelegenheiten. Wenngleich nicht wenige der 978.000 deutschsprachigen Elsässer und Lothringer gegen die Verschmelzung ihrer Provinzen mit der Champagne und den Ardennen zur Region Alsace-Champagne-Ardenne-Lorraine protestierten, welche seit 1. Oktober 2016 kurz „Région Grand Est“ heißt.

In Spanien bekunden besonders die gut 10 Millionen Katalanen (in Katalonien, Valencia und Andorra) sowie 676.000 Basken (im Baskenland und in Navarra) immer wieder machtvoll ihren Willen, die Eigenstaatlichkeit zu erlangen. Davon wäre naturgemäß auch Frankreich betroffen, denn jenseits der Pyrenäen, im Pays Basque, bekennen sich gut 55.000 Menschen zum baskischen Volk. Der 2015 von der baskischen Regionalregierung verabschiedete Plan „Euskadi Nación Europea" enthält das Recht auf Selbstbestimmung und sieht ein bindendes Referendum vor.

In Belgien hat sich der (nicht nur sprachliche) Konflikt zwischen niederländischsprachigen Flamen und französischsprachigen Wallonen seit den 1990er Jahren zu einer latenten institutionellen Krise ausgewachsen und kommt einer Staatskrise ziemlich nahe. Von den 5,8 Millionen Flamen (52,7 Prozent der Bevölkerung), die sich ökonomisch gegen die Alimentierung der „ärmeren“ Wallonie (3,9 Millionen Wallonen; 35,8 Prozent der Bevölkerung) wenden und zunehmend für die Eigenstaatlichkeit eintreten, sprechen sich die wenigsten für den Erhalt des belgischen Zentralstaats aus. Die deutschsprachige Gemeinschaft, ein von 87.000 Menschen (0,8 Prozent der Bevölkerung) bewohntes Gebilde mit autonomer politischer Selbstverwaltung, eigenem Parlament und eigener Regierung, entstanden auf dem nach Ende des Ersten Weltkriegs abgetretenen Gebietes Eupen-Malmedy, gehört zwar territorial zur Wallonie, hält sich aber aus dem flämisch-wallonischen Konflikt weitgehend heraus. Dasselbe gilt für die 13.000 Luxemburger/Lëtzebuerger (0,1 Prozent) und 1.166.068 Ausländer (10,6 Prozent), die in Belgien leben.

Norditalien – unterschätzte Sprengkraft

Außerhalb Italiens werden die Unabhängigkeitsverlangen im Norden des Landes meist unterschätzt und zumindest in der Wissenschaftspublizistik weitgehend ausgeblendet. Die politische Klasse in Rom muss hingegen angesichts regionaler Erosionserscheinungen befürchten, dass Bestrebungen, sich von Italien zu lösen, an Boden gewinnen. So beteiligten sich im März 2014 im Veneto 2,36 Millionen Wahlberechtigte (63,2 Prozent der regionalen Wählerschaft) an einem Online-Referendum zum Thema Unabhängigkeit Venetiens, von denen 89,1 Prozent - das waren immerhin 56,6 Prozent aller Wahlberechtigten - auf die Frage „Willst Du, dass die Region Veneto eine unabhängige und souveräne Republik wird?", mit einem klaren „Ja“ antworteten. In unmittelbarer lombardisch-„padanischer“ Nachbarschaft zündelt die Lega Nord immer wieder mit Unabhängigkeitsverlangen und strebt ein aus der Lombardei, Piemont und Venetien zu bildendes Unabhängigkeitsbündnis an.

Nebenan, in der mit Sonderstatut, wie sie die Lega für die Lombardei anstrebt, versehenen Region Trentino-Alto Adige, ist in der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol (520 000 Bewohner; davon 62,3 Prozent Deutsch(sprachig)e; 23,4 Prozent Italiener; 4,1 Prozent Ladiner und 10,2 Prozent Personen, die sich bei der Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung nicht den genannten Autonomiestatuts-Ethnien zugehörig erklärten) seit zwei Landtagswahlperioden die verstärkte Hinwendung von deutschtiroler Wählern zu den deutschtiroler Oppositionsparteien zu registrieren. Dies rührt, neben unübersehbaren Abnutzungserscheinungen der seit 1945 dominanten Regierungspartei SVP und deren Aufgabe ihrer gut sechs Jahrzehnte gewahrten Äquidistanz zu den römischen Parteien, auch von den vielfältigen Maßnahmen Roms seit einigen Jahren her, sozusagen scheibchenweise die ansonsten international als Vorbild gerühmte Autonomie auszuhöhlen und damit zu entwerten. Dies könnte sich mit der anstehenden, auf noch mehr Zentralismus hinauslaufenden Staats- und Verfassungsreform, welcher die SVP-Kammerabgeordneten – wider die Warnungen der Opposition und von ehedem langjährigen politischen Verantwortungsträgern der eigenen Partei – zustimmten, noch weiter verstärken.

„Los von …“

Angesichts dessen ist es nicht allzu verwunderlich, dass die Befürworter des „Los von Rom“ in Südtirol Zulauf erhalten. Und sich, wie der 2014 in Meran sowie im Mai 2016 in Bruneck vom Südtiroler Schützenbund initiierter „Unabhängigkeitstag“ erwies, mit den politischen Kräften jener Bewegungen verbünden, welche das „Los von London, Madrid, Paris, Brüssel …“ für sich beanspruchen, sowie die Gewährung und Ausübung des Selbstbestimmungsrechts verlangen.

Warum hat die EU keine substantiellen Volksgruppen-Schutzmaßnahmen ergriffen? Weil zentralistisch organisierte Staaten wie Frankreich, Italien, Spanien, Rumänien, um nur die ärgsten Bremser zu nennen, deren Begehr prinzipiell ablehnend gegenüberstehen. Hinsichtlich Rumäniens ist beispielsweise darauf zu verweisen, dass das Verlangen der ungefähr 1,4 Millionen ethnischen Ungarn – und insbesondere der ca. 700.000 Szekler – nach Autonomie von der gesamten politischen Klasse des Staatsvolks sofort als Sezessionsbegehr (Stichwort: Trianon) gebrandmarkt wird.

Gemengelage

Was Inguschen sind oder Tschetschenen, Tataren oder Gagausen, Georgier (Grusinier) oder Abchasen, Osseten respektive Tscherkessen/Adygen unter den mehr als 100 kaukasischen und transkaukasischen Völkerschaften, das ist aufmerksamen Medien-„Konsumenten“ und politisch interessierten Zeitgenossen in den letzten 25 Jahren immer wieder durch Nationalitätenkonflikte bis hin zu kriegerischen Handlungen bekannt geworden. Doch viele der zahlreichen europäischen Minderheiten – wie beispielsweise in Russland Agulier, Awaren, Balkaren, Baschkiren, Bessermenen, Darginer, Ingrier/Ischoren, Kabardiner, Karatschaier, Karaimer, Kalmücken, Karelier, Lakken, Lesgier, Lipowenr, Mordwinen, Nogaier, Permjaken, Rutuler, Udmurten, Syrjänen, Tabasaraner, Taten, Tscheremissen, Tschurier, Tschuwaschen und Wepsen; und auf dem Balkan beispielsweise Aromunen/Wlachen, Arvaniten, Bunjawatzen, Goranen und Lasen – sind dem Namen nach oder der Zugehörigkeit zu Staaten oder Sprach(familie)n nach allenfalls Spezialisten bekannt.

Dies führt ein soeben in überarbeiteter und aktualisierter Auflage erschienenes „Volksgruppen-Handbuch“ deutlich vor Augen. (Christoph Pan, Beate Sibylle Pfeil, Paul Videsott: Die Volksgruppen in Europa, Wien; Verlag Österreich / Berlin; BWV- Berliner Wissenschafts-Verlag 2016; XLIX, 477 Seiten, gebunden; 88,-- €, Buch bei Amazon) Die umfassende Bestandsaufnahme fußt auf der Auswertung aller relevanten Volkszählungsergebnisse der Jahre 2009 bis 2014 und ruht analytisch auf jahrzehntelanger Arbeit des in Bozen ansässigen Südtiroler Volksgruppen-Instituts.

Demnach leben zwischen Atlantik und Ural 768 Millionen Menschen in 47 Staaten und 100 größeren oder kleineren Völkern. Jeder siebte Bewohner Europas fühlt sich einer Minderheit zugehörig, denn ein Siebtel aller Europäer, nämlich gut 107 Millionen Menschen, sind Angehörige größerer respektive kleinerer Minderheiten. Europa ist überaus reich an Kulturen und Sprachen; sie sind sozusagen konstitutives Element des Kontinents. Dabei sind ausweislich der klaren und präzisen Zu- sowie Einordnung die meisten der „38 minderheitenrelevanten Staaten Europas als Nationalstaaten konzipiert“, wenngleich sie tatsächlich „ethnisch inhomogen und in Wirklichkeit multinationale Staaten mit traditionellen Volksgruppen bzw. nationalen oder ethnischen Minderheiten sind, deren Bevölkerungsanteil von einigen wenigen Prozent bis zu 48 Prozent (z.B. Montenegro) reicht.“

Daher auch wird festgestellt: „Ethnische Homogenität in einem Staat, wie z.B. in Island oder San Marino, ist also die auf einige Zwergstaaten beschränkte Ausnahme und keinesfalls die Regel. Das hieraus sich ergebende Spannungsverhältnis zwischen nationalstaatlichem Organisationsmodell und dem soziologischen Phänomen Ethnizität markiert einen wichtigen Gesichtspunkt dessen, was unter dem herkömmlichen Begriff Nationalitätenkonflikt die europäische Entwicklung bis zur Gegenwart nachhaltig beeinflusst.“

Die beeindruckende Publikation möge zur Selbstvergewisserung dienen. Politischen Entscheidungsträgern in (und zwischen) den Nationalstaaten sei es geradezu als „Handwerkszeug“ empfohlen. Insbesondere die „Denkanstöße“ im Kapitel „Kollektiver Volksgruppenschutz und Separatismus“ seien ihnen nachdrücklich ans Herz gelegt.

Der Autor ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist

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Butter statt Palmöl drucken

Wer Malaysia oder Indonesien bereist, kennt das Bild: Kilometer um Kilometer zieht sich die Straße durch Plantagen niedrig wachsender Palmen. Auf die beiden Länder entfällt fast 90 Prozent der weltweiten Palmöl-Produktion. Und diese hat sich seit 2001 von 25,6 Millionen auf 60 Mllionen Tonnen mehr als verdoppelt. Allein zwischen 1990 und 2005 haben die beiden südostasiatischen Staaten auf fast 5 Millionen Hektar neue Plantagen angelegt; zum großen Teil dort, wo früher Regenwälder wuchsen.

Palmöl wird nicht nur als Biokraftstoff sowie in der Produktion von Kosmetika und Reinigungsmitteln eingesetzt, sondern kommt aufgrund des butterähnlichen Geschmacks auch bei der Herstellung von Margarine, Schokolade, Karamell, Chips, Erdnussflocken und Backwaren sowie bei Fertiggerichten und Saucen zum Einsatz. 6,7 Millionen Tonnen Palmöl hat die EU im Jahr 2015 importiert, zwei Drittel davon entfielen auf die Lebensmittelindustrie. Dem steht eine EU-Buttererzeugung von 2,4 Millionen Tonnen gegenüber. Der oberösterreichische Nationalratsabgeordnete Leopold Steinbichler (Team Stronach) hält fest, dass der europäische Kuhbestand verdoppelt werden müsste, würde man das gesamte importierte Palmöl durch Butterfett ersetzen. Doch Butterfett ist mehr als dreimal so teuer wie Palmöl.

An dieser Differenz hat sich wenig verändert, seit die Milchpreise nach dem Ende der Milchquote im letzten Jahr stark gefallen sind. 2014 konnten die heimischen Bauern noch bis zu 40 Cent pro Liter Milch erlösen, heute sind es in Österreich nur mehr 28 Cent und in Norddeutschland oft nicht einmal mehr 20 Cent. Zu diesen Preisen kann aber kein Landwirt mehr produzieren: Die durchschnittlichen Kosten für die Milcherzeugung liegen im Alpenraum bei 35 bis 40 Cent und bei den Großbetrieben in den Gunstlagen sogar bei 30 bis 35 Cent pro Liter. Der Preisverfall ist fatal, denn ein Ende der flächendeckenden Milchwirtschaft im Alpenraum würde nicht nur unsere Ernährungssicherheit in Krisensituationen gefährden und uns von Milchimporten aus Irland oder Milchpulver aus Übersee abhängig machen. Auch die offene Kulturlandschaft mit ihren Weiden, Wiesen und Almflächen würde nicht mehr weiterbestehen, großflächige Aufforstungen wären die Folge, die Attraktivität der Berggebiete für Urlauber und Ausflügler würde massiv abnehmen.

Nicht nur ökonomisch, auch ökologisch droht damit ein Gau: Kühe fressen Grünfutter von Flächen, auf denen wegen ihrer Hang- oder Höhenlage kein Ackerbau möglich ist. Die Milch von Kühen, die vor allem Gras und Heu fressen, ist für uns besonders gesund, weil ihr Anteil an Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren hoch ist. Außerdem ist ihre Energiebilanz deutlich positiv.

Man kann messen, wie viel von auch menschlich verwertbaren Nutzpflanzen verfüttert werden muss, um eine bestimmte Menge an tierischem Eiweiß zu produzieren. Bei getreidebasierten Rindermastsystemen, wie sie etwa in Großbritannien vorherrschen, wird nur ein Sechstel der verfütterten essbaren Energie in Form von Fleisch wiedergewonnen. Heimische Heumilchbetriebe produzieren dagegen ein Vielfaches der eingesetzten, theoretisch verwertbaren pflanzlichen Energie in Form von tierischem Eiweiß. Selbst in der heimischen Rindermast ist die Energiebilanz noch positiv, wenn das Grünland die überwiegende Nahrung bietet und nur verhältnismäßig wenig Kraftfutter (meist in Form von Getreide-Eiweißmischungen) zugefüttert wird.

Einen Ausweg aus der existenzgefährdenden Krise der Milchbauern könnte tatsächlich in einer teilweisen Zurückdrängung des Palmölanteils in Lebensmitteln liegen, wofür sich auch die bayrische EU-Parlamentarierin Ulrike Müller einsetzt. Sie fordert die Wiedereinführung der Beihilfe für die Verwendung von Butter in Lebensmitteln, wie sie die EG im Jahr 1988 gewährt hat. Ein ähnlich gerichteter Vorstoß von Landwirtschaftsminister Rupprechter im Agrarministerrat der EU blieb allerdings erfolglos.

Auch eine Anhebung der europäischen Importzölle für Palmöl von derzeit 3,8 Prozent ist wegen des GATT-Abkommens kaum machbar.

Realistischer ist da Steinbichlers Forderung nach einer Besteuerung von Palmöl, wie Frankreich es bereits praktiziert. Mit dieser Steuer soll eine Lebensmittelkennzeichnung finanziert werden, damit in Zukunft auch der Palmölanteil von Nahrungsmitteln auf der Packung steht. Die österreichische Fachzeitschrift „Landwirt“, die dem Thema in ihrer Ausgabe vom 1. Oktober einen umfassenden Bericht gewidmet hat, zitiert abschließend Steinbichlers Hoffnung auf eine politische Mehrheit für seinen Vorstoß: „Wir sehen ja bei der Allergen-Verordnung, welch sinnlose Regelungen geschaffen werden können. Da wird es auch möglich sein, einmal etwas Vernünftiges auf die Beine zu stellen.“

Mag. Wolfgang Dvorak-Stocker ist Verleger des Leopold Stocker Verlags und Eigentümer der Landwirt Agrarmedien GmbH.

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Feministische Arschkarte drucken

Frauen brauchen Schutz. Männlichen Schutz. In vormodernen, tribalen Gesellschaften übernimmt diese Funktion die Familie, der Clan, die Lineage, der Stamm, in modernen westliche Gesellschaften, der Rechtsstaat, sprich Legislative, Exekutive und Judikative. Ohne den Staat und seinen Institutionen könnten sich Frauen weder frei entfalten, noch frei bewegen.

Eine simple Tatsache, die bei vielen Europäern völlig in Vergessenheit geraten ist, eben, weil sie vom sozialistischen Nanny-Staat umfassend betreut und geschützt werden, oder besser wurden. Diese historisch einzigartigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen gelten, so wie auch der Wohlstand, vielen Europäern als selbstverständlich, quasi als gottgegeben. Dies gilt, so paradox das auch klingen mag, insbesondere für Feministinnen und Genderistinnen. Sie leben in dem Glauben, dass Frauen, also sie selbst, für ihren Schutz, ihre Sicherheit und ihren Wohlstand sorgen könnten, dass der Mann nur ein unnützes Auslaufmodell ist. Das mag auf den europäischen Mann zutreffen, aber sicher nicht auf den Mann.

Der europäische Mann wurde in den vergangenen Jahrzehnten erfolgreich feminisiert, ihm wurden seine geschlechtsspezifischen Verhaltensweisen abtrainiert. Ein feministischer Pyrrhussieg. Das Vakuum, dass dieser gesellschaftspolitische Prozess in West- und Mitteleuropa erzeugt hat, wird gerade rasant von jungen Männern aus dem Islamgürtel und Afrika aufgefüllt, also von Männern, die so gar nicht den Vorstellungen von Feministinnen entsprechen. Oder tun sie vielleicht genau das?

Der Glaube, oder besser der Wahn, dass die Feministinnen und Genderideologinnen in Europa auch künftig den Ton angeben und die politische Marschrichtung bestimmen, ist infantil, so wie die gesamte Politik Europas. Alle feministischen Errungenschaften sind spätestens im Herbst 2015 zu Grabe getragen worden, als die deutsche Obermutti junge und von der westlichen Zivilisation noch unverdorbene Männer – Jean-Jacques und Sigmund schaut herunter – von Pakistan bis Nigeria nach Europa eingeladen hat.

Mit der vor allem von Frauen (wie Wählerstromanalysen eindeutig belegen) getragenen gefühlsduseligen, sozialromantischen und weltfremden Welcome-Refugee-Euphorie begehen die Protagonisten dieser linken Erweckungsbewegung im mildesten Fall politischen Selbstmord. Das Pendel schlägt in die andere Richtung. Und das sehr weit.

Noch kann und will das politmediale Establishment die unübersehbaren Zeichen und Entwicklungen nicht erkennen. Je mehr sich die Wolken über dem europäischen Multikulti-Genderparadies zusammenziehen, desto bizarrer wird das Verhalten der politischen Eliten, deren politische Agenda vor allem darin besteht, die Untertanen ruhig zu stellen. Entsprechend skurril sind auch deren Ratschläge an die zunehmend verunsicherten Bürger. Ein Highlight war etwa der Tipp an Frauen, sich mit Aufklebetattoos vor sexuellen Übergriffen zu schützen. Das erinnert an die letzten Monate von Konstantinopel. Als die Osmanen vor den Toren der Stadt standen, diskutierte man innerhalb der bedrängten Mauern über theologische Spitzfindigkeiten.

Ganz ähnlich die Situation im rezenten Europa. Während der öffentliche Raum gerade von den von der politmedialen Elite heiß geliebten und instrumentalisierten „Flüchtlingen“ und „Schutzsuchenden“ erobert wird – ein täglicher Blick in die bösen Boulevardmedien und Polizeiberichte zerstreut diesbezüglich alle Zweifel – wird in Politik und Medien über Frauenquoten, Veggie Days, Radwege, gendergerechte Sprache und die furchtbar gefährlichen Rechtspopulisten diskutiert.

Die ersten Opfer der nach wie vor unkontrollierten Masseneinwanderung aus dem islamischen und afrikanischen Raum sind Frauen, Kinder und sozial Schwache. Der Staat hat längst die Kontrolle verloren, er ist nicht mehr in der Lage für die Sicherheit der autochthonen Frauen zu sorgen. Um die Untertanen von der sich verschlechternden Sicherheitslage abzulenken und Handlungskompetenz vorzutäuschen, setzt man auf symbolische Aktionen, Arbeitskreise, Integrationsmaßnahmen, Dialog auf der einen und Hetze gegen alle Kritiker dieser Politik auf der anderen Seite. Doch den Deckel auf den brodelnden Kochtopf zu halten, erfordert immer größere Kraftanstrengungen und gelingt nur noch mit der schrittweisen Einschränkung der Bürgerrechte.

Angesichts der aktuellen Entwicklungen wirken die meisten Scheinhandlungen, Durchhalteparolen und Appelle aus Berlin, Wien oder Brüssel nur noch lächerlich. Doch andere Mittel haben die europäischen Eliten ohnehin nicht mehr. Man hat sich ihrer im linken Multikulti-Gender-Wahn selbst entledigt. Einige der ganz „progressiven“ Kräfte wollten Europa gar in eine große entmilitarisierte Wohlfühl-Zone verwandeln.

Die im feminisierten Europa konsequenterweise kaputtgesparten, demotivierten und permanenter medialer Hetze ausgesetzten Sicherheitsapparate sind nicht mehr in der Lage, das gewaltige Sicherheitsproblem, dass durch die ungeschützten Grenzen entstanden ist, in den Griff zu bekommen. In Schweden, dem einstigen Multikultivorzeigeland, gerät die Lage gerade völlig außer Kontrolle. Es gibt bereits über 50 No-Go-Areas. Regionen, wo schwedische Gesetze nicht mehr vollzogen werden können, sprich keine Gültigkeit mehr haben. 80 Prozent der schwedischen Polizisten überlegen derzeit, ihren Job an den Nagel zu hängen. Sie haben erkannt, dass sie auf verlorenem Posten stehen. Der Rechtsstaat ist auf dem Rückzug, die öffentliche Ordnung löst sich auf. Das gilt aber nicht nur für Schweden.

Die historische Silvesternacht zu Köln hat auf dramatische Weise gezeigt, wie die poltimediale Elite mit der von ihr ersehnten Multikulti-Realität und deren Opfern umgeht. Nachdem man die massenhaften sexuellen Übergriffe dank der Berichte in den sozialen Medien nicht mehr totschweigen konnte, versuchte man die Ereignisse zu verharmlosen und zu relativieren. Die weiblichen Opfer spielten bei den auf die Übergriffe folgenden medialen und politischen Reaktionen, Kampagnen und Strategien keine Rolle. Bis heute wurde keine einzige auch nur halbwegs brauchbare Strategie entwickelt, um eine weitere Verschlechterung der Sicherheitslage zu verhindern. Wer nur die Ursachen solcher Entwicklungen anspricht, über den wird sofort die politisch-korrekte Höchststrafe verhängt, er wird zum Nazi erklärt.

Zu mehr als ein paar zusätzlichen Polizeikräften bei Großveranstaltungen konnten und können sich die Politiker nicht durchringen. Die Untertanen haben sich mit diesen Entwicklungen einfach abzufinden. „Wir“ müssen damit leben. Weshalb es seither praktisch keine Großveranstaltung mehr im deutschsprachigen Raum gibt, bei der es nicht zu sexuellen Übergriffen kommt. Die Besucher meiden aus Angst zunehmend solche Veranstaltungen. Das Oktoberfest hat das deutlich gezeigt.

Wir erleben gerade das rasche und unrühmliche Ende des europäischen Kurzzeit-Matriarchats. Die autochthonen Frauen haben weder Schutz vom überforderten und unwilligen Rechtsstaat zu erwarten noch von ihren Familien. Die gibt es dank der erfolgreich umgesetzten Pläne der Neosozialisten ohnehin kaum noch. Die vom Staat und seinen Herolden propagierten fröhlich-bunten Regenbogen-Patchwork-Konstruktionen sind definitiv keine Familien, nicht einmal ein schlechter Familienersatz. Das zeigt sich vor allem in Krisen- und Notsituationen. Es gibt keine annähernd so feste Bindung wie zwischen Eltern und Kindern beziehungsweise zwischen Geschwistern. Die Biologie lässt sich nicht austricksen, schon gar nicht von linken Gesellschaftsingenieuren und feministischen Gendertanten.

Wenn der Staat nicht mehr für die Sicherheit seiner Bürger sorgen kann oder will, wer schützt dann die 50-jährige kinderlose Singlefrau, die gerade auf einschlägigen Onlineportalen einen Lebensabschnittspartner sucht? Wen ruft sie im Notfall an? Wer eilt ihr zu Hilfe? Wer riskiert etwas für sie, vielleicht sogar seine Gesundheit oder sein Leben? Muslimische Frauen habe diese Sorgen nicht. Sie sind als Teil einer Großfamilie, als Angehörige einer Politreligion mit strengen Regeln und mit ihren starken ethnischen Wurzeln nicht auf den schwindsüchtigen europäischen Rechtsstaat angewiesen.

Die weitgehend bindungs-, traditions- und orientierungslosen europäischen Bürger haben keine Chance, ihren bisherigen Lebensstil gegen die von ihnen importierten vormodernen Parallelgesellschaften mit ihren starken religiösen, kulturellen, ethnischen und familiären Wurzeln und Strukturen zu verteidigen. Die Machtverhältnisse verschieben sich jeden Tag mehr zu Ungunsten der autochthonen Bevölkerung. Bereits jetzt kuschen Justiz und Polizei vor der Macht krimineller Clans und Großfamilien aus dem arabischen Raum.

Es ist immer wieder beeindruckend, wie schnell und in welch großer Zahl solche Clans oder ethnische Gruppen ihre Mitglieder mobilisieren können. Da ist im Übrigen auch einer der Gründe, warum „Schutzsuchende“ fast ausschließlich autochthone Frauen belästigen. Das ist weitgehend risikolos. Bei ihnen können sie sicher sein, dass keine Familienangehörige, keine Glaubensbrüder, keine Angehörigen derselben Volksgruppe sich rächen werden, Polizei und Kuscheljustiz brauchen sie ohnehin nicht zu fürchten.

Die Macht des Staates beschränkt sich mittlerweile auf die Verfolgung und Einschüchterung seiner Kritiker. Vor dem Gesetz sind nicht mehr alle gleich, es gelten völlig unterschiedliche Rechtsstandards. Durch die Unterspülung des Rechtsstaats in Kombination mit der Auflösung familiärer Strukturen und dem Verschwinden traditioneller Solidargemeinschaften (Dorf, Kirche etc.) verlieren autochthone Frauen jeglichen Schutz und Rückhalt und werden zu Freiwild.

Dabei stehen wir erst am Anfang dieser Entwicklungen. Die Situation wird sich zunehmend verschlechtern, da keiner der europäischen Entscheidungsträger, sieht man von den Politikern der Visegrád-Staaten ab, willens oder in der Lage ist, die Notbremse zu ziehen und die unkontrollierte Masseneinwanderung wieder in geregelte Bahnen zu lenken. Dazu kommt für die Frauen verschärfend hinzu, dass europäischen Männer in den vergangenen Jahrzehnten jeglicher Kampfgeist und Selbsterhaltungstrieb abtrainiert worden ist.

Bereits im Kindergarten wird den Kleinen männliches Verhalten ab- und weibliches Verhalten angelernt. Das Produkt dieser Genderpädagogik sind Zivis mit Vollbart (ein modischer Hilferuf), Oberarmen so dick wie ein Baguette, mit Gewalterfahrungen, die sich auf Schubsereien im Schulhof und Antiaggressionstrainings beschränken, die Quentin Tarantino-Filme cool, aber echte Waffen furchtbar böse finden und die fest daran glauben, Konflikte stets mit Dialog und „lieb sein“ lösen zu können. So ein Wesen hat bei der Durchsetzung seiner Interessen gegen einen frisch aus dem afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet eingetroffenen Altersgenossen ziemlich schlechte Karten. Und dabei haben die richtigen Verteilungskämpfe, die sofort eskalieren werden, wenn der Sozialstaat unter der enormen finanziellen Belastung zusammenbricht, noch gar nicht begonnen.

Die Entscheidungsträger denken nicht daran, das Steuer herumzureißen. Im Gegenteil. Man versucht die katastrophalen Entwicklungen mit einer immer höheren Dosis derselben wirkungslosen Medizin zu bekämpfen. Noch mehr Ausgaben für „Integration“, noch mehr Sozialstaat, noch mehr Willkommenskultur, noch mehr Dialogangebote etc. Obwohl der Motor bereits völlig überhitzt ist und viel zu hoch dreht, tritt die infantile politische Elite das Gaspedal noch weiter durch.

Europa gibt derzeit eine jämmerliche Figur ab. Spannend ist dabei, dass sehr viele Frauen noch immer in ihrer kuscheligen Öko-Wellness-Esoterik-Feminismus-„das-bin-ich-mir-wert“-Wohlfühlwelt leben und es nach wie vor ganz gut hinkriegen, alles zu verdrängen, was ihre infantile Idylle stört. Das sind eskapistische Meisterleistungen. Dieses Verhalten ist durchaus nachvollziehbar, wenn man bedenkt, was auf diese Frauen und in weiterer Folge auch auf die Männer zukommen wird. Auf diversen Internetseiten malen sich Islamisten bereits jetzt aus, was sie mit den europäischen Schlampen in Bälde anstellen werden. Man fühlt sich siegessicher. Zu Recht. Bei diesem Gegner. 

Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. Kürzlich sind seine neuen Bücher „Die Feinde der Freiheit“ und „Das Phänomen Conchita Wurst: Ein Hype und seine politischen Dimensionen“ erschienen.

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Populismus, Medien und die Politik drucken

Der von Medien und der Bevölkerung immer wieder angeprangerte Populismus ist nicht einer Person als Verursacher zuzuordnen. Populismus ist das Ergebnis eines verkürzten Kommunikationsprozesses zwischen Politik, Medien und Bürger.

Der aus der Informationstheorie entlehnte Begriff des restringierten Codes ist das fachliche Schlüsselwort für die vereinfachende Sprache im Populismus. Warum aber wird der mit der Demagogie wahlverwandte Begriff zumeist mit den Rechtspopulismus assoziiert und von den Medien zumeist so attribuiert?

Linkspopulismus, von dem hört man eigentlich wenig bis gar nichts. Warum eigentlich? Vielleicht sind die artikulierten Linksparolen weniger verständlich, zu abstrakt und aus der Sicht der Bürger gesellschaftspolitisch vielleicht emotional nicht aufregend.

Fern aller Spekulationen ist es wichtig einmal festzustellen, dass der Populismus in erster Linie mit mangelnder politischer Bildung zusammenhängt. Man fragt sich, was in dem als Querschnittsmaterie definierten Unterrichtsstoff den Schülern überhaupt beigebracht wird, um diese gegen den Populismus zu immunisieren. Es braucht mehr politische Geschichte und bessere Vermittlung erforschter Zusammenhänge, sowie das verständlich Beibringen der Wurzeln, woher die verkürzten Slogans des Populismus kommen. Das wäre vielleicht eine Lösung, wenn das so einfach wäre.

Die linken Populisten, die sich in Griechenland und Spanien gebildet haben, finden aber eine wachsende Anhängerschar. Ursache scheint neben der Verständlichkeit auch eine Frage der Mentalität zu sein, die mit der Bereitschaft zusammenhängt, vereinfachte Inhalte zu verstehen und vor allem ein emotionaler Indikator.

Welche Rolle spielen die Medien im Verkürzen von Parolen? Sie geben die Spielfläche ab und liefern gleichzeitig den journalistischen Schiedsrichter. Das geschieht in Form von Kommentaren oder Hervorheben der einen oder anderen Pointe, die von den einzelnen Politiker gesetzt wurden. Dieselben Journalisten(innen) tauchen auch in Talkrunden auf, wo sie Ihre Positionen unterstreichen können.

Warum ist dann der Populismus negativ besetzt, wenn dieser die gängige und praktizierte Kommunikationsform ist, die auch in die multimediale Medienkultur passt? Nach dem internationalen Kommunikationsforscher Paul Watzlawick könnte man, wenn man den Populismus als Symptom wertet, eine klassische „double bind Konstruktion“ diagnostizieren, wo die Kausalität zwischen verkürzter populistischer Aussage und dem dazu ideologischen Hintergrund mehrdeutig, verschwommen oder völlig unbekannt ist.

Als Resümee kann man sagen, dass Populismus als Metapher und als Werturteil mit Inhalten wenig zu tun hat. Es wird uns nichts übrig bleiben, einen oder mehrere Gänge im politischen Niveau (in der Bildung) und in der professionellen Personalauswahl höher zu schalten.

Politisches Blabla oder pointierte politische Aussage? Jeder der politischen Akteure kann sich selbst für die eine oder andere Populismus-Variante entscheiden.

Im Wahrheit aber geht es um politisches Interesse und Engagement, um den Abbau von Ängsten zu fördern. Damit kann man die Wirkung des plumpen Populismus wirksam abzuwehren.

Dr. Franz Witzeling ist Soziologe und Psychologe

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Die stille Wanderung nach rechts drucken

Die Herrschaft der Linken über die Köpfe und Seelen der Menschen scheint in Österreich, Deutschland und ganz (West-)Europa heute total. So gibt es hierzulande keine Tageszeitung und kaum ein Magazin, das gesellschaftspolitisch von der linken Leitmeinung abweicht. Die schreibende Zunft wirkt von außen wie ferngesteuert, so, als dürfte sie nur bestimmte Dinge ansprechen und andere nicht. In den meinungsrelevanten Studienfächern an der Universität sieht die Lage vielfach noch schlimmer aus: Staatliche Förderungen und universitäre Cliquenbildung haben dort ein illiberales Klima entstehen lassen.

Die in peinlicher Strichmännchen und -weibchenart so oft beschworene „Buntheit“ fehlt dort vollkommen, wo sie am nötigsten wäre – in der Analyse von Fakten und im Bereich Meinung. Dafür wird peinlich genau auf das „Gendern“ von Texten geachtet und bei Stellenbesetzungen fragt man eher nach ideologischer Linientreue und passendem Geschlecht als nach Eignung und originellen Gedanken des Kandidaten.

Die ideologisch auf links getrimmte Ausbildungsstätte produziert damit genau das, was sie seit Jahrzehnten selbst beklagt: Ausgebildete statt Gebildete. Jene Publizisten, Polito- und sonstigen -logen, die diese Studienfächer ohne innere Krisen hinter sich gebracht haben, die das dort Gelehrte vollinhaltlich unterstützen, bilden das Reservoir, aus dem sich die neuen Meinungs-Blockwarte rekrutieren. Sie dürfen zumindest hoffen, im staatlich besoldeten Kampf „gegen Rechts“ ein für sie innerlich befriedigendes Tätigkeitsfeld zu finden.

Der Meinungs-Gleichklang in den Medien hat – nebst Versuchen direkter Einflussnahme – ähnliche Gründe: In den Redaktionen umgeben sich Gleichgesinnte mit Gleichgesinnten. Die mittlerweile tonangebenden Post-68er suchen sich ihren Nachwuchs aus dem gleichen Milieu. Man bestätigt sich gegenseitig und schwelgt im Gefühl der eigenen moralischen Sauberkeit.

Fundamentale Kritik an den Zuständen wird kaum mehr geübt. Die von Subventionen abhängige Presse empfindet ähnlich wie die Polit-Elite. So werden Euro- und EU-Kritiker zu nationalistisch verbohrten „Europafeinden“, ihre Argumente finden in den „seriösen“, weil vermeintlich anständigen Medien kein Gehör, und seien sie noch so richtig. Dem Falschmeiner darf im „herrschaftsfreien Diskurs“ (Habermas) „keine Bühne geboten“ werden. Kein Fleckchen soll die sorgsam polierte Meinungs-Tischplatte trüben.

Der Glaube, dass das „Problem“ damit gelöst sei, indem man den bösen Kritiker ausgrenzt und ihn aus der offiziellen Welt entfernt, ist indes ein Irrglaube. Der Falschmeiner mit seinen Ansichten ist nicht verschwunden, nur verdrängt – aus der offiziellen in die inoffizielle Welt. Diese inoffizielle Welt, die vor allem im Internet in Erscheinung tritt, ist in den letzten Jahren rasant gewachsen – ebenso rasant, wie der Absturz der Mainstream-Presse bei den Leserzahlen vonstatten ging.

Neben zahlreichen Internetseiten von manchmal mangelhafter, manchmal guter Qualität haben sich in Deutschland in den letzten Jahren auch einige Zeitschriften für dieses konservative Untergrund-Milieu etabliert.

  • Etwa die libertäre Zeitschrift „eigentümlich frei“, die für einen konsequenten Liberalismus steht und einem breiten Meinungsspektrum Raum gibt.
  • Deftiger und inhaltlich anders ausgerichtet ist die russlandfreundliche Zeitschrift „Compact“ des ehemaligen Linken Jürgen Elsässer, der insbesondere die Merkel'sche Migrationspolitik unter Beschuss nimmt.
  • Wer's gern intellektuell hat – und dem Liberalismus eher kritisch gegenüber steht –, ist bei der rechtskonservativen „Sezession“ des Publizisten Götz Kubitschek gut aufgehoben. Kubitschek leitet den „Antaios“-Verlag, der sich zu einem Zufluchtsort für andernorts Verdrängte entwickelt und der im Vorjahr unter anderem auch Jean Raspails 1972 erschienenen Roman „Das Heerlager der Heiligen“ herausgegeben hat – in neuer Übersetzung. Das Buch, das eine Invasion von Migranten in ein ermüdetes, wehrloses Abendland schildert, das sich im Willkommensrausch befindet, erinnert frappant an unsere Tage.

Dieses in den letzten Jahren nach dem Graswurzel-Prinzip sich gefestigt habende konservative Gegenmilieu bietet auch den aus der offiziellen Welt Verdrängten Aufnahme: So wurden etwa die ehemalige Tagesschau-Sprecherin Eva Herman und Ex-SPD-Politiker Thilo Sarrazin nach ihren „Vergehen“, sich für die traditionelle Familie und gegen islamische Masseneinwanderung ausgesprochen zu haben, zwar aus der offiziellen Welt verbannt. Allein: Die Wirksamkeit des Bannfluchs ließ zu wünschen übrig. Selbst die Damnatio memoriae, die über den deutsch-türkischen Krawall-Autor Akif Pirinçci verhängt wurde, und welche die Vernichtung seiner schriftstellerischen Existenz billigend in Kauf nahm, wurde bei aller Wirksamkeit unterlaufen.

Kein Wunder: Denn die Zeit der 68er ist vorbei. Vom optimistischen Lebensgefühl der damaligen Zeit, als sich Wohlstandskinder ein wenig Rebellionssimulation leisten konnten, ohne dass ihre Karrieren Schiffbruch erlitten, ist im Zeitalter von exorbitanter Verschuldung, Euro-Krise, Massenmigration, Arbeitslosigkeit und Terrorgefahr wenig geblieben. Und während „geborene“ Konservative älteren Semesters heute häufig immer noch glauben, sie müssten sich nach links bewegen, um mit der neuen Zeit Schritt halten zu können, sind es heute oftmals ehemalige Linke, die die Seiten wechseln – unter dem Druck der Wirklichkeit, wie einer von ihnen, der Publizist und Islamkritiker Manfred Kleine-Hartlage, betont:

„Als Gorbatschow seine Perestroika verkündete, glaubte ich allen Ernstes, nun komme der demokratische Sozialismus, und nicht etwa das Ende des Sozialismus überhaupt. Dass die Mauer geöffnet werden würde, konnte ich mir noch vorstellen, aber nicht, dass deswegen die DDR zusammenbricht. Ich war völlig überrascht, dass die europäischen Vielvölkerstaaten, also Jugoslawien, die Tschechoslowakei und die Sowjetunion, sich in dem Moment in Nationalstaaten auflösten, als die sie zusammenhaltende Diktatur wegfiel. (…) Ich sah nicht vorher, dass Moslems, die in Deutschland leben, es dauerhaft ablehnen würden, sich in Deutschland anzupassen, zu assimilieren oder zu integrieren. Da die Kette der Fehlprognosen nicht abreißen wollte, musste ich mich fragen, warum eigentlich ständig Dinge passieren, die es nicht geben könnte, wenn das, woran ich glaubte, richtig wäre.“

Den Anspruch der Linken auf Intellektualität deutet Kleine-Hartlage als das möglichst spitzfindige Erklären, warum der Regen von unten nach oben fällt. Er ortet eine „stille Massenbewegung“ von links nach rechts unter den ehemaligen Linken, die – etwa als Sozialarbeiter, Pädagogen oder auch manche Mittelbau-Akademiker an der Universität – mit einer Wirklichkeit konfrontiert seien, die nicht in ihr Weltbild passe: „Ohne dass die Öffentlichkeit es bereits bemerkt hätte, beginnen am Grunde der Moldau die Steine zu wandern“.

In manchen Bereichen scheint sich das Meinungsbild bereits gedreht zu haben: War beispielsweise vor wenigen Jahren der Begriff „Gender“ nur Insidern bekannt – einzig die Katholikin Gabriele Kuby, auch eine Konvertitin, schrieb dagegen an – ist heute der Begriff des „Gender-Wahns“ oder „Gender-Unsinns“ unter politisch halbwegs Interessierten fast schon massentauglich geworden. Würde nun „der Stecker gezogen“ werden, fielen also die üppigen staatlichen Förderungen, Lehrstellen und Karrieremöglichkeiten fort – angesichts der bedrohlichen Wirtschaftslage ein durchaus realistisches Szenario –, wer würde sein akademisches oder sonstiges Leben noch diesem eher verstiegenen Thema widmen? Wohl nur wenige. Im Gegensatz zum quicklebendigen konservativen Graswurzel-Milieu, das gelernt hat, auf eigenen Beinen zu stehen, ist der späte Feminismus staatlich verfettet, steril, leer und uninteressant geworden.

Die linke Übermacht im meinungsbildenden Bereich ist also eine Scheinmacht – die freilich im Besitz aller staatlichen und Medien-Machtmittel ist. Dass gerade dann der Schuss aber auch nach hinten losgehen kann, zeigen die nervösen Reaktionen der deutschen Presse auf den Erfolg der AfD in Mecklenburg-Vorpommern. In einem „Stern“-Artikel wird etwa der Kampf Merkels gegen AfD-Chefin Frauke Petry als ein Duell von „Verstand gegen Bauch“ und „Fakten gegen Emotionen“ bezeichnet.

Wer dabei Verstand und Fakten in der Sicht des „Stern“ wie selbstverständlich auf seiner Seite hat, dürfte klar sein: Die Frau, die „das Gefühlige“ nicht so gut beherrscht, der „Pathos fremd“ ist, und die schon gar nicht Massen aufpeitschen kann – „würde sie auch nie wollen“. In einer Zeit, in der „viele Wähler für Fakten oder komplizierte Zusammenhänge nur mehr schwer oder gar nicht mehr zugänglich sind“, sei das ein Nachteil.

Am Grunde der Moldau dürften wieder ein paar Steine gewandert sein.

„Pius Gregor” kann derzeit aus beruflichen Gründen nur unter Pseudonym schreiben.

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Kontrastprogramm dringend gesucht! drucken

Ende August gingen die ersten 100 Tage des neuen Bundeskanzlers zu Ende. Es zeigt sich, dass noch kein Neuer im Amt so viele Fehler und Hoppalas, aber auch bewusste Provokationen geliefert hat: Von einer unnötigen Ungarn-Beschimpfung über falsche Flüchtlingszahlen, die inhaltsleere Ankündigung eines „New Deal“, die Verspottung eines Regierungskollegen, weil dieser während einer Sitzung SMS verschickte bis zum Eklat um den Presseauftritt zum Ministerrat reicht diese beileibe nicht vollständige Liste.

2008 hatte Werner Faymann mit dem Slogan „Genug gestritten“ gegen die ÖVP gewonnen; Christian Kern versucht es mit einer ähnlichen Masche: Er beschwört die Zusammenarbeit und dass man Vorschläge erst intern besprechen sollte, bevor man an die Öffentlichkeit geht. Was er macht, ist aber genau das Gegenteil: Er fordert zum Beispiel eine Maschinensteuer, wissend, dass diese von der ÖVP (und auch etwa von SPÖ-Urgestein Hannes Androsch) abgelehnt werden muss, weil sie den Wirtschaftsstandort schwer schädigen würde.

Tatsächlich sind es die Sozialisten, die sich bei vielen wichtigen Fragen nach wie vor gegen Reformen stemmen. Aktuell etwa beim ÖVP-Vorschlag, die kalte Progression abzuschaffen, endlich eine Pensionsreform zu machen, die diesen Namen verdient, bei der Mindestsicherung längst überfällige Anpassungen vorzunehmen sowie bei dem anhaltenden Asylantendruck wirksame Maßnahmen zu setzen.

Kern hat eine andere Agenda: Er ist dabei, einen kräftigen Linksruck einzuleiten – etwa mit einer angekündigten Steuerreform, in der von der Maschinensteuer bis zur Vermögenssteuer alles enthalten sein soll, was das linke Herz erfreut. Gleichzeitig versucht er es mit vollmundigen, populistischen Ansagen: So will er etwa bis 2020 „200.000 neue Jobs“ schaffen und damit wieder „Vollbeschäftigung“ herstellen – wahrhaft ein „Wunderwuzzi“. Abgerundet wird dies durch einen „scharfen Kurs gegen die ÖVP“, so der durchaus SPÖ-freundliche „Standard“, der auch die Kern-Brüskierung seines Koalitionspartners durch seinen Presse-Soloauftritt nach Abschaffung des gemeinsamen Pressefoyers als „Sabotage des Gemeinsamen“ bezeichnete.

Kern ist also dabei, das linke Profil der SPÖ zu schärfen. Die ÖVP sollte dies zum Anlass nehmen, ihr Profil – das durch oftmaliges Nachgeben bei SP-Forderungen stark gelitten hat – neu herauszuarbeiten und sich als Partei zu präsentieren, die für das Eigentum eintritt und für Eigenverantwortung, für Selbstbestimmung, individuelle Freiheit und gegen einen überbordenden Versorgungs- und Bevormundungsstaat. Vor allem sollte die ÖVP klarstellen, dass ihr unsere Traditionen und unsere Identität, unser Rechtstaat und unsere Werte in Zeiten einer dramatischen Völkerwanderung ein echtes Anliegen sind.

Immerhin gibt es in der ÖVP einige Personen, die erkannt haben, dass eine Politik, die ständig linke Positionen übernimmt, nur in der Bedeutungslosigkeit enden kann. So zeigen der Außen- und Integrationsminister sowie der neue Innenminister, dass es gar nicht medial schädlich sein muss, wenn man sich bei schwierigen Themen nicht wegduckt, sondern klare Antworten gibt. Dazu kommt Klubobmann Reinhold Lopatka, der oft diejenigen Themen aufgreift, die andere in seiner Partei liegen lassen. Dafür wird er begreiflicherweise von interessengeleiteten Medien immer wieder angegriffen, aber gerade diese Angriffe zeigen, wie wichtig es bei kontroversen Fragen ist, klare Standpunkte zu formulieren. Und das muss die ÖVP liefern, will sie ein Kontrastprogramm zum Verschwendungsstaat und zum Populismus in SPÖ und FPÖ sowie auch bei den Grünen und Neos liefern.

Prof. Dr. Herbert Kaspar war langjähriger Herausgeber und Chefredakteur der ACADEMIA. Der Beitrag ist sein aktueller Gastkommentar in der Oktober-Ausgabe der ACADEMIA

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VfGH: keine rote Spielwiese drucken

In sozialdemokratischen Juristenkreisen gärt es offensichtlich: Zunächst hebt der bekanntlich politisch besetzte Verfassungsgerichtshof die Bundespräsidentenstichwahl auf und verkündet am 1. Juli 2016 das Erkenntnis mit fundierter Begründung öffentlich. Nach einer Nachdenkpause von zwei Monaten regt sich Kritik in der Person des Verfassungsrechtsprofessors und Unterstützers von van der Bellen Heinz Mayer. Als Medien wählt er die Zeitschrift „Falter“ und ZiB2. Den gleichen Weg beschreitet nach einer weiteren Nachdenkpause der auf einem SPÖ-Ticket sitzende Verfassungsrichter und ebenfalls Van-der-Bellen-Wähler Johannes Schnizer; er verteidigt die Entscheidung und äußert den Ersatzvorwurf Richtung FPÖ, diesen Schritt lange vorbereitet zu haben. Medien berichten ob dieses Sonderritts von Rücktrittsaufforderungen innerhalb des Gerichtshofs.

Daraufhin kritisiert der SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim öffentlich den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs und wirft diesem vor, dass er angesichts der „breiten und kritischen Diskussion“ hätte Stellung nehmen sollen. „Es ist nicht zeitgerecht, dass der VfGH nicht kommuniziert und nicht darlegt, warum er eine Entscheidung getroffen hat“, sagte er.

Geht’s noch? Der Verfassungsgerichtshof hat nicht nur das Verfahren in aller Transparenz abgeführt, sondern auch die Verkündung samt ausführlicher Begründung öffentlich abgeliefert. Mehrere Printmedien habe in der Folge die schriftliche Urteilsausfertigung abgedruckt.

Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs ist nicht dazu da, die Entscheidungen dieses Höchstgerichts an allen Ecken und Enden der Republik zu verteidigen, bis sie jeder Mensch verstanden hat. Im Gegenteil: Es wäre ein die Autorität des Gerichtshofs schwer beeinträchtigender Fehler, wenn er sich auf Diskussionen einließe und auf diese Weise zum Zerreden der eigenen Entscheidungen beitrüge.

In der linken Reichshälfte wächst offensichtlich die Unzufriedenheit mit dem Verfassungsgerichtshof und man inszeniert öffentlich die üblichen Intrigen, desavouiert den einen und bringt den anderen in Stellung. Für derartige Spielchen ist das Höchstgericht der denkbar schlechteste Ort. Dort, wo man ohne Partei nichts ist, kennt man wieder einmal keine Grenzen – zum Schaden der Republik.

Dr. Georg Vetter ist selbständiger Rechtsanwalt in Wien. Er ist Nationalratsabgeordneter der ÖVP.

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Was kostet ein Arbeitsplatz gemessen am Nettobezug? drucken

Abgesehen von Belgien ist die Differenz zwischen Arbeitskosten und Nettolöhnen in keinem Land höher als in Österreich. Die Kosten für einen Arbeitsplatz fallen in Österreich fast doppelt so hoch aus wie der ausgezahlte Nettolohn. Diese Differenz wird gerne mit „Lohnnebenkosten“ umschrieben – was angesichts der Dimensionen einem Euphemismus für „Hauptkosten“ gleichkommt. 

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Der Untergang des Westens beginnt in Europa drucken

Die abendländische Kultur steht vor ihrer Zerstörung. Und diese Vernichtung wird vom europäischen Kontinent aus beginnen – so wie auch die Eroberung der Welt einst von Europa ausging. Der Kreis schließt sich. Und nein, es ist nicht (nur) die Islamisierung, die diese Zerstörung bewerkstelligt, sondern es ist vor allem auch die kulturelle Degeneration des Westens selbst.

Europa wird daher weniger aus politischen Gründen zerfallen, sondern wegen seiner bereits bis in seine Fundamente reichenden Erosion. Die diversen aktuellen Exit-Szenarien der EU sind nur die leicht erkennbaren und oberflächlichen Phänomene eines viel tiefergehenden destruktiven Prozesses. Den Exit kann man ökonomisch, politisch und rechnerisch darstellen, den Kulturverfall nicht. 

Ursächlich für die Dekadenz sind ganz andere Dinge als die schwache europäische Politik. Bestimmte, bisher als „Werte“ bezeichnete und auch von sehr Vielen so empfundene Entitäten, die man die längste Zeit in Europa und im Westen für die Beweise und Grundsteine des Liberalen, Modernen und Progressiven gehalten hat, sind in Wahrheit die Treiber dieser kulturellen Abwärtsspirale. Wenn man sie genauer betrachtet, dann kommen einem die meisten dieser modernistischen Werte mittlerweile wie die Besen aus Goethes Zauberlehrling vor. Leider aber lassen sie sich mit dem Spruch „Besen, Besen, seids gewesen“ nicht mehr in die Ecke drängen.

Taxativ seien hier die Triggerfaktoren, die seit der denkwürdigen und retrospektiv nur unseligen 68er-Revolution massiv am Wirken sind, angeführt.

  • Es sind dies die Gleichstellung der Frau um jeden Preis;
  • die rigorose und überall leicht verfügbare Geburtenkontrolle durch die Erfindung und Verbreitung der Pille;
  • die damit zusammenhängende massive Reduktion der Geburtenrate;
  • die weitgehende Legalisierung bzw. Erleichterung der Abtreibung;
  • die stetige Propagierung der Homo-Ehe;
  • und die Relativierung und konsekutive Entwertung der klassischen Familie.

Alle diese hier genannten Faktoren sind nicht aus den Fingern des Autors gesogene Behauptungen, sondern leicht objektivierbar: Man kann dazu die entsprechenden europäischen Gesetzestexte und Novellen aus den letzten Jahrzehnten nachlesen und man kann mathematische Fakten wie die Geburtenrate und deren Auswirkungen leicht nachrechnen und überprüfen.

Weitere Ursachen der europäischen Dekadenz sind zwar weniger exakt messbar, aber ganz wesentlich am Verfall mitbeteiligt: 

  • Die Zurückdrängung von traditionellen Eigenschaften wie Patriotismus, Pflicht- und Ehrgefühl;
  • die Schwächung der christlichen Kirchen;
  • und die Verrechtlichung des Alltages im Sinne der Stärkung der Rechte des Einzelnen.

Dies führte zur Reduktion seiner allgemeinen und über alle Zeitläufte natürlichen Pflichten, weil diese heute in der staatlichen Kollektivierung aufgehen und dort von anonymen Gebilden übernommen werden.

Überhaupt ist das Phänomen, dass die einst personalisierten sozialen Aufgaben (wie etwa die Wohltätigkeit und die Sorge um die Angehörigen) heute durch den Sozialstaat gewährleistet werden, paradoxerweise ein wesentlicher Baustein der genannten kulturellen Erosion. Die Enthebung des Einzelnen von seinen natürlichen, traditionell in seiner Familie beheimateten sozialen Pflichten bringt beim Individuum eine Nanny-State-Mentalität hervor, die letztlich zum totalen Egoismus, zur Abhängigkeit von der stets gut gefüllten staatlichen Mutterbrust und zur Abgabe der eigenen Mündigkeit führt. Die Bürger verlieren die Fähigkeit der willentlichen Aktivität, das Soziale verkümmert und die sozio-kulturelle Verwüstung nimmt ihren unbarmherzigen Lauf.

In diese täglich größer werdende kulturdeprivierte Schneise schlägt nun eine mittelalterlich ausgerichtete, dafür aber in ihren Werte-Vorstellungen umso gefestigtere Religion: Der Islam. Europa und der Westen haben dem nichts entgegenzusetzen – außer die ständigen Verweise auf die angeblich so wunderbaren Errungenschaften der Aufklärung und eben unsere europäischen Werte. Blöd nur, dass die genau jenes Desaster, in das wir nun schlittern, erst ermöglicht haben.

Die Schwäche und die beginnende Agonie des untergehenden Europas wurden und werden von den Meinungsbildnern geflissentlich umgemünzt, sie heißt nun mehr denn je „Toleranz“. Das untrennbar mit der immanenten Kraftlosigkeit verbundene und bereits terminale Versagen der Politik auf all ihren Ebenen bekommt rasch noch das Mäntelchen der Humanität umgehängt, damit das sterbende Wesen nicht ganz nackt zugrunde gehen muss und sich einen – wenn  auch geschummelten – Rest an Stolz erhalten darf.

Bleibt einem nur zu sagen: Sic transit gloria mundi. Oder, wie es neudeutsch so peppig heißt: „The western decline“ – er hat längst begonnen.

Dr. Marcus Franz ist Arzt und unabhänger Nationalrats-Abgeordneter (früher ÖVP, davor Team Stronach).

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Nie mehr im Leben frei sein. Der neue Bildungstotalitarismus drucken

Unter dem wohlklingenden Titel der Bildung und Ausbildung greift der Staat in rasantem Tempo immer intensiver in die individuelle Lebensgestaltung ein, ohne dass sich hiergegen nennenswerter Widerstand regt. Mit dem zweiten verpflichtenden Kindergartenjahr kann es den meisten Politikern gar nicht schnell genug gehen, und die eben erst beschlossene Ausbildungspflicht bis 18 soll, geht es nach Kanzler Kern, gar bis 25 verlängert werden.

Andere staatsbürgerliche Pflichten werden infragegestellt (Wehrpflicht) bzw. abgeschafft (Wahlpflicht). Hingegen steigt die Anzahl an Jahren, deren Gestaltung der Staat den Bürgern vorschreibt, auf dem Bildungssektor nachgerade exponentiell: Die sechsjährige Schulpflicht aus den Tagen Maria Theresias wurde 1869 auf acht Jahre und 1962 auf neun Jahre erweitert. Mit Einführung des ersten verpflichtenden Kindergartenjahres 2011 wurden es zehn Jahre „Bildungsverpflichtung“, die mit der an die Schulpflicht anschließenden Ausbildungspflicht heuer sprunghaft auf 13 Jahre angestiegen sind.

Ein gewaltiger Sprung um gleich 50 Prozent, nämlich von 14 auf 21 Jahre (das zweite verpflichtende Kindergartenjahr ist bereits eingerechnet), ist das Vorhaben der SPÖ (Kern: „Unsere Vorstellung wird sein, dass wir die Ausbildungspflicht auf 25 ausdehnen“). Das „Barcelona-Ziel“ der EU, 33 Prozent aller unter Dreijährigen außerhäuslich zu betreuen und somit Menschen ihre ersten 25 Lebensjahre hindurch in Institutionen zu sozialisieren, fügt sich nahtlos in dieses Bild.

Kindergartenpflicht – Schulpflicht – Ausbildungspflicht. Das Hochhalten der „Bildung“ übernimmt den Hoffnungsgedanken, der mit humanistischer Bildung traditionell verknüpft war, kennt jedoch keinen für sich freien Inhalt mehr, der eine ebenso freie, zwanglose Beschäftigung nach sich zog, sondern kreist um Fertigkeiten. Bildung „als solche“ oder als universaler Hoffnungsgedanke wird dadurch nur unbestimmter, was es ebenfalls erleichtert, ohne viel Aufhebens eine Pflicht an die andere zu reihen.

Analog zur Wehrpflicht oder zur Steuerpflicht steht hierbei nicht bloß die Kürzung staatlicher Zuwendungen (AMS-Bezug, Sozialhilfe) für Personen, die zumutbare Ausbildungen verweigern, im Raum, sondern es drohen handfeste Verwaltungsstrafen auch für diejenigen, die staatliche Alimentierung gar nicht beantragen.

Der Glaube an die „Bildung“ scheint grenzenlos: Mangelnde Sprachkenntnisse, ethnische Konflikte, Vorurteile, Extremismen – immer ist „Bildung“ die Antwort, die alle Probleme löst, und niemals mit ein Grund jener Probleme, die sie zu lösen verspricht. „Wir schaffen es“, weil wir sodann ohnehin alle bilden. Wenn kein vom Staat strukturierter Abschluss erworben wird, womöglich ein Leben lang, auf dass lebenslanges Lernen wirklich „lebenslang“ heißt und man der staatlichen Bildungs-Zwangsbeglückungs-Maschinerie auch mit 25 nicht entkommt.

„Bildung“ ist die selbstverschuldete Unmündigkeit, die sich als „Mündigkeit“ kaschiert. Sie ist das Verharren in einer Warteposition auf ein Danach, das am Ende gar nicht stattfindet. (Macht aber nichts, denn Bildung gilt weithin als Selbstzweck.) Dass die Ausdehnung der Bildungspflicht in beide „Richtungen“ mit der Tatsache einhergeht, dass immer jüngere Kinder und immer ältere Erwachsene den Status des „Jugendlichen“ beanspruchen, ist kein Zufall. Ungeniert wird denn auch von einer Ausdehnung der Ausbildungspflicht für Jugendliche (!) bis 25 berichtet. Gewählt wird zwar mit 16, doch als erwachsen gilt man für die politische Klasse auch mit 18 nicht.

Die individuelle Freiheit des Staatsbürgers wird abgeschafft, so, wie schon seit geraumer Zeit die Autonomie des Subjekts als Illusion (etwa als Funktion neuronaler Prozesse) „entlarvt“ wird. Ja, der Staatsbürger selbst wird mit dem Nationalstaat abgeschafft, auf dass das Subjekt jenen Raum verliert, in welchem es seine Substanz hätte und seine Freiheit wirklich wäre. Zugleich wird der Staat mit der Unerfülltheit des Subjekts (des vormaligen freien Bürgers) immer wichtiger und mächtiger, dessen Anspruch der Allgemeinheit zu verbürgen. An die Stelle des autonomen Subjekts tritt ein Wir, das quer zu aller Inklusionsrhetorik Ausschlüsse setzt. (So sei die Kritik der ÖVP am wirtschaftspolitischen Kurs Kerns „Ausdruck einer bestimmten rechten Ideologie“ – womit offenbar alles gesagt sei.)

Die Frage ist nicht mehr, ob ein weiterer Eingriff in die Erziehungshoheit der Eltern gerechtfertigt werden könne, sondern bloß, ob „wir“ uns (jetzt schon) ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr leisten können. Selbst FPÖ-Volksanwalt Fichtenbauer beklagte in seiner Stellungnahme zum Ausbildungspflichtgesetz bloß, dass die Ausnehmung behinderter Jugendlicher eine mittelbare Diskriminierung darstelle. Die Freiheit, mit 16 eine Weltreise zu unternehmen, ein Jahr mit Freunden oder am PC zu verbummeln oder auch (gewollt) in Gelegenheitsjobs zu arbeiten, ist Geschichte.

Erst recht erweckt eine Ausbildungspflicht bis 25 viele Fragen: Darf ein 19-jähriger HTL-Absolvent nicht mehr dank seiner guten Ausbildung zu arbeiten beginnen? Ein 20-Jähriger keine eigene Firma mehr gründen, ohne zugleich weitere Ausbildungen zu absolvieren? Muss selbst ein 24-jähriger Studienabsolvent noch ein Jahr in irgendeiner Ausbildung zubringen? Doch selbst wenn es nur darum geht, bis 25 eine über einen Pflichtschulabschluss hinausgehende Ausbildung abgeschlossen zu haben, bleibt die Frage, warum man die Qualifikation nicht dem Individuum überlässt.

Dem Staat geht es seinerseits genau um das Individuum, das sich seiner bestmöglichen Förderung nicht entziehen möge. Vor 30 Jahren hieß es noch, der Kindergartenbesuch sei wichtig, damit ein Kind sich an eine Gruppe gewöhnt und mit anderen Kindern spielt und teilt. Heute ist der Kindergarten ein „Bildungsgarten“ mit fixen Lehrplänen, der ganz auf die Förderung individueller „Kompetenzen“ ausgerichtet ist. Die einzelnen Kinder gehen einander, streng genommen, gar nichts mehr an.

Das Zerrbild (!) des Subjekts kehrt als „Kompetenzbündel“ wieder, das unter der Ägide des Staates als totaler Institution optimal auf Arbeitswelt und Gesellschaft, auf Diversität und Interkulturalität oder worauf immer vorbereitet werden soll. Wenn schon Hegel Bildung mit Betrug und Selbstbetrug konnotieren konnte, beziehen dies die meisten Interpreten freilich nur auf ein unterstelltes Statusdenken des (deutschen) „Bildungsbürgers“. 

Wilfried Grießer, geboren 1973 in Wien, ist Philosoph und BHS-Lehrer.

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Verfassungsputsch: Das Islamgesetz drucken

Im Gefolge der Masseneinwanderung der letzten zwölf Monate sind in den Ländern Europas Verhaltensweisen und Erscheinungen in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt, die zuvor aus der Sicht der breiten Bevölkerung als exotisch oder gesellschaftlich nicht relevant betrachtet worden waren. Im selben Zeitraum hat die Zahl spektakulärer Anschläge und Terrorakte sowie religiös motivierter Gewaltverbrechen in Europa signifikant zugenommen. Überfälle mit Macheten, Köpfungen und Messerattacken in Zügen und auf öffentlichen Plätzen sind gellende Realität – mitten im Herzen Europas.

Gewaltsame Demonstrationen von einander feindlich gesinnten Gruppen von Nicht-Staatsbürgern importieren die Konflikte tausende Kilometer entfernter Krisenherde. Massenvergewaltigungen und kollektiv vollzogene sexuelle Übergriffe aller Grade sind geradezu tägliche Normalität geworden. Kein Zweifel: Europa ist ein weitaus ungemütlicherer Ort geworden, als er es noch vor nicht allzu langer Zeit war.

Die folgende Analyse stellt dar, wie die Regierung und ihre zuständige Behörde dem Staat Österreich und seiner Bevölkerung die letzten rechtsstaatlichen Waffen zur Bekämpfung der fortschreitenden Islamisierung aus der Hand schlagen.

Der traurige Nachweis wird in vier Abschnitten erbracht. Zunächst wird ein kurzer Bogen vom alten zum neuen Islam-Gesetz geschlagen. Danach wird der religionsrechtliche Grundsatz der „Offenlegung der Glaubensgrundlagen“ mit seinen Hauptfunktionen begründet. Weiters wird die in diesem Jahr genehmigte „Lehre der islamischen Glaubensgemeinschaft“ als Instrument der Tabuisierung des Islam vorgestellt. Schließlich wird die politische Auseinandersetzung um das Islam-Gesetz erörtert und ein Verfassungsputsch gegen die eigene Bevölkerung aufgedeckt.

I. Vom Islam-Gesetz 1912 zum Islamgesetz 2015

Eine Geschichte des muslimischen Widerstandes.

„Flüchtlings“-krise und die vertane Chance auf De-Islamisierung

Die Effekte der Bewillkommnung einer Flut von unkontrolliert eindringenden „Schutzsuchenden“ (oder wie immer jene Personen genannt werden sollen, von denen die allerwenigsten wirklich Flüchtlinge, die allermeisten Muslime sind) waren voraussehbar. Sie schlagen auf europäischem Boden in den Humus ein, den die bereits seit langem eingewurzelten islamischen Communities jahrzehntelang aufbereitet haben.

Nachdem die erste Welle türkischer Arbeitsmigranten in den 60-er und 70-er Jahren religiös unauffällig war, wurden die zweite und die dritte Generation der Muslime „mit Migrationshintergrund“ zunehmend selbstbewusster. In wachsender Identifikation mit dem Islam forderten sie vom Staat und der autochthonen Bevölkerung nicht nur Duldung, sondern Akzeptanz und Unterstützung für das Projekt, den Islam in den Alltag und „in die Mitte der Gesellschaft“ zu rücken.

Hunderte Moscheenvereine und Gebetsräume, Halal-Dönerbuden und -Lebensmittelgeschäfte, die öffentliche Omnipräsenz mohammedanischer Traditionskleidung und das 24-Stunden-Mantra der Einforderung von „Respekt“ und „Toleranz“ gegenüber dem islamischen Ritenvollzug und den spezifischen Gebräuchen und Verhaltensweisen haben das Gesicht der Alltagskultur besonders der Städte Europas drastisch verändert. Ein Wanderzirkus an „Dialog“-Veranstaltungen und die Verordnung von Killerphrasen wie „Bereicherung“ und „kulturelle Vielfalt“ taten ein Übriges, um die scheinbar unumkehrbare Entwicklung außer Streit zu stellen.

Ein halbes Jahr vor dem Ausbruch der „Flüchtlings“krise des Jahres 2015 hätte Österreich allerdings eine gute Chance gehabt, sich auf adäquate und rechtsstaatlich begründete Weise gegen eine weitere Islamisierung zu wappnen. Nach jahrelangen Diskussionen hatten sich die Parlamentsfraktionen darauf verständigt, ein neues Islam-Gesetz zu erlassen. Die Regierungsparteien ließen einen Entwurf erarbeiten, der auf den ersten Blick Hoffnung gab, da er einige der langjährigen Forderungen islamkritischer Experten und besorgter Verteidiger des Rechtsstaates enthielt.

Doch der zweite Blick ernüchterte. Denn die legistische Umsetzung dieser Forderungen ließ befürchten, dass das Ziel einer Eingrenzung des islamischen Veränderungspotentials verfehlt und durch das neue Islamgesetz in sein völliges Gegenteil verkehrt werden könnte. Die Regierungsvorlage wurde gegen alle Bedenken islamkritischer Experten am 25.2.2015 beschlossen. Jetzt, genau eineinhalb Jahre danach, ist eine Bewertung der Umsetzung beziehungsweise des Vollzugs überfällig.

Die Vorgeschichte: Das alte Islamgesetz als Hoffnung und Lösungsansatz

Nachdem Bosnien-Herzegowina im Jahre 1909 Österreich-Ungarn eingegliedert worden war, befand es die Monarchie für angemessen, den Muslimen dieser Provinz, meist Angehörige der hanefitischen Rechtsschule, einen offiziellen Status zu verleihen. Ein eigenes Gesetz zur staatlichen Anerkennung des Islam wurde drei Jahre lang diskutiert und 1912 im Reichsrat beschlossenen.

Sein Schlüsselsatz fand sich in § 6: „Die Lehren des Islam, seine Einrichtungen und Gebräuche genießen Schutz, insofern sie nicht mit den Staatsgesetzen in Widerspruch stehen.“ Diese Formel bezieht sich auf die religionsgesetzliche Generalnorm des bis heute in Geltung befindlichen Anerkennungsgesetzes 1874, wo es in §1(1) heißt, dass die Lehre einer anerkannten Religionsgemeinschaft „nichts Gesetzeswidriges oder sittlich Anstößiges“ enthalten darf.

Dort findet sich auch die Verpflichtung einer die Anerkennung beantragenden Glaubensgemeinschaft, die Glaubensgrundlagen offenzulegen. Es erschließt sich auch dem juristischen Laien, dass dies die unmittelbare Voraussetzung dafür ist, festzustellen, ob ein konkretes Glaubensgut mit der österreichischen Rechts- und Sittenwirklichkeit vereinbar ist, und in welchen Punkten dies allenfalls nicht gilt.

Die mehr als hundertjährige Geschichte der Islamgesetzgebung in Österreich hatte 1912 mit einem weltweit einzigartigen Akt der Toleranz und der „ausgestreckten Hand“ begonnen. Seither haben sich viele Defizite und Unzulänglichkeiten im Umgang mit dem „realen Islam“ eingeschlichen. Diese lagen definitiv auf beiden Seiten, sowohl auf der islamischen, als auch auf Seiten Österreichs.

Die Gemeinschaft der Muslime, und in der Folge deren (vermeintliche bzw. selbsternannte) formale Repräsentanz IGGiÖ (ab 1979), hat es in den darauf folgenden 103 Jahren nicht für nötig befunden, die Verpflichtung einer Offenlegung der Glaubensgrundlagen zu erfüllen. Ebenso ist sie einigen weiteren Verpflichtungen, die sich aus ihrem eigenen Gesetz ergaben, nicht nachgekommen:

  • Eine Kultusgemeinde, die allein berechtigt ist, einen Religionsbetrieb abzuwickeln, muss gegründet werden. Ihre Vorstandsmitglieder müssen österreichische Staatsbürger sein.
  • Ebenso müssen Religionsdiener und Religionslehrer durchgehend österreichische Staatsbürger sein.
  • Die Finanzierung muss aus eigenem, das heißt im Wesentlichen aus dem Kreis der Mitglieder, sichergestellt sein.

Nichts davon wurde jedoch umgesetzt bzw. eingehalten. Ganz im Gegenteil. Bis heute sind rund 450 vorwiegend intransparente Moscheenvereine gegründet worden, die sich all den genannten Verpflichtungen entziehen, und für welche die IGGiÖ keine Verantwortung übernimmt. Ein wahrer Wildwuchs an flächendeckend aktiven Zellen zur Islamisierung des Landes, der das Prinzip der Religionsfreiheit ad absurdum führt.

Die staatliche Seite sah demgegenüber lange Zeit überhaupt keinen Anlass, sich mit dem Islam zu beschäftigen. Und die – vergleichsweise – geringe Zahl der Muslime organisierte sich ab den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts zunächst in unauffälligen Sozial-, Gesellschafts- und Kulturvereinen.

Ideen für ein neues Islamgesetz: Religiöser Friede und kulturelle Kontinuität als Ziel

Das Islamgesetz 1912 wurde zum ewigen Provisorium, das jedoch spätestens ab den 90-er Jahren einer rasch voranschreitenden, wildwüchsigen Islamisierung Vorschub leistete, die sich jedem Überblick und jedem Zugriff entzog. Konstruktive Kräfte forderten daher seit längerer Zeit die Durchsetzung rechtlicher Möglichkeiten, die den Staat in seiner sicherheitspolitischen Aufgabe, Nicht-Muslime zu schützen, ertüchtigen und dabei gleichzeitig die Integration von muslimischen Migranten forcieren, die sich mit der gesellschaftlichen und kulturellen Ordnung Österreichs identifizieren. Beispielsweise schlug der Wiener Akademikerbund folgende Schlüssel-Maßnahmen für die Konzeption eines neuen Islamgesetzes vor:

  1. die Verpflichtung aller zugelassenen und zuzulassenden islamischen Religionsgesellschaften zur verbindlichen Offenlegung der Glaubensgrundlagen (Koran, Ahadith u.a.) in deutscher Sprache;
  2. das Verbot einer Einflussnahme ausländischer Einrichtungen auf das Glaubensleben in Österreich, insbesondere soweit diese aus Ländern erfolgt, in denen die Religionsfreiheit eingeschränkt ist. Weiters das kategorische Verbot des Einsatzes ausländischer finanzieller Mittel zur Bedeckung von Investitionen in Sakralbauten sowie des alltäglichen Kultusbetriebs;
  3. die Beseitigung der Möglichkeit eines Religionsbetriebes im Rahmen von Vereinen nach Vereinsgesetz; weiters die Beseitigung der Möglichkeit einer kollektiven Mitgliedschaft von Kultur- und Moscheenvereinen bei einer anerkannten islamischen Glaubensgemeinschaft; damit verbunden die staatliche Schließung von Kultur- und Moscheenvereinen, die derzeit widerrechtlich einen Kultusbetrieb unterhalten, der sich dem Einfluss und der Kontrolle der anerkannten islamischen Religionsgesellschaften entzieht.

Es ist hier nicht der Platz auszuführen, dass diese Forderungen 2014 zwar scheinbar in den Gesetzesentwurf für das neue Islamgesetz aufgenommen, jedoch legistisch so eingearbeitet wurden, dass ein effektiver Vollzug damit unmöglich gemacht wurde.

Die diesbezügliche Kritik und viele Warnungen – 2014/15 immerhin von zahlreichen Experten vorgetragen – haben sich bewahrheitet. Eine Analyse der Folgen dieses religionsrechtlichen Scheiterns, die von außerordentlich großer politischer und gesellschaftlicher Bedeutung und Tragweite sind, soll sich im Rahmen dieser kleinen Arbeit auf die Frage der „Offenlegung der Glaubensgrundlagen“ beschränken. Die anderen Aspekte sind separat abzuarbeiten.

Die Offenlegung („Darstellung der Lehre“) ist – in der zu erwartenden Weise – von der IGGiÖ (Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich) inzwischen vorgenommen worden. Und die zuständige Behörde hat diese „Darstellung der Lehre“ – ein schmächtiges Neun-Seiten-Papierchen, mit dem immerhin das Glaubensgut einer sogenannten Weltreligion verbindlich dargestellt werden soll – mit Zustimmung des damaligen Religionsministers Ostermayer per Bescheid vom 26.2.2016 genehmigt.

II. Offenlegung der Glaubensgrundlagen. Wozu eine „Darstellung der islamischen Lehre“? Ein Kriterienkatalog.

Bevor auf die wichtigsten Aspekte dieser „Darstellung der Lehre“ eingegangen wird, muss gezeigt werden, warum eine qualitätsvolle Offenlegung der Glaubensgrundlagen einer Religionsgesellschaft von fundamentaler Bedeutung für die Erhaltung des religiösen Friedens und der öffentlichen Ordnung in unserem Land ist. Folgende Aspekte sind zu unterscheiden:

Transparenz

Zunächst hat die österreichische Bevölkerung das Recht auf ein Maximum an Transparenz im Hinblick auf die Grundlagen, Positionen und Absichten einer gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaft. Das gilt umso mehr, wenn eine Religion sich nicht auf transzendente und individualmoralische Fragen beschränkt, sondern in hohem Maße rechtliche und politische Elemente enthält. Es ist absolut unstatthaft, wenn sich eine Religionsgemeinschaft publikumswirksam gegen den angeblichen „Generalverdacht“ betreffend tatsächliche oder vermeintliche Inkompatibilitäten des Glaubensgutes mit den Grundlagen der mitteleuropäischen Kulturordnung zur Wahr setzt und eine penible und verbindliche Stellungnahme zu all jenen Fragen verweigert, die aus gutem Grund mit der betreffenden Religion in Verbindung gebracht werden.

Tatsächlich werden betreffend den Islam aufgrund der öffentlichen und individuellen Wahrnehmung beispielsweise folgende Phänomene mit dieser Religion in Verbindung gebracht:

  • Gewalt gegen Andersdenkende („Ungläubige“) oder Abtrünnige;
  • Gewaltsame Bekämpfung von „Apostaten“ (Abfall von der Religion);
  • Parallelgesellschaften, Segregation, Integrationsunwilligkeit und -unfähigkeit;
  • Benachteiligung und Verächtlichmachung der Frau;
  • Kinderehen;
  • Verhüllung der Frau;
  • Ehrendelikte, Vergeltungsrecht;
  • Verachtung und Bekämpfung Andersgläubiger, Christenverfolgung;
  • Ritualisierung des Alltags;
  • Hartnäckige Demonstration spezifischer Bekleidungsvorschriften und Barttrachten;
  • Nicht-Anerkennung der heimischen Rechtsordnung;
  • Mißachtung säkularer staatlicher und ziviler Autoritäten wie Richter, Polizisten, Lehrer, Vorgesetzte;
  • spezifische Formen der Konfliktlösung in Klan und Familie;
  • Körperstrafen wie z.B. Steinigung;
  • Polygamie;
  • Speisevorschriften, die in allen Bereichen des privaten und öffentlichen Labens durchgesetzt werden sollen;
  • Parallelgesellschaften und kulturelle Desintegration;
  • Die Scharia als rechtlich-sittlich-rituelles Gesamtkonzept.

Um den religiösen Frieden in diesem Land bewahren zu können, muss in einem ersten Schritt objektiviert werden, ob die genannten Punkte zu Recht mit der islamischen Religion in Verbindung gebracht werden oder nicht.

Es genügt nicht, im Anlassfall unerfreulicher Begebenheiten reflexartig darauf hinzuweisen, dass dies alles „nichts mit dem Islam zu tun“ habe. Erforderlich ist tatsächlich eine detaillierte Bezugnahme auf die autoritativen Quellen des Glaubens, insbesondere auf jene Stellen, auf die Kritiker zum Nachweis eines Zusammenhanges zwischen dem Glaubensgut und unerwünschten Handlungen verweisen.

Derartiges geschah bis dato grundsätzlich nicht, sodass nicht einmal im Fall terroristischer Anschläge eine Objektivierung der geistigen Grundlagen derartiger Gewaltakte vorgenommen und von der Behörde durchgesetzt werden konnte. So war bisher eine sinnvolle Diskussion der geistigen Verantwortung für einschlägige Großereignisse nicht einmal dann möglich, wenn sich die Täter unter Allahu-Akbar-Rufen in die Luft sprengten oder die Drahtzieher sich unter Verweis auf entsprechende Koranverse als Parteigänger des IS oder anderer „sprenggläubiger“ Gemeinschaften vorstellig machten.

Primat des staatlichen Rechts und tradierter gesellschaftlicher Normen

Eine Verantwortung der Religionsgemeinschaft für die Inhalte und die Lehre und somit für die Handlungen ihrer Mitglieder kann solange nicht eingefordert werden, solange diese nicht offengelegt werden. Genau hier ist auch der Anknüpfungspunkt für die Norm des Islamgesetzes 1912, derzufolge der Schutz der Lehre nur insofern gilt, als diese nicht in Widerspruch zu den Gesetzen des Staates stehen.

Die Umsetzung dieser Norm bedeutet natürlich im Umkehrschluss, dass alle Elemente der Lehre gesetzlich verboten werden müssen, die den Gesetzen widersprechen, was wiederum nur möglich ist, wenn die Lehre vollständig, wahrheitsgetreu und ungeschönt offengelegt wird. Auf eine andere Weise kann der Primat des staatlichen Rechts und tradierter gesellschaftlicher Normen gegenüber religiösen Gesetzen und Vorschriften nicht durchgesetzt werden.

Es ist von zentraler Bedeutung, dass das Islam-Gesetz 2015 den Sinn einer solchen Offenlegung gezielt unterlaufen hat, indem die Verpflichtung zur Darstellung der Lehre als bloßer Akt der inneren Gestion der Religionsgesellschaft verniedlicht wird. Im § 6 heißt es nämlich:

„(1) Eine im Rahmen der inneren Angelegenheiten erstellte Verfassung einer islamischen Religionsgesellschaft hat, […] , folgende Angaben in der Amtssprache zu enthalten:

[…]

5. Darstellung der Lehre, einschließlich eines Textes der wesentlichen Glaubensquellen (Koran), die sich von bestehenden gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaften, Bekenntnisgemeinschaften oder Religionsgesellschaften unterscheiden müssen;“

Dies unterläuft gezielt den Sinn und Zweck der Festlegung des § 6 Islamgesetz 1912, der den Schutz, und damit auch die öffentliche Akzeptanz der Lehre des Islam ausdrücklich unter Gesetzesvorbehalt stellt. Dies entspricht ganz ausdrücklich auch der bis heute primär gültigen religionsgesetzlichen Generalnorm des Anerkennungsgesetzes 1874. Diese besagt, dass die Anerkennung einer Religionsgesellschaft nur unter der Voraussetzung zu gewähren ist, dass „die Religionslehre, ihr Gottesdienst, ihre Verfassung sowie die gewählte Benennung nichts Gesetzeswidriges oder Anstößiges enthält.“ (§1 (1))

Gesetzesvorbehalt und Übernahme von Verantwortung

Eine Offenlegung der Lehre ist daher ein öffentlicher Akt und dementsprechend als dauerhafte Verpflichtung und Übernahme von Verantwortung anzulegen. Verantwortung bedeutet das Einstehen für Folgen und Schäden, die ihre Ursache oder ihren Grund in einem Bereich haben, über den der Verantwortungsträger eine spezifische Form von Verfügungsgewalt besitzt.

Nur wenn eine Religionsgesellschaft bereit und imstande ist, Verantwortung zu übernehmen, besteht die Rechtfertigung, ihr den Status einer gesetzlichen Anerkennung zu verleihen. Im Hinblick auf die möglichen Wirkungen ihrer Lehre hat die Religionsgesellschaft eine konkrete und juristisch belangvolle Verantwortung für das Handeln ihrer Funktionäre und Mitglieder. Und sie hat eine politische Verantwortung für alle, auch Außenstehende, die sich in ihrem Handeln und ihren Aussagen auf die Lehre einer Religionsgesellschaft beziehen.

Nur dann, wenn Verantwortung für eine Lehre übernommen wird, ist es möglich zu verhindern, dass unerwünschte Verhaltensweisen und Gepflogenheiten im öffentlichen Diskurs als „bloße Traditionen“ ohne besonderen religiösen Bezug verharmlost werden. Und nur so kann der Rechtfertigungsstrategie entgegengetreten werden, mit der immer wieder lakonisch behauptet wird, bestimmte Vorschriften bzw. Bestandteile der Lehre wären „derzeit nicht aktuell“, denn man würde sich ja an die Gesetze und die Verfassung halten.

Interreligiöser Dialog

Die Übernahme von Verantwortung, die in der Offenlegung der Glaubensgrundlagen bzw. einer klar formulierten und unverwechselbaren Lehre wurzelt, ist im übrigen auch die Voraussetzung für jeden sinnvollen interreligiösen Dialog.

Gegenleistung für Privilegien

Ein weiteres wichtiges Argument für eine vollständige und schonungslose Offenlegung der Glaubensgrundlagen ergibt sich aus den Privilegien, die einer gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft zustehen. Diese werden im Fall des Islam in Österreich auch weidlich ausgenutzt.

Zu diesen Privilegien gehört (nach neuem Islamgesetz) insbesondere die staatliche finanzielle Dotation des Religionsunterrichtes (Lehrkräfte, Lehrbehelfe), des Betriebes von Universitätsfakultäten bzw. theologischen Studien sowie von Lehrerbildungsanstalten, der „seelsorglichen“ Betreuung beim Bundesheer und in Gefängnissen. Dazu kommen als weitere Privilegien die Berechtigung zum Betrieb separater Friedhöfe und die Erlaubnis zur religiösen Betreuung in Krankenanstalten und Pflegeheimen sowie das Begutachtungsrecht in Gesetzgebung und Verwaltung, schließlich der Schutz von islamischen Feiertagen.

Es ist eine Frage der Symmetrie, derartige Privilegien nur solchen Religionsgemeinschaften einzuräumen, die dem Staat und den Bürgern dieses Staates gegenüber uneingeschränkte Transparenz pflegen, d.h. eine Offenlegung ihrer Glaubensgrundlagen ohne Wenn und Aber vornehmen und damit ihre Loyalität beweisen. Jeder österreichische Staatsbürger hat das Recht, über die Ziele und Absichten einer Einrichtung Bescheid zu wissen, die er mit Steuergeldern finanziert.

Offenlegung und Religionsstrafrecht

Last but not least besteht eine wichtige Funktion der Offenlegung in der Schaffung der Voraussetzungen, unter denen es allenfalls gerechtfertigt ist, Religionen bzw. Religionsgesellschaften mit den Mitteln des Strafrechtes gegenüber bestimmten Formen der Kritik bzw. des Angriffs zu beschützen. In Österreich ist das Verbot negativer Beurteilungen und Werturteile, ja selbst Faktennennungen mit (vermeintlich) negativen Bezügen sowie der verbale Angriff auf Religionen in den §§ 188 („Herabwürdigung religiöser Lehren“) sowie 283 („Verhetzung“) geregelt.

Diese Paragraphen normieren einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte der freien Meinungsäußerung und der Wissenschaftsfreiheit. Eine solche Beeinträchtigung der Rechtsstaatlichkeit kann nur dann auch nur erwogen werden, wenn mit einer peniblen Offenlegung der „religiösen Lehre“ außer Streit gestellt wird, was denn überhaupt das Schutzobjekt dieser Sonderstrafnorm ist. Solange eine Darstellung der Lehre des Islam nicht vorliegt, ist es eine Absurdität, auch nur in Erwägung zu ziehen, Kritiker des Islam strafrechtlich zu verfolgen.

Im Folgenden soll zunächst eine Darstellung der wichtigsten Elemente jenes Papiers vorgenommen werden, mit dem die IGGiÖ (Islamische Glaubensgesellschaft in Österreich) die Offenlegung ihrer Lehre tatsächlich vorgenommen hat und die am 26.2.2016 von der Behörde und den zuständigen politischen Instanzen genehmigt und damit für ausreichend befunden wurde. Der Leser möge sich selbst ein Bild machen, bei Bedarf auch das Originaldokument einsehen. Danach soll auf eine diesbezügliche parlamentarische Anfrage und schließlich auf deren Beantwortung durch den österreichischen Bundeskanzler eingegangen werden. Endlich ist eine Beurteilung der aktuellen religionsrechtlichen Lage des Islam in Österreich sowie der derzeitigen Möglichkeiten vorzunehmen.

II. Die „Lehre der IGGiÖ“:

Der Islam sagt nicht die Wahrheit über sich selbst.

Die Themen der „Lehre der IGGiÖ“

Das neunseitige Papier der „Lehre“ enthält je einen Abschnitt zu den „sechs Glaubensgrundsätzen“ und den „fünf Säulen“ des Islam. Die beiden Abschnitte sind politisch-gesellschaftlich belanglos und sollen daher hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt werden.

Eine politische beziehungsweise gesellschaftlich-kulturelle Relevanz hat das hier besprochene Papier zur „Darstellung der Lehre der IGGiÖ“ hingegen dort, wo ethische bzw. moralische Fragen sowie – hochtrabend gesprochen – anthropologische Grundlegungen angesprochen werden. Hinweise bzw. Zitate hierzu lassen sich zu folgenden Punkten zusammenfassen, die in diesem Abschnitt in dieser Reihenfolge abgehandelt werden:

  1. Der Mensch sei im Koran als Stellvertreter Allahs auf Erden ausersehen.
  2. Im Islam bestünde Glaubens- und Religionsfreiheit.
  3. Es bestünde eine Gleichheit der Menschen vor Gott, insbesondere eine Gleichheit von Mann und Frau vor Gott.
  4. Ein wertschätzender und friedlicher Umgang mit Vertretern anderer Religionen sei ein Grundwert des Islam.
  5. Die Essensvorschriften im Islam würden mit denen von Christen und Juden konvergieren.
  6. Hadithen und die vorbildliche Lebensweise Mohammeds.
  7. Gebote und Verbote.
  8. Der Koran als zentrale Glaubensgrundlage sei grundsätzlich unproblematisch, aber in seinem vollen Wortsinn unübersetzbar.

Die Punkte im Einzelnen:

Ad 1. Der Mensch als Stellvertreter Allahs

In der Einleitung des Dokuments findet sich auf S. 2 die Feststellung, Allah hätte den Menschen „als Stellvertreter auf der Erde eingesetzt“, wofür die Koransure 2 Vers 30 als Beleg vorgelegt wurde. Die Nachsicht in einer beliebigen Koranausgabe zeigt auf der textlichen Ebene keine Wendung, die eine derartige Feststellung rechtfertigen würde. Das vollständige Zitat lautet nämlich: „Und als dein Herr zu den Engeln sagte: „Ich bin dabei, auf der Erde einen Statthalter einzusetzen“, da sagten sie: „Willst Du auf ihr etwa jemanden einsetzen, der auf ihr Unheil stiftet und Blut vergießt, wo wir Dich doch lobpreisen und Deiner Heiligkeit lobsingen?“ Er sagte: Ich weiß, was ihr nicht wisst.“

Es bleibt im Dunklen, welchen Schluss die IGGiÖ der Annahme zugrunde gelegt hat, dass damit die Funktion des Menschen als Stellvertreter Allahs grundgelegt werden würde. Offenbar soll damit der ganz gegenteiligen Wahrnehmung bei der Lektüre des Korans entgegengewirkt werden, nach der die islamische Gottheit als Inbegriff des orientalischen Despoten wahrgenommen werden muss.

Ad 2. Glaubens- und Religionsfreiheit

Auf S. 2 des Textes findet sich die Feststellung: „Der Glaube ist sohin Ausdruck einer freien Entscheidung eines jeden Menschen (männlich wie weiblich).“ Folgende Verse würden diesen im Koran verbrieften Grundsatz belegen:

a. „Keinen Zwang im Glauben! (...)“. (Koran 2/256)

b. „Und sprich: „Die Wahrheit ist von eurem Herrn. Wer nun will, der glaube, und wer will, der glaube nicht. (...)“ (Koran 18/29)

Die angegebenen Koranverse werden bezeichnenderweise nur bruchstückhaft wiedergegeben. Eine Betrachtung der angegebenen Koranstellen zeigt, dass weder die Verse selbst noch die Verse davor, noch auch die danach eine Ableitung oder auch nur einen Hinweis auf die Begründung oder Legitimation der Glaubensfreiheit ergeben. Vielmehr sind die beiden zitierten Sätze in ihrem jeweiligen textlichen Umfeld völlig isoliert und haben zum vermeintlichen Freiheitsgebot überhaupt keinen Bezug. Ganz im Gegenteil finden sich im jeweiligen Kontext Aussagen, die eine ganz andere Position zu rechtfertigen scheinen:

ad a. Betreffend das erste (verstümmelte) Koranzitat empfiehlt sich die Lektüre eines Verses, der den oben zitierten Vers einbegleitet: „Und als sie gegen Galut und seine Heerscharen erschienen, sagten sie: „Unser Herr, überschütte uns mit Standhaftigkeit, festige unsere Füße und verhilf uns zum Sieg über das ungläubige Volk!“ Und so schlugen sie mit Allahs Erlaubnis, und Dawud tötete Galut...“ (2/250f)

ad b. Bezüglich des zweiten Zitats genügt die vollständige Wiedergabe des (ebenfalls verstümmelt angeführten) Verses: „Und sprich: „Die Wahrheit vor eurem Herrn. Wer nun will, der soll glauben, und wer will, der soll nicht glauben. Gewiss, wir haben den Ungerechten ein Feuer bereitet, dessen Zeltdecke sie umfangen hält. Und wenn sie um Hilfe rufen, wird ihnen mit Wasser wie geschmolzenem Erz geholfen, das die Gesichter versengt – ein schlimmes Getränk und ein böser Rastplatz.“ (Koran 18/29)

Es muss gefragt werden, was angesichts einer vollständigen Zitierweise von der angeblichen Glaubensfreiheit im Islam übrig bleibt.

Nicht überraschend ist es, dass in der offiziellen Darstellung der „Glaubenslehre“ die Zitierung von Versen unterblieben ist, die zum Thema „Glaubens- und Religionsfreiheit“ sehr viel aussagekräftigere Inhalte aufbieten als die oben angeführten Versfragmente. Zitierfähig wären z.B.:

  • „Wenn ihr auf diejenigen trefft, die ungläubig sind, schlagt ihnen den Nacken ab. ...“ (Koran 47/4)
  • „Und als Dein Herr den Engeln eingab: "Wahrlich, ich bin mit euch; stärket daher die Gläubigen! Schrecken will ich in die Herzen der Ungläubigen werfen." Trefft sie oberhalb ihrer Nacken, und schlagt ihnen alle Fingerspitzen ab.“ (Koran 8/12)
  • „Der Lohn derjenigen, die gegen Allah und Seinen Gesandten kämpfen und Unheil stiften auf Erden, ist indessen, dass sie allesamt getötet oder gekreuzigt werden oder dass ihre Hände und Füße wechselseitig abgehackt werden, oder dass sie aus dem Land verbannt werden. Das ist für sie eine schmachvolle Erniedrigung auf Erden, und im Jenseits erwartet sie eine überaus qualvolle Strafe.“ (Koran 5/33)
  • „Diejenigen, die Allah und seine Gesandten verleugnen und einen Unterschied machen wollen zwischen Allah und Seinen Gesandten, und die sagen, „wir glauben an die einen und verleugnen die anderen“, und einen Weg dazwischen einschlagen wollen, sind die wahren Ungläubigen. Für die Ungläubigen haben Wir schmachvolle Strafe bereitet.“ (Koran 5/150f)
  • „O Prophet. Setze dich unentwegt gegen die Ungläubigen und die Heuchler ein, und sei hart ihnen gegenüber! Ihr Zufluchtsort wird die Hölle sein. Welch ein schlimmes Ende.“ (Koran 9/73)
  • „Er ist es, der Seinen Gesandten mit der Rechtleitung und der Religion der Wahrheit geschickt hat, damit Er ihr die Oberhand gewährt über alle anderen Religionen, auch wenn es den Götzendienern zuwider ist.“ (Koran 61/9)
  • „Er ist es, Der Seinen Gesandten mit der Rechtleitung und dem wahren Glauben entsandt hat; Er setzt den wahren Glauben durch, bis Er die Oberhand über alle Religionen gewinnt, auch wenn das den Götzendienern zuwider ist.“ (Koran 9/33)
  • „O ihr Gläubigen. Nehmt Ungläubige nicht zu Vertrauten anstelle von Gläubigen. Wollt ihr den Allah eine strafende Handhabe gegen euch liefern?“ (Koran 4/144)
  • „So kämpfe auf Allahs Weg – du wirst nur für dich selbst verantwortlich gemacht – und ermutige die Gläubigen zum Kampf. Gewiss wird Allah der Macht der Ungläubigen Einhalt gebietet. Allah ist stärker an Gewalt und an Bestrafung.“ (Koran 4/84)
  • „Kämpft gegen jene unter den Schriftbesitzern, die nicht an Allah und den Jüngsten Tag glauben und die nicht verbieten, was Allah und Sein Gesandter verbieten und die sich nicht zum wahren Glauben bekennen, bis sie die Dschizya (Tribut/Kopf-Steuer) gedemütigt aus der Hand entrichten.“ (Koran 9/29)

Die Religionsbehörde, die bei Vorlage der „Glaubenslehre“ die Berücksichtigung dieser und ähnlich lautender Verse nicht einforderte, war offensichtlich der Auffassung, dass diese zur Herstellung einer repräsentativen Einsicht in die Haltung des Islam gegenüber der Glaubensfreiheit nicht erforderlich seien.

Ad 3. Gleichheit von Mann und Frau

Auf S. 3 des Textes der Glaubenslehre wird behauptet:

„Der Islam lehrt, dass die Menschen (Männer und Frauen) vor Gott gleich sind. Folgende Verse im Koran dokumentieren diese Gleichheit:“

  • „O ihr Menschen! Wir erschufen euch aus einem Mann und einer Frau und machten euch zu Völkern und Stämmen, damit ihr einander kennenlernt. Doch der von Allah am meisten Geehrte von euch ist der Gottesfürchtige unter euch. Allah ist fürwahr wissend, kundig.“ (Koran 49/13)
  • „Wahrlich die muslimischen Männer und die muslimischen Frauen, die gläubigen Männer und die gläubigen Frauen, die gehorsamen Männer und die gehorsamen Frauen, die wahrhaftigen Männer und die wahrhaftigen Frauen, die standhaften Männer und die standhaften Frauen, die demütigen Männer und die demütigen Frauen, die Almosen spendenden Männer und die Almosen spendenden Frauen, die fastenden Männer und die fastenden Frauen, die Allahs häufig gedenkenden Männer und gedenkenden Frauen – Allah hat für die Vergebung uns großen Lohn vorgesehen.“ (Koran 33/35)
  • „Und die Gläubigen, Männer und Frauen, sind einer des anderen Freund. Sie gebieten das Rechte und verbieten das Unrechte und verrichten das Gebet und zahlen die Steuer und gehorchen Allah und seinem Gesandten. Sie – wahrlich, Allah erbarmt sich ihrer.“ (Koran 9/71)

Selbst eine wohlwollende Lektüre dieser Verse liefert keinen Beleg für das von der IGGiÖ behauptete Prinzip der „Gleichheit vor Gott“. Noch viel weniger ist damit eine „Gleichheit an Würde und Rang“ zwischen Mann und Frau begründbar, die einen Fundamentalwert westlicher Gesellschaften darstellt.

Die Behörde hat somit auch in der wichtigen Frage einer Wertung der Geschlechter bzw. Beziehung der Geschlechter untereinander keine substanziellen Aussagen urgiert, die Aufschluss betreffend des Problems der „Gleichheit an Würde und Rang“ geben würde.

Dies ist ein schweres Versäumnis, denn zweifellos bietet der Koran in dieser Frage durchaus reichhaltiges Anschauungsmaterial. Aus der Vielzahl an Möglichkeiten würde sich z.B. anbieten:

„Die Männer stehen in Verantwortung für die Frauen wegen dessen, womit Allah die einen von ihnen vor den anderen ausgezeichnet hat und weil diese für jene von ihrem Besitz ausgeben. Darum sind die rechtschaffenen Frauen demütig und hüten das zu Verbergende, weil Allah es hütet. Und diejenigen, deren Widersetzlichkeit ihr befürchtet, - ermahnt sie, meidet sie im Ehebett, und schlagt sie. Allah ist Erhaben und Groß.“ (Koran 4, 34)

oder beispielsweise:

„Und wenn ihr zu befürchten habt, den Waisen gegenüber ungerecht zu sein, dann heiratet, was euch an Frauen gut scheint, zwei, drei oder vier. Wenn ihr aber fürchtet, nicht gerecht sein zu können, so heiratet nur eine, oder begnügt euch mit denen, die unter eurer rechten Hand sind (=Sklavinnen). So bleibt ihr bei der Gerechtigkeit.“ (Koran 4/3)

Ad 4. Friedlicher Umgang mit anderen Religionen

Ebenfalls auf Seite 3 des Papiers wird der Eindruck vermittelt, dass der wertschätzende und friedliche Umgang mit Vertretern anderer Religionen einen Grundwert des Islam darstellt:

„Juden und Christen werden im Koran mit dem Begriff „Volk der Schrift“ („ahl al-Kitab“) bezeichnet und anerkannt. Es gibt eine ganze Reihe von Versen und Hadtithen, in denen den Muslimen der gute Umgang mit den Leuten aus dem „Volk der Schrift“ („ahl al-Kitab“) offensichtlich aufgetragen wird. Folgende Koranstellen dokumentieren die Haltung des Islam dem Judentum bzw. Christentum gegenüber:

  • „Und in ihren Spuren ließen wir Jesus folgen, den Sohn der Maria, um die Thora, die vor ihm war, zu bekräftigen. Und Wir gaben ihm das Evangelium mit einer Rechtleitung und einem Licht, die Thora, die vor ihm war, bestätigend als eine Rechtleitung und Ermahnung für die Gottesfürchtigen.“ (Koran 5/46)
  • „Und wir sandten zu dir in Wahrheit das Buch hinab, (vieles) bestätigend, was ihm an Schriften vorausging, und (über ihren Wahrheitsgehalt) Gewißheit gebend. (...)“ (Koran 5/58)““

Auch in der zentralen Frage des Umgangs mit Vertretern anderer Religionen muss diese Auswahl an Zitaten – gelinde gesagt – als unbefriedigend bezeichnet werden. Und auch hier hat die Behörde darauf verzichtet, repräsentative Aussagen des islamischen Glaubensgutes einzufordern.

Bezüglich einer islamischen Beurteilung des Christentums und des Judentums bzw. über die Haltung gegenüber Christen und Juden hätten sich beispielsweise folgende Koranpassagen angeboten:

  • „Die Juden sagen: Esra sei ein Sohn Allahs, die Christen sagen, der Messias sei Allahs Sohn. Allah bekämpfe sie, von wo aus sie auch lügen.“ (Koran 9/30)
  • „Du wirst finden, dass die stärkste Feindschaft gegen die, die glauben (die Muslime) unter allen Menschen die Juden und diejenigen hegen, die Allah (etwas) beigesellen.“ (Koran 5/82)
  • „O ihr Gläubigen, nehmt weder Juden noch Christen zu Freunden; denn sie sind nur einer dem anderen Freund. Wer aber von euch sie zu Freunden nimmt, der ist einer von ihnen, ein ungerechtes Volk leitet Allah nicht.“ (Koran 5/52)
  • „Wer vermag es Allah zu verdenken, wenn er Al Masih (gemeint ist Jesus), den Sohn der Myriam (Maria), seine Mutter und all diejenigen, die auf Erden sind, vernichten will?“ (5, 17)

Es kann wohl nicht behauptet werden, dass derartige Auslassungen belanglos für die Einschätzung der Realitätsbezogenheit und Sinnhaftigkeit des seit Jahrzehnten ubiquitär beschworenen christlich-islamischen Dialogs sind. Sie zu unterschlagen ist also ein schlechter Dienst an der Arbeit am religiösen Frieden des Landes.

Ad 5. Keine spezifischen Essensvorschriften

Ebenfalls auf S. 3 der „Darstellung der Lehre“ findet sich folgendes Koranzitat:

„Heute sind euch alle guten Dinge erlaubt. Auch die Speise derer, denen die Schrift gegeben wurde, ist euch erlaubt, so wie eure Speisen ihnen erlaubt sind. (...)“ (Koran 5/5)

Dieses Zitat wird nicht kommentiert oder in einen bestimmten Kontext gestellt. Es ist aber wohl legitim zu fragen, welchem Zweck es dient. Es wird nicht allzu verwegen sein anzunehmen, dass damit der verbreiteten Annahme entgegengewirkt werden soll, dass der Islam der alltäglichen Separierung seiner Anhänger und damit der Entstehung von Parallelgesellschaften Vorschub leistet. Das gegenständliche Zitat fingiert den Eindruck, als könnten Österreicher damit rechnen, mit benachbarten Muslimen auch bei Schweinsbraten und Bier zusammen lustig zu sein.

Was immer der Koran mit diesem Vers bezweckt: Für die Belange einer repräsentativen Einsicht in die islamischen Glaubensgrundlagen sollte jedenfalls der Vers wiedergegeben werden, der sich nur wenige Zeilen vor dem zitierten Vers findet: „Verboten ist euch der Genuss von Verendetem, Blut, Schweinefleisch und dem, worüber ein anderer Name als der Allahs angerufen worden ist...“ (Koran 5/3), womit auch das koranische Schächtungsgebot grundgelegt ist.

Ergänzend sollte wohl auch die koranische Grundlage für das islamische Alkoholverbot angeführt werden: „Sie fragen Dich nach berauschendem Trunk und Glücksspiel. Sag: In ihnen beiden liegt große Sünde und Nutzen für den Menschen. Aber die Sünde in ihnen beiden ist größer als der Nutzen. (Koran 2/219) Und weiter: „O ihr Gläubigen, berauschender Trank, Glücksspiel, Opfersteine und Lospfeile sind nur ein Greuel und ein Werk des Satans. So meidet ihn, auf dass es euch wohlergehen werde.“ (Koran 5/90)

Dieser Themenbereich ist ein Beleg dafür, dass der Koran kein Problem damit hat, auf ein- und derselben Seite Aussagen zu treffen, die nach den Gesetzen der westlichen Logik nicht miteinander vereinbar sind. Gewiss wäre es der Sinn einer Verpflichtung zur Offenlegung der Lehre, dass die betreffende Religionsgesellschaft feststellt, welche der – theoretisch – möglichen Lesarten sie für sich als verbindlich festlegt. Es wäre daher nicht abwegig anzunehmen, dass die IGGiÖ mit der exklusiven Anführung des Verses 5/5 („Heute sind euch alle guten Dinge erlaubt...“) zu erkennen gibt, dass es in ihrer Lehre keine spezifischen Speisevorschriften bzw. -verbote gibt.

Daraus würde sich aber eine unvermeidbare praktische Konsequenz ergeben: Ein Staat, der sich ernst nimmt, müsste dann nämlich unverzüglich alle Sonderbehandlungen für Muslime im Rahmen öffentlicher Ausspeisungen (Bundesheer, Spitäler etc.) einstellen. IGGiÖ-erlaubtes Schweinefleisch für muslimische Grundwehrdiener also. Ist das von der IGGiÖ so gemeint?

Oder hat die Wiedergabe der koranischen Einladung zum interreligiösen Gemeinschaftsessen (5/5) etwa einen anderen Zweck?

Ad 6. Hadithen und die vorbildliche Lebensweise Mohammeds

Als Hauptquellen des Islam werden auf S. 5 der „Lehre“ der Koran, die Sunna, der Konsens und der Analogieschluss genannt.

Es steht außer Streit, dass eine schriftliche Darstellung der Sunna in den sogenannten Hadithen erfolgt; das sind Sammlungen von Begebenheiten aus dem Leben Mohammeds sowie Anweisungen und Aussprüche desselben. Auf Seite 4 der „Lehre der IGGiÖ“ wird ein Zitat wiedergeben, das dort sowohl Al Buchari als auch Sahih Muslim zugeordnet wird, ohne dass eine genaue Angabe der Stelle vorgenommen wird. Al Buchari und Sahih Muslim gelten als die bedeutendsten Hadith-Sammler, die in ihren Sammlungen angeführten Hadithen als absolut hochrangig.

Es wird keine Angabe gemacht, ob alle Hadithen von Al Buchari und Sahih Muslim als verbindlicher Lehrbestand der IGGiÖ betrachtet werden. Eine Beantwortung dieser Frage wird von der Behörde auch nicht eingefordert.

Allerdings gibt der Abschnitt 3.2 einen möglichen ersten Anhaltspunkt für die Beantwortung dieser wichtigen Frage. Er spricht die „vorbildliche Lebensweise des Propheten Muhammad (Sunna)“ (Seite 6) an. Damit ist die normative Qualität der Handlungs- bzw. Verhaltensweisen von Mohammed gemeint: „Wer dem Gesandten gehorcht, der gehorcht Allah.“ (Koran 4/80)

Der Text der IGGiÖ-Lehre fährt fort: „Die Sunna ist die zweite Quelle des Islam. Um seine Botschaft den Menschen angemessen zu verkünden, ernannte Allah (t) aus der Mitte der Menschen einen Propheten, damit er als lebendiges Beispiel und Vorbild dienen kann. […] Daher umfasst die Sunna die Lehraussagen, die vorbildlichen Taten und die Billigung des Propheten Muhammad (s.a.w.)“ (Seite 6)

Damit enden die Auskünfte über die Vorbildlichkeit der Lebens- und Handlungsweise Mohammeds. Das ist insofern inakzeptabel, als in den Hadithen zahlreiche Verhaltensweisen Mohammeds wiedergegeben werden, die mit den sittlichen und moralischen Grundnormen eines mitteleuropäischen Staates unvereinbar sind.

Und es ist darüber hinausgehend absolut skandalös, weil es in Österreich Personen gibt, die strafrechtlich (§188 - „Herabwürdigung religiöser Lehren“) verurteilt wurden, weil sie Mohammed als Kinderschänder bezeichnet hatten, nachdem sieben hochrangige Hadithen (Al Buchari und Sahih Muslim) feststellen: „Aisha sagte: Ich war sechs Jahre alt, als mich Mohammed heiratete, und ich war neun Jahre alt, als Mohammed begann, mit mir sexuell zu verkehren.“

Gehört diese Aussage zu den „vorbildlichen Verhaltensweisen Mohammeds“ und ist er damit Bestandteil der Lehre der IGGiÖ oder nicht? Wenn die IGGiÖ nicht an allen Normierungen, die sich aus der Gesamtheit der Hadithen ergeben, gemessen werden will, müsste sie angeben, welche der angesprochenen Hadithen nicht zur Lehre gehören und anhand welcher Kriterien diese aus dem Lehrbestand ausgeschieden werden.

Es ist ein Ärgernis von geradezu unglaublichem Ausmaß, dass österreichische Bürger wegen „Herabwürdigung einer religiösen Lehre“ strafrechtlich verurteilt werden, die unbekannt ist, weil sie bis heute nicht offengelegt wurde. Diesen Zustand durch die Genehmigung der defizienten „Lehre der IGGiÖ“ auf Dauer legalisiert zu haben, muss als schwerer Verstoß der Behörde gegen das Prinzip der Rechtsfolgesicherheit und damit gegen die Interessen der Bevölkerung gewertet werden.

Ad 7. Gebote und Verbote

Auf Seite 4 findet sich der Satz:

„Zur Religionspraxis gehört es auch, die religiösen Gebote und Verbote zu beachten:“

Diesem Satz folgen die Zitate zweier, und nur zweier, koranischer Gebote, was insofern problematisch ist, als sich damit die Frage ergibt, ob die islamische Lehre keine weiteren Gebote kennt, die als verbindlich angesehen werden, oder ob die IGGiÖ einen Grund hat, die anderen verbindlichen Gebote nicht bekannt zu geben.

Die beiden exklusiv angegebenen Gebote lauten jedenfalls:

  • „Siehe, Allah gebietet, Gerechtigkeit zu üben, Gutes zu tun und die Nahestehenden zu beschenken. Und er verbietet das Schändliche und das Unrechte und das Gewalttätige. Er ermahnt euch, euch dies zu Herzen zu nehmen.“ (Koran 16/90)
  • „Und dient Allah und setzt ihm nichts zur Seite. Und seid gut zu den Eltern, den Verwandten, den Waisen, den Armen, dem Nachbarn, sei er einheimisch oder aus der Fremde, zu den Kollegen, den Reisenden und zu denen, welche ihr von Rechts wegen besitzt. Siehe, Allah liebt nicht den Hochmütigen, den Prahler.“ (Koran 4/36)

Diese beiden Gebote sind natürlich eine Ansammlung nichtssagender Gemeinplätze. Immerhin enthält das zweite Gebot aber eine bemerkenswerte Festlegung, denn es spricht von „denen, welche ihr von Rechts wegen besitzt“. Es bedarf keiner Fachausbildung in Orientalistik, um zu wissen, dass mit dieser Formulierung regelmäßig das Rechtsinstitut der Sklaverei gemeint ist.

Es ist wohl aus der beiläufigen Verwendung dieser Phrase abzuleiten, dass die IGGiÖ der Auffassung ist, dass Sklaverei selbstverständlicher Bestandteil des islamischen Rechts- und Gesellschaftsverständnisses ist. Eine weniger beiläufige Beurteilung wäre allerdings von der Behörde zu erwarten gewesen, die mit der Genehmigung dieser Lehre Österreich das zweifelhafte Privileg verschafft hat, das einzige europäische Land zu sein, in dem Sklaverei staatlicherseits nicht durchgehend verworfen wird.

Ad 8. Koran unübersetzbar und unproblematisch

Auf Seite 5 Kap. 3.1. der „Lehre“ werden grundsätzliche Festlegungen betreffend den Koran und seine Stellung im islamischen Lehr- und Glaubensgebäude vorgenommen:

„Der Koran ist die erste Quelle des Islams. Er ist das Wort Allahs (t), in arabischer Sprache herabgesandt an den Propheten Muhammad (s.a.w.) durch den Engel Gabriel (Gibril a.s.), authentisch (tawatur) überliefert. […]

Der Koran ist ein Wegweiser. Der göttliche Ursprung des Koran ist kein Hindernis für seine Übertragung in andere Sprachen, noch für seine Kommentierung und Interpretation. ...“

Unbeschadet der letzten Aussage findet sich im selben Abschnitt (3.1.) auf S. 6 folgender Satz:

„Eine kanonisierte Koranübersetzung in die deutsche Sprache gibt es nicht, zumal der authentische Text lediglich in arabischer Sprache gilt und die Bedeutung des Korans nicht auf eine Übersetzung beschränkbar ist.“

Es bedarf wohl einer besonders feinsinnigen Differenzierungsgabe, wenn die beiden vorangegangenen Sätze nicht als unüberbrückbarer Gegensatz wahrgenommen werden sollen.

Worin schließlich sollte der Sinn einer Übertragung des Korans in die deutsche Sprache bestehen, wenn es keine verbindliche Übersetzung gibt, weil der authentische Text lediglich in arabischer Sprache gilt? Die Antwort, und damit die Auflösung des vermeintlichen Widerspruches, kann wohl nur in der bemerkenswerten Unterscheidung zwischen „Übertragung“ und „Übersetzung“ bestehen: Damit löst sich der Anspruch nach der Verbindlichkeit der Übersetzung in Luft auf, weil der Inhalt des Korans ja sowieso nicht im Rahmen einer „Lehre“ offengelegt, sondern nur unverbindlich nacherzählt werden soll. „Es gibt“ Übersetzungen, aber auf deren Richtigkeit oder Verbindlichkeit wird nicht Bezug genommen. In diesem Sinn gibt die IGGiÖ unverbindliche Nachhilfe betreffend das Angebot am einschlägigen Buchmarkt:

„Als Beispiele für Übersetzungen können etwa genannt werden: Der Koran, Max Henning, Redaktion Murad Wilfried Hofmann, ISBN 975-454-0820-2 und Der Koran, Max Henning, Redaktion H. Achmed Schmiede, ISBN 978-975-19-6481-6.“ (Seite 6 der „Lehre“)

Diese arrogante Lässigkeit ist nicht einmal durch die teils unverbindliche Legistik des defizienten Islamgesetzes 2015 gedeckt. In § 6 (1) 5 wird nämlich die „Darstellung der Lehre, einschließlich eines Textes der wesentlichen Glaubensquellen (Koran), die sich von bestehenden, gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaften, Bekenntnisgemeinschaften oder Religionsgesellschaften unterscheiden müssen“, gefordert. Nachdem die islamische Bekenntnisgemeinschaft „Schia“ im Zuge ihres Anerkennungsverfahrens 2013 eine konkrete Koranausgabe vorgelegt hat, ist die Akzeptanz des unverbindlichen und bloß exemplarischen Hinweises auf zwei Koranausgaben („es gibt...“) ein glatter Gesetzesbruch durch die Religionsbehörde, die den Bescheid zur Genehmigung der gegenständlichen „Darstellung der Lehre“ erlassen hat.

Zusammenfassende Beurteilung der „Lehre der IGGiÖ“

Eine zusammenfassende Beurteilung der Darstellung "Lehre der IGGiÖ" ergibt folgenden Befund: Sie besteht aus einigen fragmentarisch zitierten Wohlfühl-Versen aus dem Koran und einigen beleglosen Floskeln, die erkennbarerweise propagandistischen Zwecken dienen. Damit soll jede kritische Sicht im Keim erstickt werden. Alle relevanten Fragen werden gezielt umgangen, alle Probleme verschwiegen bzw. unterschlagen. Der Text kann jetzt bereits als „Klassiker“ der Rechtfertigung des Islam und der Beschwichtigung der Skeptiker und der Verängstigten begriffen werden.

Insbesondere sind mit diesem Text die Ziele vollständig vereitelt worden, die am Anfang dieses Abschnittes als Prüfkriterien der Sinnhaftigkeit einer Offenlegung der Glaubensgrundlagen bzw. „Darstellung der Lehre“ definiert wurden. Sie seien hier in Erinnerung gerufen:

  • Herstellung der Transparenz gegenüber Staat und Bevölkerung;
  • Sicherung des Primats des staatlichen Rechts und tradierter gesellschaftlicher Normen;
  • Durchsetzung des Gesetzesvorbehalts in Bezug auf Religionsfreiheit und Grundlegung der Übernahme von Verantwortung;
  • Ermöglichung eines sinnvollen interreligiösen Dialoges;
  • Einforderung von Gegenleistungen für Privilegien;
  • Formale Grundlegung des Religionsstrafrechtes.

Nichts davon ist auch nur im Ansatz berücksichtigt worden.

Mit der Genehmigung dieses Textes hat die Behörde als Anwalt der Interessen der österreichischen Bevölkerung völlig versagt. Die islamische Community hingegen hat endgültig Narrenfreiheit in unserem Land.

IV. Die politische Auseinandersetzung um das Fiasko von Islam-Gesetz und „Lehre“

Eine parlamentarische Anfrage und ihre Beantwortung durch den Bundeskanzler

Angesichts des Befundes der „Lehre“ und ihrer Genehmigung war es naheliegend, die Verantwortung der Behörde und der zuständigen Politiker im Zuge einer parlamentarischen Anfrage einzufordern. Eine solche wurde am 1. Juli 2016 von der FPÖ-Parlamentsfraktion eingebracht. In der gebotenen Sachlichkeit und Nüchternheit wurden darin zahlreiche Verständnisfragen gestellt, ohne irgendwelche Wertungen vorzunehmen oder von den Beantwortern zu erwarten.

Auf diese Weise sollte wohl den Verantwortungsträgern Gelegenheit gegeben werden, Fehler einzugestehen, die ihnen in dieser schwierigen und voraussetzungsreichen Materie unterlaufen sein mögen. Die Beantwortung der Anfrage wurde am 1. September 2016 vorgelegt. Sie wurde von Bundeskanzler Christian Kern vorgenommen, der die Kompetenz als zuständiger Religionsminister innehat.

Der Bundeskanzler verweist eingangs erwartungsgemäß darauf, dass das Islam-Gesetz 2015 die Darstellung der Lehre einer islamischen Religionsgesellschaft als Bestandteil ihrer Verfassung vorsieht. Der entsprechende § 6 Abs. 1 Z. 5 wurde im Rahmen dieser Analyse weiter oben zitiert. „Diese Lehre muss sich von jeder bestehender Religionsgemeinschaften oder Bekenntnisgemeinschaften unterscheiden. Wenn das Kriterium des Unterschiedes anhand der vorgelegten Texte erfüllt ist, so ist dem Antrag mit Bescheid stattzugeben, andernfalls ist er abzuweisen.“ (S. 1)

Der Bundeskanzler als religionsrechtlicher Taschenspieler

Es ist tatsächlich ein wahrer Taschenspielertrick, mit dem der Bundeskanzler bzw. seine Ghostwriter die Verpflichtung zur „Darstellung der Lehre“ zu einer bloß inneren Angelegenheiten der islamischen Religionsgesellschaft machen, die mit einer „Offenlegung der Glaubensgrundlagen“ im Wortsinn und im Sinne der oben definierten Offenlegungskriterien nichts zu tun hat: „Die Prüfungskompetenz des Staates beschränkt sich dabei auf … das Vorliegen einer religiösen Lehre allgemein und die Unterscheidbarkeit zu bestehenden Religionsgesellschaften. Eine inhaltliche Prüfung der Lehre auf Schlüssigkeit, „Nachvollziehbarkeit“, „Wissenschaftlichkeit“ oder Vereinbarkeit mit den Gesetzen der Logik steht dem Staat nicht zu.“ (S. 1)

Diese Interpretation des Islamgesetzes besagt nicht mehr und nicht weniger, als dass der Inhalt der Lehre den Staat und die österreichische Bevölkerung nichts angeht. Der Bundeskanzler leugnet damit den hauptsächlichen Sinn der Offenlegung der Lehre. Dieser besteht in der Schaffung der Voraussetzung, unter der die Vereinbarkeit der Glaubensgrundlagen der Religionsgesellschaft mit dem staatlichen Recht und der kulturellen Tradition geprüft werden kann.

Der Bundeskanzler will der Verpflichtung der Regierung zu einem derartigen Prüfungsvorgang offenbar aus politischen Gründen um jeden Preis entkommen. Dazu bedient er sich eines weiteren Winkelzuges in der Gesetzesinterpretation: „Die Prüfung auf Untersagungsgründe ist nicht Gegenstand des Verfahrens zur Genehmigung der Verfassung, sondern entweder im Verfahren zum Erwerb der Rechtspersönlichkeit oder einem Verfahren zur Aufhebung der Anerkennung zu prüfen“, wie dies im § 5 Abs. 1 Z. 1 IslamG festgelegt sei. (S. 2 der Anfragebeantwortung)

Tatsächlich normiert jedoch § 5 Abs. 1 Z. 1 IslamG, dass die Rechtspersönlichkeit versagt oder aufgehoben werden muss, wenn „dies im Hinblick auf die Lehre oder deren Anwendung zum Schutz der in einer demokratische Ordnung gegebenen Interessen der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist“. Hier wird also auf die Lehre zurückverwiesen, die nach § 6 als Bestandteil der Verfassung der Religionsgesellschaft vorzulegen ist. Aus dem Kontext geht jedoch klar hervor, dass diese keineswegs bloß nach formalen, sondern sehr wohl nach umfassenden inhaltlichen und qualitativen Gesichtspunkten zu prüfen und an den Kriterien der Umfassendheit und Widerspruchsfreiheit zu messen ist. Und genau dieser Maßstab hätte an die Beurteilung der „Lehre der IGGiÖ“ angelegt werden müssen.

Diese Einschätzung ergibt sich im übrigen auch nach Würdigung des vollständigen Aussagesinns des bereits mehrfach zitierten § 6 Abs. 1 Z. 5 des Islamgesetzes 2015. Der Leser sei an dieser Stelle für die sperrige Wiederholung des Zitats um Verzeihung gebeten, aber diese ist wirklich von allergrößter Bedeutung: Gefordert wird dort eine „Darstellung der Lehre einschließlich eines Textes der wesentlichen Glaubensquellen“.

Das Wort „wesentlich“ läßt keine Interpretation im Sinne einer bloß formalen Prüfung der Darstellung der Lehre zu. Ob etwas wesentlich ist oder nicht, ist eine Frage der inhaltlichen Bedeutung im Gefüge des Gesamtkontextes. Es ist eine Frage von Substanz und Akzidenz, von Relevanz und Irrelevanz, von Bedeutung und Bedeutungslosigkeit. Und diese Frage wiederum mündet unmittelbar in die Forderung nach einer wahrheitsgetreuen, umfassenden und widerspruchslosen Darstellung der Lehre (= Offenlegung der Glaubensgrundlagen).

All das lässt sich nicht durch den formalen Vergleich mit der Lehre anderer Religionsgesellschaften ermitteln. Es erfordert eine schonungslose qualitative Untersuchung und Beurteilung der Glaubensgrundlagen durch Behörde und Politik.

Behörde und Regierung handeln gesetzeswidrig

An dieser Stelle ist also zu konstatieren, dass die Genehmigung der „Lehre der IGGiÖ“ vom 26.2.2016 und deren Verteidigung durch den Bundeskanzler in der Anfragebeantwortung vom 1.9.2016 gesetzeswidrig im Hinblick auf die §§ 5 und 6 des Islam-Gesetzes sind. Eine Klärung dieses Umstandes wird wohl nur durch die Einbringung einer entsprechenden Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof möglich sein.

Aber der schlechte Dienst, den der Bundeskanzler mit seiner Anfragebeantwortung der österreichischen Bevölkerung erweist, geht über die vermeintlich bloß formale Frage der Gesetzesinterpretation weit hinaus. Er fährt fort: „Die Auslegung der Lehre ist Sache der jeweiligen gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft. … Die Verfassung der IGGiÖ beginnt mit einer Präambel, die insbesondere auf das Verhältnis von Staat und Religion eingeht.“ (S. 3 der Anfragebeantwortung) Diese enthält u.a. folgende plakative Absichtserklärungen. Der Schurarat der IGGiÖ sei

  • „einig darin, die Bundesverfassung der Republik Österreich und die österreichischen Gesetze zu achten,“
  • „einvernehmlich in der Grundlegung […] als einzige Quelle die islamische Lehre im Rahmen der Verfassung und im Einklang mit den Gesetzen der Republik Österreich anzuwenden und so als Männer und Frauen partnerschaftlich zusammenzuarbeiten,“
  • entschlossen, „den interkulturellen und interreligiösen Dialog zu pflegen und sich für eine konstruktive Kooperation zum Wohl der österreichischen Gesellschaft einzusetzen“.

Die gebetsmühlenartige Wiederholung, dass der Islam mit den Gesetzen säkular ausgerichteter Staaten vereinbar sei, wird von islamischen Funktionären seit vielen Jahre betrieben, um jeden präventiven Widerstand gegen eine Ausdehnung des islamischen Prägungseinflusses auf unsere Gesellschaft zu verhindern. Mit der Verankerung der Generalformel, alles geschehe im Einklang mit den Gesetzen, soll die Beweislast der Vereinbarkeit in ganz konkreten Fragen und Fällen ein- für allemal von der islamischen Glaubensgemeinschaft genommen werden. Dieser Vorgang ist eine wahre Umkehrung des Prinzips der Offenlegung der Glaubensgrundlagen. Er treibt die Pervertierung des Zwecks einer „Darstellung der Lehre“ auf die Spitze.

Der Bundeskanzler übernimmt diesen Modus und erteilt damit der islamischen Glaubensgemeinschaft eine präventive Generalabsolution. „Die Verfassung der IGGiÖ enthält in Bezug auf die Auslegung deren Verfassung und Lehre die klare Aussage, dass diese 'islamische Lehre im Rahmen der Verfassung und im Einklang mit den österreichischen Gesetzen anzuwenden' ist.“ (S. 5, 6)

Was das bedeutet, führt der Bundeskanzler in der Schlusssequenz seiner Beantwortung vor:

Die Regierung verhöhnt die nicht-muslimische Bevölkerung

Wie oben angeführt, zitiert die IGGiÖ in ihrer Lehre den Koranvers 4/36, in dem die Rede ist von „denen, welche ihr von Rechts wegen besitzt“. Die Frage, ob mit dieser Formulierung das Rechtsinstitut der Sklaverei gemeint sei (was der herkömmlichen Leseart im orientalischen bzw. islamischen Kulturraum entspricht), beantwortet der Bundeskanzler so: „Da die Sklaverei in Österreich verfassungsrechtlich verboten ist, siehe EMRK, kann diese auch nicht von der Lehre der IGGiÖ umfasst sein.“

Diese kaum glaubliche Antwort, die in einem anderen Zusammenhang vielleicht als Ausdruck feinsinniger Ironie gewertet werden könnte, bedeutet, etwas anders formuliert, nichts anderes als das: Was immer in der Lehre stehen mag – soweit es den Anschein macht, dass es den Gesetzen widersprechen könnte, ist dies unmöglich, da die IGGiÖ sich dazu verpflichtet hat, den Gesetzen zu entsprechen. Es handelt sich vielmehr um einen Fehler des Lesers, der nicht über die Fähigkeit einer angemessenen Auslegung verfügt.

Etwas Derartiges kann nur als eine rüde Verhöhnung der nicht-islamischen Mehrheitsgesellschaft Österreichs begriffen werden. Sie ist mittlerweile zum Leitbild des gesetzlichen und behördlichen Umgangs der Republik Österreichs mit dem Islam geworden. Das österreichische Religionsrecht und sein Vollzug sind dementsprechend von einem Mittel des Schutzes des religiösen Friedens und der Verteidigung der Interessen der autochthonen Bevölkerung auf Erhalt der eigenen kulturellen Substanz zu einer wirksamen Waffe zur Durchsetzung des islamischen Okkupationsanspruches geworden. Wie in dieser kleinen Analyse zu zeigen versucht wurde, ist diese Transformation im Zuge der Umsetzung des folgenden Dreischritts erfolgt:

  1. Konzipierung und Beschluss eines Islamgesetzes, das die Spielräume und Freiheiten des Islam ausweitet und die Restriktionen, die dem Schein nach zur Beschwichtigung der Öffentlichkeit einbezogen wurden, legistisch so anlegt, dass diese im Vollzug nicht umgesetzt werden können.
  2. Genehmigung einer „Lehre der Islamischen Glaubensgemeinschaft“, in der nichts offengelegt wird, was für das Zusammenleben von Muslimen und Nicht-Muslimen von Bedeutung wäre, und in der die Behandlung aller wesentlichen Fragen gezielt ausgespart wird.
  3. Veröffentlichung einer Anfragebeantwortung durch den Bundeskanzler, in der die „Darstellung der Lehre“ in gezielter Pervertierung aller einschlägigen Gesetze endgültig als „innere Angelegenheit der islamischen Glaubensgemeinschaft“ dargestellt und damit jedem Anspruch auf Transparenz und Kritik entzogen wird.

Verfassungsputsch gegen den Primat des staatlichen Rechts

Mit diesem Dreischritt ist ein stiller Verfassungsputsch von ungeheuerlicher Tragweite vollzogen worden: Regierung und Behörden haben den sogenannten Gesetzesvorbehalt in Bezug auf das Grundrecht der Religionsfreiheit aufgehoben, und zwar ausschließlich in Hinsicht auf den Islam. Dazu galt bisher:

a. Art. 9 (2) EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention): Die Religions- und Bekenntnisfreiheit darf gesetzlichen Beschränkungen unterworfen werden, „die in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahmen im Interesse der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral oder für den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer“ ermöglichen.

b. §1 (1) des Anerkennungsgesetz 1974: Die Anerkennung einer Religionsgesellschaft ist nur unter der Voraussetzung zu gewähren, dass „die Religionslehre, ihr Gottesdienst, ihre Verfassung sowie die gewählte Benennung nichts Gesetzeswidriges oder Anstößiges enthält.“

Beides ist für den Islam faktisch außer Kraft gesetzt, und damit ist der Primat des staatlichen Rechts und der tradierten gesellschaftlichen Normen gegenüber dem Islam beseitigt. Es sollte allen Verantwortlichen bewusst sein, dass dieser Zustand ein nicht allzu frühes Stadium auf dem Weg der Durchsetzung der Scharia in unserem Land kennzeichnet.

Dass diese Feststellung nicht Ausdruck von schwarzem Humor oder übertriebener akademischer Spitzfindigkeit ist, zeigen aktuelle Entwicklungssequenzen in Ländern, die dem Migrationsdruck durch ihre „Willkommenskultur“ in einem noch stärkeren Ausmaß Rechnung getragen haben als Österreich. Nur drei Beispiele seien angeführt:

„Zukunftsvision“ Scharia

  1. Besonders in Deutschland und Italien haben sich in diesem Jahr Imame und islamische Funktionäre für die Legalisierung der Polygamie eingesetzt. Beispielsweise formulierte Hamza Piccardo, Gründer der „Union der islamischen Gemeinden und Organisationen in Italien (UCOII) im August 2016: Wenn es hier um Zivilrechte geht, dann ist Polygamie ein Zivilrecht. Muslime sind mit homosexuellen Lebenspartnerschaften nicht einverstanden, und trotzdem müssen sie ein System akzeptieren, dass sie erlaubt.“
  2. In Deutschland (Frankfurt) hat eine Familienrichterin die Scheidung einer muslimischen Frau, die von ihren marokkanischen, muslimischen Mann wiederholt schwer misshandelt wurde, abgelehnt, weil der Koran das „Züchtigungsrecht“ des Mannes gegenüber seiner Frau festlege (Vers 4/34), und dessen Anwendung daher keine „unzumutbare Härte“ darstellen würde. (März 2016)
  3. Aber das ist bei weitem nicht alles: In Dänemark fordert Imam Abu Bilal Ismail von der Grimhoj-Moschee in Aarhus: „Frauen, die Unzucht begehen, müssen gesteinigt werden, wenn sie keine Jungfrauen mehr sind.“ (März 2016). Seine Mit-Imame aus Aarhus stellen fest, dass Maßnahmen gegen die laut Scharia gebotenen Steinigungen und Auspeitschungen „eine verfassungswidrige Unterdrückung der Religionsfreiheit darstellen“.

Das ist genau der Punkt: Die Gewährung der Interpretationshoheit der Lehre als „innere Angelegenheit der islamischen Religionsgesellschaft, der Verzicht auf Transparenz und verbindliche Offenlegung, die Unfähigkeit zur Durchsetzung wirksamer Verbote für rechts- und traditionswidrige islamische Glaubensinhalte sowie die Unterdrückung der Islamkritik durch das Religionsstrafrecht – all das sind Wegmarken auf dem Weg in eine Gesellschaft, in der die Scharia vor staatlichem Recht steht. Wir sind nicht mehr weit davon entfernt.

Welche Interessen vertritt die Regierung?

Mag. Christian Zeitz ist wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Angewandte Politische Ökonomie und Islam-Beauftragter des Wiener Akademikerbundes.

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Mehr Sozialismus wagen drucken

„Mehr Demokratie wagen“ wollte einst Willy Brandt, um damit die „innenpolitische Stagnation“ zu überwinden. „Alle Lebensbereiche mit Demokratie durchfluten“ wollte Bruno Kreisky, um dasselbe zu bewirken. Beide sagten „Demokratie“, meinten aber Sozialismus. Sie haben ihr Ziel erreicht.

Insgesamt wurde in Euroland eine Art „DDR light“ verwirklicht, in der einem Maximum an Steuern, Staatschulden, Regulativen und Arbeitslosen ein mit freiem Auge kaum erkennbares Wirtschaftswachstum gegenübersteht. Allesamt logische Konsequenzen eines gewissenhaft praktizierten Realsozialismus 2.0.

Dem neuen Herrn am Wiener Ballhausplatz, Christian Kern, ist das Erreichte aber noch nicht genug. In einem Gastbeitrag in der „FAZ“ greift er nun tief in die linke Mottenkiste. Die rote Parteijugend (die in der marxistisch geführten Bananenrepublik Venezuela ein Modell für Österreich zu erkennen glaubt), wird begeistert sein.

Was tut Herr Kern in der „Frankfurter Allgemeinen“ zu wissen kund? Kurz zusammengefasst: Noch mehr Staatsdirigismus und noch mehr Umverteilung sollen nicht nur Österreich, sondern die gesamte EU endlich dem so dringend ersehnten Morgenrot entgegenführen, dessen die Sozialisten in allen Parteien allzu lange nicht ansichtig geworden sind. Europa, so der Befund Kerns, dessen Urteil durch keinerlei ökonomischen Sachverstand getrübt ist, solle „…wieder ein Projekt der Aufklärung werden, nicht der Märkte“ (was auch immer er mit dieser kryptischen Formulierung gemeint haben mag – ist doch schließlich gerade der Sozialismus als flagranter Aufstand wider die Vernunft, und damit als antiaufklärerisches Projekt zu verstehen).

Der Kanzler sieht alles Übel in einer rigorosen Sparpolitik, die sich indes rätselhafterweise darin äußert, dass der kumulierte Staatschuldenstand in der EU zu keinem Zeitpunkt je höher war als jetzt. „Staatliche Investitionen“ – und natürlich eine noch rabiatere Umverteilung von den Leistungsträgern zu Tagedieben und Nichtsnutzen – sollen das Heil bringen. Genial!

Die „ungerechte [also ungleiche, Anm.] Verteilung des Wohlstands“, müsse durch (weiter verschärfte) staatliche Umverteilungsmaßnahmen korrigiert werden. Und was eine gerechte Verteilung ist, weiß wohl niemand besser als ein Mann, der – wie der Kanzler – sein Lebtaglang niemals wertschöpfend tätig war. Auch in diesem Punkt weiß er sich mit der SPÖ-Nachwuchshoffnung Julia Herr eines Sinnes, die gegenwärtig mit heiligem Furor gegen die geringen Steuerzahlungen von McDonalds zu Felde zieht. Leider übersieht das wackere Fräulein in ihrem Zorn die Tatsache, dass Konzerne wie McDonalds zwar tatsächlich (unter Nutzung legaler Mittel) herzlich wenig Einkommensteuern abführen, aber immerhin marktfähige Leistungen erbringen, kaufkräftige Nachfrage befriedigen und Tausenden Mitarbeitern Arbeit und Brot bieten.

Der Kanzler (hat Publizistik studiert) und Julia Herr (studiert Soziologie) hingegen, haben schon allein durch die Wahl ihres Studienfaches unmissverständlich klargemacht, dass sie nicht nur niemals in ihrem Leben auf produktive Weise tätig zu werden vorhaben, sondern auch, dass sie (als lebenslängliche Insassen staatlich geschützter Werkstätten, die sich parasitär vom Schweiß der Produktiven ernähren) niemals Steuern zu zahlen gedenken. Kern hat den Nachweis dafür bereits erbracht und an Julia Herrs Karriere dürfte kaum ein Zweifel bestehen: Vom Kreissaal über den Hörsaal in den Plenarsaal.

Dass Kern den „Rückzug des Staates aus der Wirtschaft“ als Fehler bezeichnet, ist als gefährliche Drohung zu werten. Denn noch jedes Wirtschaftsunternehmen, das der Staat in die Finger gekriegt hat, war oder ist entweder schwer defizitär oder so gut wie todgeweiht. Mit einer einschlägigen Aufzählung wären viele Seiten zu füllen.

Jede „Investition“ der öffentlichen Hand (da auch AK-Kapo Kaske vehement danach ruft, ist allein damit bereits klar, dass es sich um nichts Gutes handeln kann) läuft auf mehr oder weniger gut getarnten Konsumaufwand hinaus. Der Unterschied zwischen Konsum und Investition erschließt sich seit den Tagen Keynes´ nicht jedem ohne weiteres.

Alsdann: Investitionen zeichnen sich durch einen Aufbau von Kapitalgütern aus, die zu einem späteren Zeitpunkt Dividenden – also Einkommen – erwarten lassen. Aufwendungen für den Unterhalt von Soziologie-, Publizistik- oder Genderlehrstühlen, das Bohren von Tunnels, durch die Züge rollen, in denen keiner sitzt oder den Bau von unter der euphemistischen Bezeichnung „Pflegeheim“ firmierenden Sterbelagern der öffentlichen Hand, sind KEINE Investitionen. Es ist purer Konsumaufwand. Kaum verbraten, schon verpufft. Nix mit einem Return on Investment. Viel Spaß beim Versuch, das Herrn Kern oder Fräulein Herr klarzumachen! Die Roten lernen´s einfach nie…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Kann man zwischen guten Moslems und bösen Islamisten unterscheiden? drucken

Islam ist gut. Islamismus ist schlecht.

Diese schlichte Formel wird von politisch korrekten Medien, Kirchenmännern und Parteien ständig in nur leicht voneinander abweichenden Variationen wiederholt. Sie klingt gut. Sie hat nur einen Haken: Sie ist unbrauchbar, denn dabei wird überhaupt nicht klar definiert, was eigentlich Islamismus ist, wie er sich in erkennbarer Form vom Islam unterscheidet.

Ich habe bei vielen offiziellen wie privaten Diskussionen mit Exponenten des Islams nach einer erkennbaren Unterscheidungslinie geforscht, nach einer nachvollziehbaren Definition. Ich bin aber auf keine gestoßen. Und empirisch hat sich in den letzten Jahren immer dasselbe abgespielt: Offizielle Islam-Exponenten haben sich stets erst dann von Mitmoslems als „Islamisten“ distanziert, wenn diese bei einer Gewalttat erwischt worden sind. Es gibt aber immer nur Ex-Post-Kritik. Ich kenne praktisch keine Hinweise aus islamischen Organisationen, die schon VOR einer terroristischen Tat öffentlich und konkret auf noch nicht den Behörden bekannte Islamisten hingewiesen hätten. Das macht diese Organisationen überaus suspekt.

Es wird dennoch in Leitartikeln, in Politiker-Interviews weiterhin ständig behauptet, dass man zwischen guten Moslems und bösen Islamisten unterscheiden müsse und könne. Es gibt aber Null Klarheit, geschweige denn Konsens darüber, wie man denn diese Unterscheidung vornehmen soll, an welchen Haltungen oder Aussagen man als Nicht-Moslem denn einen Islamisten erkennen kann, bevor er eine strafbare Handlung gesetzt hat.

Das ist freilich auch schwierig

  • bei einer Religion, die in ihrem heiligen Buch zahlreiche Tötungsaufrufe gegen "Ungläubige" enthält;
  • bei einer Religion, bei der ein guter Teil der Gläubigen der Überzeugung ist, dass dieser Koran wörtlich zu nehmen ist;
  • bei einer Religion, die – zum Unterschied etwa zum Katholizismus – zumindest unter den Sunniten keine klare Hierarchie kennt, welche die Religion verbindlich interpretieren könnte;
  • bei einer Religion, die für viele Gläubige eine Belohnungsgarantie für Gewaltausübung enthält, sobald sie diese als „Heiligen Krieg“ bezeichnen;
  • bei einer Religion, bei der die von ihr geprägten Staaten heute durchwegs wirtschaftlich und naturwissenschaftlich absolut rückständig sind und deren Bevölkerung daher zu den ärmsten der Welt zählen – sofern nicht Erdöl oder Erdgas (vorübergehend) gekauften Luxus ermöglicht haben. Dabei hatte insbesondere die nahöstliche Region in den Zeiten vor dem Islam einen der kulturellen Höhepunkte der Menschheit gebildet;
  • bei einer Religion, in deren Einflussbereich beziehungsweise Eroberungszonen seit vielen Jahren mehr Kriege und Konflikte toben als im Rest der Welt zusammen.

Die Folge des Fehlens klarer Trennlinien ist bekannt: Für die Mehrheit der politisch-medialen Propaganda-Klasse sind a priori alle Moslems auf der guten Seite einzuordnen, für die Mehrheit der Bürger sind sie alle Islamisten.

Es gibt sehr eindrucksvolle Exponenten des Islams, wie den Göttinger Politikwissenschaftler Bassam Tibi oder den Wiener Religionspädagogen Ednan Aslan, die den mutigen Schritt zu einem Euro-Islam wagen. Sie haben ein Verständnis von ihrer Religion, das durchaus mit dem Christentum nach der Aufklärung vergleichbar ist. Auch im Christentum ist die Aufklärung anfangs ja vehement abgelehnt worden, inzwischen ist aber für die Kirche die Vernunft absolut kompatibel mit dem Glauben – auch wenn das manche Christen nicht akzeptieren wollen.

Sie bekennen sich zu einer echten Religionsfreiheit, zur vollen Gleichberechtigung von Mann und Frau, zum Vorrang der staatlichen Gesetze und natürlich erst recht zum Verzicht auf Gewalt.

Das ist sehr eindrucksvoll und sympathisch. Aber als ich Aslan fragte, für wie viele Moslems denn seine – eindeutig nicht islamistische – Glaubensauffassung repräsentativ sei, bekam ich eine sehr ernüchternde Antwort: Aslan will jetzt eine entsprechende Gemeinde gründen. Eine erste. Nach einer relevanten oder gar Mainstream-Auffassung innerhalb des heutigen Islams klingt das also ganz und gar nicht. Aslan deutet wohl auch zu Recht an, dass er selbst sich mit seinen Haltungen mehr vor Anschlägen islamistischer Fundamentalisten fürchten muss als etwa Christen.

Nichtmoslems – Christen, Juden, Atheisten, Agnostiker – ebenso wie Staat und Behörden sind bei der Begegnung mit dem Islam mit einer unglaublichen Bandbreite konfrontiert, in der sie sich nicht orientieren können. Wo verläuft da die Grenze zwischen Gut und Böse? Wovor müssen sich die europäischen Gesellschaften fürchten? Wogegen sollten sie sich verteidigen? Wen kann man integrieren?

Auch tiefschürfende Koran-Interpretationen helfen da nicht weiter. Denn im Koran findet man für absolut jede Sichtweise Belegstellen. Daher sollte ein ganz anderer Weg eingeschlagen werden.

Wir sollten bei der Unterscheidung zwischen Islam und Islamismus nicht von einer komplizierten Koranologie ausgehen, sondern selbstbewusst von unseren europäischen Gesellschaftswirklichkeiten und Rechtsordnungen. Denn diese und nur diese sind bei aller Detailkritik für einen Großteil der Europäer positiv und verteidigenswert. Sie sind das Produkt der christlich-jüdischen Prägung, des antiken Erbes und der laizistischen Aufklärung. Diese drei Wurzeln des Abendlandes haben in den letzten Jahrzehnten – nach vielen Konflikten der Vergangenheit – zu einer gut funktionierenden und für die Menschen lebenswerten Basis geführt. Zum erfolgreichsten Staatssystem der Geschichte.

Und jeder Moslem, jeder Buddhist, jeder Moslem, der diese Basis voll akzeptiert, sei auch selbst voll akzeptiert. Aber nur der. Denn wer versucht, hier eine multikulturelle Zusatzebene einzuführen, wird scheitern, muss scheitern, weil Europa sonst in den Abgrund stürzt oder zumindest in eine Wiederholung der schweren Konflikte der Geschichte.

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Entfesselung der Wirtschaft 2.0 - Kanzler Kern und die Gewerbeordnung drucken

Schon der glücklose Michael Spindelegger hatte eine „Entfesselung der Wirtschaft“ angekündigt. Daraus geworden ist bekanntlich nichts. Mehr denn je leiden die Betriebe nicht nur unter einer massiven Belastung durch Steuern und Abgaben, sondern auch unter alles erstickenden, bürokratischen Regulativen. Die prekäre Beschäftigungssituation bringt die Bundesregierung langsam aber sicher in Zugzwang.

Entfesselung heißt Deregulierung. Nun ist Deregulierung aber das, was gestandene Sozialisten und alle anderen Staatsanbeter zutiefst verabscheuen. Lediglich „Marktradikale“ „Neoliberale“ und andere Menschheitsfeinde haben derartiges im Sinn. Ohne die staatliche Regelung aller Lebensbereiche, so die Überzeugung der Genossen, würden Kinderarbeit und brutale Ausbeutung der Arbeiterschaft durch entmenschte Kapitalisten herrschen. Eine entsetzliche Vorstellung! Mehr vom selben, also noch mehr Steuern und Vorschriften, sind es folglich, die der gelernte Österreicher von einer sozialistisch geführten Regierung zu erwarten hat.

Daher lässt es aufhorchen, wenn der über den großen Proletariernachweis verfügende Kanzler Kern, der an internationalen Freihandelsabkommen kein gutes Haar lässt, ein wirtschaftsrelevantes Regelwerk kräftig zu durchforsten wünscht: die altehrwürdige Gewerbeordnung.

Wie konsistent die wirtschaftspolitischen Einlassungen eines Mannes sind, der sein Lebtaglang niemals unter Marktkonditionen gearbeitet und kein Unternehmen, das diesen Namen auch verdient, je von innen gesehen hat, sei dahingestellt. Die unter der originellen Tarnbezeichnung „Wertschöpfungsabgabe“ firmierende Pönalisierung von Investitionen, für die er vehement eintritt, macht jedenfalls deutlich, wes´ Geistes Kind er ist.

Sei´s drum – auch ein blinder Kapaun findet einmal ein Korn. Dass es in Österreich 80 Gewerbe gibt, zu deren Ausübung es eines Befähigungsnachweises bedarf, während es in Deutschland nur sechs (!) sind, ist ein Symptom des galoppierenden austriakischen Regulierungswahns.

Dass es dabei um die Konsumentensicherheit gehen soll, ist natürlich ein öder Schmäh. Deutlich wird das daran, dass bei Filialbetrieben – zum Beispiel im Bereich der Augenoptik – das Vorhandensein eines einzigen Meisters ausreicht, um dem Gesetz Genüge zu tun. Bedient wird der Kunde dann von formal „Nichtbefähigten“. Konsumentenschutz? Pah!

Tatsächlich geht es in Wahrheit um nichts weiter, als um den Schutz bestehender Pfründe und darum, neuen Konkurrenten möglichst hohe Zutrittsbarrieren in den Weg zu stellen. Daher wäre eine „Entfesselung“ tatsächlich geboten.

Die liberale Denkfabrik „Agenda Austria“ hat kürzlich ein Papier vorgestellt, das eine radikale Neugestaltung der Gewerbeordnung vorsieht: „Warum die Gewerbeordnung ein übler Geselle ist“ (Gratisdownload: http://www.agenda-austria.at/publication/gewerbeordnung-uebler-geselle/). Die Koalition braucht das Rad also nicht neu zu erfinden, sondern würde gut daran tun, sich einfach an den darin enthaltenen Vorschlägen zu orientieren.

Die wichtigsten Punkte aus dem Papier:

  • Drastische Reduktion der Befähigungserfordernisse auf jene Art von Tätigkeiten, die „Gefahren für Mensch, Tier oder Umwelt“ bringen können – wie etwa Büchsenmacher, Sprengungsunternehmer oder Hersteller von Medizinprodukten.
  • Eine Betriebshaftpflichtversicherung zum Schutz der Konsumenten soll für alle Gewerbe obligat sein.
  • Die Meisterprüfung soll nur noch für den verbleibenden Teil der gebundenen Gewerbe vorgeschrieben sein und für alle anderen freiwillig abgelegt werden können.

Eine vor Jahren durchgeführte Deregulierung der Gewerbeordnung hat, wie die Agenda Austria hervorhebt, in Deutschland für eine deutliche Zunahme der Zahl der Selbständigen und zu einer wirtschaftlichen Dynamisierung gesorgt. Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. Keine neue Erkenntnis. Dass durch mehr Wettbewerb und dadurch sinkende Preise für viel Landsleute ein Anreiz geschaffen würde, wieder mehr Geld im Inland auszugeben (z. B. für die Wohnraumverbesserung), anstatt es für Reisen nach Griechenland oder in die Türkei zu verbraten, liegt auf der Hand. Was im (ebenfalls drastisch überregulierten) Deutschland möglich, war, sollte auch in Österreich gelingen.

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Stichwahl: Wie eine Farce doch noch Sinn haben könnte drucken

Wer geglaubt hat, dass jetzt Weintrauben geerntet werden, hat sich geirrt: In dieser Republik sind die Bananen reif.

Anders lässt sich die Farce um die herauf dräuende Wahlverschiebung wegen der Kleber-Probleme bei den Wahlkarten nicht mehr sehen.
Lassen wir einmal das Armutszeugnis, das sich der zuständige hochbezahlte Beamte ausstellt, beiseite. Auch die bedrohliche Länge des Wahlkampfs, der uns die nächsten Monate begleiten könnte.
Eine ganz andere Überlegung wäre anzustellen:
Wem bitte ist der Bundespräsident in den vergangenen Wochen abgegangen? Eben. Genauso wenig werden wir unter seinem Fehlen leiden, wenn er erst in ein paar Monaten angelobt werden kann.
Dann haben wir ihn zwar wieder – aber brauchen wir ihn?
Die ewig gleichen salbungsvollen Worte bei den diversen Festspieleröffnungen sind ebenso entbehrlich wie der Präsidenten-Besuch in unseren Wohnzimmern via ORF zum Nationalfeiertag und zum Jahreswechsel.
Die Legitimation des einzig direkt vom Volk gewählten Amtsträgers klingt zwar in der Theorie schön. In der Praxis ist das Gewicht des Amtes schon durch seine Kompetenzen zu vernachlässigen. Auch die viel gepriesene Überparteilichkeit ist nicht mehr als ein Ruhendstellen einer Parteimitgliedschaft bis zum Tag danach. Weder als Türöffner für die Wirtschaft, noch als Gastgeber für die ausländische Diplomatie ist er unentbehrlich. Auch die Regierung könnte von jemand anderem angelobt werden. Als Oberbefehlshaber des Bundesheers hat sich der Bundespräsident nicht einmal zur Zeit der Volksabstimmung hervorgetan. Und den Tag der Offenen Tür in der Hofburg könnte man ja beibehalten.
Wenn die Kandidaten uns jetzt versprechen, dass sie sich die Regierungsspitze zu diversen Gelegenheiten hinter der Tapetentür vorknöpfen wollen, ist das auch zum Gähnen. Diese „harten Geheimaudienzen“ haben dem Land bisher noch nie etwas gebracht.
Zu all dem wäre die Abschaffung auch eine hübsche Einsparungsmöglichkeit für den Finanzminister.
Ein Blick in die Schweiz, wo die Aufgaben rotierend von Regierungsmitgliedern miterfüllt werden, ist überzeugend. Die bevorstehende Amtszeit sollte die letzte sein, die es für einen Bundespräsidenten nach dem derzeitigen Muster in diesem Land gibt. Die Parteien wären gut beraten, dies so bald wie möglich zu diskutieren.
Wenn die Farce um die Stichwahl 2016 zum Anlass für eine Abschaffungs-Debatte genommen würde, dann hätte sie wenigstens Sinn gehabt.
 

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Der Notstand und die Wahrheit drucken

Man kann lange versuchen, die Wahrheit unter einer Decke zu halten. Aber irgendwann quillt sie an allen Ecken hervor. So wie jetzt beim Thema Massenmigration.

Obergrenze oder Richtwert, Inkrafttreten jetzt oder irgendwann: Es gibt endlose Möglichkeiten, den Notstand zu zerreden, in dem sich das Land befindet und der jetzt per Verordnung anerkannt werden soll. Freilich, es sollte uns nicht gleichgültig sein, dass der neue Kanzler den Schwenk des Vorgängers nur oberflächlich mitträgt: Wenn er von einem Inkrafttreten der Notstandsverordnung irgendwann in der Zukunft bei Erreichen der 37.500 Asylanträge spricht, dann denkt er wohl an den Sankt-Nimmerleins-Tag. Damit brüskiert er auch seinen eigenen Verteidigungsminister, der weiß, dass der Innenminister Recht hat, wenn er sagt, dass man ein Feuerwehrauto auch nicht erst kauft, wenn es brennt.
Und es brennt schon lange.
Es liegen die ersten Zahlen der Kriminalstatistik vor: Allein im ersten Halbjahr waren 11.158 Asylwerber Tatverdächtige – das ist mehr als jeder Achte der derzeit 85.000 in Österreich betreuten „Schutzsuchenden“. Körperverletzungen bis hin zum Mord, Drogenhandel, sexuelle Übergriffe bis hin zur Vergewaltigung, Bandenkriege: Wenn das kein Notstand ist.
Und es wäre höchst dringend, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, was zu tun ist, wenn die Bayern ihre Ankündigung wahr machen, Flüchtlinge nach Österreich zurückzuschieben, die das Welcome-Duo Faymann/ÖBB-Kern in Bus- und Zugladungen 2015 staatlich nach Deutschland geschleppt hat.
Das ist dann schon mehr als ein Notstand.
In der Verordnung bestätigen sich übrigens ganz nebenbei lange abgestrittene Fakten – wie die Flüchtlingskosten von derzeit zwei Milliarden Euro, die dort als Notstandsgrund schwarz auf weiß aufscheinen. Bisher wollte niemand auch nur eine Milliarde eingestehen.
Übrigens gäbe es einige „Geldquellen“ zur Bedeckung dieser Unsummen.
Geld (und staatsbürgerlichen Ärger) könnte man leicht durch das Streichen von Antidiskriminierungsstellen wie der steirischen einsparen, die sich gerade mit ihrem Antidiskriminierungsbericht hervor getan hat. Sie entsetzt sich über einen „eklatanten Anstieg“ von angezeigten Fällen – um ganze 70 Prozent (insgesamt) stiegen Hasspostings und Beschimpfungen. Und zwar seien die alle „islamophob“ und gehörten deshalb geahndet. Nun, es handelt sich um 711 derartige angezeigte Diskriminierungen. Eklatant. Die Leiterin dieser politisch korrekten Stelle, eine Frau Grubovac, muss allerdings erst daran erinnert werden, dass sich immer mehr Fälle von Lehrerinnen häufen, die von Vätern diskriminiert werden. Wobei die Väter unbestimmter Herkunft bleiben müssen, damit man nicht islamophob ist. „Da muss man auch hinschauen,“ gibt sie zu – Frauendiskriminierung zählt also bereits zu den weniger abscheulichen Dingen als „Islamophobie“.
Eine weitere Einsparungsmöglichkeit ist der Austritt aus der OECD: Das ist jene wunderbare internationale Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die sich mittlerweile in alles und jedes einmischen will. Die uns die fragwürdigen, aber teuren PISA-Tests beschert. Und die jetzt als Ergebnis einer internationalen Studie Österreich vorwirft, mit der Integration von Flüchtlingen „nachzuhinken“.
Dieser Studie zufolge ist Österreich selbst daran schuld, dass Migranten hier sprachlich weniger Fortschritte machen als in anderen Ländern, dass sie häufiger und länger arbeitslos und damit weniger integriert sind. Und dass sie viel zu langsam eingebürgert werden.
Integration als reine Aufgabe der Aufnahmegesellschaft. Wenn das das Ideal ist, dem die OECD huldigt, dann sollten wir froh sein, dass Österreich hinten nach hinkt.
Übrigens quillt auch aus dieser Studie unbeabsichtigt eine lange abgestrittene Wahrheit hervor. Dort spricht man nämlich von „Menschen mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit, etwa Syrer“.
Hier darf man staunen: Flüchtlinge, so wurde bisher immer behauptet, wollen nichts anderes, als so bald wie möglich zurück in ihre Heimat. Ihr Asyl-Grund würde sich auch bei Einkehr von Frieden in Syrien erledigen. Aber jetzt sind sie laut OECD plötzlich „Menschen mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit“.
Jetzt haben wir es amtlich: Es ist also doch eine Völkerwanderung.


 

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Wien bekommt Fahrradweg-Paten drucken

Wenn Vladimir Putin für ein Projekt zu wenig Geld hat, bittet er die Oligarchen um freiwillige Spenden . Und was tut Maria Vassilakou, wenn ihr das Geld für ihre Luxusradwege ausgeht?

Des Rätsels Lösung: Sie gründet einen Mobilitätsfonds.
Das klingt harmloser als es ist.
Denn der erfüllt seine Aufgabe, die Mobilität per pedes und per Drahtesel in Stadtentwicklungsprojekten zu fördern, nicht nur durch die jährliche Dotierung mit einer Steuermillion. Nein, es werden auch Bauträger um „freiwillige“ Einzahlungen gebeten.
Zweite Rätselfrage: Wer bekommt dann den Zuschlag für das Stadtentwicklungsprojekt?
Dritte Frage: Wie nennt man das andernorts? (Hinweis: Sicher nicht Private-Public-Partnership...)
P.S.: Gar nicht raten muss man, dass solche „freiwilligen“ Zahlungen den Errichtungspreis der bitter notwendigen Wohnungen erhöhen werden. Aber das muss uns wohl die Förderung des Fahrradverkehrs in Wien wert sein....
 

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Kasperl und die Nazijäger – Die krude Welt der Linken drucken

Die Linke braucht ihre Feindbilder um überleben zu können. Dass jetzt auch der bei Kindern beliebte Kasperl dazu zählt und als "Nazi-Drecksau" bezeichnet wird, ist nur ein neues Bonmot in der Reihe der linken Ausfälle.

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Wie eitel darf ein Politiker sein? drucken

Jeder Politiker muss neben vielen anderen Eigenschaften wohl auch über ein bisschen Eitelkeit verfügen, sonst würde er nicht ins Rampenlicht drängen.

Ein bisschen eitel scheint jedoch beim neuen Kanzlerdarsteller untertrieben. Die wohlwollende Berichterstattung besagt, dass Christian Kern gern Herr über seine Inszenierung sein möchte. Nun, man könnte es auch anders sagen: Zuerst hat Kern versucht, die Bilder seiner Person zu zensurieren, indem er versuchte, nur „offizielle“, gestellte und für smart empfundene Photos freizugeben (Höhepunkt war wohl der angestrengt am steif vorgestreckten Fuß balancierte Fußball vor dem Kanzlerschreibtisch – so echt fußballerisch, dass er glatt ins überforderte EURO-Team gepasst hätte...).
Das ist dann doch nicht gelungen, es erscheinen ab und an auch echte Pressephotos – aber das Geschreibe um Maßanzüge und Sonnenbrillen macht da schon vieles wett. Schließlich kann Kern jetzt jedes Mal, wenn ihm nichts anderes einfällt, sagen, dass er es leid sei, dass über seine nicht existenten Maßanzüge geschrieben wird.
Und jetzt hält er die Republik in Atem, weil er das Pressefoyer nach dem Ministerrat abgeschafft hat. Zuerst. Denn dann provoziert er seinen Koalitionspartner mit einem Solo für sich selbst vor der Ministerratssitzung (cool mit dem Ellbogen am Stehtisch – wohl damit jeder Zweifler doch noch erkennen kann, dass er größer als sein Vorgänger ist...). Eine Bilanz also vor einer Sitzung, die noch nicht stattgefunden hat. Was wohl der alten Gewohnheit aus ÖBB-Chef-Zeiten entspricht, die 60 Millionen, die ihm bei 5000 zugeschossenen Steuermillionen blieben, als Gewinn auszuweisen. Beides sind Luftblasen, die nicht auf Inhalte abgeklopft werden dürfen.
Die Schlacht um die Lufthoheit im Pressefoyer: Nach 100 Tagen die erste Großtat, über die geschrieben, spekuliert und kommentiert wird, als wäre es wirklich eine.
Zum Gähnen.
Da brabbelt einer bei Amtsantritt von Zukunftsvergessenheit und hat dann nichts anderes zu bieten als Selbststilisierung? Dazu entmottet er die abgehalfterte Uralt-Idee der Wertschöpfungsabgabe, verspricht 200.000 neue „Jobs“ (die er schafft?!) und einen New Deal – also noch mehr Staat, noch mehr Zentralismus. Aber alles im perfekt sitzenden Sakko.
Der große Alfred Polgar hat einmal sinngemäß gesagt: Die Menschen lassen sich so lange hinters Licht führen, bis ihnen eins aufgeht.
Es sollte wohl nicht mehr lange dauern bis dahin.
 

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Bildungskompass für Politiker drucken

Wer wird heutzutage eigentlich noch Politiker? Diese Frage stellen sich die Menschen immer häufiger, denn eigentlich kann man in diesem Beruf nur verlieren. Geht man nach links, protestieren die einen, tut man selbiges nach rechts, empören sich die anderen. Und dümpelt man irgendwo in der politischen Mitte durch die Gegend, so sind hiermit keine Wähler mehr zu fangen.

In der Tat stellen sich nicht nur viele Wähler diese Frage sondern auch namhafte Expolitiker unseres Landes, so wie dieser Tage Hannes Androsch, der das intellektuelle Niveau der politischen Spitze bezweifelt.

Nun gut, die Entscheidung jener, die solch einen Beruf in der heutigen Zeit ernsthaft ins Auge fassen, setzt bereits ein gewisses Maß an Wahnsinn voraus. Zu glauben, sich damit tatsächlich einen Lorbeerkranz verdienen zu können, geht über simplen Wahnsinn allerdings weit hinaus. Gab es früher eine positive Korrelation zwischen der Tiefe eingeprägter Gesichtszüge und persönlicher Reife, so hat sich diese mittlerweile zu einer negativen gewandelt. Und dieses Phänomen scheint weltweit um sich zu greifen.

Während Donald Trump zwar reich an Jahren ist, wird ihn wohl kaum jemand als selbstreflektierte, weise Person bezeichnen. Es scheint, als hätten nicht nur seine Haare aufgehört zu wachsen. Aber auch in der heimischen Politlandschaft hat so einiges aufgehört zu gedeihen. Man stellt sich unwillkürlich die Frage, ob es dies eigentlich jemals getan hat? 

Negativauslese in der Politik

Hannes Androschs Aussage im Rahmen eines Interviews mit der Tageszeitung „die Presse“ und die damit verbundene Diagnose "Offenbar gibt es in wichtigen politischen Kreisen ein unglaubliches intellektuelles Defizit" trifft den Nagel auf den Kopf und spricht vielen aus der Seele. Das Thema der politischen Personalentwicklung und Qualitätssicherung hat leider bei kaum einer Partei richtig gegriffen. Selten bis gar nicht werden, egal bei welcher Partei oder Parteiakademie, die Persönlichkeit, soziale Kompetenz und auch die kognitiven Voraussetzungen der Kandidaten evaluiert.

Stattdessen spielen Anpassungsfähigkeit, Vermeidung von Beiträgen, die anecken könnten, sowie das unreflektierte Reproduzieren politischer Floskeln der jeweiligen Bewegung eine zentrale Rolle im Prozess in Richtung eines braven Parteisoldaten. Für einen neuen Typus des Politikers scheint es keinen Platz zu geben in Zeiten eines allumfassenden Konsenses der Mittelmäßigkeit, der sich sowohl auf der inhaltlichen, wie auch auf der Ebene der Kompetenzen reproduziert. Getreu dem Motto: „Tust Du mir nicht weh, tu ich Dir nicht weh.“

Am Ende entscheidet jedoch immer der Souverän, nämlich der Bürger und der ist nicht so oberflächlich, wie so manche glauben mögen. Vielleicht sind die Wähler manchmal träge und ein politischer Wandel braucht seine Zeit. Aber früher oder später reagiert die Volksseele und trifft eine dafür umso deutlichere Entscheidung, wie die Bundespräsidentenwahl im ersten Wahlgang und in den darauf folgenden eindrucksvoll bewiesen hat. Dann kann es auch passieren, dass die einstigen Großparteien zur Bedeutungslosigkeit schrumpfen.

Es stellt sich die fundamentale Frage, wann sich die Parteistrategen anstatt auf Agenturen wieder auf klassische Basics, wie die persönliche Substanz ihres politischen Personals und auch die damit verbundene Nachwuchsförderung analog zum Spitzensport, besinnen werden. Mit der von Hannes Androsch angeregten Analyse des intellektuellen Defizites in den eigenen Reihen wäre einmal anzufangen. 

Böse wäre es da, nicht nur nach einem Bildungskompass für die Kinder sondern vielmehr auch nach einer fundierten Analyse des Potenzials unserer Politiker zu fragen. Den Entwicklungsstand unserer Politiker zu erfassen, wäre für unsere Gesellschaft durchaus sinnvoll. Denn was für unsere Kinder gelten soll, kann doch auch für unsere Politiker nur gut genug sein. Als gelernter Österreicher weiß man aber, dass in diesem Punkt eine klare Solidarität über alle Parteigrenzen hinweg erwachen würde.

Daniel Witzeling, (*1985) Psychologe und Sozialforscher.
Leiter des Humaninstituts Vienna. Als Sozialforscher beschäftigt er sich
mit Problemstellungen rund um die Themenfelder Personalauswahl und Personalentwicklung und der Analyse von menschlichen Potenzialen national und international. Aktueller Forschungsschwerpunkt ist politische Personalentwicklung.

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